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Buch zu “Grundlagen des Internationalen Steuerrechts”

Unbenannt

Da der Stellenwert des internationalen Steuerrechts in der Beratungspraxis vehement zunimmt, wächst auch die Nachfrage nach entsprechenden  Nachschlagewerken zum “Internationalen Steuerrecht” . Rechtsanwältin Petra Korts: “Mandanten gänzlich ohne internationale Beziehungen sind in der Vermögensverwaltung oder im Konzernbereich so gut wie ausgeschlossen.” Die erste Auflage der Autorengemeinschaft Korts zum Thema  ist State of the Art und “Grundlagen des Internationalen Steuerrechts” verspricht  Rechtsanwälten, Steuerberatern und in Unternehmen Verantwortlichen die notwendige  “Sicherheit auf der Internationalen Bühne“. Weiterlesen

Fall Cum-Ex: 3,5 Jahre Haft für Bankmitarbeiter

Das Landgericht Bonn hat am 09.02.2022 einen ehemaligen Mitarbeiter einer Tochtergesesellschaft der Warburg Bank aus Hamburg wegen seiner Beteiligung an Cum-Ex-Geschäften zu einer Freiheitsstrafe von 3,5 Jahre verurteilt. Der Mitarbeiter wurde der Beteiligung an zwei Steuerhinterziehungstaten mit einem Schadensumfang in Höhe von insgesamt ca. 109 Millionen Euro schuldig gesprochen. Das Gericht hielt dem Mitarbeiter “zu Gute”, dass er im Laufe der Strafverhandlung ein umfassendes Geständnis ablegt hatte. Seine Rechtfertigung, dass ihm die Strafbarkeit der Geschäfte nicht bewusst gewesen sei und er “nur” ein ungutes “Bauchgefühl” bei der Durchführung der Geschäfte gehabt hätte, ließ das Gericht dagegen nicht gelten. Für die ca. 1.300 Beschuldigte in den weiteren Ermittlungsverfahren wird der Verfahrensablauf und der Verfahrensausgang wohl eine Neubewertung der bisherigen Verteidigungsstrategie sein.

Die Europäische Genossenschaft – Societas Cooperativa Europaea (SCE)

Inhaltsverzeichnis

I. Vorwort

II. Stand der Gesetzgebung und der rechtlichen Rahmenbedingungen in Deutschland

III. Gesellschaftsrecht der Societas Cooperativa Europaea

1. Gründung einer SCE

2. Gesellschaftsverfassung

  1. Dualistisches System
  2. Monistisches System

IV. Mustersatzungen

1. Mustersatzung einer deutschen Europäischen Genossenschaft mit dualistischem System

2. Mustersatzung einer deutschen Europäischen Genossenschaft mit monistischem System

V. Arbeitnehmerbeteiligung

VI. Steuerrecht

 

 

I. Vorwort

Die Europäischen Genossenschaft (Societas Cooperativa Europaea – SCE) soll Genossenschaften, deren Mitglieder mindestens in zwei Mitgliedstaaten beheimatet sind, eine passende (supranationale) Rechtsform bieten und die Möglichkeit eröffnen, auch über die Grenzen von Mitgliedstaaten hinweg Genossenschaften zu gründen. Die SCE steht damit in einer Reihe von europäischen Unternehmensgruppen mit Unternehmen aus verschiedenen Mitgliedstaaten wie der Europäischen wirtschaftlichen Interessenvereinigung (EWIV) und der Europäischen Gesellschaft (SE). Die beiden letzteren Instrumente wurden jedoch den Besonderheiten der Genossenschaften nicht gerecht, die als eigenständige und freiwillige Vereinigungen von Personen der Wahrnehmung gemeinsamer wirtschaftlicher, gesellschaftlicher und kultureller Interessen und Bedürfnisse mittels eines in Gemeineigentum befindlichen und demokratisch gelenkten Unternehmens dienen. Zur Wahrung gleicher Wettbewerbsbedingungen und im Interesse ihrer wirtschaftlichen Entwicklung hatte die Gemeinschaft daher beschlossen, für die in allen Mitgliedstaaten gemeinhin anerkannten Genossenschaften angemessene und eigene rechtliche Instrumente zur Verfügung zu stellen. Die Europäische Genossenschaft kann ihrer Geschäftstätigkeit im gesamten Binnenmarkt auf der Grundlage einer einzigen Rechtspersönlichkeit, einheitlicher Vorschriften und einer einheitlichen Struktur nachgehen, geprägt jedoch vom jeweiligen nationalen Genossenschaftsrecht ihres Sitzstaates.

II. Stand der Gesetzgebung und der rechtlichen Rahmenbedingungen in Deutschland

Rechtsgrundlage der Europäischen Genossenschaft auf europäischer Ebene ist zum einen die Verordnung über das Statut der Europäischen Genossenschaft (SCE)1. Die Verordnung (nachfolgend: SCE-VO) gilt seit dem 18.8.2006 unmittelbar in jedem Mitgliedstaat und bedarf keiner gesonderter nationaler Umsetzungsakte. Zum anderen basiert die Europäische Genossenschaft auf der Richtlinie zur Ergänzung des Statuts der Europäischen Genossenschaft hinsichtlich der Beteiligung der Arbeitnehmer2. Die Richtlinie bedurfte der Umsetzung in nationales Recht. Vorbehaltlich der Bestimmungen dieser Verordnung wird eine SCE in jedem Mitgliedstaat wie eine Genossenschaft behandelt, die nach dem Recht des Sitzstaats der SCE gegründet wurde (Grundsatz der Nichtdiskriminierung).

Für die Schaffung der rechtlichen Rahmenbedingungen für eine Europäische Genossenschaft mit Sitz in Deutschland wurde zur Umsetzung der SCE-VO das SCE-Ausführungsgesetz (nachfolgend: SCEAG)3 geschaffen. Die deutsche Umsetzung der europäischen Arbeitnehmer-Beteiligungsrichtlinie geschah durch das SCE-Beteiligungsgesetz (nachfolgend SCEBG)4.

Die SCE unterliegt, soweit die VO keine speziellen Regelungen enthält, den jeweiligen nationalen Vorschriften des Sitzstaates – in Deutschland sind dies neben den Gesetzen zur Umsetzung von VO und Richtlinie das (reformierte) deutsche Genossenschaftsgesetz5 und das deutsche Handelsgesetzbuch.

Um die Wettbewerbsfähigkeit der inländischen Genossenschaft gegenüber der SCE zu gewährleisten, wurde gleichzeitig neben den Ausführungsvorschriften zum europäischen Recht eine Modernisierung des deutschen Genossenschaftsgesetzes vorgenommen: ebenfalls 18. August 2006 trat die Novellierung des Genossenschaftsgesetzes in Kraft, die Genossenschaftsgründungen erheblich erleichtern soll und vor allem zum Schutz kleiner Genossenschaften verabschiedet worden ist. Damit ist zum ersten Mal seit über 30 Jahren das deutsche Genossenschaftsgesetz verändert worden.

 

III. Gesellschaftsrecht der Societas Cooperativa Europaea

1. Gründung einer SCE

Gem. Art. 2 Abs. 1 SCE-VO kann die Gründung einer SCE auf drei verschiedenen Wegen erfolgen: Neugründung, Verschmelzung oder Umwandlung.

Die Neugründung kann erfolgen durch

  • mindestens fünf natürliche Personen, deren Wohnsitze in mindestens zwei Mitgliedstaaten liegen, oder
  • von mindestens fünf natürlichen und nach dem Recht eines Mitgliedstaates gegründeten Gesellschaften (d.h. GbR, Personengesellschaft nach dem HGB, Genossenschaften) bzw. juristischen Personen des öffentlichen und privaten Rechts), deren Wohnsitze in mindestens zwei unterschiedlichen Mitgliedstaaten liegen bzw. die dem Recht mindestens zweier Mitgliedstaaten unterliegen müssen, oder
  • von mindestens zwei Gesellschaften bzw. juristischen Personen des öffentlichen und privaten Rechts, wobei mindestens zwei der natürlichen oder juristischen Personen in unterschiedlichen Mitgliedstaaten ansässig sein müssen bzw. dem Recht mindestens zweier Mitgliedstaaten unterliegen müssen.

Es gelten die §§ 32 bis 35 AktG analog für Neugründungen von SCE mit Sitz in Deutschland.

Die Gründung durch Verschmelzung erfolgt im Wege der Verschmelzung von zwei oder mehreren bestehenden Genossenschaften, von denen mindestens zwei dem Recht verschiedener Mitgliedstaaten unterliegen müssen.

Die Gründung durch Umwandlung ist zulässig bei einer Genossenschaft, die nach dem Recht eines Mitgliedstaates gegründet wurde, ihren Sitz sowie ihre Hauptverwaltung in der Gemeinschaft hat und seit mindestens 2 Jahren eine dem Recht eines anderen Mitgliedstaates unterliegende Niederlassung oder Tochter hat.

Für die Gründung einer SCE mit Sitz in Deutschland durch Umwandlung und durch Verschmelzung gelten die Vorschriften des Umwandlungsgesetzes betreffend die Genossenschaft bzw. die Aktiengesellschaft.

Sitz der SCE ist der Ort der Hauptverwaltung, Art. 6 SCE-VO. Der Sitz der SCE kann in einen anderen Mitgliedstaat verlegt werden. Diese Verlegung des Sitzes führt weder zur Auflösung der SCE noch zur Gründung einer neuen juristischen Person.

Weiterhin ist die Eintragung der SCE in das an ihrem Sitz zuständige Register, Art. 11 Abs. 1 SCE-VO erforderlich, in Deutschland ist dies das Genossenschaftsregister, welches bei dem Handelsregister des zuständigen Amtsgerichts geführt wird, § 13 GenG, § 17 Abs. 1 SCEAG. Zuständig ist das Amtsgerichts, in dessen Zuständigkeitsbereich die SCE ihren Sitz hat.

Die SCE besitzt eine eigene Rechtspersönlichkeit ab dem Tag ihrer Eintragung in das im Sitzstaat vorgesehene Register, Art. 1 Abs. 5 SCE-VO, § 18 Abs. 1 SCEAG. Die registerliche Eintragung ist konstitutiv, d. h. die Genossenschaft als juristische Person entsteht erst mit der Eintragung.

Artikel 11 Abs. 2 der SCE-VO schreibt vor, dass eine SCE erst dann eingetragen werden kann, wenn eine Vereinbarung über die Beteiligung der Arbeitnehmer getroffen wurde oder wegen erfolglosen Ablaufs der Verhandlungsfrist eine Auffangregelung gilt. Für die in der jeweiligen Europäischen Genossenschaft geltende konkrete Form der Arbeitnehmerbeteiligung stellt die SCE-Richtlinie den sogenannten Verhandlungsvorrang auf. Dies bedeutet, dass über die Form der Arbeitnehmerbeteiligung zwischen den beteiligten Unternehmen und der Vertretung der jeweiligen Belegschaften verhandelt und diese im Einzelnen festgelegt werden soll, und nur in Ermangelung einer Verhandlungslösung Bindung an eine gesetzliche Lösung der Mitbestimmungsfrage bestehen soll6. Die Satzung der SCE darf in keinem Fall im Widerspruch zu der ausgehandelten Vereinbarung über die Arbeitnehmerbeteiligung stehen, Art. 11 Abs. 4 SCE-VO. Steht eine neue gemäß der Arbeitnehmer-Beteiligungs-Richtlinie geschlossene Vereinbarung im Widerspruch zur geltenden Satzung, ist diese – soweit erforderlich – zu ändern.

Für die Gründungskontrolle der deutschen SCE gelten gemäß § 2 SCEAG die §§ 32 bis 35 AktG entsprechend. Ist nach § 33 Abs. 2 AktG eine Prüfung durch Gründungsprüfer erforderlich, ist diese abweichend von § 33 Abs. 3 und 4 AktG durch den Prüfungsverband nach § 54 GenG, dem die Europäische Genossenschaft nach Art. 71 SCE-VO angehören muss, durchzuführen.

2. Gesellschaftsverfassung

Hauptzweck der SCE ist nach Art. 1 Abs. 3 SCE-VO die Bedarfsdeckung ihrer Mitglieder und/oder die Förderung der wirtschaftlichen und/oder sozialen Tätigkeit ihrer Mitglieder, insbesondere durch den Abschluss von Vereinbarungen mit ihren Mitgliedern über die Lieferung von Waren oder die Erbringung von Dienstleistungen oder die Durchführung von Arbeiten im Rahmen der Tätigkeiten, welche die SCE ausführt oder ausführen lässt.

Zweck einer SCE kann auch sein, den Bedarf ihrer Mitglieder durch ihre Beteiligung an den vorgenannten wirtschaftlichen Tätigkeiten an einer oder mehreren SCE und/oder nationalen Genossenschaften zu decken. Zulässig sind auch nicht nutzende Mitglieder, dies jedoch nur, wenn es nach dem Recht des Satzungsstaates und in der jeweiligen Satzung vorgesehen ist, Art. 14 Abs. 1 SCE-VO.

Das Grundkapital der SCE ist in Geschäftsanteile zerlegt, Art. 1 Abs. 2 SCE-VO, wobei das Grundkapital nur aus Vermögenswerten bestehen darf, deren Wert feststellbar ist, Art. 4 Abs. 2 SCE-VO. Ausgeschlossen sind Arbeits- und Dienstleistungen als Gegenwert für Kapitalanteile. Die Geschäftsanteile lauten auf den Namen des Inhabers, Art. 4 Abs. 3 S. 1 SCE-VO. Die Mindesteinzahlung auf die Geschäftsanteile der SCE muss 30.000 EUR betragen, Art. 3 Abs. 2 SCE-VO. Die Satzung kann ein Mindestkapital vorschreiben, welches nicht weniger als 30.000 EUR betragen darf, Art. 3 Abs. 4 SCE-VO. Bei Bareinlagen müssen am Tag der Beteiligung mindestens 25% des Nennwerts der Geschäftsanteile einzahlt werden, Sacheinlagen müssen am Tag der Beteiligung vollständig erbracht sein, Art. 4 Abs. 4 und 5 SCE-VO. Das Grundkapital der SCE ist veränderlich, Art. 1 Abs. 2 S. 2 SCE-VO. Solche Änderungen erfordern weder eine Satzungsänderung noch eine Bekanntmachung, sofern das Mindestkapital nicht unterschritten wird und die Kapitalhöhe jährlich offen gelegt wird, Art. 3 Abs. 5 S. 2 SCE-VO.

Die Geschäftsanteile an einer SCE können mit Zustimmung der Generalversammlung oder des Leitungs- bzw. Verwaltungsorgans unter den in der Satzung festgelegten Bedingungen an ein Mitglied oder an jede andere Person, welche die Mitgliedschaft erwirbt, abgetreten oder veräußert werden, Art. 4 Abs. 11 SCE-VO. Die Annahme von Geschäftsanteilen einer SCE als Sicherheit im laufenden Geschäft genossenschaftlicher Kreditinstitute ist zulässig, Art. 4 Abs. 12 S. 2 SCE-VO.

Die Rechtsvorschriften eines Mitgliedstaats, die höhere Einzahlungen auf die Geschäftsanteile für juristische Personen vorsehen, die bestimmte Arten von Tätigkeiten ausüben, gelten auch für SCE mit Sitz in dem betreffenden Mitgliedstaat.

Oberstes Organ der SCE ist die Generalversammlung, Art. 52 bis 63 SCE-VO. Hinsichtlich der Leitungsorgane der SCE können die Gründer können zwischen dem monistischen Leitungssystem (Art. 42 bis 44 SCE-VO) und dem dualistischen Leitungssystem (Art. 52 bis 63 SCE-VO) wählen. Bei der Wahl des monistischen Systems gibt es neben der Generalversammlung das Verwaltungsorgan und (nach deutschem Recht) den oder die geschäftsführenden Direktoren und bei Wahl des dualistischen Systems gibt es neben der Generalversammlung ein Leitungs- und ein Aufsichtsorgan. Die Festlegung des jeweiligen Leitungssystems erfolgt in der Satzung. Für die Einführung des (im deutschen Genossenschaftsrecht bisher unbekannten) monistischen Leistungssystem sieht das SCE-AG besondere Vorschriften vor.

Nach der Grundkonzeption der SCE-VO wird bei der SCE vom Prinzip der Selbstorganschaft des (deutschen) Genossenschaftsrechts (§ 9 Abs. 2 Nr. 1 GenG) abgewichen, d.h., auch Nicht-Mitglieder können Organ einer SCE sein. Selbstverständlich kann die Satzung die Selbstorganschaft vorschreiben.

Die Generalversammlung ist zuständig für

  • die Bestellung der Mitglieder des Verwaltungsorgans (im monistischen System) und des Aufsichtsorgans (im dualistischen System) – jeweils mit Ausnahme der ersten Mitglieder des jeweiligen Organs, die durch die Satzung bestimmt werden;
  • die Bestellung der Mitglieder des Leitungsorgans (im dualistischen System), wenn die Satzung dies in die Zuständigkeit der Generalversammlung gelegt hat;
  • Entscheidungen, die gemäß der Richtlinie 2003/72/EG erlassenen Rechtsvorschriften des Sitzstaates der SCE (Arbeitnehmerbeteiligung, in Deutschland das SCEBG) in ihre Zuständigkeit übertragen sind;
  • für Angelegenheit gem. Art. 4 Abs. 11 SCE-VO bei der Abtretung von Geschäftsanteilen;
  • Sitzverlegung innerhalb der EU;
  • die Angelegenheiten, die nach den Vorgaben des Genossenschaftsgesetzes (z.B. §§ 48-50 GenG: Feststellung des Jahresabschlusses, Bedingungen bei Kreditgewährungen und Einzahlungen von Mitgliedern auf Geschäftsanteile) in ihren Zuständigkeitsbereich fallen;

Angelegenheiten, die ihr per Satzung übertragen sind. Die Generalversammlung ist weder zur Geschäftsführung noch zur Vertretung der SCE befugt.

Unabhängig davon, welches Leitungssystem für eine deutsche SCE gewählt wird, können satzungsmäßige oder beschlussmäßige Beschränkungen oder Befugnisse der Organe der SCE Dritten nie entgegengesetzt werden, Art. 47 Abs. 3 SCE-VO. Rechtshandlungen ihrer Organe verpflichten die SCE gem. Art. 47 Abs. 1 S. 1 SCE-VO gegenüber Dritten auch, wenn diese Rechtshandlungen dem Gegenstand der SCE nicht entsprechen, eine Ausnahme gilt nur dann, wenn die Organe Befugnisse überschreiten, die ihnen nach dem Recht des Sitzstaates zustehen oder zugestanden werden können.

Die Erteilung von Prokura (§§ 48 – 53 HGB) und Handlungsvollmachten (§ 54 HGB) ist grundsätzlich unabhängig von der gewählten Leitungsstruktur gemäß § 42 GenG zulässig, wobei die erteilte Prokura im Genossenschaftsregister einzutragen ist.

In Anwendung der geltenden Gemeinschaftsbestimmungen unterliegt die SCE hinsichtlich der Erstellung, der Kontrolle und der Offenlegung der Jahresabschlüsse und der konsolidierten Abschlüsse den innerstaatlichen Rechtsvorschriften des jeweiligen Sitzstaats.

Die Auflösung der SCE kann entweder durch Beschluss der Generalversammlung – vor allem bei Ablauf der in der Satzung bestimmten Dauer oder bei Reduzierung des gezeichneten Kapitals unter das Mindestkapital – oder durch Gerichtsbeschluss – beispielsweise bei Verlegung des Sitzes der SCE nach außerhalb der Gemeinschaft – ausgesprochen werden.

Hinsichtlich der Liquidation, der Zahlungsunfähigkeit und der Zahlungseinstellung unterliegt die SCE den Rechtsvorschriften des Sitzstaats.

a) Dualistisches System

Das dualistische Leitungssystem ist gekennzeichnet durch die Existenz eines Leitungsorgans und eines Aufsichtsorgans, diese Konzeption entspricht dem nationalen deutschen Genossenschaftsrecht, welches Vorstand (Leitungsorgan) und Aufsichtsrat (Aufsichtsorgan) kennt. Das Leitungsorgan muss aus mindestens 2 Personen bestehen, eine höhere Anzahl kann durch die Satzung bestimmt werden, § 14 SCEAG i.V.m. Art. 37 Abs. 4 SCE-VO. Die Mitglieder des Leitungsorgans werden vom Aufsichtsorgan bestellt, Art. 37 Abs. 2 S. 1 SCE-VO, die Satzung der SCE kann allerdings abweichend hiervon vorsehen, dass die Mitglieder des Leitungsorgans durch die Generalversammlung bestellt werden, § 12 SCEAG i.V.m. Art. 37 Abs. 2 S. 2 SCE-VO.

Das Aufsichtsorgan (Aufsichtsrat) überwacht die Geschäftsführung des Leitungsorgans. Es ist nicht berechtigt, die Geschäfte der SCE selbst zu führen. Die Mitglieder des Aufsichtsorgans werden von der Generalversammlung bestellt und abberufen, Art. 38 Abs. 2 SCE-VO. Gleichzeitige Mitgliedschaft im Leitungs- und im Aufsichtsorgan ist grundsätzlich nicht zulässig, Art. 37 Abs. 3 S. 1 SCE-VO. Eine lediglich temporäre Ausnahme ist in Art. 37 Abs. 3 S. 2 SCE-VO i.V.m. § 13 SCEAG vorgesehen.

Die Satzung der SCE enthält darüber hinaus eine Aufzählung der Arten von Geschäften, für die im dualistischen System eine Ermächtigung des Leitungsorgans durch das Aufsichtsorgan bzw. die Generalversammlung erforderlich ist, Art. 48 Abs. 1 SCE-VO. Eine solche satzungsmäßige oder beschlussmäßige Beschränkung des Leitungsorgans bei bestimmten Geschäften wirkt jedoch nur im Innenverhältnis.

b) Monistisches System

Das monistische Leitungssystem ist durch die Existenz eines Verwaltungsorgans gekennzeichnet, bei einer deutschen SCE mit monistischer Leitungsstruktur ist dies der Verwaltungsrat. Der Verwaltungsrat bestimmt die Grundlinien der Tätigkeit der SCE und überwacht deren Umsetzung, § 18 Abs. 1 SCEAG. Er hat die Generalversammlung einzuberufen, wenn dies im Interesse der SCE erforderlich ist, § 18 Abs. 2 SCEAG. Die Mitglieder des Verwaltungsrates werden durch die Generalversammlung bestellt mit Ausnahme der Mitglieder des ersten Verwaltungsrates, die ausschließlich durch die Satzung bestellt werden, Art. 42 Abs. 2 S. 1 SCE-VO. Der Verwaltungsrat wählt aus seiner Mitte einen Vorsitzenden, dieser ist zuständig für die Einberufung des Verwaltungsrates, Art. 44 SCE-VO. Der Verwaltungsrat besteht aus mindestens 5 Personen. Wenn die SCE nicht mehr als 20 Mitglieder hat, besteht er aus mindestens 3 Personen, § 19 Abs. 1 SCEAG i.V.m. Art. 42 Abs. 2 S. 2 SCE-VO. Im übrigen wird die Zahl der Verwaltungsratsmitglieder von der Satzung bestimmt, Art. 42 Abs. 2 S. 2 SCE-VO.

Grundsätzlich bestimmt die SCE-VO, dass das Verwaltungsorgan die Geschäfte der SCE führt, Art. 42 Abs. 1 S. 1. Im anschließenden Satz 2 gibt es jedoch eine Öffnungsklausel, wonach ein Mitgliedstaat vorsehen kann, dass die laufenden Geschäfte der SCE durch einen Geschäftsführer in eigener Verantwortung unter denselben Bedingungen geführt werden können, wie dies nach den jeweils nationalen Vorschriften für Genossenschaften geregelt ist. Hiervon hat der deutsche Gesetzgeber in dem SCEAG Gebrauch gemacht. Neben dem Verwaltungsrat als Verwaltungsorgan im Sinne der SCE-VO sind für die deutsche SCE „geschäftsführende Direktoren“ vorgesehen, die durch den Verwaltungsrat bestellt werden, § 22 Abs. 1 SCEAG. Diese Direktoren führen die Geschäfte der SCE, § 22 Abs. 2 S. 1 SCEAG. Damit wird im monistischen System der deutschen SCE die Funktion der Geschäftsführung zwingend dem oder den geschäftsführenden Direktoren zugewiesen, während dem Verwaltungsrat die allgemeine Unternehmensleitung und -überwachung obliegt. Mitglieder des Verwaltungsrates können zu geschäftsführenden Direktoren bestellt werden, sofern die Mehrheit der Verwaltungsratsmitglieder weiterhin aus nicht geschäftsführenden Mitgliedern besteht, § 22 Abs. 1 S. 2 SCEAG.

Die Satzung der SCE enthält darüber hinaus eine Aufzählung der Arten von Geschäften, für die bei monistischer Leitungsstruktur ein ausdrücklicher Beschluss des Verwaltungsorgans oder eine Ermächtigung durch die Generalversammlung erforderlich ist, Art. 48 Abs. 1 SCE-VO. Eine solche satzungsmäßige oder beschlussmäßige Beschränkung der geschäftsführenden Direktoren bei bestimmten Geschäften wirkt jedoch nur im Innenverhältnis.
IV. Mustersatzung

Bei allen Gründungsvorgängen erstellen die Gründer die Satzung der SCE nach den Vorgaben des nationalen Genossenschaftsrechts des SCE-Sitzstaates. Die Satzung muss schriftlich erstellt und von allen Gründern unterzeichnet werden. Die Mindestangaben der Satzung sind in Art. 5 Abs. 4 SCE-VO festgehalten:

  • die Firmenbezeichnung mit dem voran- oder nachgestellten Zusatz „SCE” sowie gegebenenfalls dem Zusatz „mit beschränkter Haftung”;
  • den Zweck der Genossenschaft;
  • die Namen der natürlichen Personen und die Firmenbezeichnungen der Gesellschaften, die Gründungsmitglieder der SCE sind, sowie bei letzteren Gesellschaftszweck und Sitz;
  • den Sitz der SCE;
  • die Bedingungen und Modalitäten für die Aufnahme, den Ausschluss und den Austritt der Mitglieder;
  • die Rechte und Pflichten der Mitglieder und gegebenenfalls die verschiedenen Kategorien von Mitgliedern sowie die Rechte und Pflichten jeder Kategorie von Mitgliedern;
  • den Nennwert der Geschäftsanteile sowie das Grundkapital und die Angabe, dass dieses veränderlich ist;
  • die besonderen Vorschriften für den gegebenenfalls in die gesetzliche Rücklage einzustellenden Betrag der Entnahme aus den Überschüssen;
  • die Befugnisse und Zuständigkeiten der Mitglieder jedes Organs;
  • die Einzelheiten der Bestellung und der Abberufung der Mitglieder dieser Organe;
  • die Mehrheits- und Beschlussfähigkeitsregeln;
  • die Dauer des Bestehens der SCE, wenn diese begrenzt ist.

Die nachfolgende Mustersatzung orientiert sich an dem vorgeschriebenen Mindestinhalt der Satzung. Ergänzungen sind in vielen Fällen möglich, richten sich an zu berücksichtigenden konkreten Bedürfnisseen aus.

1. Mustersatzung einer deutschen Europäischen Genossenschaft mit dualistischem System

§ 1 Firma und Sitz

  1. Die Firma der Genossenschaft lautet:

Europäische ABC Genossenschaft SCE.

  1. Der Sitz der ABC-SCE ist Köln.
  2. Das Geschäftsjahr ist das Kalenderjahr.

§ 2 Zweck

  1. Zweck der ABC-SCE ist die wirtschaftliche Förderung und Betreuung der Mitglieder. Gegenstand des Unternehmens ist _____________________________ .
  2. Die Ausdehnung des Geschäftsbetriebes auf Nichtmitglieder ist zugelassen.

§ 3 Gründungsmitglieder

Gründungsmitglieder der ABC-SCE sind:

  • Natürliche Personen (mit Namen und Anschrift)
  • Juristische Personen (mit Zweck und Sitz)

§ 4 Erwerb der Mitgliedschaft

    1. Die Mitgliedschaft können erwerben:
  • natürliche Personen;
  • Personengesellschaften;
  • juristische Personen des privaten oder öffentlichen Rechts.
    1. Die Mitgliedschaft wird erworben durch eine von dem Beitretenden zu unterzeichnende unbedingte Beitrittserklärung und die Zulassung durch die ABC-SCE.

§ 5 Investierende Mitglieder

  1. Personen, die für die Nutzung oder Produktion der Güter und die Nutzung oder Erbringung der Dienste der SCE nicht in Frage kommen, können als investierende Mitglieder zugelassen werden.
  2. Die Zulassung eines investierenden Mitglieds bedarf zusätzlich der Zustimmung der Generalversammlung.

§ 6 Grundkapital

  1. Das Grundkapital der ABC-SCE beträgt 30.000 EUR.
  2. Es ist unterteilt in Geschäftsanteile, die auf den Namen des Inhabers lauten.
  3. Das Grundkapital ist veränderlich.

§ 7 Geschäftsanteil

  1. Der Geschäftsanteil beträgt ______________ EUR.
  2. Der Geschäftsanteil ist sofort nach Eintragung in die Mitgliederliste voll einzuzahlen.
  3. Ein Mitglied kann sich mit Zustimmung der ABC-SCE mit weiteren Geschäftsanteilen – maximal jedoch mit insgesamt _____ Geschäftsanteilen – beteiligen. Die Beteiligung eines Mitglieds mit einem weiteren Geschäftsanteil darf erst zugelassen werden, wenn die bereits bestehenden Geschäftsanteile voll eingezahlt ist.
  4. Die Geschäftsanteile der investierenden Mitglieder werden mit 2%-Punkten über dem Basiszinssatz verzinst.

§ 8 Keine Nachschusspflicht im Falle der Insolvenz

Die Mitglieder sind nicht zur Leistung von Nachschüssen verpflichtet.

§ 9 Austritt

Jedes Mitglied kann seine Mitgliedschaft zum Schluss eines Geschäftsjahres unter Einhaltung einer Frist von sechs Monaten schriftlich kündigen.

§ 10 Ausschluss

  1. Ein Mitglied kann aus der ABC-SCE zum Schluss des Geschäftsjahres ausgeschlossen werden, wenn

(…) Nennung der Ausschlussgründe

  1. Über den Ausschluss entscheidet der Vorstand. Der Beschluss, durch den das Mitglied ausgeschlossen wird, hat den Ausschließungsgrund anzugeben. Der Beschluss ist dem betroffenen Mitglied durch den Vorstand unverzüglich durch eingeschriebenen Brief mitzuteilen. Mit Zugang des Briefes endet die Mitgliedschaft.

§ 11 Auseinandersetzung bei Ausscheiden

  1. Für die Auseinandersetzung zwischen dem ausgeschiedenen Mitglied und der ABC-SCE ist der festgestellte Jahresabschluss maßgebend.
  2. Dem ausgeschiedenen Mitglied ist das Auseinandersetzungsguthaben binnen sechs Monaten nach dem Ausscheiden auszuzahlen. Die ABC-SCE ist berechtigt, bei der Auseinandersetzung die ihr gegen das ausgeschiedene Mitglied zustehenden fälligen Forderungen gegen das auszuzahlende Guthaben aufzurechnen. Auf die Rücklagen und das sonstige Vermögen der ABC-SCE hat das ausgeschiedene Mitglied keinen Anspruch.

§ 12 Vorstand

  1. Der Vorstand besteht aus zwei Mitgliedern7.
  2. Der Aufsichtsrat bestellt die Vorstandsmitglieder nach den gesetzlichen Bestimmungen. Der Aufsichtsrat ernennt einen Vorsitzenden des Vorstandes. Der Abschluss der Anstellungsverträge und der Widerruf der Bestellung obliegen ebenfalls dem Aufsichtsrat.
  3. Mitglied des Vorstands können nur natürliche Personen sein, die Mitglied der ABC-SCE sind. Mitglied des Vorstandes kann auch sein die natürliche Person, die zur gesetzlichen Vertretung eines Mitgliedes in der Form einer juristischen Person oder einer Personengesellschaft befugt ist . Dieses ist beschränkt auf eine natürliche Person je Mitgliedsgesellschaft. Investierende Mitglieder können nicht Mitglied des Vorstands sein.
  4. Die Beschlüsse des Vorstandes werden mit Stimmenmehrheit gefasst, bei Stimmengleichheit entscheidet die Stimme des Vorstandsvorsitzenden.
  5. Die Generalversammlung kann jederzeit ein Vorstandsmitglied seines Amtes entheben.

§ 13 Vertretung

  1. Die ABC-SCE wird durch zwei Vorstandsmitglieder vertreten.
  2. Der Aufsichtsrat kann jedem Vorstandsmitglied die Befugnis zur Alleinvertretung erteilen.

§ 14 Aufsichtsrat

  1. Der Aufsichtsrat besteht aus sechs Mitgliedern und setzt sich im Übrigen nach den gesetzlichen Bestimmungen zusammen8.
  2. Mitglied des Aufsichtsrates können nur natürliche Personen sein, die Mitglied der ABC-SCE sind; letztere Beschränkung gilt nicht für die Arbeitnehmervertreter.
    Mitglied kann auch sein die natürliche Person, die zur gesetzlichen Vertretung eines Mitgliedes in der Form einer juristischen Person oder einer Personengesellschaft befugt ist. Dieses ist beschränkt auf eine natürliche Person je Mitgliedsgesellschaft.
  3. Der Aufsichtsrat darf nur zu maximal ¼ aus investierenden Mitgliedern bestehen.
  4. Der Aufsichtsrat wählt im Anschluss an jede Wahl aus seiner Mitte einen Vorsitzenden und einen Stellvertreter.

§ 15 Beschlussfassungen des Aufsichtsrates

  1. Die Sitzungen des Aufsichtsrats werden durch seinen Vorsitzenden, im Verhinderungsfall durch dessen Stellvertreter einberufen.
  2. Der Aufsichtsrat ist beschlussfähig, wenn mehr als die Hälfte seiner Mitglieder, darunter der Vorsitzende oder sein Stellvertreter anwesend ist. Er fasst seine Beschlüsse mit Mehrheit der gültig abgegebenen Stimmen.
  3. Eine Beschlussfassung ist auch ohne Einberufung einer Sitzung im Wege schriftlicher Abstimmung oder durch andere Fernkommunikationsmedien zulässig, wenn der Vorsitzende des Aufsichtsrats oder sein Stellvertreter eine solche Beschlussfassung veranlasst und kein Mitglied des Aufsichtsrats diesem Verfahren widerspricht.
  4. Der Aufsichtsratsvorsitzende ist ermächtigt, im Namen des Aufsichtsrats die zur Durchführung der Beschlüsse erforderlichen Erklärungen abzugeben und Erklärungen an den Aufsichtsrat in Empfang zu nehmen.

§ 16 Ermächtigungsbedürftige Geschäfte

Folgende Angelegenheiten bedürfen der Ermächtigung durch den Aufsichtsrat:

  • (…)

§ 17 Rechte und Pflichten der Mitglieder

    1. Jedes Mitglied hat das Recht,

(…)

  • die Einrichtungen der ABC-SCE nach Maßgabe der dafür getroffenen Bestimmungen zu benutzen;
  • an der Generalversammlung teilzunehmen und dort Auskünfte über Angelegenheiten der ABC-SCE zu verlangen;

2. Jedes Mitglied hat die Pflicht, die ABC-SCE nach Kräften zu unterstützen. Das Mitglied hat insbesondere

(…) z.B.

  • den Beschlüssen der Generalversammlung nachzukommen;
  • der ABC-SCE jede Änderung der Rechtsform und der Inhaberverhältnisse seines Unternehmens unverzüglich mitzuteilen;

§ 18 Generalversammlung

    1. Die ordentliche Generalversammlung hat innerhalb der ersten sechs Monate nach Ablauf des Geschäftsjahres stattzufinden. Außerordentliche Generalversammlungen können nach Bedarf einberufen werden.
    2. Die Generalversammlung findet am Sitz der ABC-SCE statt.
    3. Die Generalversammlung wird durch den Vorstand vertreten durch dessen Vorsitzenden, einberufen.
    4. Mindestens 10% der Mitglieder der ABC-SCE können in einem von ihnen unterzeichneten Antrag unter Angabe des Zwecks und der Gründe die Einberufung einer außerordentlichen Generalversammlung durch den Vorstand verlangen.
    5. Die Generalversammlung wird durch unmittelbare Benachrichtigung sämtlicher Mitglieder oder durch Bekanntmachung in dem in § 21 vorgesehenen Blatt einberufen unter Einhaltung einer Frist von mindestens sieben Tagen, wobei Tag der Absendung der Benachrichtigung bzw. Tag der Bekanntmachung und Tag der Generalversammlung nicht mitzählen. Bereits bei der Einberufung sollen die Gegenstände der Beschlussfassung bekannt gegeben werden.
    6. Den Vorsitz in der Generalversammlung führt der Vorsitzende des Vorstands oder sein Stellvertreter.

§ 19 Stimmrechte / Mehrheitserfordernisse

  1. Jedes Mitglied hat eine Stimme im Sinne des § 30 SCE AG.
  2. Die Generalversammlung ist beschlussfähig, wenn mindestens drei der nicht investierenden Mitglieder anwesend oder vertreten sind.
  3. Die investierenden Mitglieder und die nicht investierenden Mitglieder stimmen in gleichzeitigen, getrennten Wahlen ab.
    Soweit die Abstimmung nach Köpfen erfolgt und die Stimmen der anwesenden bzw. vertretenen investierenden Mitglieder weniger als 24 % der abgegebenen Stimmen repräsentieren, wird dieses Ergebnis zugrunde gelegt.
    Übersteigt die Anzahl der durch die anwesenden bzw. vertretenen investierenden Mitglieder abgegebenen Stimmen 24 % der insgesamt abgegebenen Stimmen, so wird die Gesamtzahl der durch anwesenden bzw. vertretenen investierenden Mitglieder abgegebenen Stimmen mit maximal 24 % gewertet. Das Abstimmungsergebnis wird sodann insgesamt in Prozenten ermittelt und ausgedrückt.
    Entstehen durch die unterschiedlichen Voten bzw. Enthaltungen in den beiden Gruppen prozentuale Ergebnisse mit Nachkommastellen, so werden diese nur bis zur zweiten Stelle nach dem Komma berücksichtigt, ohne dass eine Auf- oder Abrundung der letzten Stelle durchgeführt wird.
  4. Die Beschlüsse der Generalversammlung bedürfen der einfachen Mehrheit der abgegebenen Stimmen, soweit nicht das Gesetz oder diese Satzung eine größere Mehrheit vorschreibt.
  5. Eine Mehrheit von 65 % der abgegebenen Stimmen ist für folgende Beschlussgegenstände erforderlich:
    die Beteiligung an weiteren Gesellschaften
    (…) weitere Aufzählung der Beschlussgegenstände
  6. Die Beschlüsse der Generalversammlung werden gemäß § 47 Genossenschaftsgesetz protokolliert.

§ 20 Rücklage

Der gesetzlichen Rücklage sind mindestens 20% des Jahresüberschusses zuzuführen, bis mindestens 100% der Summe der Geschäftsanteile erreicht sind.

§ 21 Bekanntmachungen

Die Bekanntmachungen der ABC-SCE werden unter ihrer Firma im __________________ veröffentlicht.

2. Mustersatzung einer deutschen Europäischen Genossenschaft mit monistischem System

(§§ 1 bis 9 wie in dualistischer Mustersatzung)

§ 10 Ausschluss

  1. Ein Mitglied kann aus der ABC-SCE zum Schluss des Geschäftsjahres ausgeschlossen werden, wenn

(…) Nennung der Ausschlussgründe

  1. Über den Ausschluss entscheidet der Verwaltungsrat. Der Beschluss, durch den das Mitglied ausgeschlossen wird, hat den Ausschließungsgrund anzugeben. Der Beschluss ist dem betroffenen Mitglied durch den Verwaltungsrat unverzüglich durch eingeschriebenen Brief mitzuteilen. Mit Zugang des Briefes endet die Mitgliedschaft.

(§ 11 wie in dualistischer Mustersatzung)

§ 12 Verwaltungsrat

  1. Der Verwaltungsrat besteht aus sechs Mitgliedern und setzt sich im Übrigen nach den gesetzlichen Bestimmungen zusammen9.
  2. Mitglied des Verwaltungsrates können nur natürliche Personen sein, die Mitglied der ABC-SCE sind; letztere Beschränkung gilt nicht für die Arbeitnehmervertreter. Mitglied kann auch sein die natürliche Person, die zur gesetzlichen Vertretung eines Mitgliedes in der Form einer juristischen Person oder einer Personengesellschaft befugt ist . Dieses ist beschränkt auf eine natürliche Person je Mitgliedsgesellschaft.
  3. Der Verwaltungsrat darf nur zu maximal ¼ aus investierenden Mitgliedern bestehen.
  4. Der Verwaltungsrat wählt im unmittelbaren Anschluss an seine Wahl aus seiner Mitte einen Vorsitzenden und dessen Stellvertreter.

§ 13 Beschlussfassungen des Verwaltungsrats

  1. Der Vorsitzende, ersatzweise sein Stellvertreter, beruft die Sitzungen des Verwaltungsrates ein.
  2. Der Verwaltungsrat ist beschlussfähig, Verwaltungsrat ist beschlussfähig, wenn mehr als die Hälfte seiner Mitglieder, darunter der Vorsitzende oder sein Stellvertreter anwesend ist. Er fasst seine Beschlüsse mit Mehrheit der gültig abgegebenen Stimmen.
  3. Eine Beschlussfassung ist auch ohne Einberufung einer Sitzung im Wege schriftlicher Abstimmung oder durch andere Fernkommunikationsmedien zulässig, wenn der Vorsitzende des Verwaltungsrats oder sein Stellvertreter eine solche Beschlussfassung veranlasst und kein Mitglied des Verwaltungsrats diesem Verfahren widerspricht.
  4. Der Vorsitzende ist ermächtigt, im Namen des Verwaltungsrats die zur Durchführung der Beschlüsse erforderlichen Erklärungen abzugeben und Erklärungen an den Verwaltungsrat in Empfang zu nehmen.

§ 14 Geschäftsführende Direktoren10

  1. Die ABC-SCE hat mindestens zwei geschäftsführende Direktoren. Der Verwaltungsrat bestimmt die Zahl der geschäftsführenden Direktoren und bestellt die geschäftsführenden Direktoren nach den gesetzlichen Bestimmungen. Der Abschluss der Anstellungsverträge und der Widerruf der Bestellung obliegen ebenfalls dem Verwaltungsrat.
  2. Geschäftsführende Direktoren können nur natürliche Personen sein, die Mitglied der ABC-SCE sind. Geschäftsführende Direktoren kann auch sein die natürliche Person, die zur gesetzlichen Vertretung eines Mitgliedes in der Form einer juristischen Person oder einer Personengesellschaft befugt ist. Dieses ist beschränkt auf eine natürliche Person je Mitgliedsgesellschaft.
  3. Investierende Mitglieder können nicht geschäftsführende Direktoren sein.
  4. Die Beschlüsse der geschäftsführenden Direktoren werden mit Stimmenmehrheit gefasst, bei Stimmengleichheit gilt der Beschluss als abgelehnt.
  5. Die Generalversammlung kann jederzeit einen geschäftsführenden Direktor seines Amtes entheben.

§ 15 Vertretung

  1. Die ABC-SCE wird durch zwei geschäftsführende Direktoren vertreten.
  2. Der Verwaltungsrat kann jedem geschäftsführenden Direktor die Befugnis zur Alleinvertretung erteilen.

§ 16 Ermächtigungsbedürftige Geschäfte

Folgende Angelegenheiten bedürfen der Ermächtigung durch den Verwaltungsrat:

  • (…)

(§ 17 wie in dualistischer Mustersatzung)

§ 18 Generalversammlung

  1. Die ordentliche Generalversammlung hat innerhalb der ersten sechs Monate nach Ablauf des Geschäftsjahres stattzufinden. Außerordentliche Generalversammlungen können nach Bedarf einberufen werden.
  2. Die Generalversammlung findet am Sitz der ABC-SCE statt.
  3. Die Generalversammlung wird durch den Verwaltungsrat vertreten durch dessen Vorsitzenden, einberufen.
  4. Mindestens 10% der Mitglieder der ABC-SCE können in einem von ihnen unterzeichneten Antrag unter Angabe des Zwecks und der Gründe die Einberufung einer außerordentlichen Generalversammlung durch den Verwaltungsrat verlangen.
  5. Die Generalversammlung wird durch unmittelbare Benachrichtigung sämtlicher Mitglieder oder durch Bekanntmachung in dem in § 21 vorgesehenen Blatt einberufen unter Einhaltung einer Frist von mindestens sieben Tagen, wobei Tag der Absendung der Benachrichtigung bzw. Tag der Bekanntmachung und Tag der Generalversammlung nicht mitzählen. Bereits bei der Einberufung sollen die Gegenstände der Beschlussfassung bekannt gegeben werden.
  6. Den Vorsitz in der Generalversammlung führt der Vorsitzende des Verwaltungsrats oder sein Stellvertreter.

(§§ 19 bis21 wie in dualistischer Mustersatzung)
V. Arbeitnehmerbeteiligung

1. Grundlagen der Arbeitnehmerbeteiligung in der SCE

Die Richtlinie des Rates zur Ergänzung des Statuts der SCE hinsichtlich der Beteiligung der Arbeitnehmer regelt die Beteiligung der Arbeitnehmer in der SCE.

Sie koordiniert die Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten hinsichtlich der Rolle der Arbeitnehmer der SCE.

In jeder SCE wird eine Vereinbarung über die Arbeitnehmerbeteiligung entweder gemäß dem Verhandlungsverfahren oder gemäß der Auffangregelung zur Beteiligung der Arbeitnehmer in dieser Richtlinie getroffen.

2. Verfahren und Inhalt der Vereinbarung über die Arbeitnehmerbeteiligung in der SCE

Wenn die Leitungs- oder die Verwaltungsorgane der beteiligten juristischen Personen die Gründung einer SCE planen, leiten sie so rasch wie möglich die erforderlichen Schritte für die Aufnahme von Verhandlungen mit den Arbeitnehmervertretern der juristischen Personen über die Vereinbarung betreffend die Beteiligung der Arbeitnehmer in der SCE ein. Zu diesem Zweck wird ein besonderes Verhandlungsgremium als Vertretung der Arbeitnehmer der beteiligten juristischen Personen oder der betroffenen Tochtergesellschaften oder der betroffenen Betriebe eingesetzt:

Das besondere Verhandlungsgremium und das jeweils zuständige Organ der beteiligten juristischen Personen legen in einer schriftlichen Vereinbarung die Beteiligung der Arbeitnehmer in der SCE fest. Zu diesem Zweck unterrichtet das jeweils zuständige Organ der beteiligten juristischen Personen das besondere Verhandlungsgremium über das Vorhaben der Gründung einer SCE und den Verlauf des Verfahrens bis zu dessen Eintragung.

Das besondere Verhandlungsgremium kann beschließen, keine Verhandlungen aufzunehmen oder bereits aufgenommene Verhandlungen abzubrechen. Für diesen Beschluss ist eine Mehrheit von zwei Dritteln der Stimmen der Mitglieder, die mindestens zwei Drittel der Arbeitnehmer vertreten, erforderlich, mit der Maßgabe, dass die beschlussfassende Stimmenmehrheit Arbeitnehmer aus mindestens zwei Mitgliedstaaten vertritt. Im Fall einer durch Umwandlung gegründeten SCE findet dieser Absatz keine Anwendung.

Das besondere Verhandlungsgremium wird auf schriftlichen Antrag von mindestens 10 % der Arbeitnehmer der SCE, ihrer Tochtergesellschaften und Betriebe oder von deren Vertretern frühestens zwei Jahre nach dem vorgenannten Beschluss wieder einberufen, sofern die Parteien nicht eine frühere Wiederaufnahme der Verhandlungen vereinbaren.

Die Vereinbarung wird zwischen dem jeweils zuständigen Organ der beteiligten juristischen Personen und dem besonderen Verhandlungsgremium mit dem Willen zur Verständigung ausgehandelt. Für das Verhandlungsverfahren ist das Recht des Mitgliedstaats maßgeblich, in dem die SCE ihren Sitz haben wird. Die Verhandlungen beginnen mit der Einsetzung des besonderen Verhandlungsgremiums und können bis zu sechs Monaten andauern. Die Parteien können einvernehmlich beschließen, die Verhandlungen bis zu insgesamt einem Jahr ab der Einsetzung des besonderen Verhandlungsgremiums fortzusetzen.

3. Voraussetzungen und Inhalt der Auffangregelungen des SCEBG

Die Mitgliedstaaten führen eine Auffangregelung zur Beteiligung der Arbeitnehmer ein, die den im Anhang der Richtlinie niedergelegten Bestimmungen genügen muss. Die Auffangregelung, die in den Rechtsvorschriften des Mitgliedstaats festgelegt ist, in dem die SCE ihren Sitz haben soll, findet ab dem Zeitpunkt der Eintragung der SCE Anwendung, wenn

  • die Parteien dies vereinbaren oder
  • bis zum Ende des vorgesehenen Zeitraums keine Vereinbarung zwischen dem jeweils zuständigen Organ der beteiligten juristischen Personen und dem besonderen Verhandlungsgremium zustande gekommen ist und
  • das zuständige Organ jeder der beteiligten juristischen Personen der Anwendung der Auffangregelung auf die SCE und damit der Fortsetzung des Verfahrens zur Eintragung der SCE zugestimmt hat und
  • das besondere Verhandlungsgremium keinen Beschluss gefasst hat, keine Verhandlungen mit dem jeweils zuständigen Organ der beteiligten juristischen Personen aufzunehmen oder bereits aufgenommene Verhandlungen abzubrechen.

Ferner findet die Auffangregelung, die in den Rechtsvorschriften des Mitgliedstaats festgelegt ist, in dem die SCE eingetragen wird, allein in den abschließend in der Richtlinie aufgeführten Fällen und je nach Gründungsform der SCE (Umwandlung, Verschmelzung oder sonstige) auf unterschiedliche Weise Anwendung.

4. Der SCE-Betriebsrat

Gem. § 22 SCEBG gelten die Vorschriften des SCEBG über den gesetzlichen Betriebsrat bei einer Europäischen Genossenschaft, wenn die Parteien dies vereinbaren oder wenn bis zum Ende Verhandlungen des besonderen Verhandlungsgremiums gem. § 20 SCEBG keine Vereinbarung zustande gekommen ist und das besondere Verhandlungsgremium keinen Beschluss über Nichtaufnahme oder den Abbruch der Verhandlungen gem. § 16 SCEGB gefasst hat. In diesem Fall ist bei der SCE ein Betriebsrat nach den Vorschriften der §§ 23ff. SCEBG zu errichten. Spätestens vier Jahre nach seiner Einsetzung hat der SCE-Betriebsrat mit der Mehrheit seiner Mitglieder einen Beschluss darüber zu fassen, ob über eine Mitbestimmungsvereinbarung nach § 21 SCEBG verhandelt werden oder die bisherige Regelung weiter gelten soll.

Bis zum Ablauf des 19. März 2022 können gem. § 50 Abs. 1 SCEBG im Rahmen der Unterrichtung und Anhörung die Teilnahme an Sitzungen eines SCE-Betriebsrats oder einer Arbeitnehmervertretung nach § 21 Abs. 2 SCEBG sowie die Beschlussfassung auch mittels Video- und Telefonkonferenz erfolgen, wenn sichergestellt ist, dass Dritte vom Inhalt der Sitzung keine Kenntnis nehmen können.11

VI. Steuerrecht

Die SCE-VO enthält keine eigenen Bestimmungen zur Besteuerung, sondern verweist in Art. 8 Abs. 1 lit. c) auf das jeweils geltende nationale Recht des Sitzstaates. Damit liegt auch eine Verweisung auf die besonderen Rechnungslegungs- und Gewinnfeststellungsregeln des Genossenschaftsgesetzes vor.

Im Rahmen der laufenden Besteuerung gibt es keine Sonderrechte der SCE, sie unterliegt also in Deutschland u. a. der Gewerbesteuerpflicht gem. § 2 Abs. 2 S. 1 GewStG und der Körperschaftsteuerpflicht gem. § 1 Abs. 1 Nr. 2 KStG. Sie hat die jeweils geltenden nationalen Regelungen einschließlich der Doppelbesteuerungsabkommen zu beachten. Gegebenenfalls kann Steuerfreiheit durch Gemeinnützigkeit eintreten, wenn z. B. bei sozialer oder kultureller Zwecksetzung die §§ 51 ff. AO einschlägig sind.

 

1 Verordnung (EG) Nr. 1435/2003 des Rates der Europäischen Union vom 22. Juli 2003, ABl. L 207 vom 18.8.2003, S. 1.

2 Richtlinie 2003/72/EG des Rates vom 22. Juli 2003, ABl. L 207 vom 18.8.2003, S. 25.

3 Art. 1 des Gesetzes zur Einführung der Europäischen Genossenschaft und zur Änderung des Genossenschaftsrechts – EuroGenEinfG vom 14.8.2006, BGBl. I 2006, S. 1911, geändert durch Art. 7 des Gesetzes v. 05.06.2017, BGBl. I 2006, S. 1476.

4 Art. 2 des Gesetzes zur Einführung der Europäischen Genossenschaft und zur Änderung des Genossenschaftsrechts – EuroGenEinfG vom 14.8.2006 BGBl. I 2006, S. 1911, zuletzt geändert durch Art. 9 des Gesetzes vom 10.12.2021 BGBl. I, S. 5162.

5 Art. 3 des Gesetzes zur Einführung der Europäischen Genossenschaft und zur Änderung des Genossenschaftsrechts – EuroGenEinfG vom 14.8.2006, BGBl. I 2006 S. 1911, in Kraft getreten am 18.8.2006, Bekanntmachung der Neufassung des Genossenschaftsgesetzes vom 16.10.2006, BGBl. 2006 I, S. 2229, zuletzt geändert durch Art. 67 des Gesetzes vom10.08.2021 BGBl. I S. 3436.

6 Erwägungsgrund (8) der Richtlinie 2003/72/EG.

7 Bei einer mitbestimmten SCE muss ein Vorstandsmitglied für den Bereich Arbeit und Soziales zuständig sein, § 38 Abs. 2 SCEBG.

8 Die Mindestanzahl der Mitglieder des AR beträgt drei, § 15 Abs. 1 S. 1 SCEAG. In einer mitbestimmten SCE ist die Beteiligung der Arbeitnehmer im AR zu beachten, deren Voraussetzungen und Umfang sich im Einzelnen aus §§ 34 bis 36 SCEBG ergeben.

9 Die Mindestanzahl der Mitglieder des Verwaltungsrates beträgt drei, wenn die SCE nicht mehr als 20 Mitglieder hat, anderenfalls fünf, § 19 Abs. 1 S. 1 SCEAG. In einer mitbestimmten SCE ist die Beteiligung der Arbeitnehmer im Verwaltungsrat zu beachten, deren Voraussetzungen und Umfang sich im Einzelnen aus §§ 34 bis 36 SCEBG ergeben.

10 Bei einer mitbestimmten SCE müssen mindestens zwei geschäftsführende Direktoren bestellt werden, von denen einer für den Bereich Arbeit und Soziales zuständig ist, § 38 Abs. 2 SCEBG.

11 Sonderregelung aus Anlass der COVID-19-Pandemie, eingefügt durch Art. 9 des Gesetzes vom 10.12.2021, BGBl. I, S. 5162, m.W.v. 12.12.2021.

Die Europäische Aktiengesellschaft Societas Europaea (SE) im Gesellschafts- und Steuerrecht

Inhaltsverzeichnis

Vorwort

I. Rechtliche Rahmenbedingungen in Deutschland

1. Gesetzgebung

2. Rechtsprechung

II. Gesellschaftsrecht der Societas Europaea

1. Gründung einer SE

2. Gesellschaftsverfassung

a) Dualistisches Leitungs- und Verwaltungssystem

b) Monistisches Leitungssystem

c) Mustersatzung einer Europäischen Aktiengesellschaft
mit dualistischem System

d) Mustersatzung einer Europäischen Aktiengesellschaft
mit monistischem System

III. Arbeitnehmerbeteiligung

1. Grundlagen der Arbeitnehmerbeteiligung in der SE

2. Verfahren und Inhalt der Vereinbarung über die Arbeitnehmerbeteiligung
in der SE

3. Voraussetzungen und Inhalt der Auffangregelungen
des SEBG

4. Besonderheiten der Mitbestimmung im monistischen
System

IV. Steuerrecht

1. Steuern bei der Gründung

a) Verschmelzung

b) Gründung einer Holding-SE

c) Gründung einer SE durch Errichtung einer Tochtergesellschaft

d) Gründung durch Umwandlung einer nationalen Aktiengesellschaft

2. Grenzüberschreitende Sitzverlegung

3. Laufende Besteuerung

Literaturverzeichnis

 

 

Vorwort

Das Ziel der Europäischen Aktiengesellschaft (Societas Europaea – SE) war die Schaffung einer Europäischen Gesellschaft sui generis, um Gesellschaften aus verschiedenen Mitgliedstaaten die Gründung einer Holdinggesellschaft oder einer gemeinsamen Tochtergesellschaft ohne die rechtlichen und praktischen Zwänge zu ermöglichen, die sich aus dem Bestehen fünfzehn verschiedener Rechtsordnungen ergeben. Die Bedeutung der Europäischen Aktiengesellschaft ist insbesondere in einer Organisationsform für international organisierte und operierende Konzerne zu sehen, etwa als (Zwischen-)Holding-SE, als operative Konzerngesellschaft oder als europäischer Betriebsstättenkonzern oder als Tochter- bzw. Joint-Venture-SE zweier europäischer Unternehmen. Porsche und Allianz sind prominente Beispiele für die Nutzung der Rechtsform der SE durch deutsche Unternehmen.

Vom Gedanken handelt es sich bei der Europäischen Aktiengesellschaft um eine supranationale Gesellschaftsform, die durch die Verweise auf die jeweiligen nationalen Rechtsordnungen eine jeweilige nationale Ausprägung erhält. Die SE ist daher (auch) eine deutsche Rechtsform, genauso wie sie (auch) eine französische, belgische, spanische usw. Rechtsform ist, je nachdem, wo sie ihren Sitz nimmt. Nur einmal, nämlich bei der Gründung, muss die Mehrstaatlichkeit gegeben sein. Damit kann sich die SE als rein nationale Gesellschaft etablieren, die jedoch eine ausgezeichnete Reputation mit sich bringt.

Rechte von Mitarbeitern können darüber hinaus eingefroren werden.

 

Köln, Januar 2022 Sebastian Korts

 

Rechtliche Rahmenbedingungen in Deutschland

1. Gesetzgebung

Am 8. Oktober 2004 ist die SE-Verordnung (SE-VO)1 in Kraft getreten2. Mit der Umsetzung der SE-VO in nationales Recht durch das SE-Ausführungsgesetz3, welches am 29. Dezember 2004 in Kraft getreten ist, wurde in Deutschland die rechtliche Möglichkeit geschaffen, für die SE neben dem bisher vorgesehenen dualistischen Leitungs- und Verwaltungssystem mit einem Leitungsorgan (der Vorstand) und einem Aufsichtsorgan (der Aufsichtsrat) auch eine monistische Leitungs- und Verwaltungsstruktur, d.h. mit einem einzigen Leitungs- und Verwaltungsorgan, zu wählen. Maßgebliche gesetzliche Grundlagen der deutschen SE (d.h. einer SE mit Sitz in Deutschland) sind demnach die SE-VO, das SEAG und das deutsche Aktienrecht. Für eine SE mit Sitz in einem anderen Mitgliedstaat gelten dementsprechend die Normen der SE-VO und des jeweiligen nationalen Ausführungsgesetzes sowie des jeweiligen nationalen Aktienrechts. Die nachfolgenden Ausführungen beziehen sich auf die deutsche SE, soweit nicht Normen der SE-VO ausschließlich einschlägig sind, die unmittelbar in jedem Mitgliedstaat, also für jede SE gelten.

Gleichzeitig mit der SE-VO wurde am 8. Oktober 2001 eine Richtlinie4 über die Beteiligung der Arbeitnehmer in der Europäischen AG geschaffen. Der EU-Rat hat ausdrücklich unter Hinweis auf die in den Mitgliedstaaten bestehende Vielfalt an Regelungen und Gepflogenheiten für die Beteiligung der Arbeitnehmer an der Beschlussfassung in Gesellschaften darauf verzichtet, ein einheitliches europäisches Modell der Arbeitnehmerbeteiligung in der SE zu schaffen. Die Sicherung bereits erworbener Rechte der Arbeitnehmer über ihre Beteiligung an Unternehmensentscheidungen ist fundamentaler Grundsatz und erklärtes Ziel der Arbeitnehmerbeteiligungsrichtlinie. Der deutsche Gesetzgeber hat mit Art. 2 SEEG5 die Umsetzung der Richtlinie in nationales Recht verwirklicht.

Die Richtlinie 2005/56/EG6 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Oktober 2005 über die Verschmelzung von Kapitalgesellschaften aus verschiedenen Mitgliedstaaten, in Kraft getreten am 15. Dezember 2005, soll die grenzüberschreitende Verschmelzung von Kapitalgesellschaften in der Europäischen Union durch einen vereinfachten Rechtsrahmen erleichtern. Außerdem soll es der größtmöglichen Anzahl von Unternehmen, insbesondere denjenigen, die keine Europäische Gesellschaft schaffen möchten, ermöglicht werden, in den Genuss der Richtlinie zu kommen. Anhand der Richtlinie soll festgelegt werden, welches einzelstaatliche Recht bei einer grenzübergreifenden Verschmelzung für die beteiligten Gesellschaften maßgeblich ist. Nachdem aus der vorgenommenen Verschmelzung eine neue Gesellschaft hervorgegangen ist, gilt nur noch ein nationales Recht, nämlich das des Mitgliedstaates, in dem der Hauptsitz gewählt wurde. Art. 19 der Richtlinie verpflichtete die Mitgliedstaaten zur Umsetzung der Richtlinie spätestens bis Dezember 2007. In Deutschland wurde das Zweite Gesetz zur Änderung des Umwandlungsgesetzes 19.04.20077 geschaffen, dessen Artikel 1 u.a. der Umsetzung der Richtlinie 2005/56/EG dient. Es wurde ein Zehnter Abschnitts im Umwandlungsgesetz (§§ 122a ff. UmwG n.F.) betreffend die grenzüberschreitende Verschmelzung von Kapitalgesellschaften eingefügt. Gleichzeitig sollen damit die Anforderungen erfüllt werden, die der EuGH für den Bereich der grenzüberschreitenden Verschmelzung von Kapitalgesellschaften – insbesondere durch das Urteil in der Rechtssache „SEVIC Systems AG“8 – aufgestellt hat. Deshalb gelten die Regelungen des Umwandlungsgesetzes für innerstaatliche Verschmelzungen von Kapitalgesellschaften grundsätzlich auch für die grenzüberschreitende Verschmelzung gelten. Neue Vorschriften sind lediglich für die Fälle vorgesehen, in denen die Richtlinie abweichende oder zusätzliche Anforderungen formuliert.

Die seit mehreren Jahren geplante Sitzverlegungsrichtlinie wird nach Verlautbarungen9 nun wohl doch nicht realisiert werden. Die Europäische Kommmission hat im Dezember 2007 eine Folgenabschätzung zu der seit 2004 geplanten Richtlinie über die grenzüberschreitende Verlegung des satzungsmäßigen Sitzes von Kapitalgesellschaften veröffentlicht10. Das Dokument stellt die Für und Wider der vorhandenen Handlungsoptionen in diesem Bereich dar, und schließt auch eine Bewertung der Konsequenzen ein, die sich im Falle eines Untätigbleibens des Gesetzgebers ergeben würden. Nach Abwägung der vorgebrachten Argumente hat der zuständige EU-Kommissar McCreevy beschlossen, dass kein Bedarf für ein Tätigwerden auf EU-Ebene in diesem Bereich besteht. Die Arbeiten an diesem Thema wurden daraufhin eingestellt. Die europäischen Regelwerke zur SE enthalten keine eigenen Bestimmungen zur Besteuerung einer SE, sondern verweisen auf das jeweils geltende nationale Recht des SE-Sitzstaates. Dies wird i.d.R. eine unbeschränkte Steuerpflicht nach dem Welteinkommensprinzip vorsehen. Daneben sind die Bestimmungen des Gemeinschaftsrechts (u. a. Mutter-Tochter-Richtlinie11 sowie die Zinsen-Lizenzen-Richtlinie12) und die zwischen den jeweiligen Mitgliedstaaten bestehenden Doppelbesteuerungsabkommen anwendbar und regelmäßig wird in dem beteiligten Mitgliedstaat eine beschränkte Steuerpflicht für dort erzielte Einkünfte zu beachten sein. Auf europäischer Ebene sind ergänzend die steuerlichen Fusionsrichtlinien des Rates aus den Jahren 1990 und 2005 (FRL 199013 und FRL 200514) relevant, die von den Mitgliedstaaten in nationales Recht umzusetzen waren. In Deutschland erfolgte die Umsetzung durch das Gesetz über die steuerlichen Begleitmaßnahmen zur Einführung der Europäischen Gesellschaft und zur Änderung weiterer steuerrechtlicher Vorschriften („SEStEG“) vom 07.12.200615, welches vor allem die Gründung der SE durch grenzüberschreitende Verschmelzung und die grenzüberschreitende Sitzverlegung der SE regelt. Von besonderem Interesse wird in diesen Zusammenhängen regelmäßig die Frage nach der Aufdeckung stiller Reserven und deren Besteuerung sein.

2. Rechtsprechung

Das Gesellschaftsstatut ausländischer Gesellschaften richtete sich in Deutschland bisher infolge der Anwendung der in der Rechtsprechung und in weiten Teilen der Literatur vertretenen Sitztheorie nach dem Gesellschaftsrecht des Staates, in dem sich der effektive Verwaltungssitz der Gesellschaft befand16. Durch die EuGH-Rechtsprechung zur europäischen Niederlassungsfreiheit, insbesondere durch die Urteile in den Rechtssachen „Centros“17, „Überseering“18 und „Inspire Art“19, scheint die Geltung der Sitztheorie in Deutschland beendet20. Ausländische Register tragen jedoch deutsche Kapitalgesellschaften ein, denn diese beurteilen die Eintragung unter dem Blickwinkel der Gründungstheorie. Der Gesetzgeber reagiert in der Neufassung des MoMiG, indem er den deutschen Kapitalgesellschaften zwangsweise den Satzungssitz in Deutschland („im Inland“) oktruiert und die Verlegung des Verwaltungssitzes in das Ausland zulässt. Mit dieser Regelung scheint der gänzliche Wegzug der deutschen Kapitalgesellschaft nicht mehr denkbar zu sein.

Mit dem Verfahren „Cartesio“21 hat der EuGH den Wegzugsfall einer ungarischen Personengesellschaft nach Italien entschieden. Mit Urteil vom 16.12.2008 stellte der EuGH fest, dass die Möglichkeit des formwahrenden Wegzugs nicht von der Niederlassungsfreiheit geschützt ist, da Gesellschaften, die auf der Grundlage einer nationalen Rechtsordnung gegründet wurden jenseits dieser Rechtsordnung „keine Realität“ hätten. Allerdings stellte der EuGH auch klar, dass nationale Regelungen zur grenzüberschreitenden Sitzverlegung mit Formwechsel der Niederlassungsfreiheit unterfallen.

Der EuGH hat in dem Inspire-Art-Urteil seine bisherige Rechtsauffassung bekräftigt, dass es für die Anwendung der Vorschriften über die Niederlassungsfreiheit ohne Bedeutung sei, dass eine Gesellschaft in einem Mitgliedstaat nur deshalb errichtet wurde, um sich in einem zweiten Mitgliedstaat niederzulassen, in dem die Geschäftstätigkeit im Wesentlichen oder ausschließlich ausgeübt werden soll. Der Umstand, dass eine Gesellschaft in einem Mitgliedstaat gegründet wurde, um in den Genuss vorteilhafterer Rechtsvorschriften zu kommen, stelle keinen Missbrauch der Niederlassungsfreiheit dar. Auch die deutsche obergerichtliche und höchstrichterliche Rechtsprechung22 lehnt mittlerweile im Anschluss an die EuGH-Rechtsprechung die Anwendung der Sitztheorie ausdrücklich ab. Das Amtsgericht Neuwied hatte noch den Antrag der SEVIC Systems AG mit Sitz in Deutschland auf Eintragung ihrer Verschmelzung mit einer in Luxemburg ansässigen S.A. in das deutsche Handelsregister verweigert mit der Begründung, das deutsche Umwandlungsrecht sehe nur die Verschmelzung von Gesellschaften mit Sitz in Deutschland vor. Mit seinem Urteil vom 13. Dezember 200523 hat der EuGH entschieden, dass diese Verweigerung der Eintragung gegen die Niederlassungsfreiheit verstoße.

II. Gesellschaftsrecht der Societas Europaea

Die SE-VO ist in allen Mitgliedstaaten unmittelbar anwendbares Recht, regelt jedoch nur Kernbereiche. Im Übrigen gibt es in Art. 9 Abs. 1 lit. c Ziffer ii) SE-VO eine Verweisung auf das nationale Gesellschaftsrecht des jeweiligen Sitzstaates. Daneben enthält die SE-VO Spezialverweisungen auf das jeweilige nationale Aktienrecht des Sitzstaates. Insbesondere beziehen sich diese Verweisungen auf die Erhaltung und Änderungen des Grundkapitals, die Wertpapiere der SE, die Gründung und das Registerverfahren sowie die Hauptversammlung. Mit anderen Worten: Es gibt so viele unterschiedliche Europäische Aktiengesellschaften, wie es Mitgliedstaaten gibt. Vielleicht haben die Recht, die behaupten, es gäbe so viele SE, wie es Mitgliedstaatenkombinationen gibt.

Zur Ausführung der SE-VO und zur Umsetzung der Richtlinie über die Beteiligung der Arbeitnehmer ist das Gesetz zur Einführung der Europäischen Gesellschaft (SEEG)24 vom 22. Dezember 2004 erlassen worden, welches am 29. Dezember 2004 in Kraft getreten ist. Es handelt sich um ein Artikelgesetz. Art. 1 enthält das SE-Ausführungsgesetz (SEAG), Art. 2 das SE-Beteiligungsgesetz (SEBG) über die Beteiligung der Arbeitnehmer in einer Europäischen Gesellschaft25. Maßgebliche gesetzliche Grundlagen der deutschen SE (d.h. einer SE mit Sitz in Deutschland) sind demnach die SE-VO, das SEAG und das SEBG sowie das deutsche Aktienrecht. Für eine SE mit Sitz in einem anderen Mitgliedstaat gelten dementsprechend die Normen der SE-VO und des jeweiligen nationalen Ausführungsgesetzes und des jeweiligen nationalen Aktienrechts. Die nachfolgenden Ausführungen beziehen sich auf die deutsche SE, soweit nicht Normen der SE-VO ausschließlich einschlägig sind, die unmittelbar in jedem Mitgliedstaat, also für jede SE gelten.

1. Gründung einer SE

Die Möglichkeiten der Gründung einer Europäischen AG sind vorgegeben durch Art. 2 Abs. 1 bis 4 SE-VO. Danach gibt es vier primäre Gründungsarten26:

• grenzüberschreitende Verschmelzung von mindestens zwei nationalen Aktiengesellschaften;

• Umwandlung einer nationalen Aktiengesellschaft in eine SE, wenn die nationale Aktiengesellschaft seit mindestens zwei Jahren eine dem Recht eines anderen Mitgliedstaates unterliegende Tochtergesellschaft oder eine Zweigniederlassung hat;

• Gründung einer gemeinsamen grenzüberschreitenden Holding-SE durch mindestens zwei nationale Kapitalgesellschaften;

• grenzüberschreitende Gründung einer gemeinsamen Tochter-SE durch mindestens zwei nationale Gesellschaften nach Art. 48 Abs. 2 EG-Vertrag oder juristische Personen des öffentlichen oder privaten Rechts der Mitgliedstaaten.

Natürliche Personen oder Personengesellschaften können nicht (Allein-)Gründer einer SE sein. Die Mehrstaatlichkeit ist obligatorisch, d. h. vom Gründungsvorgang müssen mindestens zwei EU-Mitgliedstaaten berührt sein.

Darüber hinaus gibt es eine weitere, sekundäre Gründungsart, die ausschließlich für bereits vorhandene SE gilt, nämlich durch Gründung einer Tochter-SE durch eine Mutter-SE.

Hinsichtlich der verschiedenen Gründungsvarianten sind folgende Voraussetzungen gleich: Die Gründung vollzieht sich nach dem Recht eines der Mitgliedstaaten; Sitz und Hauptverwaltung liegen in der EU; es gilt das Prinzip der Mehrstaatlichkeit.

Gründungsschritte, die der SE selbst zuzuordnen sind, erfolgen nach dem nationalen Recht über Aktiengesellschaften des (zukünftigen) Sitzstaates der SE. Die anderen Gründungsschritte richten sich nach dem nationalen Recht der Mitgliedstaaten, in denen die Gründungsgesellschaften ihren

2. Gesellschaftsverfassung

Die SE bildet eine Rechtsform eigener Art neben den bereits existierenden Gesellschaftsformen. Sie ist eine juristische Person, deren Kapital in Aktien zerlegt ist. Ihr Grundkapital muss mindestens 120.000 EUR betragen. Nationale Rechtsvorschriften eines EU-Mitgliedstaates, die ein höheres gezeichnetes Kapital für Gesellschaften vorsehen, gelten auch für eine SE mit Sitz in dem betreffenden Mitgliedstaat. Für Deutschland gibt es solche höheren Ansätze aus nationalem Recht für den Bereich des Kredit- und Versicherungswesens. Darüber hinaus gelten für das Kapital der SE, dessen Erhaltung und Änderungen, sowie deren Aktien und sonstige Wertpapiere die Vorschriften, die für eine Aktiengesellschaft mit Sitz in dem jeweiligen Mitgliedstaat gelten würden.

Der Zusatz „SE“ in der Firma der Gesellschaft ist obligatorisch. Die SE ist in das in dem Sitzstaat zuständige Gesellschaftsregister einzutragen. Die SE erlangt Rechtspersönlichkeit mit dem Tag der Eintragung in dieses Register. In Deutschland ist dies das Handelsregister des für den Sitz der Gesellschaft zuständigen Amtsgerichts, § 3 SEAG.

Die Hauptversammlung der SE beschließt gem. § 52 SE-VO über Angelegenheiten, die ihr durch die SE-VO übertragen sind. Darüber hinaus nimmt die Hauptversammlung auch diejenigen Aufgaben wahr, die nach dem Recht des Sitzstaates der Hauptversammlung einer nationalen AG zugewiesen sind und natürlich die Aufgaben, die die Satzung der SE in die Zuständigkeit der Hauptversammlung legt. Für eine deutsche SE entsprechen die Kompetenzen der Hauptversammlung im Wesentlichen denen, die in § 119 Abs. 1 AktG für die Hauptversammlung einer Aktiengesellschaft aufgeführt sind. Die Hauptversammlung kann u.a. jederzeit Mitglieder des Verwaltungsrats bzw. des Aufsichtsorganes abberufen. Überträgt man die höchstrichterliche Rechtsprechung des BGH27 zu ungeschriebenen Satzungskompetenzen der Hauptversammlung einer Aktiengesellschaft auf die Hauptversammlung der SE, so ist diese auch mitentscheidungsbefugt bei Grundlagen- und Strukturentscheidungen. Zur Vertretung der SE oder zur Geschäftsführung ist die Hauptversammlung nicht befugt. Die Einberufung einer Hauptversammlung ist auf Antrag eines oder mehrerer Aktionäre möglich, sofern sein oder ihr Anteil am Grundkapital mindestens 5% beträgt, § 50 Abs. 1 SEAG. Die Ergänzung der Tagesordnung einer Hauptversammlung ist auf Antrag eines oder mehrerer Aktionäre möglich, sofern sein oder ihr Anteil am Grundkapital mindestens 5% beträgt oder den anteiligen Betrag von 500.00 EUR erreicht, § 50 Abs. 2 SEAG.

Um den coronabedingten Einschränkungen der Versammlungsfreiheit Rechnung zu tragen und dennoch die Durchführung von Hauptversammlungen zu ermöglichen, wurde mit dem COVMG28 (zunächst) für die HV-Saison 2020 die virtuelle Hauptversammlung geschaffen, d.h. eine Hauptversammlung ohne körperliche Anwesenheit der Aktionäre. Mit dem Aufbauhilfegesetz 2021 wurde die Geltungsdauer des „COVMG“ bis zum 31.08.2022 verlängert.29

Nach § 1 COVMG dürfen Hauptversammlungen von Aktiengesellschaften, KGaA und Europäischen Aktiengesellschaften SE gem. §118 AktG unter Verwendung elektronischer Fernkommunikationsmittel abgehalten werden – und zwar auch ohne, dass dies in der Satzung vorgesehen ist. Die Entscheidung, eine solche virtuelle HV abzuhalten liegt gem. § 1 Abs. 2 COVMG beim Vorstand, es ist zudem die Zustimmung des Aufsichtsrates erforderlich, der den entsprechenden Beschluss ungeachtet etwaiger Satzungsregelungen ebenfalls ohne physische Präsenz treffen kann, § 1 Abs. 6 COVMG. Für die SE trifft der Verwaltungsrat die Entscheidung über die Durchführung einer virtuellen HV, § 1 Abs. 8 COVMG.

Nach § 1 Abs. 2 Satz 1 COVMG kann eine Hauptversammlung ohne physische Präsenz der Aktionäre oder ihrer Bevollmächtigten als virtuelle Hauptversammlung abgehalten wird, sofern

1. die Bild- und Tonübertragung der gesamten Versammlung erfolgt,

2. die Stimmrechtsausübung der Aktionäre über elektronische Kommunikation (Briefwahl oder elektronische Teilnahme) sowie Vollmachtserteilung möglich ist,

3. den Aktionären ein Fragerecht im Wege der elektronischen Kommunikation eingeräumt wird,

4. den Aktionären, die ihr Stimmrecht nach Nr. 2 ausgeübt haben, in Abweichung von § 245 Nr. 1 AktG unter Verzicht auf das Erfordernis des Erscheinens in der Hauptversammlung eine Möglichkeit zum Widerspruch gegen einen Beschluss der Hauptversammlung eingeräumt wird.

§ 1 Abs. 2 Satz 2 COVMG regelt Einzelheiten des Frage- und Antragsrechts. § 1 Abs. 3 COVMG enthält Details der Einberufung, insbesondere hinsichtlich der zu beachtenden Fristen.

Im Koalitionsvertrag des Regierungsbündnisses aus SPD, Bündnis 90/die Grünen und FDP vom 07.12.2021 enthält u.a. auch Vorhaben im Rahmen des Gesellschaftsrechts. So ist vorgesehen, die Möglichkeit der virtuellen Hauptversammlung über die bisherige gesetzliche Regelung des § 118 Abs. 1 Satz 2 AktG hinaus dauerhaft zu eröffnen. In Abweichung zu der Regelung durch das COVMG sollen bei der dauerhaften Lösung die Aktionärsrechte uneingeschränkt gewahrt sein. Wie genau dies geschehen soll, bleibt abzuwarten.

Nach der SE-Verordnung haben die Gründer die Wahl, ob sie der SE eine dualistische Verfassung, also ein Leitungsorgan und ein Aufsichtsorgan geben, oder eine monistische Verfassung, d.h. lediglich ein einziges Leitungs- und Verwaltungsorgan vorsehen. Die Wahl des Leitungssystems erfolgt durch Festlegung in der Satzung. Da das deutsche nationale Aktienrecht eine monistische Leitungsstruktur bisher nicht kannte, hat der Gesetzgeber mit den §§ 20 ff. SEAG die gesetzlichen Voraussetzungen für das monistische System einer SE geschaffen. Obwohl es gem. Art. 47 Abs. 1 S. 1 SE-VO grundsätzlich möglich ist, kann bei einer deutschen SE eine Gesellschaft oder eine juristische Person nicht Organmitglied sein, d.h. Mitglieder von Leitungs- und Aufsichtsorgan bzw. Verwaltungsorgan und geschäftsführende Direktoren können bei der deutschen SE nur natürliche Personen sein. In anderen Mitgliedstaaten, z.B. Frankreich, kann eine juristische Person Organmitglied sein30. In einem solchen Fall hat diese juristische Person bzw. Gesellschaft zur Wahrnehmung ihrer Befugnisse in dem betreffenden Organ der SE eine natürliche Person als Vertreter zu bestellen, Art. 47 Abs. 1 S. 2 SE-VO.

Nach Art. 48 der SE-VO soll die Satzung der SE die Arten von Geschäften benennen, für die das Aufsichtsorgan im dualistischen Modell seine Zustimmung erteilen und das Verwaltungsorgan im monistischen Modell einen ausdrücklichen Beschluss fassen muss. Im dualistischen Modell kann das Aufsichtsorgan neben den per Satzung zustimmungspflichtigen Geschäften selbst bestimmte Arten von Geschäften von seiner Zustimmung abhängig machen, ohne dass diese Zustimmungsbedürftigkeit bereits in der Satzung festgeschrieben ist. Von der in der SE-VO in Art. 48 Abs. 2 enthaltenen Ermächtigung der Mitgliedstaaten, die Arten von Geschäften zu bestimmen, die in jedem Fall in die Satzung aufzunehmen sind, hat der deutsche Gesetzgeber im SEAG keinen Gebrauch gemacht.

a) Dualistisches Leitungs- und Verwaltungssystem

§§ 15 ff. SEAG stellen im Wesentlichen einen Gleichlauf mit dem allgemeinen deutschen Aktienrecht her. Für das dualistische Leitungssystem, welches im deutschen Aktienrecht vorherrscht, sind daher im Wesentlichen keine tiefgreifenden Anpassungen aufgrund der SE-VO erforderlich gewesen.

Bei einem Grundkapital von mehr als 3 Mio. EUR hat gem. § 16 SEAG das Leitungsorgan aus mindestens zwei Personen zu bestehen, wobei die Satzung jedoch auch bestimmen kann, dass nur eine Person das Leitungsorgan bildet. § 38 Abs. 2 SEBG, der die Mindestanzahl der Mitglieder des Leitungsorgans (bzw. der geschäftsführenden Direktoren im monistischen System) für die mitbestimmte SE auf zwei festlegt, bleibt ausdrücklich unberührt.

Die Vertretungsbefugnis des Leitungsorgans bei der dualistisch strukturierten SE ergibt sich nicht direkt aus der SE-VO, sondern über die Verweisungsnorm des Art. 9 Abs. 1 lit. c) ii) SE-VO auf das jeweilige nationale Recht des Sitzstaates. Für die deutsche SE gilt daher hinsichtlich der Vertretungsbefugnis des Leitungsorgans das deutsche Aktienrecht. Danach vertritt das Leitungsorgan (der Vorstand) die SE gerichtlich und außergerichtlich, § 78 Abs. 1 AktG. Es gilt der Grundsatz der gemeinschaftlichen Vertretung, wenn das Leitungsorgan aus mehreren Personen besteht und die Satzung keine anders lautende Bestimmung enthält, § 78 Abs. 2 S. 1 AktG. Die Satzung kann bestimmen, dass einzelne Mitglieder des Leitungsorgans allein oder in Gemeinschaft mit einem Prokuristen zur Vertretung der Gesellschaft befugt sind. Die Satzung kann auch den Aufsichtsrat zu dieser Bestimmung ermächtigen, § 78 Abs. 3 S. 2 AktG. Ist eine Willenserklärung gegenüber der SE abzugeben, so genügt in jedem Fall die Abgabe gegenüber einem Mitglied des Leitungsorgans, § 78 Abs. 2 S. 2 und Abs. 3 S. 3 AktG. Zur Gesamtvertretung befugte Mitglieder des Leitungsorgans können einzelne von ihnen zur Vornahme bestimmter Geschäfte oder bestimmter Arten von Geschäften ermächtigen, § 78 Abs. 4 S. 1 AktG. Die Vertretungsbefugnis der Mitglieder des Leitungsorganes kann (nach außen) nicht beschränkt werden, § 82 Abs. 1 AktG i.V.m. Art. 9 c ii) SE-VO.

Das Aufsichtsorgan besteht aus drei Mitgliedern, kann aber durch Satzungsbestimmung aus einer größeren Anzahl bestehen. Die Anzahl der Mitglieder muss allerdings durch drei teilbar sein. Die Höchstanzahl reicht in Abhängigkeit von der Höhe des Grundkapitals bis zu 21. Die Beteiligung der Arbeitnehmer im Aufsichtsorgan nach dem SEBG bleibt unberührt. Das Aufsichtsorgan hat gem. § 19 SEAG die Befugnis, bestimmte Arten von Geschäften von seiner Zustimmung abhängig zu machen.

b) Monistisches Leitungssystem

Die §§ 20 ff. des SEAG ersetzen für die Verfassung der deutschen SE mit monistischer Leitungsstruktur die §§ 76 bis 116 AktG. Neben der Hauptversammlung sieht das SEAG als Organe den Verwaltungsrat und den oder die geschäftsführenden Direktoren vor. Die Funktionsteilung zwischen Verwaltungsrat und geschäftsführenden Direktoren erfolgt aufgrund der ihnen durch das SEAG zugewiesenen Aufgaben: Während der Verwaltungsrat gem. § 22 Abs. 1 SEAG die Gesellschaft leitet, die Grundlinien ihrer Tätigkeit bestimmt und deren Umsetzung überwacht, ist den geschäftsführenden Direktoren die Führung der Geschäfte der Gesellschaft und deren außergerichtliche und gerichtliche Vertretung zugewiesen. Die Unterscheidung erfolgt also anhand der Trennung zwischen der allgemeinen Unternehmensleitung (Verwaltungsrat) und der laufenden Geschäftsführung (Direktoren). Die geschäftsführenden Direktoren tragen keine originäre Eigenverantwortung wie der Vorstand im dualistischen Modell, sie sind an Weisungen des Verwaltungsrats gebunden und unterliegen der unbeschränkten Personalhoheit des Verwaltungsrats.

Der Verwaltungsrat besteht im Grundsatz aus drei Mitgliedern, wenn die Satzung nichts Abweichendes bestimmt, § 23 Abs. 1 SEAG. Beträgt das Grundkapital mehr als 3 Mio. EUR, so müssen dem Verwaltungsrat mindestens drei Mitglieder angehören. Die Höchstanzahl von Verwaltungsratsmitgliedern ergibt sich in Abhängigkeit vom Grundkapital. Unterliegt eine monistisch strukturierte SE der Mitbestimmung gemäß der SE-Richtlinie, muss der Verwaltungsrat aus mindestens drei Mitgliedern bestehen, Art. 43 Abs. 2 S. 3 SE-VO. § 23 Abs. 2 SEAG stellt klar, dass die Beteiligung der Arbeitnehmer aufgrund einer Vereinbarung nach § 21 SEBG oder der gesetzlichen Auffangregelungen in den §§ 34 bis 38 SEBG zu einer anderen zahlenmäßigen Zusammensetzung des Verwaltungsrats führen kann. Hinsichtlich der persönlichen Voraussetzungen für eine Mitgliedschaft im Verwaltungsrat schafft das SEAG mit § 27 eine an § 100 Abs. 2 AktG angelehnte Regelung. Danach kann nicht Mitglied des Verwaltungsrats sein, wer bereits in zehn Handelsgesellschaften Mitglied des Aufsichtsrates oder Verwaltungsrats ist, wer gesetzlicher Vertreter eines von der SE abhängigen Unternehmens ist oder wer gesetzlicher Vertreter einer anderen Kapitalgesellschaft ist, deren Aufsichtsrat oder Verwaltungsrat ein Vorstandsmitglied oder ein geschäftsführender Direktor der SE angehört. Der Verwaltungsrat muss in seiner Mehrheit aus nichtgeschäftsführenden Direktoren bestehen. Der Verwaltungsrat kann aus seiner Mitte einen oder mehrere Ausschüsse bilden, um seine Verhandlungen und Beschlüsse vorzubereiten oder die Ausführung seiner Beschlüsse zu überwachen, § 34 Abs. 4 SEAG.

Dem Verwaltungsrat sind gem. § 22 SEAG folgende Aufgaben zugewiesen:

• die Bestellung eines oder mehrerer geschäftsführender Direktoren sowie dessen oder deren Abberufung;

• die Leitung der Gesellschaft und Bestimmung der Grundlinien deren Tätigkeit sowie die Überwachung deren Umsetzung;

• die Vorbereitung und Ausführung von Hauptversammlungen analog § 83 AktG (die Übertragung auf geschäftsführende Direktoren ist möglich);

• für die Führung der Handelsbücher und die Einrichtung eines Überwachungssystems zur Erkennung von den Fortbestand der Gesellschaft gefährdenden Entwicklungen zu sorgen;

• die Wahrnehmung von Einsichts- und Prüfungsrechten der Bücher, Schriften, Vermögensgegenstände, Gesellschaftskasse, Waren- und Wertpapierbeständen;

• die Bestellung des Abschlussprüfers gemäß § 290 HGB;

• die Wahrnehmung der Insolvenzantragspflicht gemäß § 92 Abs. 2, 3 AktG analog bei Vorliegen eines Insolvenztatbestandes.

Darüber hinaus gelten für den Verwaltungsrat die Rechte und Pflichten, die ansonsten nach dem deutschen Recht dem Aufsichtsrat oder dem Vorstand einer Aktiengesellschaft zugewiesen sind, mit Ausnahme der durch das SEAG den geschäftsführenden Direktoren zugewiesenen Aufgaben. Die §§ 113, 114, 115 AktG (betreffend die Vergütung von, die Kreditgewährung an und sonstige Verträge mit Aufsichtsratsmitgliedern einer deutschen AG) gelten gem. § 38 SEAG für Verwaltungsratsmitglieder einer SE analog.

Die Vertretung der SE wird zwingend von den geschäftsführenden Direktoren durchgeführt, § 41 SEAG. Es gilt der Grundsatz der gemeinschaftlichen Vertretung, wenn mehrere geschäftsführende Direktoren bestellt sind und die Satzung oder eine vom Verwaltungsrat erlassene Geschäftsordnung keine anders lautende Bestimmung enthält. Die Satzung kann auch bestimmen, dass einzelne geschäftsführende Direktoren allein oder in Gemeinschaft mit einem Prokuristen zur Vertretung der Gesellschaft befugt sind. Ist eine Willenserklärung gegenüber der SE abzugeben, so genügt in jedem Fall die Abgabe gegenüber einem geschäftsführenden Direktor. Zur Gesamtvertretung befugte geschäftsführende Direktoren können einzelne von ihnen zur Vornahme bestimmter Geschäfte oder bestimmter Arten von Geschäften ermächtigen. Die Vertretungsbefugnis der geschäftsführenden Direktoren kann (nach außen) nicht beschränkt werden, § 44 Abs. 1 SEAG.

Die Aufgaben der laufenden Geschäftsführung sind ebenfalls zwingend von den geschäftsführenden Direktoren wahrzunehmen, § 40 Abs. 2 SEAG. Bei den geschäftsführenden Direktoren gilt – wie bei einem GmbH-Geschäftsführer – die Unterscheidung zwischen Bestellung und Anstellungsvertrag, § 40 Abs. 5 S. 2 SEAG. Ob mit einer Abberufung gleichzeitig die Beendigung des zugrunde liegenden Anstellungsvertrages verbunden ist, ist der konkreten Ausgestaltung des Anstellungsvertrages überlassen. Hinsichtlich der Haftung der geschäftsführenden Direktoren wird in § 40 Abs. 8 SEAG auf die aktienrechtliche Regelung für den Vorstand in § 93 AktG verwiesen. Die Gesetzesbegründung weist aber darauf hin, dass der geschäftsführende Direktor aufgrund seiner Weisungsgebundenheit und jederzeitigen Abberufbarkeit eher der Stellung eines GmbH-Geschäftsführers als eines Vorstandes gleicht. Daher seien die unbestimmten Rechtsbegriffe des § 93 AktG in diesem Lichte auszulegen.

Den geschäftsführenden Direktoren sind im Wesentlichen folgende Aufgaben zugewiesen:

• die Führung der Geschäfte der Gesellschaft;

• die gerichtliche und außergerichtliche Vertretung der Gesellschaft;

• die Führung der Handelsbücher;

• die Anmeldungen und Einreichungen von Unterlagen beim Handelsregister, soweit diese Tätigkeiten nach den für deutsche Aktiengesellschaften geltenden Rechtsvorschriften der Vorstand vorzunehmen hat;

• die Wahrnehmung der Berichtspflichten gem. § 40 Abs. 3 und 6 SEAG gegenüber dem Verwaltungsrat;

• die Aufstellung des Jahresabschlusses und des Lageberichts sowie des Konzernabschlusses und des Konzernlageberichts, § 47 Abs. 1 SEAG.

Die §§ 87 bis 89 AktG (betreffend die Bezüge von, die Kreditgewährung an sowie das Wettbewerbsverbot für Vorstandsmitglieder einer deutschen AG) gelten gem. § 40 Abs. 7 SEAG für die geschäftsführenden Direktoren einer SE analog31.

Der grundlegende Unterschied des monistischen zum dualistischen Leitungssystem liegt darin, dass im monistischen System dem Verwaltungsrat sowohl die allgemeine Geschäftsleitung als auch die Weisungsbefugnis gegenüber den geschäftsführenden Direktoren (also eine Art erweiterte Aufsichtsfunktion) obliegt, während im dualistischen System der Aufsichtsrat allein die Aufsichtsfunktionen übernimmt, derweil dem Vorstand die Geschäftsleitung und -führung in eigener Verantwortung obliegen32. Nach der Gesetzesbegründung des SEAG sollen die Aufgaben des Verwaltungsrats der SE weiter reichen als die des Aufsichtsrates einer deutschen AG. Die beim Verwaltungsrat liegende Leitungsverantwortung äußere sich insbesondere darin, dass er die Direktoren jederzeit abberufen könne und ihm die allgemeine Verantwortung für das Wohlergehen der Gesellschaft obliege. Das wesentliche Merkmal sei, dass die Letztverantwortung für die Unternehmenspolitik allein beim Verwaltungsrat liege, während im dualistischen Modell die Verantwortung auf Aufsichtsrat und Vorstand aufgeteilt sei (originäre Eigenverantwortung des Vorstandes, kein Weisungsrecht des Aufsichtsrates, begrenzte Personalhoheit des Aufsichtsrates). Im Verhältnis zur Hauptversammlung übernehme der Verwaltungsrat die in § 83 AktG dem Vorstand der deutschen AG zugewiesenen Aufgaben (soweit diese Aufgaben nicht den geschäftsführenden Direktoren zugewiesen sind). Darin liegt aber auch das Dilemma des Verwaltungsrats: Er ist Geschäftsleitung und Kontrollorgan in einem, obwohl Erwägungsgrund (14) der SE-VO ausdrücklich das Erfordernis einer klaren Trennung hervorhebt33.

Diese Erweiterung der Kompetenzen des Verwaltungsrats gegenüber dem Aufsichtsrat kann zudem – was der Gesetzgeber möglicherweise nicht bedacht hat – zu Problemen bei der (paritätischen) Mitbestimmung der Arbeitnehmer im monistischen Leitungsmodell führen34.

c) Mustersatzung einer Europäischen Aktiengesellschaft mit dualistischem System

§ 1 Firma, Sitz, Geschäftsjahr

1. Die Gesellschaft führt die Firma ABC-SE.

2. Sie hat ihren Sitz in … /Bundesrepublik Deutschland.

3. Geschäftsjahr ist das Kalenderjahr …

§ 2 Gegenstand des Unternehmens

1. Gegenstand des Unternehmens ist …

2. Die Gesellschaft ist zu allen Handlungen berechtigt, die unmittelbar oder mittelbar dem vorstehenden Zweck zu dienen geeignet sind. Sie darf Zweigniederlassungen errichten und sich an gleichartigen oder ähnlichen Unternehmen im In- und Ausland beteiligen. Die Gesellschaft kann Unternehmen erwerben oder veräußern, sie unter einheitlicher Leitung zusammenfassen und Unternehmensverträge mit ihnen abschließen oder sich auf die Verwaltung der Beteiligung beschränken.

§ 3 Grundkapital

1. Das Grundkapital der Gesellschaft beträgt 120.000 EUR.

2. Es ist eingeteilt in 120.000 Stückaktien (Aktien ohne Nennwert). Alle Aktien sind Namensaktien und können nur mit Zustimmung der Gesellschaft übertragen werden.

3. Das Grundkapital der Gesellschaft wird erbracht durch Formwechsel der AB-AG in die ABC-SE im Wege der Verschmelzung der C-S.A. auf die AB-AG35.

4. Bei einer Kapitalerhöhung kann die Gewinnbeteiligung neuer Aktien abweichend von § 60 Aktiengesetz geregelt werden, insbesondere können junge Aktien aus einer zukünftigen Kapitalerhöhung mit Vorzügen bei der Gewinnverteilung versehen werden.

5. Das Recht auf Einzelverbriefung ist ausgeschlossen, soweit nicht eine Verbriefung nach den Regeln einer Börse, an der die Aktien zugelassen sind, erforderlich ist. Die Gesellschaft kann über mehrere Aktien eine Urkunde ausstellen (Sammelaktien).

§ 4 Vorstand36

1. Der Vorstand der Gesellschaft besteht aus mindestens zwei Personen. Der Aufsichtsrat bestimmt die Zahl der Mitglieder des Vorstandes und bestellt die Vorstandsmitglieder nach den gesetzlichen Bestimmungen. Der Aufsichtsrat ernennt einen Vorsitzenden des Vorstandes. Der Abschluss der Anstellungsverträge und der Widerruf der Bestellung obliegen ebenfalls dem Aufsichtsrat.

2. Der Vorstand gibt sich einstimmig eine Geschäftsordnung, die der Zustimmung des Aufsichtsrats bedarf.

3. Die Beschlüsse des Vorstandes werden mit Stimmenmehrheit gefasst, bei Stimmengleichheit entscheidet die Stimme des Vorstandsvorsitzenden.

§ 5 Vertretung

1. Die Gesellschaft wird durch zwei Vorstandsmitglieder vertreten.

2. Der Aufsichtsrat kann jedem Vorstandsmitglied die Befugnis zur Alleinvertretung erteilen. Der Aufsichtsrat kann jedes Vorstandsmitglied in dem Umfang von den Beschränkungen des § 181 BGB befreien, dass dieses berechtigt ist, die Gesellschaft bei Rechtsgeschäften mit sich als Vertreter eines Dritten zu vertreten.

§ 6 Aufsichtsrat

1. Der Aufsichtsrat besteht aus drei Mitgliedern und setzt sich im Übrigen nach den gesetzlichen Bestimmungen zusammen37.

2. Die Aufsichtsratsmitglieder werden für die Zeit bis zur Beendigung der Hauptversammlung gewählt, die über die Entlastung für das vierte Geschäftsjahr nach dem Beginn der Amtszeit beschließt. Hierbei wird das Geschäftsjahr, in dem die Amtszeit beginnt, nicht mitgerechnet.

3. Der Aufsichtsrat gibt sich selbst eine Geschäftsordnung.

§ 7 Vorsitzender des Aufsichtsrats

1. Der Aufsichtsrat wählt im unmittelbaren Anschluss an seine Wahl aus seiner Mitte einen Vorsitzenden und dessen Stellvertreter.

2. Scheiden der Vorsitzende des Aufsichtsrats oder sein Stellvertreter aus dem Aufsichtsrat aus, wird unverzüglich ein Nachfolger gewählt.

§ 8 Aufsichtsrat, Einberufung, Beschlüsse

1. Der Vorsitzende, ersatzweise sein Stellvertreter, beruft die Sitzungen des Aufsichtsrats ein, die mindestens viermal jährlich stattzufinden haben.

2. Der Aufsichtsrat entscheidet durch Beschluss. Der Aufsichtsrat ist beschlussfähig, wenn mindestens zwei Mitglieder, unter ihnen der Vorsitzende, an der Beschlussfassung teilnehmen. Für Beschlüsse des Aufsichtsrats ist die einfache Mehrheit der abgegebenen Stimmen ausreichend, soweit nicht gesetzlich abweichende Mehrheitserfordernisse bestehen.

3. Bei der jährlichen Bilanzsitzung des Aufsichtsrats besteht Präsenzpflicht für jedes Aufsichtsratsmitglied sowie den Abschlussprüfer.

4. Der Vorsitzende ist ermächtigt, im Namen des Aufsichtsrats die zur Durchführung der Beschlüsse erforderlichen Erklärungen abzugeben und Erklärungen an den Aufsichtsrat in Empfang zu nehmen.

§ 9 Vergütung des Aufsichtsrates

Die Aufsichtsratsmitglieder erhalten eine von der Hauptversammlung festzusetzende Vergütung.

§ 10 Zustimmungspflichtige Geschäfte

Der Vorstand bedarf der Zustimmung des Aufsichtsrates zu folgenden Geschäften:

. . .

§ 11 Hauptversammlung

1. Die ordentliche Hauptversammlung findet binnen sechs Monaten nach Abschluss eines Geschäftsjahres am Sitz der Gesellschaft oder einem anderen Ort statt. Sie wird durch den Vorstand und in den gesetzlich vorgeschriebenen Fällen durch den Aufsichtsrat einberufen.

2. Die Einberufung erfolgt unter Einhaltung einer Frist von mindestens einem Monat durch einmalige Bekanntmachung im elektronischen Bundesanzeiger. Der Tag der Veröffentlichung und der Tag der Hauptversammlung werden dabei nicht mitgerechnet. Mit der Einberufung sind die Gegenstände der Tagesordnung mitzuteilen.

3. Ohne Wahrung der Einberufungsförmlichkeiten kann eine Hauptversammlung auch dann abgehalten werden, wenn alle Aktionäre erschienen oder vertreten sind und kein Aktionär der Beschlussfassung widerspricht.

§ 12 Teilnahme an der Hauptversammlung, Stimmrecht

1. Zur Teilnahme und Abstimmung sind die Aktionäre oder deren Vertreter berechtigt, deren Aktien am Tage der Hauptversammlung im Aktienregister eingetragen sind. Umschreibungen im Aktienregister werden in den letzten sieben Tagen vor der Hauptversammlung nicht vorgenommen.

2. Jede Aktie gewährt eine Stimme.

§ 13 Ablauf der Hauptversammlung

1. Den Vorsitz in der Hauptversammlung führt der Vorsitzende des Aufsichtsrats, im Falle der Verhinderung sein Stellvertreter, im Falle von dessen Verhinderung ein von der Hauptversammlung gewählter Versammlungsleiter. Der Vorsitzende leitet die Versammlung, bestimmt die Reihenfolge der Abhandlung der Tagesordnung sowie die Art und Reihenfolge der Abstimmungen.

2. Die Hauptversammlung ist beschlussfähig, wenn mindestens 75% des gesamten stimmberechtigten Grundkapitals vertreten sind. Soweit die Hauptversammlung nicht beschlussfähig ist, ist unverzüglich eine neue Hauptversammlung einzuberufen, die sodann, ohne Rücksicht auf das vertretene Kapital, hinsichtlich der Gegenstände beschlussfähig ist, die auf der Tagesordnung der beschlussunfähigen Hauptversammlung standen, soweit in der erneuten Einberufung darauf hingewiesen wurde.

3. Die Beschlüsse der Hauptversammlung bedürfen der einfachen Mehrheit der abgegebenen Stimmen, soweit nicht das Gesetz zwingend etwas anderes vorschreibt. Die Niederschriften über die Hauptversammlungen erfolgen nach den gesetzlichen Vorschriften.

§ 14 Jahresabschluss38 und Gewinnverwendung

1. Der Vorstand hat in den ersten drei Monaten des Geschäftsjahres für das vergangene Geschäftsjahr den Jahresabschluss (Bilanz, Gewinn- und Verlust-Rechnung, Anhang) sowie den Lagebericht aufzustellen und ihn unverzüglich dem Aufsichtsrat sowie dem Abschlussprüfer vorzulegen.

2. Zugleich hat der Vorstand dem Aufsichtsrat den Vorschlag zuzuleiten, den er der Hauptversammlung für die Verwendung des Bilanzgewinns machen will.

3. Der Aufsichtsrat hat den Jahresabschluss, den Lagebericht und den Vorschlag für die Verwendung des Bilanzgewinns zu prüfen und über das Ergebnis seiner Prüfung schriftlich an die Hauptversammlung zu berichten. Der Aufsichtsrat hat ferner zu dem Ergebnis der Prüfung des Jahresabschlusses durch den Abschlussprüfer Stellung zu nehmen. Der Aufsichtsrat hat seinen Bericht innerhalb eines Monats, nachdem ihm die Vorlagen zugegangen sind, dem Vorstand zuzuleiten.

4. Billigt der Aufsichtsrat den Jahresabschluss, so ist dieser festgestellt, es sei denn, dass Vorstand und Aufsichtsrat beschließen, die Feststellung des Jahresabschlusses der Hauptversammlung zu überlassen.

5. Die Hauptversammlung nimmt den festgestellten Jahresabschluss entgegen bzw. stellt den Jahresabschluss fest, sofern dieser nicht vom Aufsichtsrat gebilligt wurde oder der Aufsichtsrat und der Vorstand beschlossen haben, die Feststellung der Hauptversammlung zu überlassen. Die Hauptversammlung beschließt weiterhin über die Entlastung des Vorstandes und des Aufsichtsrates und über die Verwendung des Bilanzgewinnes.

§ 15 Bekanntmachungen

Bekanntmachungen der Gesellschaft erfolgen ausschließlich im Bundesanzeiger39.

§ 16 Gründungskosten

Die Kosten und Steuern der Gründung trägt die Gesellschaft, und zwar bis zu einem Höchstbetrag von … EUR.

d) Mustersatzung einer Europäischen Aktiengesellschaft mit monistischem System

(§§ 1 bis 3 wie in vorhergehender Mustersatzung)

§ 4 Verwaltungsrat

1. Der Verwaltungsrat der Gesellschaft besteht aus drei Mitgliedern und setzt sich im Übrigen nach den gesetzlichen Bestimmungen zusammen40.

2. Die Verwaltungsratsmitglieder werden für die Zeit bis zur Beendigung der Hauptversammlung gewählt, die über die Entlastung für das vierte Geschäftsjahr nach dem Beginn der Amtszeit beschließt. Hierbei wird das Geschäftsjahr, in dem die Amtszeit beginnt, nicht mitgerechnet.

§ 5 Vorsitzender des Verwaltungsrats, Geschäftsordnung

1. Der Verwaltungsrat wählt im unmittelbaren Anschluss an seine Wahl aus seiner Mitte einen Vorsitzenden und dessen Stellvertreter.

2. Der Verwaltungsrat gibt sich einstimmig eine Geschäftsordnung.

§ 6 Geschäftsführende Direktoren41

1. Die Gesellschaft hat mindestens zwei geschäftsführende Direktoren. Der Verwaltungsrat bestimmt die Zahl der geschäftsführenden Direktoren und bestellt die geschäftsführenden Direktoren nach den gesetzlichen Bestimmungen. Der Abschluss der Anstellungsverträge und der Widerruf der Bestellung obliegen ebenfalls dem Verwaltungsrat.

2. Die geschäftsführenden Direktoren geben sich einstimmig eine Geschäftsordnung, die der Zustimmung des Verwaltungsrats bedarf.

§ 7 Vertretung

Die Gesellschaft wird durch zwei geschäftsführende Direktoren vertreten. Der Verwaltungsrat kann jedem geschäftsführenden Direktor die Befugnis zur Alleinvertretung erteilen.

§ 8 Verwaltungsrat, Einberufung, Beschlüsse

1. Der Vorsitzende, ersatzweise sein Stellvertreter, beruft die Sitzungen des Verwaltungsrats ein, die mindestens viermal jährlich stattzufinden haben.

2. Der Verwaltungsrat entscheidet durch Beschluss. Der Verwaltungsrat ist beschlussfähig, wenn mindestens zwei Mitglieder, unter ihnen der Vorsitzende, an der Beschlussfassung teilnehmen. Für Beschlüsse des Verwaltungsrats ist die einfache Mehrheit der abgegebenen Stimmen ausreichend, soweit nicht gesetzlich abweichende Mehrheitserfordernisse bestehen.

3. Bei der jährlichen Bilanzsitzung des Verwaltungsrats besteht Präsenzpflicht für jedes Verwaltungsratsmitglied sowie den Abschlussprüfer.

4. Der Vorsitzende ist ermächtigt, im Namen des Verwaltungsrats die zur Durchführung der Beschlüsse erforderlichen Erklärungen abzugeben und Erklärungen an den Verwaltungsrat in Empfang zu nehmen.

§ 9 Vergütung des Verwaltungsrats

Die Verwaltungsratsmitglieder erhalten eine von der Hauptversammlung festzusetzende Vergütung.

§ 10 Beschlussabhängige Geschäfte

Die Vornahme folgender Geschäfte bedarf eines ausdrücklichen Beschlusses des Verwaltungsrats: …

§ 11 Hauptversammlung

1. Die ordentliche Hauptversammlung findet binnen sechs Monaten nach Abschluss eines Geschäftsjahres am Sitz der Gesellschaft oder einem anderen Ort statt. Sie wird durch den Verwaltungsrat einberufen.

2. Die Einberufung erfolgt unter Einhaltung einer Frist von mindestens einem Monat durch einmalige Bekanntmachung im elektronischen Bundesanzeiger. Der Tag der Veröffentlichung und der Tag der Hauptversammlung werden dabei nicht mitgerechnet. Mit der Einberufung sind die Gegenstände der Tagesordnung mitzuteilen.

3. Ohne Wahrung der Einberufungsförmlichkeiten kann eine Hauptversammlung auch dann abgehalten werden, wenn alle Aktionäre erschienen oder vertreten sind und kein Aktionär der Beschlussfassung widerspricht.

§ 12 Teilnahme an der Hauptversammlung, Stimmrecht

(wie in vorhergehender Mustersatzung)

§ 13 Ablauf der Hauptversammlung

1. Den Vorsitz in der Hauptversammlung führt der Vorsitzende des Verwaltungsrats, im Falle der Verhinderung sein Stellvertreter, im Falle von dessen Verhinderung ein von der Hauptversammlung gewählter Versammlungsleiter. Der Vorsitzende leitet die Versammlung, bestimmt die Reihenfolge der Abhandlung der Tagesordnung sowie die Art und Reihenfolge der Abstimmungen.

2. Die Hauptversammlung ist beschlussfähig, wenn mindestens 75% des gesamten stimmberechtigten Grundkapitals vertreten sind. Soweit die Hauptversammlung nicht beschlussfähig ist, ist unverzüglich eine neue Hauptversammlung einzuberufen, die sodann, ohne Rücksicht auf das vertretene Kapital, hinsichtlich der Gegenstände beschlussfähig ist, die auf der Tagesordnung der beschlussunfähigen Hauptversammlung standen, soweit in der erneuten Einberufung darauf hingewiesen wurde.

3. Die Beschlüsse der Hauptversammlung bedürfen der einfachen Mehrheit der abgegebenen Stimmen, soweit nicht das Gesetz zwingend etwas anderes vorschreibt. Die Niederschriften über die Hauptversammlungen erfolgen nach den gesetzlichen Vorschriften.

§ 14 Jahresabschluss42 und Gewinnverwendung

1. Die geschäftsführenden Direktoren haben in den ersten drei Monaten des Geschäftsjahres für das vergangene Geschäftsjahr den Jahresabschluss (Bilanz, Gewinn- und Verlust-Rechnung, Anhang) sowie den Lagebericht aufzustellen und ihn unverzüglich dem Verwaltungsrat sowie dem Abschlussprüfer vorzulegen.

2. Zugleich haben die geschäftsführenden Direktoren dem Verwaltungsrat den Vorschlag zuzuleiten, den der Verwaltungsrat der Hauptversammlung für die Verwendung des Bilanzgewinns machen soll.

3. Der Verwaltungsrat hat den Jahresabschluss, den Lagebericht und den Vorschlag für die Verwendung des Bilanzgewinns zu prüfen und über das Ergebnis seiner Prüfung schriftlich an die Hauptversammlung zu berichten. Der Verwaltungsrat hat ferner zu dem Ergebnis der Prüfung des Jahresabschlusses durch den Abschlussprüfer Stellung zu nehmen. Der Verwaltungsrat hat seinen Bericht innerhalb eines Monats, nachdem ihm die Vorlagen zugegangen sind, den geschäftsführenden Direktoren zuzuleiten.

4. Billigt der Verwaltungsrat den Jahresabschluss, so ist dieser festgestellt, es sei denn, dass der Verwaltungsrat beschließt, die Feststellung des Jahresabschlusses der Hauptversammlung überlassen.

5. Die Hauptversammlung nimmt den festgestellten Jahresabschluss entgegen bzw. stellt den Jahresabschluss fest, sofern dieser nicht vom Verwaltungsrat gebilligt wurde oder der Verwaltungsrat beschlossen hat, die Feststellung der Hauptversammlung zu überlassen. Die Hauptversammlung beschließt weiterhin über die Entlastung der geschäftsführenden Direktoren und des Verwaltungsrats und über die Verwendung des Bilanzgewinnes.

 

(§§ 15 und 16 wie in vorhergehender Mustersatzung)

III. Arbeitnehmerbeteiligung

1. Grundlagen der Arbeitnehmerbeteiligung in der SE43

Gleichzeitig mit der SE-VO wurde die europäische Richtlinie 2001/86/EG vom 8. Oktober 2001 über die Arbeitnehmerbeteiligung in der Europäischen Aktiengesellschaft44 verabschiedet. Artikel 12 Abs. 2 der SE-VO schreibt vor, dass eine SE erst dann eingetragen werden kann, wenn eine Vereinbarung über die Beteiligung der Arbeitnehmer getroffen wurde oder wegen erfolglosen Ablaufs der Verhandlungsfrist eine Auffangregelung gilt. Die Arbeitnehmerbeteiligung bildet damit einen integralen Bestandteil der Verfassung einer SE. Die Aktionäre des Gründungsunternehmens können sich bei Gründung durch Verschmelzung sowie bei Gründung einer Holding-SE das Recht vorbehalten, die Eintragung der SE davon abhängig zu machen, dass die geschlossene Vereinbarung von ihr ausdrücklich genehmigt wird, Art. 23 Abs. 2 und 32 Abs. 6 SE-VO. Von der durch Art. 37 Abs. 8 SE-VO eröffneten Möglichkeit, bei Gründung durch Umwandlung diese von der qualifizierten Zustimmung des mitbestimmten Organs abhängig zu machen, hat der deutsche Gesetzgeber keinen Gebrauch gemacht.

Für die in der jeweiligen Europäischen Aktiengesellschaft geltende konkrete Form der Arbeitnehmerbeteiligung stellt die Richtlinie den so genannten Verhandlungsvorrang auf. Dies bedeutet, dass über die Form der Arbeitnehmerbeteiligung zwischen den beteiligten Unternehmen und der Vertretung der jeweiligen Belegschaften verhandelt und diese im Einzelnen festgelegt werden soll, ohne dass zunächst eine Bindung an eine gesetzliche Lösung der Mitbestimmungsfrage bestehen soll45. Die Satzung der SE darf in keinem Fall im Widerspruch zu der ausgehandelten Vereinbarung über die Arbeitnehmerbeteiligung stehen. Liegt ein solcher Widerspruch vor, ordnet Art. 12 Abs. 4 SE-VO an, dass die Satzung zu ändern ist. Über das Verständnis dieser Anordnung bestehen verschiedene Ansichten. So wird vertreten, dass Art. 12 Abs. 4 SE-VO so zu verstehen sei, dass ohne die erforderliche Satzungsänderung die ausgehandelte Vereinbarung nicht wirksam werde46. Nach anderer Auffassung treten die der Mitbestimmungsregelung entgegenstehenden Satzungsbestimmungen gem. Art. 15 Abs. 1 SE-VO i.V.m. §§ 31 Abs. 3 S. 2, 97 Abs. 2 AktG analog „automatisch“ außer Kraft47.

Maßgeblich für Art und Umfang der Arbeitnehmerbeteiligung sind nach dem so genannten Vorher-Nachher-Prinzip der Richtlinie grundsätzlich die bereits bestehenden Beteiligungsrechte in den Gründungsunternehmen, die auch in der SE erhalten bleiben sollen, wenn nicht Unternehmer und Arbeitnehmervertreter etwas anderes beschließen48. Dies bedeutet im Umkehrschluss aber auch, dass allein anlässlich der Gründung einer SE Mitbestimmungsrechte nach den SE-Vorschriften nicht gegen den Willen der Unternehmen erzwungen werden können, wenn vorher keine Mitbestimmungsrechte vorhanden waren. Nur dann, wenn auf Verhandlungsbasis eine Einigung zwischen Unternehmen und Arbeitnehmervertreter nicht zustande kommt, greifen gesetzliche Auffangregelungen ein, welche die grundlegenden Beteiligungsrechte der Arbeitnehmer sichern.

Die durch die Richtlinie vorgegebenen Regelungsinhalte sind in Deutschland durch das SE-Beteiligungsgesetz (SEBG)49 umgesetzt worden. Das SEBG gilt gem. seinem § 3 Abs. 1 für eine SE mit Sitz in Deutschland, sowie unabhängig vom Sitz der Gesellschaft für Arbeitnehmer der SE, die im Inland beschäftigt sind, sowie für beteiligte Gesellschaften (die Gründungsgesellschaften), Tochtergesellschaften und Betriebe der SE mit Sitz im Inland. Nationale gesetzliche Regelungen über die Mitbestimmung in den Unternehmensorganen gelten für die SE zwar nicht50, jedoch müssen aufgrund des grenzüberschreitenden Charakters einer SE unterschiedliche Rechtslagen verschiedener Mitgliedstaaten, in denen SE-Arbeitnehmer beschäftigt sind, berücksichtigt werden. Die geltenden nationalen Beteiligungsrechte der Arbeitnehmer bleiben gem. § 47 SEBG von den Regelungen des SEBG und der Richtlinie unberührt51, mit Ausnahme natürlich der Mitbestimmungsrechte in den Organen der SE selbst und mit Ausnahme der Regelungen des Gesetzes über Europäische Betriebsräte (EBRG)52, es sei denn, das besondere Verhandlungsgremium (bVG) hat einen Beschluss nach § 16 SEBG (Nichtaufnahme oder Abbruch der Verhandlungen) gefasst. Regelungen und Strukturen über die Arbeitnehmervertretungen einer beteiligten Gesellschaft mit Sitz in Deutschland, die durch die Gründung der SE als eigenständige juristische Person erlischt, bestehen nach Eintragung der SE weiter und deren weitere Aufgabenwahrnehmung ist durch die SE-Leitung sicherzustellen.

Arbeitnehmerbeteiligung im Sinne des SEBG meint Unterrichtung, Anhörung, Mitbestimmung und sonstige Beteiligung. Die Beteiligung erfolgt grundsätzlich auf zwei Ebenen, zum einen auf betrieblicher Ebene durch Errichtung eines SE-Betriebsrates und zum zweiten auf Unternehmensebene durch die Bestellung bzw. Wahl von Arbeitnehmervertretern in das Aufsichts- bzw. Verwaltungsorgan sowie die Empfehlung bzw. Ablehnung einzelner Aufsichts- bzw. Verwaltungsorganmitglieder. In den §§ 40 ff. SEBG sind die Grundsätze der Zusammenarbeit und die Schutzbestimmungen zu Gunsten der Arbeitnehmervertreter festgelegt. Maßgebend für die Zusammenarbeit sind dabei eine „vertrauensvolle Zusammenarbeit zum Wohle der Arbeitnehmer und des Unternehmens“, die Vertraulichkeit von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen (mit entsprechenden Ausnahmevorschriften bei Informationspflichten gegenüber SE-Betriebsräten, anderen Arbeitnehmervertretern der SE, Mitgliedern des bVG etc.) sowie das Missbrauchsverbot (keine Ausnutzung der SE zum Entzug oder Vorenthalten von Arbeitnehmerbeteiligungsrechten). Die Arbeitnehmervertretungen unterliegen einem besonderen Einrichtungs- und Tätigkeitsschutz. Den Mitgliedern des bVG, des Vertretungsorgans, den Arbeitnehmervertretern in Aufsichts- oder Verwaltungsorgan sowie den Arbeitnehmern, die an den Anhörungs- und Unterrichtungsverfahren beteiligt sind, ist der gleiche Schutz und die gleiche Sicherheit zu gewähren, wie dies nach nationalem Recht für Arbeitnehmervertreter vorgeschrieben ist (insbesondere Kündigungsschutz, Entgeltfortzahlung und Freistellung für die Tätigkeit als Arbeitnehmervertreter).

2. Verfahren und Inhalt der Vereinbarung über die Arbeitnehmerbeteiligung in der SE

Ist die Gründung einer SE geplant, hat die Unternehmensseite die Arbeitnehmervertretungen der Gründungsunternehmen, der betroffenen Tochtergesellschaften und der Betriebe hierüber gem. § 4 SEBG zu informieren. Die Informationspflicht erstreckt sich insbesondere auf die Bekanntgabe der an der Gründung beteiligten Unternehmen und die Zahl der dort jeweils beschäftigten Arbeitnehmer. Diese Information dient der Vorbereitung der Verhandlungen zwischen den Unternehmen und den Vertretungen der jeweiligen Belegschaften über die Beteiligungsrechte der Arbeitnehmer in der geplanten SE. Zur Durchführung dieser Verhandlungen ist auf Seiten der Belegschaft ein besonderes Verhandlungsgremium bVG (auch „special negotiating body“ – SNB) zu gründen, und zwar innerhalb von zehn Wochen nach der Information über die Gründungplanung. Das bVG ist nach bestimmten Vorgaben zu errichten53, wobei abzustellen ist auf den prozentualen Anteil der in einem Mitgliedstaat beschäftigten Arbeitnehmer im Verhältnis der gesamten Belegschaft der zu gründenden Gesellschaft. Gehören dem bVG mehr als zwei Mitglieder aus Deutschland an, ist jedes dritte Mitglied ein Vertreter einer Gewerkschaft, die in einem der Gründungsunternehmen vertreten ist, § 6 Abs. 3 SEBG.

Die §§ 11 bis 20 SEBG regeln das Verhandlungsverfahren zur Vereinbarung der Beteiligungsrechte. Dieses Verfahren findet auch dann statt, wenn aus von den Arbeitnehmern zu vertretenden Gründen die 10-Wochen-Frist für die Errichtung des bVG überschritten wird. Nach Ablauf der Frist und nach Beginn des Verhandlungsverfahrens gewählte oder bestellte Mitglieder des bVG können sich jederzeit an dem Verfahren beteiligen.

Bezüglich der Inhalte und des Umfangs der Arbeitnehmerbeteiligung sind die Verhandlungspartner grundsätzlich frei. Treffen die Verhandlungspartner ein Abkommen über die Arbeitnehmerbeteiligung in der Gesellschaft, so kann dies auch zu einer Minderung bereits bestehender (nationaler) Beteiligungsrechte führen (Ausfluss des Verhandlungsvorrangs aus Erwägungsgrund (8) der Richtlinie). Hierfür ist eine 2/3-Mehrheit innerhalb des bVG erforderlich; diese 2/3-Mehrheit muss mindestens 2/3 der Arbeitnehmer in mindestens zwei Mitgliedstaaten vertreten, § 15 Abs. 3 SEBG. Bei der SE-Gründung durch Verschmelzung muss sich die Mitbestimmung auf mindestens 25% der Gesamtzahl der Arbeitnehmer, bei der Gründung durch Errichtung einer Holding-SE bzw. Tochtergesellschaft auf mindestens 50% der Gesamtzahl der Arbeitnehmer erstrecken. Im Falle der Gründung durch Umwandlung ist eine Minderung der Beteiligungsrechte durch Beschluss gem. § 15 Abs. 3 SEBG nicht möglich.

Beschlüsse nach § 16 Abs. 1 SEBG (Nichtaufnahme oder Abbruch der Verhandlungen) sind ebenfalls mit einer 2/3-Mehrheit innerhalb des bVG zu fassen; diese 2/3-Mehrheit muss mindestens 2/3 der Arbeitnehmer in mindestens zwei Mitgliedstaaten vertreten.

Ansonsten genügt für die Schließung eines Abkommens die Mehrheit innerhalb des bVG, in der zugleich die Mehrheit der vertretenen Arbeitnehmer enthalten sein muss, § 15 Abs. 2 SEBG.

Die Vereinbarung über die Beteiligung der Arbeitnehmervertreter auf betrieblicher Ebene muss gem. § 21 Abs. 1 SEBG mindestens folgende Punkte beinhalten:

• Geltungsbereich der Vereinbarung;

• Zusammensetzung des SE-Betriebsrates, Anzahl der Mitglieder und Sitzverteilung;

• Befugnisse und Verfahren zur Unterrichtung und Anhörung des SE-Betriebsrates;

• Häufigkeit der Sitzungen des SE-Betriebsrates;

• die für die Arbeit des SE-Betriebsrates bereitzustellenden finanziellen und materiellen Mittel;

• den Zeitpunkt des In-Kraft-Tretens, die Laufzeit der Vereinbarung, sowie die Fälle für eine erneute Aushandlung der Vereinbarung und des dabei zu beachtenden Verfahrens.

Wenn kein SE-Betriebsrat gebildet wird, haben die Parteien gem. § 21 Abs. 2 SEBG die Durchführungsmodalitäten für die Unterrichtungs- und Anhörungsverfahren unter analoger Anwendung des Absatzes 1 festzulegen.

Treffen die Parteien eine Vereinbarung über die Mitbestimmung auf Unternehmensebene, so müssen gem. § 21 Abs. 3 SEBG mindestens folgende Punkte enthalten sein:

• die Zahl der Mitglieder des Aufsichts- oder Verwaltungsorgans, welche die Arbeitnehmer wählen/bestellen können oder deren Bestellung sie empfehlen oder ablehnen können;

• das Verfahren, nach dem die Arbeitnehmer diese Mitglieder wählen/bestellen/empfehlen/abberufen können;

• die Rechte dieser Mitglieder.

Als Soll-Vorschrift gibt § 21 Abs. 4 SEBG vor, dass auch die Aufnahme von Neuverhandlungen bei Strukturänderungen innerhalb der SE aufgenommen sowie das hierfür anzuwendende Verfahren geregelt werden sollen. Für den Fall der Gründung durch Umwandlung sieht § 21 Abs. 6 SEBG vor, dass in der Vereinbarung für die Mitbestimmung in der SE in Bezug auf alle Komponenten zumindest das gleiche Ausmaß vorgesehen sein muss, wie bei dem umgewandelten Unternehmen; dies ist auch zu beachten, falls im Wege der Umwandlung ein Wechsel vom dualistischen zum monistischen Leitungssystem und umgekehrt erfolgt.

Schließlich können die Parteien auch darauf verzichten, eigene Regelungen zu entwerfen und sich stattdessen auf die Geltung der Auffangregelungen54 einigen, § 21 Abs. 5 SEBG.

Für die Verhandlungen ist ab Einsetzung des bVG eine Frist von sechs Monaten vorgesehen, die Verhandlungspartner können sich darauf einigen, dass die Frist auf insgesamt ein Jahr verlängert wird, § 20 SEBG. Für den Fall, dass innerhalb der geltenden Frist zwischen den Verhandlungspartnern keine Einigung zustande kommt, finden grundsätzlich die jeweils durch die Mitgliedstaaten vorgesehenen Auffangregelungen über die Arbeitnehmerbeteiligung in der SE Anwendung, für Deutschland also die im SEBG vorgesehenen Auffangregelungen.

Beschließt das bVG gem. § 16 Abs. 1 SEBG, entweder keine Verhandlungen über die Arbeitnehmerbeteiligung zu führen oder bereits aufgenommene Verhandlungen abzubrechen, kommt es zur Anwendung der nationalen Informations- und Anhörungsrechte der Arbeitnehmer, die in den Mitgliedstaaten gelten, in denen die SE-Arbeitnehmer beschäftigt sind. Die Auffangregelungen der §§ 22 bis 33 SEBG über den SE-Betriebsrat und die Auffangregelungen der §§ 34 bis 38 SEBG über die Mitbestimmung auf Unternehmensebene finden keine Anwendung, § 16 Abs. 2 SEBG. Ein solcher Beschluss nach § 16 Abs. 1 SEBG kann nicht gefasst werden, wenn die Gründung der SE durch Umwandlung erfolgt und den Arbeitnehmern der umwandelnden Gesellschaft Mitbestimmungsrechte zustehen, § 16 Abs. 3 SEBG.

3. Voraussetzungen und Inhalt der Auffangregelungen des SEBG

a) SE-Betriebsrat

Die Auffangregelungen über den SE-Betriebsrat nach §§ 22 bis 33 SEBG gelten also, wenn die Parteien dies vereinbaren oder eine Vereinbarung nicht fristgerecht zustande kommt und das bVG keinen Beschluss zur Nichtaufnahme oder Abbruch der Verhandlungen gefasst hat. Sie gelten ab Eintragung der SE. Danach ist zur Sicherung des Rechts auf Unterrichtung und Anhörung in der SE ein SE-Betriebsrat zu gründen, der sich aus Arbeitnehmern der SE, ihrer Tochtergesellschaften und Betriebe zusammensetzt. Die Grundsätze der Zusammensetzung und des Wahlmodus gleichen im Wesentlichen denen des bVG. Die Kompetenzen des Betriebsrates sind in den §§ 27 ff. SEBG festgelegt. Danach ist der Betriebsrat zuständig für die Angelegenheiten, die die SE selbst, eine ihrer Tochtergesellschaften oder einen ihrer Betriebe in einem anderen Mitgliedstaat betreffen oder die über die Befugnisse der zuständigen Organe auf der Ebene des einzelnen Mitgliedstaates hinausgehen.

Die Unternehmensleitung ist zur jährlichen Unterrichtung und Anhörung des SE-Betriebsrates über die Entwicklung der Geschäftslage und die Perspektiven der SE verpflichtet. Dabei sind dem SE-Betriebsrat die erforderlichen Unterlagen vorzulegen, insbesondere:

• die Geschäftsberichte;

• die Tagesordnungen aller Sitzungen des Leitungsorgans und des Aufsichts- oder Verwaltungsorgans

• sowie Kopien aller Unterlagen, die in der Hauptversammlung den Aktionären vorgelegt werden.

Darüber hinaus ist der SE-Betriebsrat über außergewöhnliche Umstände mit erheblichen Auswirkungen auf die Interessen der Arbeitnehmer unter Vorlage der entsprechenden Unterlagen zu unterrichten und auf Antrag anzuhören. Zu solchen außergewöhnlichen Umständen zählen insbesondere Verlagerung, Verlegung oder Stilllegung von Unternehmen, Betrieben, wesentlichen Betriebsteilen und Massenentlassungen.

Der SE-Betriebsrat darf auf Kosten des Unternehmens seine Mitarbeiter fortbilden sowie bei der Erfüllung ihrer Aufgaben Sachverständigen-Unterstützung einholen (als Sachverständige gelten auch Vertreter von Gewerkschaften).

b) Mitbestimmung

Die Auffangeregelungen über die Mitbestimmung auf Unternehmensebene (§§ 34 bis 38 SEBG) gelten ebenfalls, wenn die Parteien dies vereinbaren oder eine Vereinbarung nicht fristgerecht zustande kommt und das bVG keinen Beschluss zur Nichtaufnahme oder Abbruch der Verhandlungen gefasst hat. Zusätzlich treten weitere Bedingungen (§ 34 SEBG) sowie unterschiedliche Regelungen zum Umfang der Mitbestimmung (§ 35 SEBG) für die unterschiedlichen Gründungsalternativen der SE hinzu.

§§ 34 Abs. 1 Nr. 1, 35 Abs. 1 SEBG: Bei Gründung durch Umwandlung kommen die Auffangregelungen nur dann zur Anwendung, wenn in der Gesellschaft vor der Umwandlung Bestimmungen über die Mitbestimmung der Arbeitnehmer in Aufsichts- oder Verwaltungsorgan bereits galten (Vorher-Nachher-Prinzip). Es bleibt in diesem Fall die Regelung zur Mitbestimmung erhalten, die in der Gesellschaft vor der Umwandlung bestanden hat. Wird also eine deutsche mitbestimmte Aktiengesellschaft in eine Europäische Aktiengesellschaft umgewandelt, so kann in den Vereinbarungen über die Mitbestimmung die bisherige Struktur (Hälfte der Sitze im Aufsichtsorgan sowie Beteiligung von nicht im Unternehmen beschäftigten Gewerkschaftsvertretern) auf SE-Ebene nicht verändert werden.

§§ 34 Abs. 1 Nr. 2, 35 Abs. 2 SEBG: Bei Gründung durch Verschmelzung kommen die Auffangregelungen nur dann zur Anwendung, wenn entweder

• vor der Eintragung der SE in einer oder mehreren der beteiligten Gesellschaften eine oder mehrere Formen der Mitbestimmung bereits bestanden haben und sich auf mindestens 25% der Gesamtzahl der Arbeitnehmer aller beteiligten Gesellschaften und der betroffenen Tochtergesellschaft erstreckt haben oder

• vor der Eintragung der SE in einer oder mehreren der beteiligten Gesellschaften eine oder mehrere Formen der Mitbestimmung bereits bestanden haben und sich auf weniger als 25% der Gesamtzahl der Arbeitnehmer aller beteiligten Gesellschaften und der betroffenen Tochtergesellschaft erstreckt haben und das bVG einen entsprechenden Beschluss fasst.

In diesen Fällen haben die Arbeitnehmer der SE, ihrer Tochtergesellschaften und Betriebe oder ihr Vertretungsorgan das Recht, einen Teil der Mitglieder des Aufsichts- oder Verwaltungsorgans der SE zu wählen/zu bestellen oder deren Bestellung zu empfehlen/abzulehnen. Die Zahl dieser Arbeitnehmervertreter bemisst sich nach dem höchsten Anteil an Arbeitnehmervertretern, der in den Organen der beteiligten Gesellschaften vor Eintragung der SE bestanden hat.

§§ 34 Abs. 1 Nr. 3, 35 Abs. 2 SEBG: Bei Gründung durch Errichtung einer Holding-SE bzw. einer Tochtergesellschaft kommen die Auffangregelungen nur dann zur Anwendung, wenn entweder

• vor der Eintragung der SE in einer oder mehreren der beteiligten Gesellschaften eine oder mehrere Formen der Mitbestimmung bereits bestanden haben und sich auf mindestens 50% der Gesamtzahl der Arbeitnehmer aller beteiligten Gesellschaften und der betroffenen Tochtergesellschaft erstreckt haben oder

• vor der Eintragung der SE in einer oder mehreren der beteiligten Gesellschaften eine oder mehrere Formen der Mitbestimmung bereits bestanden haben und sich auf weniger als 50% der Gesamtzahl der Arbeitnehmer aller beteiligten Gesellschaften und der betroffenen Tochtergesellschaft erstreckt haben und das bVG einen entsprechenden Beschluss fasst.

In diesen Fällen haben die Arbeitnehmer der SE, ihrer Tochtergesellschaften und Betriebe oder ihr Vertretungsorgan das Recht, einen Teil der Mitglieder des Aufsichts- oder Verwaltungsorgans der SE zu wählen/zu bestellen oder deren Bestellung zu empfehlen/abzulehnen. Die Zahl dieser Arbeitnehmervertreter bemisst sich nach dem höchsten Anteil an Arbeitnehmervertretern, der in den Organen der beteiligten Gesellschaften vor Eintragung der SE bestanden hat.

Bestanden in den Fällen der Gründung durch Verschmelzung und durch Errichtung einer Holding-SE bzw. einer Tochtergesellschaft mehr als eine Form der Mitbestimmung, legt das bVG fest, welche dieser Mitbestimmungsformen in der SE eingeführt wird. Erfolgt eine solche Festlegung durch das bVG nicht und ist an der Gründung eine deutsche mitbestimmte Gesellschaft beteiligt, so haben die Arbeitnehmer das Recht, einen Teil der Mitglieder des Aufsichts- oder Verwaltungsorgans zu wählen oder zu bestellen. Ist an der Gründung keine deutsche mitbestimmte Gesellschaft beteiligt, so haben die Arbeitnehmervertreter das Recht, einen Teil der Mitglieder des Aufsichts- oder Verwaltungsorgans zu empfehlen oder abzulehnen, und zwar bezogen auf die höchste Zahl der in den beteiligten Gesellschaften beschäftigten Arbeitnehmer. Die Sitzverteilung im Aufsichts- oder Verwaltungsorgan und die Auswahl der Kandidaten erfolgt durch den SE-Betriebsrat nach Maßgabe des § 36 SEBG. Die Hauptversammlung ist an die Vorschläge zur Wahl/Bestellung bzw. Empfehlung/Ablehnung gebunden.

Die Rechtsstellung und innere Ordnung bei Beteiligung von Arbeitnehmervertretern richtet sich nach § 38 SEBG. Danach haben die Anteilseignervertreter und die Arbeitnehmervertreter dieselben Rechte und Pflichten im Aufsichts- bzw. Verwaltungsorgan. Die Zahl der Mitglieder des Leitungsorgans (Vorstand) im dualistischen System bzw. die Zahl der geschäftsführenden Direktoren im monistischen System muss mindestens zwei betragen, wobei eines der Mitglieder für den Bereich Arbeit und Soziales zuständig ist. Besteht in einer der beteiligten Gesellschaften das Aufsichtsorgan aus dergleichen Anzahl an Anteilseigner- und Arbeitnehmervertretern sowie einem weiteren Mitglied, so muss diese Konstellation auch im Aufsichts- bzw. Verwaltungsorgan der SE gewählt werden. Dieses weitere Mitglied wird auf gemeinsamen Vorschlag der Anteilseigner- und Arbeitnehmervertreter gewählt.

Es liegt ein Urteil des LAG Berlin Brandenburg55 zur Frage der arbeitsgerichtlichen Überprüfung von Mitbestimmungsvereinbarungen einer SE vor. Es ging in dem Verfahren um die bei der Zalando SE geschlossene Mitbestimmungsvereinbarung. Die Gewerkschaft ver.di beantragte die Feststellung der Unwirksamkeit dieser Mitbestimmungsvereinbarung sowie die Verpflichtung der Zalando SE zur erneuten Durchführung des Verfahrens zur Verhandlung einer Mitbestimmungsvereinbarung, weil es ihr nicht ermöglicht worden war, eigene Vertreter in das besondere Verhandlungsgremium der Arbeitnehmer zu entsenden. Das LAG wies beide Anträge als unzulässig zurück: Hinsichtlich des Feststellungsantrags fehle es an dem erforderlichen fortbestehenden Rechtsverhältnis zwischen der Zalando SE und ver.di. Für den weiteren Antrag, das Verfahren zur Verhandlung einer Mitbestimmungsvereinbarung erneut durchzuführen, seien die Arbeitsgerichte nicht zuständig. Eine solche gesellschaftsrechtliche Handlungspflicht könne nur vor den Zivilgerichten durchgesetzt werden.

Bis zum Ablauf des 19. März 2022 können gem. § 48 SEBG im Rahmen der Unterrichtung und Anhörung die Teilnahme an Sitzungen eines SE-Betriebsrats oder einer Arbeitnehmervertretung nach § 21 Abs. 2 SEBG sowie die Beschlussfassung auch mittels Video- und Telefonkonferenz erfolgen, wenn sichergestellt ist, dass Dritte vom Inhalt der Sitzung keine Kenntnis nehmen können. Es handelt sich hierbei um eine Sonderregelung aus Anlass der COVID-19-Pandemie, eigefügt durch Art. 8 des Gesetzes vom 10.12.2021, BGBl. I, S. 5162, m.W.v. 12.12.2021.

4. Besonderheiten der Mitbestimmung im monistischen System

Unterliegt eine monistisch strukturierte SE der Mitbestimmung gemäß der SE-Richtlinie, muss der Verwaltungsrat aus mindestens drei Mitgliedern bestehen, Art. 43 Abs. 2 S. 3 SE-VO. § 23 Abs. 2 SEAG stellt klar, dass die Beteiligung der Arbeitnehmer aufgrund einer Vereinbarung nach § 21 SEBG oder der gesetzlichen Auffangregelungen in den §§ 34 bis 38 SEBG zu einer anderen zahlenmäßigen Zusammensetzung des Verwaltungsrats führen kann.

Die Wahl des Vorsitzenden des Verwaltungsrats ist unmittelbar durch Art. 45 SE-VO geregelt. Danach wählt das Verwaltungsorgan den Vorsitzenden aus seiner Mitte. Wird die Hälfte der Mitglieder des Verwaltungsorgans von den Arbeitnehmern bestellt, so darf nur ein von der Hauptversammlung der Aktionäre bestelltes Mitglied zum Vorsitzenden gewählt werden. Art. 50 Abs. 2 SE-VO sieht vor, dass bei Stimmengleichheit die Stimme des Vorsitzenden des SE-Organs den Ausschlag gibt. Eine abweichende Satzungsänderung ist nicht möglich bei gleicher Anzahl von Arbeitnehmervertretern und Anteilseignervertretern im Aufsichtsorgan.

Für das monistische System wird in der Literatur56 bereits eine Problematik diskutiert, welche insbesondere bei paritätischer Mitbestimmung virulent sein kann. Hintergrund der Problematik ist, dass dem Verwaltungsrat nach den Vorschriften des SEAG sowohl die allgemeine Geschäftsleitung als auch die Weisungsbefugnis gegenüber den geschäftsführenden Direktoren, welche die Geschäfte der SE führen, obliegt. Dadurch kann der Verwaltungsrat auch die eigentliche Geschäftsführung bestimmen. Nach der ausdrücklichen Gesetzesbegründung des SEAG reichen die Aufgaben des Verwaltungsrats der SE weiter als die des Aufsichtsrates einer deutschen AG und beschränken sich nicht nur auf eine bloße Aufsichtsfunktion. Diese Erweiterung der Kompetenzen des Verwaltungsrats kann dazu führen, dass bei einer mitbestimmten SE die Arbeitnehmervertreter im Verwaltungsorgan faktisch nicht nur an Aufsichtsaufgaben, sondern auch an Geschäftsführungsaufgaben beteiligt sind. Eine solche Konstellation, die insbesondere bei gleicher Anzahl von Anteilseigner- und Arbeitnehmervertretern in verschärfter Form auftritt, kann zu einem erheblichen Machtzuwachs der Arbeitnehmervertreter und damit zumindest zu verfassungsrechtlichen Bedenken führen. In seiner Grundsatzentscheidung57 zum Mitbestimmungsgesetz 1976 hat das BVerfG die darin geregelte Mitbestimmung im Aufsichtsrat für angemessen und zumutbar erachtet, da zu Lasten der Anteilseigner lediglich die Befugnisse zur Kontrolle der Unternehmensleitung und zu personalpolitischen Entscheidungen abgeschwächt werden, während in jedem Fall der maßgebliche Einfluss und das Letztentscheidungsrecht den Anteilseignern verbleiben. Eine Mitbestimmung ist nach Ansicht des BVerfG jedenfalls dann verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden, wenn die Mitbestimmung der Arbeitnehmer nicht dazu führt, dass über das im Unternehmen investierte Kapital gegen den Willen aller Anteilseigner entschieden werden kann, wenn diese nicht auf Grund der Mitbestimmung die Kontrolle über die Führungsauswahl im Unternehmen verlieren und wenn ihnen das Letztentscheidungsrecht belassen wird. Bei einem paritätisch besetzten Verwaltungsrat einer SE dürften im Hinblick auf diese vom BVerfG gesetzten Maßstäbe zumindest erhebliche Bedenken angebracht sein, wenngleich die Vorschriften über die ausschlaggebende Stimme des Verwaltungsratsvorsitzenden, der bei paritätischer Besetzung immer ein Anteilseignervertreter sein muss, zu einer gewissen Milderung der Problematik beitragen.

5. Ausschaltung der Mitbestimmung durch Verwendung einer SE?

Für die Unternehmensmitbestimmung ist der Anteil der Arbeitnehmervertreter in den Organen derjenigen Gründungsgesellschaft mit dem höchsten Mitbestimmungsniveau maßgeblich (vgl. §§ 34, 35 Abs. 2 SEBG). In der Literatur wurde vielfach dargestellt, dass die aktuelle Mitbestimmungssituation in Deutschland sehr weit in die Rechte des Unternehmens selbst eingreift. Aus der Sicht der ausländischen Gesellschaften, so wird befürchtet, werde daher die Involvierung einer deutschen Gesellschaft als Partner einer SE teilweise sehr kritisch beurteilt. Unter dieser Prämisse wird nach möglichen Gestaltungsspielräumen der SE im Zusammenhang mit bestehender oder zukünftiger Arbeitnehmerbeteiligung gesucht58. Die (zumindest theoretisch bestehende) Möglichkeit, durch Verhandlung mit den Arbeitnehmervertretungen eine niedrigeres Niveau der Mitbestimmung für die SE zu vereinbaren, soll hier jedoch wegen mangelnder Praxisrelevanz bei jedenfalls gewerkschaftlich oder betriebsrätlich vertretener oder beeinflusster Arbeitnehmerschaft nicht erörtert werden.

Zunächst einmal stellt sich im Hinblick auf das deutsche Mitbestimmungsrecht die Frage nach der Größe des Aufsichtsrats bei der dualistisch strukturierten SE. Für diese ist die gesetzliche Mindestanzahl der Aufsichtsräte mit 3 festgelegt, abhängig von der Höhe des Grundkapitals sind Maximalzahlen festgelegt. Die im deutschen Mitbestimmungsgesetz (bei mehr als 2000 Arbeitnehmer) vorgeschriebenen Mindestsitze im Aufsichtsrat (bis 10.000 Arbeitnehmer insgesamt 12 Sitze, zwischen 10.000 und 20.000 Arbeitnehmern 16 Sitze und ab 20.000 Arbeitnehmern insgesamt 20 Sitze), die jeweils zur Hälfte mit Arbeitnehmer-Vertretern zu besetzen sind, finden bei der SE keine Anwendung – es bleibt vielmehr bei der alleinigen Mindestvorgabe von 3 Aufsichtsratssitzen. Doch schon gibt es Streit darüber, ob die tatsächliche Größe des Aufsichtsrates durch die Satzung vorgegeben wird oder Gegenstand der Verhandlung über die Arbeitnehmerbeteiligung sei. Schließt man sich ersterer Auffassung an, so kann bereits dies allein zu einer erheblichen Reduzierung von Kosten und Verwaltungsaufwand führen.

Das Vorher-Nachher-Prinzip als ein grundlegendes (Mindest-)Anliegen der gesetzlichen Vorgaben zur Arbeitnehmerbeteiligung in der SE bewirkt dass zwar gegen den Willen der Arbeitnehmervertretung kein niedrigeres Maß an Beteiligung, als es bereits besteht, für die SE gelten kann. Es bewirkt jedoch gleichzeitig auch in der entgegengesetzten Interessenrichtung, dass jedenfalls gegen den Willen der Gründer auch keine Erhöhung des bestehenden Beteiligungsmaßes entstehen kann. Es kann also bei bestehender Mitbestimmungsfreiheit in den Gründungsunternehmen keine ungewollte Mitbestimmung bei der SE entstehen. Ohne eine Vereinbarung über die Mitbestimmung gelten die gesetzlichen Auffangregelungen, die wiederum das sichern, was bereits besteht – besteht jedoch nichts, wird auch nichts gesichert. Besteht Drittelbeteiligung, wird nur diese gesichert, auch wenn (nach deutschem Mitbestimmungsrecht, welches für die SE nicht gilt) eine paritätische Mitbestimmung vorgesehen wäre. In der juristischen Literatur wird dieser Effekt als das „Einfrieren der Mitbestimmung“ sehr vehement und durchaus kontrovers diskutiert. Insbesondere spielt dabei natürlich die Frage der sogenannten Vorrats-SE`s eine Rolle, die in der Regel arbeitnehmerlos und damit mitbestimmungsfrei gegründet werden.

Auch erste gerichtliche Entscheidung zur Frage, ob die neu gegründete arbeitnehmerlose SE ohne Durchführung einer Verhandlung über die Arbeitnehmermitbestimmung überhaupt eingetragen werden dürfen, sind bereits ergangen. Das Amtsgericht Hamburg59, bestätigt durch das Landgericht Hamburg60, ist der Meinung, dass Verhandlungen über die Beteiligung von Arbeitnehmern sind von den Gründern auch dann aufzunehmen, wenn die SE keine Arbeitnehmer hat und auch nie welche haben wird, wenn jedoch die Gründungsunternehmen Arbeitnehmer haben, und zwar auch dann, wenn die Gründungsunternehmen selbst mitbestimmungsfrei sind. Das Amtsgericht Düsseldorf61 hat entscheiden, dass eine Vereinbarung über die Arbeitnehmerbeteiligung für die Handelsregistereintragung nicht erforderlich sei, wenn weder die SE noch die Gründungsunternehmen selbst Arbeitnehmer beschäftigen, denn „nicht vorhandene Arbeitnehmer können keinen Vereinbarung schließen“. Ausreichend sei hier eine sogenannten Negativerklärung der Gründer, dass sie keine Arbeitnehmer beschäftigen. Diese Düsseldorfer Verfügung erging übrigens auf einen Antrag auf Amtslöschung einer Vorrats-SE durch die gewerkschaftsnahe Hans-Böckler-Stiftung. Das Amtsgericht Charlottenburg62 hingegen hat eine Vorrats-SE ganz problemlos eingetragen, und zwar ohne Verhandlung und ohne Negativattest, denn die Arbeitnehmerlosigkeit ergebe sich aus der Offensichtlichkeit der Vorratsgründung von selbst. Und ist die SE erst einmal im Handelsregister eingetragen, so genießt sie grundsätzlich Bestandsschutz.

Ist also der Kauf einer Vorrats-SE des Rätsels Lösung? Vorsicht: Hier lauern mindestens zwei Stolpersteine im Hinblick auf die Mitbestimmung. Zum einen ist das Stichwort der „wirtschaftlichen Neugründung“ zu nennen, welches im Zusammenhang mit dem Erwerb von Vorrats-GmbH`s ständige Rechtsprechung ist. Danach sind beim Erwerb von Vorratsgesellschaften durch den Erwerber (nochmals) sämtliche Gründungsvorschriften zu erfüllen. Für die SE würde dies also bedeuten, dass der Erwerber der Vorrats-SE die Verhandlung über die Arbeitnehmerbeteiligung durchführen müsste. Ob dies der Fall ist und die Rechtsprechung die Grundsätze der wirtschaftlichen Neugründung auch auf Vorrats-SE`s ausweiten wird, bleibt abzuwarten. Der zweite Stolperstein versteckt sich unter dem Stichwort „strukturelle Änderungen“. Bei strukturellen Änderungen in einer SE ist es gesetzlich zwingend vorgeschrieben, dass (ggfls. erneut) Verhandlungen über die Arbeitnehmerbeteiligung aufzunehmen sind. Dabei definiert das Gesetz jedoch nicht, was unter „strukturellen Änderungen“ zu verstehen ist, was naturgemäß einen juristischen Disput über diese Auslegungsfrage ausgelöst hat. Ebenfalls naturgemäß gehen die Meinungen weit auseinander: gewerkschaftsnahe Berater wollen quasi jedwede Veränderung in der SE darunter subsumieren, selbstverständlich und insbesondere auch die Einstellung von Arbeitnehmern bei zunächst arbeitnehmerlosen SE`s, was natürlich auf die Vorrats-SE`s abzielt63. Andere Stimmen hingegen wollen ausschließlich „korporative Akte von ganz erheblichem Gewicht“ unter den Tatbestand der strukturellen Änderung subsumieren und greifen dabei zurück auf die entsprechende Gesetzesbegründung, in welcher als Beispiel für eine strukturelle Änderung die Verschmelzung einer nicht bestimmten mit einer mitbestimmten Gesellschaft nennt64. Da es noch keine klärende Rechtsprechung zu dieser Thematik gibt, ist eine gewisse Rechtsunsicherheit nicht von der Hand zu weisen.

Bei der Wahl der Leitungsstruktur für die SE gilt es bei unausweichlicher Mitbestimmung im Leitungsorgan im Hinblick auf das monistische System besonderer Aufmerksamkeit. Hintergrund der Problematik ist, dass dem Verwaltungsrat sowohl die allgemeine Geschäftsleitung als auch die Weisungsbefugnis gegenüber den geschäftsführenden Direktoren, welche die Geschäfte der SE führen, obliegen. Dadurch kann der Verwaltungsrat auch die eigentliche Geschäftsführung bestimmen. Diese (im Gegensatz zum Aufsichtsrat einer dualistisch strukturierten SE) weitreichenden Kompetenzen des Verwaltungsrat können dazu führen, dass bei einer mitbestimmten SE die Arbeitnehmervertreter im Verwaltungsorgan nicht nur an Aufsichtsaufgaben, sondern faktisch auch an der konkreten Geschäftsführung beteiligt sind. Eine solche Konstellation, die insbesondere bei gleicher Anzahl von Anteilseigner- und Arbeitnehmervertretern in verschärfter Form auftritt, kann zu einem erheblichen Machtzuwachs der Arbeitnehmervertreter führen und dürfte in den seltensten Fälle von den Anteilseignern gewollt sein.

Hinzuweisen in diesem Zusammenhang auch auf die sogenannte Sekundärgründung, also die Gründung einer Tochter-SE durch eine bereits bestehende SE. In diesen Fällen ist das Beteiligungsverfahren nicht als registerliche Eintragungsvoraussetzung vorgesehen. Doch auch hier stellt sich natürlich die Frage der strukturellen Änderung.

Die ausländische mitbestimmungsfreie Gesellschaft, die in eine (ebenfalls mitbestimmungsfreie) SE umgewandelt wird, die sodann ihren Sitz nach Deutschland verlegt, bleibt mitbestimmungsfrei, denn die grenzüberschreitende Sitzverlegung einer SE wird überwiegend nicht als strukturelle Änderung angesehen.

An dieser Stelle soll bei allen Gestaltungsüberlegungen, die neben anderen auch den mitbestimmungsrechtlichen Aspekt einbeziehen müssen, darauf hingewiesen werden, dass die Rechtsform der SE natürlich nicht dazu “missbraucht” werden darf, um Arbeitnehmerbeteiligungsrechte zu mindern oder vorzuenthalten. Ein solches Vorgehen bestraft das Gesetz mit bis zu zwei Jahren Haft oder Geldstrafe.

Dass eine Strafvorschrift, die nicht konkret ist, eventuell keine andere Funktion hat, als zu zeigen, dass der Gesetzgeber hilflos ist, sich dennoch dazu eignet, eventuelle Gestaltungen einzudämmen, sei zugegeben. Wannn allerdings der “Gebrauch” einer Rechtsform in “Missbrauch” umschlägt, bleibt völlig unklar.

IV. Steuerrecht

Es ist selbstverständlich, dass eine umfangreiche steuerliche Darstellung einer solchen neuen grenzüberschreitenden Gesellschaftsform nicht in diesem Text dargestellt werden kann. Ein kurzer Überblick soll jedoch Grundsatzpositionen verdeutlichen.

Die SE-VO enthält keine eigenen Bestimmungen zur Besteuerung, sondern verweist in Art. 9 Abs. 1 Buchstabe c ii) auf das geltende nationale Recht. Mit der Richtlinie 2005/19/EG65 (FRL 2005) wurde die steuerliche Fusionsrichtlinie 90/434/EWG66 (FRL 1990) geändert. Ihr Anwendungsbereich erfasst nunmehr auch die Europäische Gesellschaft (SE) und die Europäische Genossenschaft (Societas Cooperativa Europaea – SCE)67 einschließlich deren Sitzverlagerungen von einem Mitgliedstaat in einen anderen. Für die Mitgliedstaaten wurde weiterhin die Möglichkeit geschaffen, bei der Besteuerung eines mittelbaren oder unmittelbaren Gesellschafters bestimmter körperschaftspflichtiger Gesellschaften die Bestimmungen der Richtlinie nicht anzuwenden. Die FRL 2005 enthält auch eine Klärung der Anwendung der Vorschriften für die Umwandlung von Niederlassungen in Tochtergesellschaften sowie die Änderung der Definition des Begriffs „Austausch von Anteilen“.

Lange Zeit waren in Deutschland die steuerlichen Bedingungen für grenzüberschreitende Sachverhalte jedenfalls im unternehmerischen Bereich alles andere als zufrieden stellend. Nun liegt zwar mit dem sogenannten „SEStEG“68 eine solche Regelung vor, ob sich damit auch Zufriedenheit einstellt, bleibt abzuwarten. Dieses Gesetz brachte eine komplette Neufassung des Umwandlungssteuergesetzes (im folgenden: UmwStG 2006) und berücksichtigt neben den EU-Verordnungen zur SE und zur Europäischen Genossenschaft auch die Richtlinien 2005/19/EG (FRL 2005) und 2005/56/EG69 (gesellschaftsrechtliche Verschmelzungsrichtlinie). Ziel des SEStEG ist laut Gesetzesbegründung die Anpassung der nationalen steuerlichen Vorschriften zur Umstrukturierung von Unternehmen an die jüngsten gesellschaftsrechtlichen und steuerlichen Entwicklungen und Vorgaben des europäischen Rechts. Das UmwStG 2006 ist erstmals auf Umwandlungen anzuwenden, bei denen die Anmeldung zur Eintragung in das Handelsregister nach dem 12.12.2006 – dem Tag der Verkündung des SEStEG – erfolgt ist.

Im Rahmen der laufenden Besteuerung gibt es keine Sonderrechte der SE. Die steuerlichen Bedingungen bei der SE-Gründung ist abhängig von der Wahl der Gründungsform. Einzig die Gründung durch Umwandlung einer nationalen AG in eine SE ist unproblematisch steuerneutral möglich.

1. Steuern bei der Gründung

a) Verschmelzung

Die Gründung im Wege der Verschmelzung ist in Anlehnung an die Dritte gesellschaftsrechtliche Richtlinie (gesellschaftsrechtliche Fusionsrichtlinie)70 in Form der Verschmelzung durch Aufnahme, Art. 17 Abs. 2a SE-VO, und der Verschmelzung durch Neugründung vorgesehen, Art. 17 Abs. 2b SE-VO. Bei der Verschmelzung durch Aufnahme geht das gesamte Vermögen einer oder mehrerer Gesellschaften im Wege der Auflösung ohne Abwicklung auf eine bestehende nationale Gesellschaft über, die im selben Rechtsakt die Gestalt einer SE annimmt. Bei der Verschmelzung durch Neugründung entsteht die Gesellschaft in Form der SE neu, indem mehrere Gesellschaften ihr gesamtes Vermögen im Wege der Auflösung ohne Abwicklung auf die neu zu gründende Gesellschaft übertragen. Aus deutscher Sicht sind zu bei der Beteiligung eines deutschen Gründungsunternehmens die Hinausverschmelzung (die zu gründende SE hat ihren Sitz im EU-/EWR-Ausland) und die Hineinverschmelzung (die neu zu gründende SE hat ihren Sitz in Deutschland) zu unterscheiden.

Bei der Hinausverschmelzung warden gem. § 11 Abs. 1 UmwStG 2006 die auf die neue SE zu übertragenden Wirtschaftsgüter der deutschen Körperschaft in der Schlussbilanz mit dem gemeinen Wert angesetzt, was zu einer Aufdeckung stiller Reserven führen würde.

Auf Antrag können die übergehenden Wirtschaftsgüter mit dem Buchwert angesetzt werden, soweit sichergestellt ist, dass sie später bei der übernehmenden Körperschaft der Besteuerung mit Körperschaftsteuer unterliegen, das Recht der Bundesrepublik Deutschland hinsichtlich der Besteuerung des Gewinns aus der Veräußerung der übertragenen Wirtschaftsgüter bei der übernehmenden Körperschaft nicht ausgeschlossen oder beschränkt wird und eine Gegenleistung nicht gewährt wird oder in Gesellschaftsrechten besteht. Die wäre zum Beispiel der Fall, wenn in Deutschland eine Betriebsstätte der ausländischen SE verbleibt, welcher die Wirtschaftsgüter des deutschen Gründungsunternehmens zuzurechnen sind und im Verhältnis zum SE-Sitzstaat das Betriebsstättenprinzip im Sinne von Art. 7 OECD-MA71 gilt.

Auf der Ebene der Anteilseigner der deutschen (übertragenden) Körperschaft wird der Erwerb neuer Anteile an der ausländischen SE wie eine Veräußerung behandelt und durch den Ansatz des gemeinen Werts werden stille Reserven aufgedeckt. Auf Antrag kann jedoch auch hier der Buchwert angesetzt werden, da es sich bei der SE-Verschmelzungsgründung um eine Umwandlung im Sinne der FRL 1990 / 2005 handelt.

Bei der Hineinverschmelzung hat die übernehmende (deutsche) Körperschaft (d.h. die neu entstehende SE mit Sitz in Deutschland) die auf sie übertragenen Wirtschaftsgüter mit dem in der steuerlichen Schlussbilanz der übertragenden Körperschaft enthaltenen Werten zu übernehmen. Bei der übernehmenden Körperschaft bleibt ein Gewinn oder ein Verlust in Höhe des Unterschieds zwischen dem Buchwert der Anteile an der übertragenden Körperschaft und dem Wert, mit dem die übergegangenen Wirtschaftsgüter zu übernehmen sind, außer Ansatz. Die übernehmende Körperschaft tritt in die steuerliche Rechtsstellung der übertragenden Körperschaft ein.

Auf der Ebene der Anteilseigener der deutschen Körperschaft und nach der Verschmelzung der deutschen SE findet keine steuerlicher Realisationstatbestand Anwendung, so dass sich keinerlei steuerliche Wirkungen ergeben.

Das Einkommen und das Vermögen der übertragenden und der übernehmenden Kapitalgesellschaften ist so zu ermitteln, als ob das Vermögen der übertragenden Kapitalgesellschaft(en) mit Ablauf des Stichtags der Bilanz, die dem Vermögensübergang zu Grunde liegt (steuerlicher Übertragungsstichtag), ganz oder teilweise auf die übernehmende Kapitalgesellschaft übergegangen ist. Damit ist eine (auch) ertragsteuerliche Rückwirkung von max. 8 Monaten möglich. Aus der steuerlichen Rückwirkung folgt, dass die Einkünfte der übertragenden Kapitalgesellschaft bereits ab dem steuerlichen Übertragungsstichtag der übernehmenden Kapitalgesellschaft zugerechnet werden.

Die bislang zulässige (innerdeutsche) Übertragung von Verlustvorträgen von der übertragenden auf die übernehmende Körperschaft ist jedoch nach dem UmwStG 2006 nicht mehr möglich, der deutsche Gesetzgeber will damit einen „Import von EU-Auslandsverlusten“ vermeiden.

Beim Anteilseigner gelten die Anteile an der übertragenden Körperschaft als zum gemeinen Wert veräußert, die Anteile an der übernehmenden Körperschaft (der SE) als zu diesem Wert angeschafft. Auch hier kann auf Antrag der Buchwert oder ein Zwischenwert der Anteile an der übertragenden Gesellschaft angesetzt werden, wenn das deutsche Besteuerungsrecht sichergestellt ist. Die Anteile an der übernehmenden Körperschaft (der SE) treten in die Rechtstellung der Anteile an der übertragenden Körperschaft ein.

b) Gründung einer Holding-SE

Neben der vorgestellten Verschmelzung kommt die Gründung einer Holding-SE gem. Art. 2 Abs. 2 SE-VO in Betracht72. Die an der Gründung beteiligten Gesellschaften bleiben bestehen, die Anteile gehen im Wege der Einzelrechtsnachfolge (Einbringung gegen Gewährung von Gesellschaftsrechten) über. Die Errichtung der Holding-SE ist also eine Form des Anteilstausches.

Beim Anteilstausch soll mit dem UmwStG 2006 das Besteuerungsrecht der Bundesrepublik Deutschland durch den grundsätzlichen Ansatz des gemeinen Werts sichergestellt werden. Es besteht jedoch ein Wahlrecht zum Buchwert- oder Zwischenwertansatz, wenn der übernehmenden Gesellschaft nach der Einbringung unmittelbar die Mehrheit der Stimmrechte an der Gesellschaft zusteht, deren Anteile eingebracht werden und das Besteuerungsrecht der Bundesrepublik hinsichtlich der erhaltenen Anteile nicht eingeschränkt wird.

Der Wert, mit dem die übernehmende Gesellschaft die eingebrachten Anteile ansetzt, gilt für den Einbringenden als Veräußerungspreis der eingebrachten Anteile und als Anschaffungskosten der erhaltenen Anteile. Abweichend davon gilt für den Einbringenden der gemeine Wert der eingebrachten Anteile als Veräußerungspreis und als Anschaffungskosten der erhaltenen Anteile, wenn für die eingebrachten Anteile oder für die erhaltenen Anteile nach der Einbringung das Recht der Bundesrepublik Deutschland hinsichtlich der Besteuerung des Gewinns aus der Veräußerung dieser oder jener Anteile ausgeschlossen oder beschränkt ist.

Eine wesentliche Neuerung im UmwStG 2006 liegt darin, dass die bisherige Besteuerung einbringungsgeborener Anteile durch eine nachträgliche Besteuerung des zu Grunde liegenden Einbringungsvorganges abgelöst werden soll, wenn in den Fällen des Anteilstausches die eingebrachten Anteile innerhalb einer Frist von sieben Jahren nach der Einbringung veräußert werden. So soll u.a. die doppelte Besteuerung von stillen Reserven auf der Ebene des Veräußerers und auf der Ebene der veräußernden Kapitalgesellschaft vermieden, jedoch gleichzeitig gesichert werden, dass die im Zeitpunkt der Betriebseinbringung oder des Anteilstausches aufgelaufenen und auf die Anteile an der übernehmenden Gesellschaft übertragenen stillen Reserven bei einer Veräußerung der Anteile innerhalb der Sperrfrist letztlich im Zeitpunkt der Veräußerung der Anteile der vollen Besteuerung unterliegen.

c) Gründung einer SE durch Errichtung einer Tochtergesellschaft

Gesellschaften i.S.d. Art. 48 des EG-Vertrages sowie sonstige nach dem Recht eines Mitgliedstaates gegründete Körperschaften73 können eine SE als Tochter gründen, wenn zwei von ihnen dem Recht von verschiedenen Mitgliedstaaten unterliegen oder seit mindestens zwei Jahren eine Tochtergesellschaft oder Niederlassung in dem anderen Staat der EU als dem ihrer Hauptverwaltung haben74. Die Errichtung einer Tochter-SE ist ebenso wie die Errichtung einer Holding-SE eine Form des Anteiltausches. Daher kann an dieser Stelle auf die dortigen Ausführungen verwiesen werden.

d) Gründung durch Umwandlung einer nationalen Aktiengesellschaft

Eine nationale AG kann durch formwechselnde Umwandlung75 in eine SE umgewandelt werden, wenn sie mindestens seit zwei Jahren eine Tochtergesellschaft in einem anderen Mitgliedstaat hat. Dies ist ein Vorgang, der steuerneutral durchgeführt werden kann.

2. Grenzüberschreitende Sitzverlegung

Bisher war im deutschen Steuerrecht für den Fall, dass eine in Deutschland unbeschränkt steuerpflichtige Körperschaft ihren Sitz ins Ausland verlegt und sich damit der unbeschränkten deutschen Steuerpflicht entzieht, vorgesehen, dass die Sitzverlegung wie eine Liquidation zu behandeln und zu versteuern ist, was zur Aufdeckung aller stillen Reserven führte. Dies bleibt so für den Fall, dass die Sitzverlegung in einen Drittstaat (also Nicht-EU-/EWR-Staat) erfolgt.

Für die Sitzverlegung in einen EU-/EWR-Staat tritt nach der durch das SEStEG geänderte Rechtslage eine Versteuerung nur dann ein, wenn das Besteuerungsrecht der BRD durch die Sitzverlegung ausgeschlossen oder beschränkt wird. Soweit also Vermögen der wegziehenden SE weiterhin in Deutschland steuerverstrickt bleibt (z.B. durch Zurechnung zu einer in Deutschland verbleibenden Betriebsstätte der SE), kommt es nicht zur Besteuerung. Eine solche Zurechnung von Vermögen zu einer Betriebsstätte ist immer dann problematisch, wenn es sich Beteiligungen oder um immaterielle Wirtschaftsgüter (wie Patente, Lizenzen) handelt. Solche Wirtschaftsgüter werden üblicherweise nicht einer Betriebsstätte, sondern dem Stammhaus zugerechnet. Schließlich stellt sich die Problematik der Besteuerung stiller Reserven als besonders gravierend dar, wenn die sitzverlegende SE über einen hohen selbst geschaffenen Firmenwert oder andere, selbstgeschaffene immaterielle Wirtschaftsgüter verfügt. Da diese nicht aktiviert sind, bei Wegzug idR nicht einer etwaigen verbleibenden Betriebsstätte zugerechnet und zu versteuern sind, ist hier mit einer hohen steuerlichen Belastung zu rechnen. Wo sich solche Konstellationen abzeichnen, bedarf einer sehr sorgfältigen und abwägenden anwaltlichen Beratung, welche die gesellschaftlichen und steuerlichen Gestaltungsmöglichkeiten von Sitzverlegungen steueroptimal gewährleistet.

Eine andere Situation besteht für die Anteileigner einer SE, die ihren Sitz aus Deutschland heraus in einen anderen EU-/EWR-Staat verlegt. Aufgrund der europäischen Vorgaben ist eine Besteuerung der stillen Reserven in den Anteilen an einer SE aus Anlass der Sitzverlegung verboten. Für diesen Fall gilt jedoch, dass ein späterer Veräußerungsgewinn dieser Anteile der deutschen Besteuerung zu unterwerfen ist, als hätte es die Sitzverlegung nicht gegeben. Gleiches gilt, wenn später die Anteile verdeckt in eine Kapitalgesellschaft eingelegt werden, wenn die SE aufgelöst oder wenn ihr Kapital herabgesetzt und zurückgezahlt wird oder wenn Beträge aus dem steuerlichen Einlagenkonto (§ 27 KStG) ausgeschüttet oder zurückgezahlt werden.

Mit dieser Regelung sind der deutschen Besteuerung nicht nur die stillen Reserven unterworfen, die zum Zeitpunkt der Sitzverlegung bestehen, sondern auch die, die bis zur tatsächlichen Veräußerung der Anteile ggfls. noch entstehen. Das deutsche Besteuerungsrecht für spätere Veräußerungen besteht unabhängig von etwaigen anderslautenden DBA-Regelungen, was zwangsläufig zu Doppelbesteuerungssachverhalten führen wird.

3. Laufende Besteuerung

Im Rahmen der laufenden Besteuerung gibt es keine Sonderrechte der SE. Sie hat die jeweils geltenden nationalen Regelungen einschließlich der Doppelbesteuerungsabkommen und der Mutter-Tochter-Richtlinie zu beachten.

Literaturverzeichnis

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1 Verordnung (EG) Nr. 2157/2001 des Rates v. 8.10.2001 über das Statut der Europäischen Gesellschaft (SE), ABlEG Nr. L 249 v. 10.11.2001, S. 1 ff.

2 Zur Entstehungsgeschichte der SE-VO vgl. die Ausführungen in der ersten Auflage.

3 Art. 1 des Gesetzes zur Einführung der Europäischen Gesellschaft (SEEG) v. 22.12.2004, BGBl. I 2004, S. 3675 ff.

4 Richtlinie 2001/86/EG des Rates v. 8.10.2001 zur Ergänzung des Statuts der Europäischen Gesellschaft hinsichtlich der Beteiligung der Arbeitnehmer, ABlEG Nr. L 249 v. 10.11.2001, S. 22 ff.

5 Art. 2 des Gesetzes zur Einführung der Europäischen Gesellschaft (SEEG) v. 22.12.2004, BGBl. I 2004, S. 3675 ff.

6 ABlEG Nr. L 310 v. 25.11.2005, S. 1 ff.

7 BGBl. I 2007, S. 542 ff.

8 EuGH Urt. v. 13.12.2005 – Rs. 411/01, RIW 2006, 140 = ABl. C 36 v. 11.2.2006, S. 5 ff.

9 In einer Entschließung vom 25. Oktober 2007 (veröffentlicht unter http://www.europarl.europa.eu/sides/getDoc.do?Type=TA&Reference=P6-TA-2007-0491&language=DE) bedauert das Europäische Parlament, dass die EU-Kommission es nunmehr mit erheblichem Verzug davon in Kenntnis gesetzt habe, dass sie beabsichtige, keinen Legislativvorschlag für eine Vierzehnte gesellschaftsrechtliche Richtlinie auszuarbeiten.

10 Die Folgenabschätzung wurde veröffentlich in englischer Sprache unter: http://ec.europa.eu/internalmarket/company/docs/shareholders/iatransfer122007part1 en.pdf sowie http:// ec.europa.eu/internalmarket/company/docs/shareholders/iatransfer122007 part1en.pdf.

11 Richtlinie 90/435/EWG, ABl. EG Nr. L 225 1990, S. 6, ber. ABl. EG Nr. L 266 1990, S. 20; zuletzt geändert durch RL 2003/123/EG, ABl. Nr. L 7 2004, S. 41.

12 Richtlinie des Rates 2003/49/EG vom 2. Juni 2003 über eine gemeinsame Steuerregelung für Zahlungen von Zinsen und Lizenzgebühren zwischen verbundenen Unternehmen verschiedener Mitgliedstaaten (Zinsen-Lizenzen-Richtlinie), Abl. L 157, 26. Juni 2003,
S. 49 f.

13 Richtlinie 90/434/EWG des Rates v. 23.7.1990 über das gemeinsame Steuersystem für Fusionen, Spaltungen, die Einbringung von Unternehmensteilen und den Austausch von Anteilen, die Gesellschaften verschiedener Mitgliedstaaten betreffen, ABlEG Nr. L 225
v. 20.8.1990, S. 1 ff.

14 Richtlinie 2005/19/EG des Rates v. 17.2. 2005 zur Änderung der Richtlinie 90/434/EWG über das gemeinsame Steuersystem für Fusionen, Spaltungen, die Einbringung von Unternehmensteilen und den Austausch von Anteilen, die Gesellschaften verschiedener Mitgliedstaaten betreffen, AblEG Nr. L 58 v. 4.3.2005, S. 19 ff.

15 BGBl. I 2006, S. 2782 ff.

16 Westermann, in: Scholz, GmbHG, Einl. Rn. 83 m.w.N.

17 EuGH, Urt. v. 9.3.1999 – Rs. C-212/97 (Centros Ltd. ./. Erhvervsog Selskabsstyrelsen),
BB 1999, 809 ff.

18 EuGH, Urt. v. 5.11.2002 – Rs. C-208/00 (Überseering BV ./. NCC), BB 2002, 2425 f.

19 EuGH, Urt. v. 30.9.2003 – Rs. C-167/01 (Kamer van Koophandel en Fabrieken voor Amsterdam./.Inspire Art Ltd.), RIW 2003, 957ff. = NJW 2003, 3331 ff.

20 Zur Entwicklung der Rechtsprechung des EuGH und der deutschen Gerichte vgl. die Ausführungen in der ersten Auflage, Kapitel V. Sitz- und Gründungstheorie.

21 EuGH Urteil vom 16.12.2008, Rs. C-210/06 „Cartesio“, NJW 2009, 569.

22 So z.B. BGH, Urt. v. 13.3.2003 – VII ZR 370/98, BB 2003, 915ff. = NJW 2003, 1461 f.; BayObLG, Urt. v. 19.12.2002 – 2 Z BR 7/02; OLG Zweibrücken, Beschl. v. 26.3.2003 –
3 W 21/03, BB 2003, 864 ff.

23 Rs. C-411/03 („SEVIC Systems AG“), RIW 2006, 140 = ABlEG Nr. C 36 v. 11.2.2006,
S. 5 ff.

24 Gesetz zur Einführung der Europäischen Gesellschaft (SEEG) v. 22.12.2004, BGBl. I 2004, S. 3675 ff.

25 Die Art. 3 bis 8 enthalten Folgeänderungen, die sich aus dem Erlass der beiden Gesetze in den Art. 1 und 2 ergeben.

26 Vgl. die ausführliche Erörterung der einzelnen Gründungsverfahren durch Vossius, in: Widmann/Mayer, Stand: 65. Erg.-Lfg./Juni 2002, § 20 UmwG Rn. 396 ff.

27 Insbesondere die Holzmüller-Entscheidung des BGH v. 25.2.1982 – II ZR 174/80 (BB 1982, 827 ff.), wonach es ungeschriebene Zustimmungskompetenzen der Hauptversammlung gibt, wenn eine Strukturmaßnahme so tief in die Mitgliedschaftsrechte der Aktionäre und in deren im Anteilseigentum verkörpertes Vermögensinteresse eingreifen, dass der Vorstand vernünftiger Weise nicht annehmen kann, er dürfe sie in ausschließlich eigener Verantwortung treffen (konkret: die Einbringung des wertvollsten Betriebsteils in eine 100%ige Tochtergesellschaft im Wege der Sacheinlage); sowie das Gelatine-Urteil des BGH v. 26.4.2004 – II ZR 155/02 (BB 2004, 1182 ff.), wonach ein Zustimmungsvorbehalt der Hauptversammlung besteht, wenn eine von dem Vorstand in Aussicht genommene Umstrukturierung der Gesellschaft an die Kernkompetenz der Hauptversammlung, über die Verfassung der AG zu bestimmen, rührt, weil sie Veränderungen nach sich zieht, die denjenigen zumindest nahe kommen, welche allein durch eine Satzungsänderung herbeigeführt werden können (konkret: Ausgliederungen und Umstrukturierung einer Tochter- in eine Enkelgesellschaft).

28 Art. 15 des Gesetzes zur Errichtung eines Sondervermögens „Aufbauhilfe 2021″ und zur vorübergehenden Aussetzung der Insolvenzantragspflicht wegen Starkregenfällen und Hochwassern im Juli 2021 sowie zur Änderung weiterer Gesetze (Aufbauhilfegesetz 2021 – AufbauhilfeG 2021) vom 10.9.2021, BGBl. I S. 4147.

29 Gesetz über Maßnahmen im Gesellschafts-, Genossenschafts-, Vereins-, Stiftungs- und Wohnungseigentumsrecht zur Bekämpfung der Auswirkungen der COVID-19-Pandemie (COVMG) vom 27. März 2020, BGBl. I S. BGBL Jahr 2020 I Seite 569, 570; zuletzt geändert durch Art. 15 AufbauhilfeG 2021 vom 10.9.2021, BGBl. I S. 4147.

30 Schwarz, SE-VO, 2006, Art. 47 Rn. 7 m.w.N.

31 Der Entwurf sah noch die analoge Geltung von § 86 AktG „Gewinnbeteiligung der Vorstandsmitglieder“ vor, die verabschiedete Gesetzesfassung nicht mehr.

32 Seibt/Saame, AnwBl 2005, 229.

33 Erwägungsgrund (14) der SE-VO: „Es ist erforderlich, der SE alle Möglichkeiten einer leistungsfähigen Geschäftsführung an die Hand zu geben und gleichzeitig deren wirksame Überwachung sicherzustellen. (…) Die Wahl des Systems bleibt der SE überlassen, jedoch ist eine klare Abgrenzung der Verantwortungsbereiche jener Personen, die mit der Aufsicht betraut sind, wünschenswert.“

34 Vgl. hierzu die Ausführungen unten S. 27 ff. zur Arbeitnehmerbeteiligung.

35 Diese Formulierung betrifft die Gründungsvariante durch Verschmelzung gem. Art. 17 ff. SE-VO. Wird die SE durch eine der anderen Gründungsvarianten errichtet, ist eine entsprechende Anpassung an die Art der Grundkapitalaufbringung vorzunehmen.

36 Bei einer mitbestimmten SE muss der Vorstand aus mindestens zwei Mitgliedern bestehen, von denen einer für den Bereich Arbeit und Soziales zuständig ist, § 38 Abs. 2 SEBG; andernfalls kann die Satzung gem. § 16 Abs. 1 SEAG vorsehen, dass der Vorstand aus weniger oder mehr als zwei Personen besteht.

37 Die Mindestanzahl der Mitglieder des AR beträgt drei, § 17 Abs. 1 S. 1 SEAG. Die maximale Anzahl ergibt sich aus § 17 Abs. S. 4 SEAG in Abhängigkeit von der Höhe des Grundkapitals. In einer mitbestimmten SE ist die Beteiligung der Arbeitnehmer im AR zu beachten, deren Voraussetzungen und Umfang sich aus §§ 34 und 35 SEBG ergeben.

38 Gem. Art. 61 SE-VO unterliegt die SE hinsichtlich des Jahresabschlusses einschließlich des Lageberichts und der Prüfung/Offenlegung dieser Abschlüsse dem nationalen Recht des Sitzstaates. Das SEAG sieht für die dualistisch strukturierte SE keine Sondervorschriften vor, so dass das deutsche Aktienrecht zur Anwendung kommt, an welches dieser Vorschlag anlehnt.

39 Die in Art. 14 vorgesehene Veröffentlichung im Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften wird gem. § 4 SEAG durch das zuständige Handelsregister veranlasst.

40 Die Mindestanzahl der Mitglieder des Verwaltungsrates beträgt bei einem Grundkapital von mehr als 3 Mio. EUR drei, ansonsten kann die Satzung bestimmen, dass der Verwaltungsrat aus mehr oder weniger Mitgliedern bestehen soll, § 23 Abs. 1 S. 2 SEAG. Die maximale Anzahl ergibt sich aus § 23 Abs. 1 S. 3 SEAG in Abhängigkeit von der Höhe des Grundkapitals. In einer mitbestimmten SE ist die Beteiligung der Arbeitnehmer im Verwaltungsrat zu beachten, deren Voraussetzungen und Umfang sich aus §§ 34 und 35 SEBG ergeben.

41 Bei einer mitbestimmten SE müssen mindestens zwei geschäftsführende Direktoren bestellt werden, von denen einer für den Bereich Arbeit und Soziales zuständig ist, § 38 Abs. 2 SEBG; andernfalls kann die Satzung gem. § 40 Abs. 1 S. 1 SEAG vorsehen, dass ein oder mehr als zwei geschäftsführende Direktoren bestellt warden.

42 §§ 47 f. SEAG enthalten Sondervorschriften für die Prüfung und Feststellung des Jahresabschlusses einer monistisch strukturierten SE, die im Wesentlichen an das deutsche AktG angelehnt sind.

43 Vertiefend: Mückl/Götte, Wie gelingt der Auftakt zur Arbeitnehmerbeteiligung bei SE-Gründung? – Richtige Aufforderung und Information in der Praxis, BB 2017, 1845.

44 Richtlinie 2001/86/EG des Rates v. 8.10.2001 zur Ergänzung des Statuts der Europäischen Gesellschaft hinsichtlich der Beteiligung der Arbeitnehmer, ABlEG Nr. L 249 v. 10.11.2001, S. 22 ff.

45 Erwägungsgrund (8) der Richtlinie 2001/86/EG.

46 Fuchs, in: Manz/Mayer/Schröder, 2005, Art. 12 Rn. 32.

47 Walden/Meyer-Landrut, DB 2005, 2619, 2623.

48 Erwägungsgrund (7) der Richtlinie 2001/86/EG.

49 Art. 2 des Gesetzes zur Einführung der Europäischen Gesellschaft (SEEG) v. 22.12. 2004, BGBl. I 2004, S. 3686 ff.

50 Ausnahme bei Gründung durch Umwandlung: Hier ist eine Minderung der bereits bestehenden Beteiligungsrechte nicht möglich, § 15 Abs. 5 SEBG.

51 D.h., sie bleiben daneben bestehen, z.B. der nationale Betriebsrat nach BetrVG oder die Mitbestimmung im Aufsichtsrat nach dem DrittelbeteiligungsG

52 Gesetz v. 28.10.1996, BGBl. I 1996, S. 1548 ff, ber. S. 2022, geändert durch Gesetz
v. 22.12.1999, BGBl. I 1999, S. 2809 ff.

53 Die Zusammensetzung des bVG ist in §§ 5 bis 7 SEBG geregelt, der Wahlmodus in §§ 8 bis 10 SEBG.

54 Zum Inhalt der gesetzlichen Auffangregelungen des SEBG siehe nachfolgenden Abschnitt 3.

55 LAG Berlin-Brandenburg, vom 10.2.2017, 6 TaBV 1585/16 (Volltext dieser Entscheidung bei Juris). Auszüge der Entscheidung abgedruckt in AG 2017, S. 757. S.a. Pressemitteilung Nr. 6/17 vom 13.3.2017, http://www.berlin.de/gerichte/arbeitsgericht/presse/ pressemitteilungen/2017/pressemitteilung.570622.php.

56 z.B. Horn, DB 2005, 147, 150 ff., Wisskirchen/Prinz, DB 2004, 2638, 2641 f., Früchtl, NotBZ 2005, 70, 73 f.

57 BVerfG, Urt. v. 1.3.1979 – 1 BvL 21/78, BVerfGE 50, 290 ff.

58 z.B.: Früchtl, NotBZ 2005, 70 76 ff; Wollburg / Banerjea, ZIP 2005, 277 ff;
Blanke, ZIP 2006, 789 ff.

59 Beschl. v. 28.06.2005 – 66 AR 76/05, ZIP 2005, 2017 f.

60 Beschl. v. 30.09.2005 – 417 T 15/05, ZIP 2005, 2018 f., siehe auch den Kommentar zu diesem Beschluss von Reinhard, RIW 2006, 68 ff. und die Besprechung von Seibt,
ZIP 2005, 2248 ff.

61 Verfügg. v. 16.01.2006 – HRB 52618, ZIP 2006, 287.

62 Register-Nr. HRB 96289 B.

63 z.B. Blanke, ZIP 2006, 789 ff.

64 so argumentieren z.B. Wollburg / Banerjea, ZIP 2005, 277, 279.

65 Richtlinie 2005/19/EG des Rates v. 17.2.2005 zur Änderung der Richtlinie 90/434/EWG über das gemeinsame Steuersystem für Fusionen, Spaltungen, die Einbringung von Unternehmensteilen und den Austausch von Anteilen, die Gesellschaften verschiedener Mitgliedstaaten betreffen, ABlEG Nr. L 58, S. 19 ff.

66 Richtlinie 90/434/EWG des Rates v. 23.7.1990 über das gemeinsame Steuersystem für Fusionen, Spaltungen, die Einbringung von Unternehmensteilen und den Austausch von Anteilen, die Gesellschaften verschiedener Mitgliedstaaten betreffen, ABlEG Nr. L 225
v. 20.8.1990, S. 1 ff.

67 Verordnung (EG) Nr. 1435/2003 des Rates v. 22.7.2003 über das Statut der Europäischen Genossenschaft (SCE), ABlEG EG Nr. L 207, S. 1 ff.

68 Gesetz über steuerliche Begleitmaßnahmen zur Einführung der Europäischen Gesellschaft und zur Änderung weiterer steuerrechtlicher Vorschriften (SEStEG),
BGBl. I 2006, S. 2782 ff.

69 Richtlinie 2005/56/EG des Europäischen Parlaments und des Rates v. 15.12.2005 über die Verschmelzung von Kapitalgesellschaften aus verschiedenen Mitgliedstaaten,
ABlEG Nr. L 310, S. 1 ff.

70 Richtlinie 78/885/EWG v. 9.10.1978, ABlEG Nr. L 295 v. 20.10.1978, S. 46 ff.

71 Musterabkommen zur Vermeidung von Doppelbesteuerung der Organization for Economic Cooperation and Development (Organisation für Wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung).

72 Damit auch Personengesellschaften: vgl. Hirte, NZG 2002, 3.

73 Art. 2 Abs. 3 SE-VO.

74 Art. 36 Abs. 2 SE-VO.

75 Schulz/Geismar, DStR 2001, 1085.

Die Gründung einer Europäischen Aktiengesellschaft (SE)

Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Grundzüge der gesellschaftsrechtlichen Gründungsvorschriften

3. Verschmelzung von Aktiengesellschaften

3.1 Herausverschmelzung

3.1.1 Nationales Recht

3.1.2 Fusionsrichtlinie

3.2 Hereinverschmelzung

3.2.1 Nationales Recht

3.2.2 Fusionsrichtlinie

3.3 Ausländische Verschmelzung mit Inlandsbezug

3.3.1 Nationales Recht

3.3.2 Fusionsrichtlinie

4. Gründung einer Holding-SE

5. Gründung einer Tochter-SE durch Personen- oder Kapitalgesellschaften

6. Formwechsel von Aktiengesellschaften

7. Ausblick

8. Literaturverzeichnis

 

 

1. Einleitung

Auf dem EU-Gipfel in Nizza wurde am 08.10.2001 die Verordnung über das Statut der Europäischen Aktiengesellschaft (SE-VO) verabschiedet1. Am 08.10.2004 wird diese Verordnung in Kraft treten und ist dann in jedem Mitgliedstaat unmittelbar anwendbar. Mit diesem Tag ist die Gründung Europäischer Aktiengesellschaften möglich.

Die neue Gesellschaftsform soll grenzüberschreitende Kooperationen und Umstrukturierungen erleichtern. Ziel ist es, international tätige Unternehmen in ihrer internationalen Wettbewerbsfähigkeit zu stärken2 und komplizierte Umweggestaltungen, die bisher beispielsweise für europäische Unternehmenszusammenschlüsse notwendig waren, zu vermeiden3.

Während in den Verordnungsentwürfen für eine Europäische Aktiengesellschaft – der erste Entwurf wurde am 10.10.1970 vorgelegt – neben zivilrechtlichen Aspekten auch steuerrechtliche Fragen geregelt wurden, sind in der nun wirksamen Verordnung keine expliziten Steuernormen enthalten4. Diese Fragen sind nationalen und anderen europäischen Normen, z.B. der Fusionsrichtlinie aus dem Jahr 19905, überlassen. Die laufende Besteuerung, die Besteuerung der Sitzverlegung und die steuerlichen Folgen der Gründung sind in der Praxis jedoch mit ausschlaggebend für die Wahl der Gesellschaftsform. Bei der Gründung stellt sich insbesondere die Frage, ob stille Reserven aufgedeckt und besteuert oder auf die neue Gesellschaft übertragen werden.

In dieser Arbeit soll untersucht werden, welche steuerlichen Folgen die Gründung einer Europäischen Aktiengesellschaft für deutsche Unternehmer hat, die die Vorteile dieser Gesellschaftsform nutzen wollen6, und wo Handlungsbedarf für den Gesetzgeber besteht, damit der Erfolg dieser Gesellschaftsform nicht durch steuerliche Hindernisse blockiert wird.

 

2. Grundzüge der gesellschaftsrechtlichen Gründungsvorschriften

Da das Ziel der Schaffung der Europäischen Aktiengesellschaft (Societas Europaea, nachfolgend SE) die Förderung grenzüberschreitender Kooperationen und Umstrukturierungen ist7, können nur bestehende Gesellschaften eine SE gründen. Eine Gründung durch natürliche Personen sieht die SE-VO nicht vor8. Auch sind Bargründungen nur eingeschränkt zulässig9. Ein wesentliches Merkmal aller Gründungsformen ist, dass die SE nur von Gesellschaften gegründet werden kann, die einen Bezug zu mehreren EU- Mitgliedstaaten haben (sog. Prinzip der Mehrstaatlichkeit)10.

Folgende Gründungsformen stehen zur Verfügung:

Gründung einer SE durch Verschmelzung

Art. 2 Abs. 1, 17 SE-VO regeln die grenzüberschreitende Verschmelzung bestehender Aktiengesellschaften mit Sitz und Hauptverwaltung in der Gemeinschaft. Mindestens zwei der beteiligten Gesellschaften müssen dabei dem Recht verschiedener Mitgliedstaaten unterstehen11. Anhang I zur SE-VO ist zu entnehmen, welche Gesellschaftsformen in den einzelnen Mitgliedstaaten Aktiengesellschaften in diesem Sinne sind.

In Anlehnung an die dritte gesellschaftsrechtliche Richtlinie (Verschmelzungsrichtlinie)12

kann die Verschmelzung zur Aufnahme oder zur Neugründung erfolgen. Die Verschmelzung zur Aufnahme sieht vor, dass das gesamte Aktiv- und Passiv-Vermögen der übertragenden Aktiengesellschaft auf eine bereits bestehende Aktiengesellschaft ohne Liquidation übergeht. Gleichzeitig nimmt die aufnehmende nationale Aktiengesellschaft die Form einer SE an, Art. 17 Abs. 2 Buchst, a) SE-VO. Die aufnehmende Gesellschaft ist damit Gesamtrechtsnachfolgerin der übertragenden nationalen Gesellschaft13. Die Aktionäre der übertragenden Gesellschaft werden Aktionäre der aufnehmenden SE, Art. 29 Abs. 1 b) SE-VO.

Im Falle der Verschmelzung zur Neugründung entsteht die SE neu aus dem Vermögen der übertragenden Aktiengesellschaften, Art. 17 Abs. 2 Buchst. b) SE-VO. Auch hier ist die neu entstehende SE Gesamtrechtsnachfolgerin der übertragenden Rechtsträger 14 und die Gesellschafter der übertragenden Gesellschaften werden Gesellschafter der neu entstandenen SE.

Gründung einer Holding-SE

Aktiengesellschaften oder hier auch Gesellschaften mit beschränkter Haftung mit Sitz und Hauptverwaltung in der Gemeinschaft können gemeinsam eine Holding-SE gründen, Art. 2 Abs. 2, 32 SE-VO. Die SE-VO definiert in Anhang II, welche Gesellschaften mit beschränkter Haftung hiervon erfasst sind. Von den gründenden Kapitalgesellschaften müssen mindestens zwei dem Recht unterschiedlicher Mitgliedstaaten unterliegen oder seit mindestens zwei Jahren eine Tochtergesellschaft oder Zweigniederlassung in einem anderen Mitgliedstaat haben.

Die Gründung erfolgt, indem die Gesellschafter der Gründungsgesellschaften ihre Anteile an eben diesen Gesellschaften in eine Holding-SE einbringen. Hierfür erhalten sie Anteile an der neuen Holding-SE, Art. 33 Abs. 4 SE-VO15. Die eingebrachten Gesellschaften bestehen fort, Art 32 Abs. 1 S. 2 SE-VO. Bei diesen findet lediglich ein Gesellschafterwechsel statt.

Gründung einer Tochter-SE

Neben Kapitalgesellschaften können auch Personengesellschaften mit Sitz und Hauptverwaltung in der Gemeinschaft eine Tochter-SE gründen, Art. 2 Abs. 3 SE-VO, Art. 35

SE-VO16. Auch hier ist Voraussetzung, dass mindestens zwei Gründungsgesellschafter dem Recht verschiedener Mitgliedstaaten unterliegen oder seit mindestens zwei Jahren eine Tochtergesellschaft oder Zweigniederlassung im EU-Ausland haben. Die SE-VO enthält keine weiteren Vorgaben für das Gründungsverfahren. Die Gründung der Tochter-SE erfolgt daher nach nationalem Recht, Art, 36 SE-VO. Hierbei werden Teile des Vermögens der Gründungsgesellschaften gegen Gewährung von Anteilen an der Tochter-SE eingebracht17. Eine Bargründung ist möglich18.

Umwandlung einer bestehenden Aktiengesellschaft in eine SE

Diese Gründungsform steht Aktiengesellschaften mit Sitz und Hauptverwaltung in der Gemeinschaft offen, die seit mindestens zwei Jahren eine dem Recht eines anderen Mitgliedstaates unterliegende Tochtergesellschaft haben, Art. 2 Abs. 4, 37 SE-VO. Die nationale Aktiengesellschaft wird dabei in eine SE formgewechselt19. Die SE-VO gibt den Mitgliedstaaten, zudem die Ermächtigung, doppelt ansässige Gesellschaften, die ihren Verwaltungssitz nicht im Gemeinschaftsgebiet haben, für den Formwechsel in eine SE zuzulassen20, Art. 2 Abs. 5 SE-VO. Der Sitz der Gesellschaft darf im Rahmen des Formwechsels nicht verlegt werden, Art. 37 Satz 3 SE-VO. Art. 66 SE-VO lässt darüber hinaus eine (Rück)Umwandlung der SE in eine Aktiengesellschaft nach dem Recht ihres Sitzstaates zu.

Gründung einer Tochter-SE durch eine SE

Art. 3 Abs. 2 der SE-VO gestattet es einer bestehenden SE, eine oder auch mehrere Tochter-SE zu gründen. Dabei kann durch die Mutter-SE entgegen nationalem Recht auch eine “Ein-Personen-SE” gegründet werden, Art. 3 Abs. 2 S. 2 SE-VO.

Diese fünf Alternativen bilden den numerus clausus der Gründungsformen einer SE. Weitere Formen, wie z. B. durch Anwachsung, sind nicht zulässig. Dies gilt auch, wenn

nach nationalem Recht zur Gründung einer nationalen Aktiengesellschaft andere Gründungsformen vorgesehen sind.21

 

3. Verschmelzung von Aktiengesellschaften

Eine grenzüberschreitende Verschmelzung von Aktiengesellschaften kann als Heraus- oder Hereinverschmelzung erfolgen22. Ferner kann sich aus einer ausländischen Verschmelzung ein Bezug zum Inland ergeben23. Die gesellschaftsrechtliche Unterscheidung zwischen einer Verschmelzung zur Neugründung und zur Aufnahme ist steuerlich hingegen nur im Einzelfall erheblich24.

Eine Herausverschmelzung liegt vor, wenn die übertragende Aktiengesellschaft im Inland und die übernehmende SE im Ausland ansässig ist. Dabei kann das Vermögen der übertragenden Gesellschaft im In- und Ausland belegen und deren Gesellschafter im Inland steuerpflichtig sein25.

Bei dem umgekehrten Fall der Hereinverschmelzung wird, eine im Ausland ansässige Aktiengesellschaft auf eine inländische SE verschmolzen. Auch hier kann das übertragene Vermögen im In- oder Ausland belegen und die Gesellschafter der ausländischen Aktiengesellschaft im Inland unbeschränkt oder beschränkt steuerpflichtig sein26.

Sind die übertragenden Gesellschaften und die aufnehmende SE im Ausland ansässig und ergibt sich ein Inlandsbezug daraus, dass Vermögen im Inland belegen ist bzw. Gesellschafter im Inland ansässig sind, liegt eine sog. ausländische Verschmelzung mit Inlandsbezug vor27.

All diese Verschmelzungsformen – wie die anderen Gründungsformen auch – haben steuerliche Folgen für die übertragenden Gesellschaften und für deren Gesellschafter. Auf die steuerlichen Konsequenzen für die aufnehmende SE28 wird ebenfalls einzugehen sein.

Da die SE-VO selbst keine steuerlichen Regelungen enthält, ergeben sich diese Folgen zunächst aus dem nationalen deutschen Recht. Hierbei sind die Regelungen des Umwandlungssteuergesetzes (UmwStG) zu prüfen.

Das deutsche Umwandlungssteuergesetz regelt lediglich rein deutsche Umwandlungen. Dies ergibt sich aus der Verknüpfung des Umwandlungssteuergesetzes mit dem handelsrechtlichen Umwandlungsgesetz (UmwG), aber auch aus dem Umwandlungssteuergesetz selbst.

Nur Umwandlungen nach dem handelsrechtlichen UmwG sind gem. § 1 Abs. 1 UmwStG Umwandlungen im Sinne des 2.- 7. Teils des UmwStG. Die Anwendung der Bestimmungen des Umwandlungssteuerrechts auf grenzüberschreitende Verschmelzungen eröffnet sich somit nur über das handelsrechtliche Umwandlungsrecht.

Nach § 1 UmwG können Rechtsträger mit Sitz im Inland umgewandelt werden. Die h.M. geht davon aus, dass das UmwG somit keine grenzüberschreitenden Umwandlungen und Verschmelzungen regelt29. Unterstützt wird diese Ansicht durch die Begründung des UmwG aus dem Jahr 1994, wonach dessen Anwendung ausdrücklich auf Gesellschaften mit Sitz im Inland beschränkt ist und die Regelung grenzüberschreitender Vorgänge zur Vermeidung politischer und rechtstechnischer Probleme zurückgestellt werden soll30.

Nach Art. 9 Abs. 1 Buchst. e Doppelbuchst. ii SE-VO unterliegt die SE den Vorschriften, die für nationale Aktiengesellschaften im Sitzstaat gelten. In Deutschland fallen Aktiengesellschaften selbstverständlich unter die Bestimmungen des UmwG. Daraus ergibt sich die grundsätzliche Anwendbarkeit des UmwG auf die SE. Auch die SE kann an Umwandlungen nach dem UmwG beteiligt sein31. Dies bestätigen auch Art. 3 Abs. 1 und Art. 10 SE-VO, wonach die SE speziell für den Gründungsvorgang als Aktiengesellschaft nach dem Recht des Sitzstaates gilt32. Das UmwG ist insoweit bei reinen Inlandsumwandlungen auch auf die SE anzuwenden. Grenzüberschreitende Umwandlungen sind jedoch auch bei einer SE nicht von den Regelungen des UmwG erfasst. An diesem Ergebnis ändert auch die Ziff. (3) der Präambel der SE-VO nichts, wonach rechtliche, steuerliche und psychologische Schwierigkeiten mit grenzüberschreitenden Umstrukturierungs- und Kooperationsmaßnahmen ein Grund für die Schaffung der Rechtsform der SE sind.

Auch die Anwendung der sog. Gründungstheorie anstatt der sog. Sitztheorie33 durch die deutschen Gerichte nach der “Überseering“-Entscheidung des EuGH vom 05.11.200234 erweitert die Anwendbarkeit des UmwG nicht generell auf grenzüberschreitende Fälle. Nur für den Fall eines nach deutschem Recht gegründeten Rechtsträgers mit Verwaltungssitz in einem anderen EU-Staat kann sich nach der Gründungstheorie die Anwendung des UmwG gegenüber der Sitztheorie zusätzlich öffnen35. Danach könnte z.B. eine nach deutschem Recht gegründete Aktiengesellschaft mit Verwaltungssitz in einem anderen EU-Staat auf eine in Deutschland ansässige SE nach dem UmwG verschmolzen werden. Versteht man jedoch den Ort der tatsächlichen Verwaltung als Sitz i.S.v. § 1 UmwG36 ist die Frage nach Sitz- oder Gründungstheorie hier unbeachtlich und das UmwG auf die Aktiengesellschaft im genannten Beispiel nicht anwendbar.

So sehr es auch wünschenswert scheint, die Anwendung des UmwG und damit des UmwStG auf grenzüberschreitende Fälle zu erweitern, bleibt doch festzuhalten, dass dem weiterhin der Gesetzes Wortlaut des UmwG entgegensteht37.

Aber auch das UmwStG enthält eine Regelung, die dessen Anwendung auf grenzüberschreitende Umwandlungen ausschließt. § 1 Abs. 5 UmwStG beschränkt den Anwendungsbereich des 2. bis 7. Teils – hier ist die reine inländische Verschmelzung steuerlich geregelt – auf unbeschränkt steuerpflichtige Körperschaften38. Sowohl der übertragende als auch der aufnehmende Rechtsträger müssen danach unbeschränkt körperschaftsteuerpflichtig sein39.

Da bei Herausverschmelzungen der übernehmende Rechtsträger und bei Hereinverschmelzungen der übertragende Rechtsträger im Ausland ansässig ist, scheitert die Anwendung des UmwStG40. In beiden Fällen hat einer der beteiligten Rechtsträger keinen Inlandssitz und ist daher nicht unbeschränkt steuerpflichtig.

Für die Gründung einer SE durch Verschmelzung sind die Regelungen der §§ 2 ff. UmwStG somit nicht anwendbar. Dies gilt für die Heraus- und die Hereinverschmelzung ebenso wie für eine ausländische Verschmelzung mit Bezug zum Inland. Nachfolgend soll für diese Fälle daher die Anwendbarkeit der allgemeinen deutschen Bestimmungen sowie der Fusionsrichtlinie aus dem Jahr 1990 (nachfolgend FRL) untersucht werden.

 

3.1 Herausverschmelzung

3.1.1 Nationales Recht

Im Rahmen der Herausverschmelzung überträgt die im Inland unbeschränkt steuerpflichtige Aktiengesellschaft (AG) ihr Vermögen auf die im Ausland ansässige SE. Die AG geht unter. Gesamtrechtsnachfolgerin ist die SE. Die Gesellschafter des übertragenden Rechtsträgers werden Aktionäre der SE.

Dieser Vorgang kann zu einer Besteuerung der stillen Reserven, die in den übertragenden Wirtschaftsgütern bei der übertragenden Gesellschaft und/oder in den Anteilen der Gesellschafter stecken, führen41.

Übertragende Gesellschaft

Die Übertragung des gesamten Vermögens auf die SE führt nicht zu einem laufenden Gewinn i.S.v. § 8 Abs. 1 KStG i.V.m. §§ 4 ff. EStG42, da die Verschmelzung eine Übertragung des gesamten Betriebes im Wege der Gesamtrechtsnachfolge darstellt. Es erfolgt keine Einzelübertragung von Wirtschaftsgütern, die zu einer Realisation der stillen Reserven führen würde43. Auch erhält nicht die übertragende Gesellschaft, sondern deren Aktionäre die Gegenleistung in Form von Aktien an der neuen SE. Eine Realisation bei der übertragenden Gesellschaft durch Tausch liegt somit ebenfalls nicht vor.44

Nach Art. 29 Abs. 1 und 2 SE-VO bewirkt die Verschmelzung, dass die übertragenden Gesellschaften erlöschen. Die Auflösung einer Kapitalgesellschaft ist Voraussetzung für eine Abschlussbesteuerung gem. § 11 KStG. Diese Regelung setzt weiter die Abwicklung der Gesellschaft voraus. Eine Auflösung ohne Abwicklung führt nicht zu einer Abschlussbesteuerung45. Gemäß Art. 17 Abs. 2 SE-VO i.V.m. Art. 3 Abs. 1 und Art. 3 Abs. 1 der Verschmelzungsrichtlinie46 erfolgt die Verschmelzung jedoch durch Auflösung ohne Abwicklung. Die Gründung einer SE durch grenzüberschreitende Verschmelzung führt somit nicht zu einer Liquidationsbesteuerung gem. § 11 KStG47.

Auch über § 12 KStG kommt es nicht zu einer Liquidationsbesteuerung entsprechend § 11 KStG. § 12 Abs. 1 KStG knüpft an die Verlegung der Geschäftsleitung oder des Sitzes einer Körperschaft an. Diese Vorschrift soll damit verhindern, dass stille Reserven durch Abwanderung der Gesellschaft ins Ausland der Besteuerung in Deutschland entzogen werden.48 Die Verschmelzung gem. Art. 2 Abs. 1 SE-VO stellt jedoch keine Sitzverlegung einer fortbestehenden Gesellschaft dar, da die Gesellschaft durch Verschmelzung untergeht, Art. 29 Abs. 1 und Abs. 2 SE-VO.

Schulz/Petersen vertreten dagegen die Ansicht, dass auch im Falle der Verschmelzung eine Sitzverlegung i.S.v. § 12 Abs. 1 KStG gegeben sei, da diese Vorschrift nicht verlangt, dass die übertragende Gesellschaft nach der Sitzverlegung weiterbestünde49. Entscheidend für den Besteuerungstatbestand sei vielmehr, dass ein Wechsel von der unbeschränkten zur beschränkten Steuerpflicht erfolge50.

Mit dieser Lesart des § 12 Abs. 1 KStG wird die Vorschrift schnell zu einem generellen Entstrickungstatbestand. Für Einzelwirtschaftsgüter hat der BFH jedoch mehrfach festgestellt, dass es einen solchen Grundsatz nicht gibt51. Zudem ist grundsätzlich fraglich, ob eine solche Auslegung des § 12 Abs. 1 KStG nicht eine analoge Anwendung des § 12 Abs. 1 KStG darstellt. Eine steuerbegründende Analogie ist jedoch unzulässig.52 Die Ansicht von Schulz/Petersen ist somit abzulehnen.

Auch Förster/Lange gehen davon aus, dass die Herausverschmelzung einer deutschen AG auf eine im Ausland ansässige SE zu einer Aufdeckung und damit Besteuerung aller stillen Reserven des übergehenden Vermögens bei der übertragenden Gesellschaft führt53 . Ihrer Ansicht nach liegt eine Sachauskehrung des Vermögens der übertragenden Gesellschaft an ihre Gesellschafter vor. Diese legen anschließend das zuvor an sie ausgekehrte Vermögen in die neue SE ein. Die Sachauskehrung besteht dabei darin, dass die Gesellschafter das Gesellschaftsvermögen verwenden, um Aktien an der SE zu erlangen54.

Diese Aufteilung des einheitlichen Verschmelzungsvorgangs entspricht nicht den zivilrechtlichen Vorgaben der SE-VO. Die Vermögensübertragung erfolgt unmittelbar, ohne eine Zwischenübertragung auf die Gesellschafter. Die gesetzliche Gesamtrechtsnachfolge wird durch eine Fiktion ersetzt55. Die Annahme einer Sachauskehrung verstößt daher gegen das Verbot der Besteuerung fiktiver Sachverhalte56. Auch wird hierin ein Verstoß gegen das Analogieverbot gesehen57. Die Annahme einer Sachauskehrung ist somit ebenfalls abzulehnen.

Förster/Lange halten zudem die Anwendung der Steuerbefreiung gem. § 8 b Abs. 2 KStG auf Gewinne aus der Aufdeckung stiller Reserven aus Anteilen an anderen Kapitalgesellschaften für fraglich58. Nach dem BMF-Schreiben vom 28.04.2003 ist jedoch davon aus zu gehen, dass zumindest dieser Teil der Sachauskehrung nicht zu versteuern ist59.

Da eine Schlussbesteuerung nach § 12 KStG und die Annahme einer Sachauskehrung abzulehnen sind, erfolgt die Herausverschmelzung zu Buchwerten, d. h. steuerneutral60.

Neben dem Problem der Besteuerung der stillen Reserven bei der übertragenden Gesellschaft stellt sich die Frage einer Körperschaftsteuerminderung oder -erhöhung gem. §§ 37, 38 KStG aus altem Körperschaftsteuerguthaben.

Nimmt man eine Sachauskehrung an, führt diese Ausschüttung grundsätzlich auch zu einer Anrechnung des Körperschaftsteuerguthabens gem. § 37 Abs. 2 S. 1 KStG61 . Ansonsten ist unklar, was mit dem Körperschaftsteuerguthaben gem. § 37 KStG nach der Herausverschmelzung geschieht, da keine Ausschüttung vorliegt62. Die Gesellschaft wird mit der Verschmelzung aufgelöst; somit verfällt das Guthaben, weil die Gesellschaft keine Ausschüttungen mehr vornehmen kann. Eine Anwendung der Regelungen des § 10 UmwStG, der im Falle nationaler Umwandlungen eine Minderung oder Erhöhung der Körperschaftsteuer vorsieht, ist mangels Anwendbarkeit des UmwStG jedenfalls ausgeschlossen.

Die Herausverschmelzung führt umgekehrt gem. § 38 KStG auch nicht zu einer Erhöhung der Körperschaftsteuer, da in der Verschmelzung keine Ausschüttung zu sehen ist. Geht man jedoch mit Förster/Lange davon aus, dass die Herausverschmelzung eine Sachauskehrung darstellt, so liegt hierin eine ordentliche Gewinnausschüttung, weil der Verschmelzungsvorgang von den zuständigen Organen zu beschließen ist und eine Registereintragung zu erfolgen hat. Die Sachauskehrung gründet damit auf gesellschafts-rechtlichen Vorschriften63. Ohne die Annahme einer Sachauskehrung fehlt es an einer Ausschüttung und damit an der Grundlage für eine Nachversteuerung64.

Gesellschafter der übertragenden Gesellschaft

Mit dem Untergang der übertragenden Gesellschaft verlieren deren Gesellschafter ihre Anteile. Im Gegenzug werden sie Aktionäre der SE.

Die steuerlichen Folgen der Herausverschmelzung für den Gesellschafter können nicht losgelöst von den steuerlichen Folgen für die übertragende Gesellschaft gesehen werden. Gemäß den vorgenannten unterschiedlichen Ansichten, ob und wonach eine Besteuerung der stillen Reserven bei der übertragenden Gesellschaft zu erfolgen hat, ist auch hier zu differenzieren. Im Mittelpunkt steht die Frage, ob der Verlust der Anteile an der übertragenden Gesellschaft gegen Ausgabe von Aktien an der SE ein tauschähnlicher Realisationstatbestand ist.

Der Untergang der Anteile an dem übertragenden Rechtsträger bei gleichzeitiger Ausgabe neuer Anteile stellt eine entgeltliche, tauschähnliche Veräußerung von Anteilsrechten dar65. Diese Veräußerung unterliegt bei natürlichen Personen, die unbeschränkt steuerpflichtig sind, der Besteuerung gem. § 17 EStG, soweit die Beteiligung 1% oder mehr beträgt66 und im Privatvermögen gehalten wird. Der Veräußerungsgewinn wird dabei aus dem gemeinen Wert der erhaltenen Aktien an der SE abzüglich der Anschaffungskosten für die Beteiligung an der einbringenden Gesellschaft zu ermitteln sein. Er ist gem. § 3 Nr. 40 Buchst. b EStG nach dem sog. Halbeinkünfteverfahren zu besteuern. Für im Betriebsvermögen gehaltene Beteiligungen ist die Bildung einer Rücklage gem. § 6 b Abs. 10 EStG zulässig. Für Kapitalgesellschaften ist § 8b Abs. 2 KStG anwendbar67.

Nach der Ansicht, wonach die Vermögensübertragung von der übertragenden Gesellschaft auf die SE zu Buchwerten erfolgt, soll sich aus dem Untergang der übertragenden Gesellschaft gegen Ausgabe von Aktien an der SE für die Gesellschafter keine Steuerbelastung ergeben. Die Gesellschafter haben danach die Anschaffungskosten für die Anteile an der einbringenden Gesellschaft auf die Anteile an der SE zu übertragen68.

Auch in diesem Fall liegt ein Tausch bzw. ein tauschähnlicher Vorgang beim Gesellschafter vor. Dies führt auch zu einer Gewinnrealisation69. Da jedoch die Buchwerte bzw. Anschaffungskosten der alten Anteile auf SE-Aktien zu übertragen sind, entsteht kein Veräußerungsgewinn, da der Wert der SE-Aktien und damit der Veräußerungspreis der Anteile an der untergehenden Gesellschaft deren Buchwert entspricht.

Die Besteuerung der stillen Reserven wird folglich aufgeschoben bis zur Veräußerung der SE-Aktien. Diese Ansicht deckt sich im Ergebnis mit der Regelung der FRL, wie unten zu sehen sein wird. Sie findet aber keine Grundlage im nationalen Recht und ist daher abzulehnen.

Folgt man gleichwohl dieser Ansicht und ist der Gesellschafter eine natürliche Person, die zwischen Verschmelzung und Veräußerung der Anteile von der unbeschränkten zur beschränkten Steuerpflicht wechselt, können lediglich die Regelungen des AStG den deutschen Steueranspruch sichern, da sonst gem. Art. 13 Abs. 5 OECD-MA das Besteuerungsrecht auf den neuen Ansässigkeitsstaat überwechselt, sofern die SE- Beteiligung nicht einer deutschen Betriebsstätte zuzurechnen ist.

Ist der Gesellschafter des einbringenden Rechtsträgers selbst eine Kapitalgesellschaft, sind die Gewinne aus der Veräußerung der Anteile an der SE steuerbefreit (§ 8 b Abs. 2 KStG). Dies gilt unabhängig davon, ob der Gesellschafter unbeschränkt oder beschränkt steuerpflichtig ist.

Sieht man in der Herausverschmelzung entgegen der hier vertretenen Ansicht eine Sachauskehrung, haben die Gesellschafter das fiktiv ausgeschüttete Vermögen der übertragenden Gesellschaft mit dem gemeinen Wert, wenn auch nur nach dem Halbeinkünfteverfahren gem. § 3 Nr. 40 Buchst. e EStG, zu versteuern. Die Anschaffungskosten der Anteile an der untergehenden Gesellschaft wird man in diesem Fall als Werbungskosten, die die Dividendeneinkünfte reduzieren, zulassen müssen. Eine Ausnahme von der Besteuerung der Ausschüttung gilt für einen unbeschränkt steuerpflichtigen Gesellschafter nur, soweit der ausgeschüttete Betrag aus dem steuerlichen Einlagenkonto oder dem Stammkapital stammt70. Die fiktive Weitergabe des Vermögens an die SE führt dann zu Anschaffungskosten für die SE-Aktien in Höhe des gemeinen Wertes des hingegebenen Vermögens. Dies gilt auch für beschränkt steuerpflichtige Gesellschafter, die die Beteiligung in ihrem inländischen Betriebsvermögen halten71. Ist der Gesellschafter eine Körperschaft, so ist die Ausschüttung gem. § 8 b Abs. 2 KStG steuerfrei.

Bei beschränkt steuerpflichtigen Gesellschaftern stellt sich in diesem Zusammenhang die Frage nach der Kapitalertragsteuer aus der Sachdividende und deren unter Umständen endgültigem Charakter72.

Aufnehmende SE

Bei einer Herausverschmelzung kann das deutsche Steuerrecht keine Aussage dazu machen, wie die im Ausland ansässige SE mit dem aufgenommenen Vermögen zu verfahren hat, da grundsätzlich das Besteuerungsrecht fehlt.

Erhebliche Belastungen für die aufnehmende SE können jedoch aus der Grunderwerbsteuer entstehen73. Da auch rein nationale Verschmelzungen grunderwerbsteuerpflichtige Vorgänge sind74, obwohl hier Grundstücke durch Gesamtrechtsnachfolge übertragen werden, ist davon auszugehen, dass auch die Herausverschmelzung gem. § 1 Abs. 1 Nr. 2 GrEStG Grunderwerbsteuer auslöst.

Die Herausverschmelzung hat jedoch zur Folge, dass zum übertragenen Vermögen gehörende passive Tochtergesellschaften nicht mehr der Hinzurechnungsbesteuerung der §§ 7 ff. AStG unterliegen, da der persönliche Anwendungsbereich des AStG nur unbeschränkt steuerpflichtige Personen erfasst. Die ausländische SE als aufnehmende Gesellschaft ist jedoch allenfalls beschränkt steuerpflichtig.

Da die Herausverschmelzung nach der hier vertretenen Ansicht auf der Ebene der Gesellschafter der übertragenden Gesellschaft zu einer Besteuerung der stillen Reserven führt, bleibt das europäische Steuerrecht in Form der FRL zu prüfen.

 

3.1.2 Fusionsrichtlinie

In den bisherigen Überlegungen hat die Frage, ob Deutschland das Besteuerungsrecht an den Wirtschaftsgütern des übertragenden Rechtsträgers verliert oder nicht, keine Rolle gespielt. Allein der zivilrechtliche Moment der Eigentumsübertragung auf eine ausländische SE war nach den nationalen Bestimmungen Ansatzpunkt für die Aufdeckung der stillen Reserven.

Hintergrund dieser Betrachtung mag die bis zur “Überseering”-Entscheidung in Deutschland herrschende Sitztheorie sein75. Danach ist die Verlegung einer Kapitalgesellschaft ins Ausland unter Fortbestand der Gesellschaft nicht möglich. Die Sitzverlegung führt danach zivilrechtlich zwingend zur Liquidation der Gesellschaft76. Dies wiederum ist der finale Akt einer Kapitalgesellschaft, der zu einer Besteuerung führt. Was mit den Vermögensgegenständen der Gesellschaft geschieht, ist ohne Bedeutung.

Die FRL wählt einen anderen Ansatz77. Hier steht nicht die zivilrechtliche Eigentumszuordnung im Vordergrund, sondern die Überlegung, dass eine Umwandlung auch über die Grenze hinweg solange nicht zu einer Besteuerung führen kann, wie den Mitgliedstaaten keine Besteuerungsansprüche verloren gehen78. Umwandlungen nach der FRL sind daher steuerneutral, sofern das übertragene Vermögen einer Betriebs Stätte im Staat der übertragenden Gesellschaft zuzurechnen ist. In diesem Fall bleibt das Vermögen im Inland steuerverstrickt. Die Besteuerung der stillen Reserven wird hierdurch bis zur Veräußerung der Wirtschaftsgüter verschoben. Ein Besteuerungsverzicht ist damit nicht verbunden79.

Getragen wird dieser Ansatz von dem allgemein anerkannten Betriebsstättenprinzip, wonach dem Belegenheitsstaat der Betriebsstätte das Besteuerungsrecht zusteht80. Die stillen Reserven des übertragenen Vermögens, das keiner Betriebsstätte zuzuordnen ist, sind jedoch auch nach der FRL nicht vor einer Besteuerung geschützt. Insbesondere für Grundvermögen, das gem. Art. 13 Abs. 1 i.V.m. Art. 6 OECD-MA weiterhin steuerverstrickt bleibt, scheint die FRL insoweit zu eng gefasst81.

Die Anwendbarkeit der FRL auf die Herausverschmelzung einer deutschen AG auf eine im EU-Ausland ansässige SE und ihre Folgen sollen nachfolgend untersucht werden.

Die FRL regelt in Art. 2 Buchstabe a) Verschmelzungen, bei denen eine oder mehrere Gesellschaften ihr gesamtes Aktiv- und Passivvermögen durch Auflösung ohne Abwicklung auf eine bereits bestehende Gesellschaft (Verschmelzung durch Aufnahme; Art. 2 a 1. Spiegelstrich FRL) oder eine neu gegründete Gesellschaft (Verschmelzung zur Neugründung; Art. 2 a 2. Spiegelstrich FRL) übertragen. Hierbei erhalten die Gesellschafter der einbringenden Gesellschaft Anteile an der aufnehmenden Gesellschaft sowie ggf. eine bare Zuzahlung von höchstens 10% des Nennwertes82.

Diese Regelung gilt für Fusionen, sprich Verschmelzungen, von Gesellschaften aus zwei oder mehr Mitgliedstaaten, Art. 1 FRL. Sie betrifft also ausdrücklich grenzüberschreitende Fälle.

Gesellschaften i.S. der FRL sind gem. Art. 3 FRL die im Anhang zur Richtlinie genannten Kapitalgesellschaften83. In diesem Anhang ist die SE nicht genannt84. Bei Beschlussfassung der FRL existierte diese Gesellschaftsform noch nicht85. Einzelne Mitgliedstaaten haben alle nach ihrem nationalen Recht gegründeten Kapitalgesellschaften der FRL unterstellt (Anhang zur FRL Buchstabe k) und 1)). Andere Staaten haben nur bestimmte Gesellschaftstypen mit einbezogen. Damit wäre eine nach dem Recht Portugals gegründete SE von der FRL erfasst, eine nach deutschem Recht gegründete SE jedoch nicht86.

Die Anwendbarkeit der FRL auf die SE ist daher nicht eindeutig. Die fehlende Nennung der SE im Anhang der FRL schadet jedoch nicht, da gem. Art. 10 SE-VO die nationalen Vorschriften für Aktiengesellschaften auch für die SE gelten. Die mitgliedsstaatlichen Aktiengesellschaften sind jedoch unstreitig vom Anwendungsbereich der FRL erfasst. Damit ist auch die SE einbezogen87. Zumindest ist die Neugründung einer SE durch Verschmelzung erfasst, da die gründenden Aktiengesellschaften der Mitgliedstaaten sämtlich im Anhang zur FRL genannt sind88.

Einhellige Meinung ist, dass eine ausdrückliche Aufnahme der SE in den Anwendungsbereich der FRL wünschenswert wäre89. Die weiteren Anwendungsvoraussetzungen der steuerlichen Ansässigkeit der beteiligten Gesellschaften in einem Mitgliedstaat sowie die unbeschränkte Steuerpflicht in einem Mitgliedstaat gem. Art. 3 b und c

FRL wären auch für eine SE unproblematisch zu erfüllen und stünden einer Anwendung nicht im Weg.

Übertragende Gesellschaft

Sieht man danach mit der h.M. die in einem Mitgliedstaat ansässige SE im Anwendungsbereich der FRL, darf gem. Art. 4 Abs. 1 FRL eine Besteuerung der stillen Reserven des übertragenen Vermögens bei einer Verschmelzung nicht erfolgen, wenn die steuerlichen Werte, sprich Buchwerte, der übertragenden Gesellschaft von der übernehmenden SE in deren

Betriebsstätte im Ansässigkeitsstaat der übertragenden Gesellschaft fortgeführt werden (Betriebsstättenbedingung)90.

Von einer Aufdeckung der stillen Reserven ist dabei nur das Aktiv- und Passivvermögen der übertragenden Gesellschaft ausgenommen, das nach Fusion bzw. Verschmelzung tatsächlich in einer Betriebsstätte der übernehmenden Gesellschaft im Ansässigkeitsstaat der übertragenden Gesellschaft verbleibt und hier auch zur Erzielung des Ergebnisses der Betriebsstätte beiträgt, Art. 4 Abs. 1 S. 2 2. Spiegelstrich FRL91. Dies wird im Regelfall nicht problematisch sein.

Ist die übertragende Gesellschaft jedoch selbst nicht aktiv tätig – etwa weil sie eine reine Holding ist – so stellt sich nach der Verschmelzung die Frage, ob die eingebrachten Beteiligungen der Holding-Betriebsstätte dem Staat der einbringenden Gesellschaft oder dem Stammhaus, sprich der SE, zuzurechnen sind92. Unstreitig können Beteiligungen auch dem Vermögen einer Betriebsstätte zugerechnet werden93. Der erste Anschein spricht jedoch zumindest nach Ansicht der Finanzverwaltung für eine Zuordnung zum Stammhaus94, was zur Folge hätte, dass die stillen Reserven in diesem Fall zu versteuern wären, soweit nicht nach nationalem Recht

§ 8 b Abs. 2 KStG einschlägig ist95. Die Zuordnung der eingebrachten Beteiligungen wird nur dann zur Betriebsstätte vorzunehmen sein, wenn sie deren Funktion dienen. Die Betriebsstätte wird somit über die reine vermögensverwaltende Tätigkeit hinaus geschäftsleitend tätig sein müssen96. Sie sollte dabei nach außen erkennbar die Geschäftsleitung mehrerer Unternehmen und ein eigenes am Markt wahrnehmbares Auftreten haben97. Dies erfordert eine personell und sachlich angemessene Ausstattung der Betriebsstätte. Eine reine Kontrollfunktion scheint nicht ausreichend98.

Die Definition der Betriebsstätte und der tatsächlichen Zugehörigkeit der Beteiligungen zum Betriebsstättenvermögen ergibt sich nicht aus der FRL, sondern ist anhand nationaler bzw. abkommensrechtlicher Vorgaben zu entscheiden99. Hierbei ist insbesondere der Betriebsstättenvorbehalt nach Art. 10 Abs. 4 und Art. 12 Abs. 3 OECD-MA zu beachten.

Die Steuerneutralität gem. Art. 4 Abs. 1 FRL hängt weiter davon ab, dass die eingebrachten Wirtschaftsgüter – bei der Holding also die Beteiligungen – auch zum laufenden Betriebsstättenergebnis beitragen (Steuerverhaftungsbedingung)100. Das ist dann der Fall, wenn die Wirtschaftsgüter nicht vollständig steuerbefreit sind101. Dem könnten die Regelungen gem. § 8 b Abs. 1 und Abs. 2 KStG entgegenstehen. § 8 b Abs. 3 KStG enthält allerdings eine Restbesteuerung von 5%, so dass von einer vollständigen Steuerbefreiung keine Rede sein kann102. Diese Steuerverhaftungsbedingung gilt dabei nicht nur für Holdinggesellschaften. Nach Art. 4 Abs. 1 S. 2 2. Spiegelstrich 2. HS FRL ist sie Voraussetzung jeder steuerneutralen Verschmelzung103.

Abschließend verlangt Art. 4 Abs. 2 FRL, dass die übernehmende Gesellschaft, hier also die SE, Abschreibungen sowie Wertminderungen und -Steigerungen des übernommenen Vermögens fortführt104. Nach Art. 4 Abs. 3 FRL kann der einzelne Mitgliedstaat auch neue Abschreibungen zulassen. Hieraus ergibt sich für die einbringende Gesellschaft ein Ansatz des eingebrachten Vermögens mit dem tatsächlichen, d.h. gemeinen Wert105 und eine Besteuerung der stillen Reserven. Nach dem nationalen Steuerrecht wäre bei einer rein nationalen Verschmelzung der Teilwert und nicht der gemeine Wert zur Bestimmung der stillen Reserven anzusetzen, § 11 Abs. 1 S. 2 UmwStG106.

Hat die übertragende Gesellschaft in einem Drittstaat eine Betriebsstätte, führt die Verschmelzung dazu, dass Deutschland gem. Art. 10 Abs. 1 S. 1 FRL das Besteuerungsrecht an dieser Betriebsstätte endgültig verliert. In der Regel kann dieses Besteuerungsrecht bereits aufgrund von DBA-Regelungen nicht wahrgenommen werden107. Sieht das DBA jedoch vor, dass Deutschland nur das Besteuerungsrecht für aktive Betriebsstätten entzogen ist, passive Betriebsstätten jedoch weiterhin der Besteuerung unterliegen, können trotz DBA die stillen Reserven dieser passiven Betriebsstätte in Deutschland gem. Art. 10 Abs. 2 2. HS FRL besteuert werden. Voraussetzung ist jedoch, dass eine Anrechnung der (fiktiven) Steuer des Betriebsstättenstaates erfolgt108.

Deutschland verbliebe nach Art. 10 Abs. 1 S. 2 FRL das-Recht zur Nachversteuerung von zur Verrechnung mit inländischen Einkünfte zugelassenen Betriebsstättenverlusten109. Das nationale deutsche Recht sieht eine solche Verlustnutzung mit der Streichung von § 2 a Abs. 3 EStG zum 31.12.1998 jedoch nicht mehr vor.

Die Regelungen der FRL stehen gem. Art. 11 Abs. 1 Buchstabe a) unter einem Missbrauchsvorbehalt. Die Mitgliedstaaten können die Anwendung der Vorschriften ablehnen, wenn zumindest einer der Gründe für die Umwandlung im Schutz der FRL Steuerumgehung oder -hinterziehung ist. Davon ist gem. Art. 11 Abs. 1 Buchstabe a) S. 2 FRL auszugehen, wenn der Vorgang nicht auf vernünftigen wirtschaftlichen Gründen beruht.

Die in Art. 11 Abs. 1 Buchstabe b) FRL enthaltene Bedingung der FRL, wonach deren Anwendung von der Beibehaltung von Mitbestimmungsrechten abhängig ist, steht einer steuerneutralen Verschmelzung nicht im Wege, da die SE-VO in Art. 3 – 6 Regelungen hierzu enthält110.

Die Vermögensgegenstände der übertragenden Gesellschaft können somit steuerneutral in die Betriebsstätte der aufnehmenden SE eingebracht werden.

Aufnehmende SE

Wie oben gesehen, hat die übernehmende SE die übertragenen Wirtschaftsgüter im Interesse einer steuerneutralen Verschmelzung mit den steuerlichen Werten, d.h. Buchwerten, anzusetzen.

Führt die SE die Buchwerte der einbringenden Gesellschaft fort, hat sie gem. Art. 4 Abs. 2 FRL die Abschreibungsmethoden beizubehalten sowie gem. Art. 5 FRL Rückstellungen und steuerfreie Rücklagen (z.B. § 6 b EStG) fortzuführen111. Die SE tritt mit ihrer Betriebs Stätte in die steuerliche Rechtsstellung der übertragenden Gesellschaft ein112.

Ist bei einer Verschmelzung zur Aufnahme die aufnehmende und bereits bestehende SE an der übertragenden Gesellschaft beteiligt, kann aus der Differenz zwischen den Buchwerten der untergehenden Beteiligung an der übertragenden Gesellschaft und dem Wert der übergegangenen Wirtschaftsgüter ein Übernahmegewinn entstehen. Dieser darf bei einer Beteiligung von mehr als 25% gem. Art. 7 FRL nicht besteuert werden113. Bei Beteiligungen von 25% oder weniger überlässt Art. 7 Abs. 2 FRL die Frage der Besteuerung den Mitgliedstaaten.

In Deutschland wäre dieser Gewinn grundsätzlich steuerpflichtig 114, wobei die Regelungen des jeweiligen DBA und ggf. von § 8 b Abs. 2 KStG zu beachten sind115. Übernahmeverluste sind in Art. 7 FRL nicht geregelt. Bereits vorgenommene Teilwertabschreibungen auf die Beteiligungen sind nicht aufzuholen116. Übernahmefolgegewinne z.B. aus dem Zusammenfallen von Forderung und Verbindlichkeit sind nach der FRL nicht steuerbefreit117.

Da in Deutschland nach Maßgabe von § 12 Abs. 3 S. 2 UmwStG und § 8 Abs. 4 KStG ein Übergang von Verlustvorträgen unter gewissen Bedingungen zulässig ist, ist nach Maßgabe von Art. 6 FRL auch ein Verlustübergang von der übertragenden Gesellschaft auf die Betriebsstätte der SE gem. diesen Voraussetzungen zuzulassen118.

Gesellschafter der übertragenden Gesellschaft

Auf der Ebene der Gesellschafter der übertragenden Gesellschaft darf nach Art. 8 Abs. 1 und 2 FRL bei einer Verschmelzung keine Besteuerung erfolgen, wenn der Gesellschafter die neuen SE-Aktien mit dem Buchwert bzw. den Anschaffungskosten der Beteiligung an der übertragenden Gesellschaft ansetzt119. Der Mitgliedstaat kann hier ein Wahlrecht zum Ansatz des gemeinen Wertes vorsehen, Art. 8 Abs. 3 FRL. Bei baren Zuzahlungen können die Mitgliedstaaten gem. Art. 8 Abs. 4 FRL besteuern. Dies gilt unabhängig davon, ob der Gesellschafter eine natürliche oder juristische Person ist, wie auch für die Frage der Ansässigkeit120. National ist auch hier § 8 b Abs. 2 KStG bzw. § 6 b Abs. 10 EStG zu beachten. Gem. Art. 13 Abs. 5 OECD-MA steht das Besteuerungsrecht in diesem Fall dem Ansässigkeitsstaat des Gesellschafters zu121.

Umsetzung der FRL in nationales Recht

Deutschland hat die Regelungen des Art. 4 FRL nicht vollständig in nationales Recht umgesetzt. Insbesondere die Regelungen zur grenzüberschreitenden Verschmelzung wurden nicht übernommen122.

Begründet wurde diese Unterlassung damit, dass eine gesellschaftsrechtliche Grundlage für eine grenzüberschreitende Umwandlung fehle. Mit der SE-VO liegt diese Voraussetzung nun vor. Die Weigerung des Gesetzgebers zur vollständigen Umsetzung der FRL verliert somit ihre Grundlage123.

Bis zu einer Umsetzung der FRL stellt sich die Frage nach deren unmittelbarer Anwendbarkeit124. Nach der Rechtsprechung des EuGH kann sich der einzelne Bürger auch auf eine Richtlinie berufen, wenn diese im einzelnen begünstigend wirkt, sie inhaltlich bestimmt genug ist und eine fristgerechte Umsetzung nicht erfolgte125. Dies ist nach der h.M. in der Literatur im Falle der FRL gegeben126. Die Finanzverwaltung steht dieser Ansicht ablehnend gegenüber127.

Bis zum Inkrafttreten der SE-VO im Oktober 2004 wird jedoch eine Umsetzung erfolgen müssen, will man der Gesellschaftsform der SE in der Praxis zum Erfolg verhelfen128.

 

3.2 Hereinverschmelzung

3.2.1 Nationales Recht

Bei der Hereinverschmelzung überträgt eine im Ausland ansässige Gesellschaft ihr Vermögen auf eine unbeschränkt steuerpflichtige SE. Die SE wird auch hier Gesamtrechtsnachfolgerin der übertragenden Gesellschaft, deren Gesellschafter werden Aktionäre der SE.

Übertragende Gesellschaft

Sofern die übertragende Gesellschaft im Inland nicht steuerverhaftetes Vermögen in die SE einbringt, ergibt sich für den deutschen Fiskus kein Ansatzpunkt für die Besteuerung stiller Reserven129.

Anders gelagert ist der Fall, wenn die Gesellschaft der beschränkten Steuerpflicht unterliegendes Inlandsvermögen – insbesondere einer Betriebsstätte – auf die SE überträgt130 . In diesem Fall hat gem. § 12 Abs. 2 KStG grundsätzlich eine Schlussbesteuerung der stillen Reserven des übertragenen Vermögens zu erfolgen, da das Vermögen als Ganzes auf einen anderen Rechtsträger übergeht131.

Nach § 12 Abs. 2 S. 2 KStG erfolgt jedoch keine Schlussbesteuerung von Betriebsstät- tenvermögen, wenn die Vermögensübertragung durch eine Verschmelzung von Körperschaften im Ausland zu Buchwerten erfolgt und das Besteuerungsrecht Deutschlands nicht verloren geht. Für anderes der beschränkten Steuerpflicht unterliegendes Vermögen, z.B. Grundstücke, gilt dies nicht. Hier sind die stillen Reserven zu versteuern.

Die Regelung des § 12 Abs. 2 S. 2 KStG wurde zum 01.01.2002 mit dem Hinweis in das Gesetz aufgenommen, steuerliche Hemmnisse der Gründung einer SE zu beseitigen.132 Nicht zuletzt durch diesen Hinweis ist davon auszugehen, dass die Hereinverschmelzung gem. Art. 17 SE-VO eine Verschmelzung i.S.v. § 12 Abs. 2 S. 2 KStG ist133.

Das Tatbestandsmerkmal des § 12 Abs. 2 S. 2 KStG, wonach nur bei einer Übertragung im Ausland von einer Schlussbesteuerung abzusehen ist, soll sich nach einer Literaturansicht alleine auf die Ansässigkeit der übertragenden Gesellschaft beziehen, nicht aber bedeuten, dass übertragende und aufnehmende Gesellschaft im Ausland ansässig sein müssen134. Würde man, wie der Gesetzeswortlaut vorgibt, nur Vermögensübertragungen im Ausland und nicht auch Vermögensübertragungen aus dem Ausland in das Inland unter § 12 Abs. 2 S. 2 KStG subsumieren, würde dies dem Zweck des Gesetzes, auch die Gründung einer nationalen SE durch die Regelung zu erleichtern, widersprechen.

Die Anwendung von § 12 Abs. 2 S. 2 KStG setzt weiter voraus, dass die Übertragung im Ausland zu Buchwerten erfolgt. Bedenkt man, dass es vorliegend um die Frage der Besteuerung von inländischem Vermögen in Deutschland geht, stellt sich die Frage, warum die Besteuerung in Deutschland von der Besteuerung des übrigen Vermögens im Ausland abhängen soll. Eine Meinung in der Literatur hält daher den Buchwertansatz nach § 12 Abs. 2 S. 2 KStG bereits für erfüllt, wenn in Deutschland die Buchwerte fortgeführt werden135. Dies deckt sich nicht mit dem Gesetzestext. Nach § 12 Abs. 2 S. 2 KStG unterbleibt eine Schlussbesteuerung nur dann, wenn im Sitzstaat der übertragenden Gesellschaft die Verschmelzung zu Buchwerten zugelassen ist. Dies ist in Staaten, in denen die FRL vollständig umgesetzt ist, gegeben136. Damit ist bei einer Hereinverschmelzung die Gewinnrealisierung für inländische Betriebsstätten grundsätzlich ausgeschlossen. In allen anderen Fällen sind die stillen Reserven jedoch zu versteuern.

Gesellschafter der übertragenden Gesellschaft

Für unbeschränkt steuerpflichtige Gesellschafter der übertragenden ausländischen Gesellschaft stellt sich wie im Fall der Herausverschmelzung die Frage, ob in der Hingabe von Anteilen an der übertragenden Gesellschaft gegen Aktien an der SE eine tauschähnliche Realisation erfolgt. Die Ansässigkeit der übertragenden Gesellschaft ist dabei für die steuerlichen Auswirkungen beim Gesellschafter unerheblich137. Auf die Ausführungen in Ziffer 3.1.1 “Gesellschafter der übertragenden Gesellschaft” wird verwiesen.

Aufnehmende SE

Die aufnehmende SE ist vor und nach der Verschmelzung in Deutschland unbeschränkt steuerpflichtig. Zwar wird bei einer Verschmelzung zur Neugründung eine einbringende deutsche AG aufgelöst, während bei einer Verschmelzung zur Aufnahme eine deutsche AG nach Formwechsel weiterbesteht, eine Schlussbesteuerung der aufnehmenden SE gem. § 11 KStG erfolgt gleichwohl nicht138. Auch werden durch die Verschmelzung keine, bereits im Vermögen der aufnehmenden SE vorhandenen, stillen Reserven realisiert139.

Sofern in die inländische SE Vermögen eingebracht wird, das nicht einer Betriebsstätte zuzurechnen ist, hat die aufnehmende SE dieses Vermögen mit dem Teilwert analog § 6 Abs. 1 Nr. 5 EStG anzusetzen.140 Das ausländische Vermögen der einbringenden Gesellschaft übernimmt die aufnehmende SE zu Buchwerten in ihre ausländische Betriebsstätte141.

Ist im Fall einer Verschmelzung zur Aufnahme die aufnehmende SE an der übertragenden ausländischen Gesellschaft beteiligt, kann in Höhe der Differenz des Wertes der Beteiligung und des Wertes des übernommenen Vermögens ein Verschmelzungsgewinn bei der SE entstehen. Dieser Gewinn ist mangels Anwendbarkeit des UmwStG nicht nach § 12 Abs. 2 UmwStG privilegiert142. Allerdings steht § 8 b Abs. 2 KStG einer Besteuerung entgegen143.

Auch eine Hereinverschmelzung hat Auswirkungen auf die Anwendung des AStG. War die aufnehmende SE vor der Verschmelzung an der übertragenden ausländischen Gesellschaft beteiligt, galten grundsätzlich die §§ 7 ff. AStG. Durch die Verschmelzung wird aus der Tochtergesellschaft eine Betriebsstätte. Betriebsstätten sind von den Regelungen des AStG, mit Ausnahme von § 20 Abs. 2 AStG, nicht erfasst144.

 

3.2.2 Fusionsrichtlinie

Gem. Art. 10 Abs. 1 i.V.m, Art 4 und 5 FRL erfolgt auch eine Hereinverschmelzung für die übertragende Gesellschaft steuerneutral, wenn das übertragene Vermögen bereits in einer Betriebsstätte steuerverhaftet ist. Die aufnehmende SE führt auch hier die Buchwerte der inländischen Betriebsstätte der übertragenden Gesellschaft fort145.

Die Gesellschafter der übertragenden Gesellschaft können, wie bei der Herausverschmelzung bereits gesehen, die Anschaffungskosten bzw. Buchwerte der Anteile an der übertragenden Gesellschaft auch für die SE-Aktien gem. Art. 8 Abs. 1, 2, 4 FRL fortführen und so eine Besteuerung aufschieben. Im Übrigen wird auf die Ausführungen in Ziff. 3.1.2 verwiesen. Auch hier ist der deutsche Gesetzgeber in der Pflicht, die FRL vollständig umzusetzen146.

 

3.3 Ausländische Verschmelzung mit Inlandsbezug

Die Verschmelzung von im Ausland ansässigen Gesellschaften zu einer ebenfalls im Ausland ansässigen SE kann zu einer Besteuerung in Deutschland führen, wenn über inländisches Vermögen verfügt wird oder ein Gesellschafter einer übertragenden Gesellschaft unbeschränkt oder beschränkt steuerpflichtig ist147.

 

3.3.1 Nationales Recht

Übertragende Gesellschaft

Wird durch die Verschmelzung die inländische Betriebsstätte einer ausländischen Gesellschaft als Ganzes übertragen, kommt es grundsätzlich zu einer Schlussbesteuerung gem. § 12 KStG. Nach § 12 Abs. 2 S. 2 KStG bleibt der Vermögensübergang jedoch steuerfrei, wenn die stillen Reserven der Betriebsstätte in Deutschland steuerverhaftet bleiben148.

Gesellschafter der übertragenden Gesellschaft

Der unbeschränkt oder beschränkt steuerpflichtige Gesellschafter einer übertragenden Gesellschaft realisiert durch einen tauschähnlichen Vorgang die stillen Reserven der untergehenden Anteile. Auf den Gewinn ist bei natürlichen Personen das Halbeinkünfteverfahren gem. § 3 Nr. 40 Buchstabe c) EStG anzuwenden. Bei Kapitalgesellschaften ist der Gewinn steuerfrei gem. § 8 b Abs. 2 KStG. Sofern man mit Förster/Lange eine Sachauskehrung an den Gesellschafter annimmt, ergibt sich die Steuerbefreiung aus § 8 b Abs. 1 KStG.

Die Regelung des § 13 UmwStG, wonach die Anteile als zu Buchwerten veräußert und die SE-Aktien als zu diesem Buchwert angeschafft gelten, kommt hier nicht zur Anwendung. Hierzu fehlt es bereits an der Anwendbarkeit des UmwStG.

 

3.3.2 Fusionsrichtlinie

Wie bereits erläutert, wird das Betriebsstättenvermögen gem. Art. 10 Abs. 1 i.V.m. Art. 4 und 5 FRL von der einbringenden Gesellschaft auf die SE steuerneutral übertragen. Der Anteilstausch beim Gesellschafter der übertragenden Gesellschaft vollzieht sich gem. § 8 Abs. 1, 2 und 4 FRL ebenfalls steuerneutral158. Auch hier gilt, dass eine Umsetzung der FRL noch aussteht.

 

4. Gründung einer Holding-SE

Durch Einbringung von mindestens 50% der Stimmrechte an zwei oder mehr in der EU ansässigen Aktiengesellschaften oder Gesellschaften mit beschränkter Haftung kann gem. Art. 2 Abs. 2, 32 SE-VO eine Holding-SE neu gegründet werden. Die Gesellschafter der an der Gründung beteiligten Gesellschaften erhalten für die Einbringung Aktien der Holding-SE.

An der Gründung beteiligte Gesellschaften

Eine im Inland ansässige Aktiengesellschaft oder Gesellschaft mit beschränkter Haftung überträgt im Rahmen der Gründung kein Vermögen auf die SE. Sie besteht bis auf den Wechsel ihrer Gesellschafter unverändert fort. Die Gründung hat somit für diese Gesellschaften keine steuerlichen Folgen.

Gesellschafter der an der Gründung beteiligten Gesellschaften

Für einen in Deutschland steuerpflichtigen Gesellschafter, der Anteile an einer Gesellschaft hingibt und hierfür Anteile an der Holding-SE erhält, liegt darin ein steuerpflichtiger tauschähnlicher Vorgang.

 

Wird die ein gebrachte Beteiligung im Betriebsvermögen gehalten, kommt es zu einer laufenden Besteuerung der stillen Reserven mit der Möglichkeit der Bildung einer Rücklage gem. § 6 b Abs. 10 EStG162. Ist der Gesellschafter eine Kapitalgesellschaft, kommt § 8 b Abs. 2 KStG zur Anwendung163. Handelt es sich bei den Gesellschaftern um natürliche Personen, die die Anteile im Privatvermögen halten, führt die Gründung zu einer Besteuerung gem. §§ 17, 21 Abs. 1 S. 1, 23 EStG, wobei das Halbeinkünfteverfahren gem. § 3 Nr. 40 S. 1 Buchst, c EStG und die Tarif Vergünstigung gem. § 34 EStG sowie der Freibetrag gem. § 17 Abs. 3 EStG zur Anwendung kommen164.

Dies gilt jedoch nur insoweit, als Deutschland entsprechend Art. 13 Abs. 5 OECD-MA das Besteuerungsrecht aufgrund der unbeschränkten Steuerpflicht des Gesellschafters oder der Zuordnung der Beteiligung zu einer Betriebsstätte hat. Anders als im Fall der grenzüberschreitenden Verschmelzung hat der deutsche Gesetzgeber einen Anteilsaustausch über die Grenze in den §§ 20 Abs. 1 S. 2, 23 Abs. 4 UmwStG geregelt und damit die FRL umgesetzt149. Die Regelungen der Art. 8 und 11 FRL dienen hier als Grundlage150. Danach ist eine steuerneutrale Einbringung durch eine Buchwertverknüpfung über die Grenze möglich151. Die Bestimmungen der §§ 20, 23 UmwStG unterliegen, anders als die für eine Verschmelzung einschlägigen Bestimmungen, nicht den Anwendungsregeln des § 1 UmwStG.

Bringt ein in Deutschland steuerpflichtiger Gesellschafter Anteile in eine ebenfalls in Deutschland ansässige SE ein, so ergibt sich die Steuerneutralität der Einbringung für den Gesellschafter wahlweise aus § 20 Abs. 1 S. 2 UmwStG oder § 23 Abs. 4 UmwStG152. Unterliegt die die Anteile erwerbende Holding-SE nur der beschränkten Steuerpflicht, ist allein § 23 Abs. 4 UmwStG anwendbar153. Die Unterschiede der beiden Regelungen bestehen in den Tatbestandsvoraus Setzungen – § 23 Abs. 4 UmwStG lässt als Gegenleistung für die Einbringung neben den neuen SE-Anteilen nur eine Zuzahlung von 10% zu – und den Rechtsfolgen. Nach § 26 Abs. 2 S. 1 UmwStG ergibt sich im Fall von § 23 Abs. 4 UmwStG eine Behaltensfrist von sieben Jahren, die für § 20 Abs. 1 S. 2 UmwStG nicht gilt154. Auch ist die Stundungsregelung gem. § 20 Abs. 6 UmwStG im Fall des § 23 Abs. 4 UmwStG nicht anwendbar155.

Die aufnehmende inländische Holding-SE ist eine unbeschränkt steuerpflichtige Kapitalgesellschaft i.S.v. § 20 Abs. 1 S. 1 UmwStG i.V.m. § 1 Abs. 1 KStG. Damit ergibt sich für sie ein Wahlrecht, die übertragenen Anteile mit dem Teil-, Zwischen- oder Buchwert anzusetzen, § 20 Abs. 2 UmwStG.

Voraussetzung für dieses Wahlrecht ist, dass die Holding-SE die Mehrheit der Stimmrechte an der Gesellschaft, deren Anteile eingebracht werden, hält, § 20 Abs. 1 UmwStG. Art. 32 Abs. 2 S. 4 SE-VO schreibt vor, dass eine Holding-SE nur entstehen kann, wenn 50% oder mehr der Stimmrechte einer Gesellschaft eingebracht werden; § 20 Abs. 1 S. 2 UmwStG ist somit zwangsläufig erfüllt.

Dabei ist es nicht erforderlich, dass ein einziger Gesellschafter alleine die Stimmenmehrheit vermittelt. Auch ist es ohne Bedeutung, mit welchem Wert die Beteiligungen der einzelnen Gesellschafter angesetzt werden. Die Beteiligungen können – wie bereits oben erwähnt – unterschiedlich mit dem Teil-, Zwischen- oder Buchwert angesetzt werden. Ein Buchwertansatz wird dabei im Hinblick auf die Befreiung nach § 8 b Abs. 2 KStG bei Kapitalgesellschaften in der Regel ausscheiden.

Für den einbringenden Gesellschafter ergeben sich der Veräußerungspreis der eingebrachten Anteile und die Anschaffungskosten der SE-Aktien gem. § 20 Abs. 4 UmwStG aus dem Wert, mit dem die SE die eingebrachten Anteile ansetzt. Jeder Gesellschafter ist damit gehalten, den Buchwert seiner Beteiligung der SE mitzuteilen. Besonders bei Publikumsgesellschaften

bedeutet dieses einen erheblichen Aufwand177. Bei der Entscheidung für den Buchwert ist ferner zu beachten, dass dieser Ansatz eine Verdoppelung der stillen Reserven zur Folge hat.

Darüber hinaus ist im Fall der Einbringung durch eine natürliche Person zu einem Wert unter dem Teilwert eine spätere Veräußerung dieser Anteile durch die Holding-SE sieben Jahre nach der Einbringung nicht gem. § 8 b Abs. 2 KStG steuerbefreit, § 8 b Abs. 4 S. 1 Nr. 2 und S. 2 Nr. 2 KStG.

Bringt ein steuerpflichtiger Gesellschafter seine Beteiligung in eine im EU-Ausland ansässige SE ein, scheidet § 20 Abs. 1 S. 2 UmwStG aus, da die aufnehmende Kapitalgesellschaft nicht unbeschränkt körperschaftsteuerpflichtig ist.

In diesem Fall ergibt sich eine Möglichkeit zur Buchwertfortführung – wie bereits gesagt – allein aus § 23 Abs. 4 UmwStG. Danach gelten die Vorschriften der §§20 Abs. 2 S. 1 bis 4 und 6, 20 Abs. 4 S. 1 UmwStG im wesentlichen entsprechend bei der Einbringung von Anteilen an einer EU-Kapitalgesellschaft in eine andere EU- Kapitalgesellschaft.

Auch in diesem Zusammenhang wird diskutiert, ob die SE eine EU-Kapitalgesellschaft i.S.v. § 23 Abs. 4 UmwStG ist, da sie in der Anlage zu § 24 UmwStG nicht aufgezählt ist. Mit Hinweis auf Art. 3 Abs. 1 und Art. 10 SE-VO ist hiervon jedoch auszugehen, da die SE als eine der nationalen Aktiengesellschaft entsprechende Gesellschaftsform gilt.

Gemäß § 20 Abs. 2 S. 1 i.V.m. Abs. 4 S. 1 UmwStG ist eine steuerneutrale Einbringung nur möglich, wenn die ausländische Holding-SE die Buchwerte des Gesellschafters in ihre (ausländische) Steuerbilanz übernimmt. Auch in diesem Fall führt ein Buchwertansatz zur Verdoppelung der stillen Reserven. Ist ein Buchwertansatz aus diesem Grund nicht möglich, kann eine Kapitalgesellschaft als Gesellschafter von der Steuerbefreiung gem. § 8 b Abs. 2 KStG Gebrauch machen156.

Diese Buchwertverknüpfung über die Grenze wird stark kritisiert und zum Teil als Verstoß gegen die FRL und als gemeinschaftsrechtswidrig angesehen157. Hauptkritikpunkt ist dabei, dass die FRL in ihren Vorgaben eine solche Buchwertverknüpfung über die Grenze nicht vorsieht. Zudem lässt die Mehrheit der Mitgliedstaaten einen Buchwertansatz nicht zu oder kennt ihn nicht, so dass er für den inländischen Gesellschafter praktisch nicht möglich ist. Die Finanzverwaltung hält gleichwohl an der Buchwertverknüpfung auch über die Grenze als Tatbestandsvoraussetzung fest.158 Nach einer Literaturmeinung führt auch ein Verstoß gegen die FRL durch die Buchwertverknüpfung nicht zu einer unmittelbaren Anwendung der FRL in Deutschland, da diese hierzu keine

hat gem. § 26 Abs. 2 S. 1 UmwStG eine Nachversteuerung der stillen Reserven bei dem einbringenden Gesellschafter zu erfolgen. Dies gilt nicht, wenn eine weitere Einlage der Anteile zu Buchwerten erfolgt. In dieser pauschalen Missbrauchs Vermutung bei einer Veräußerung innerhalb von sieben Jahren wird ebenfalls ein Verstoß gegen die FRL gesehen159. Vor dieser Nachversteuerung ist eine Kapitalgesellschaft wiederum durch § 8 b Abs. 2 KStG geschützt160.

Holding-SE

Die aufnehmende Holding-SE kann gem. § 1 Abs. 1 und Abs. 3 GrEStG zur Grunderwerbsteuer herangezogen werden, wenn sie mindestens 95% der Anteile an einer grundstücksbesitzenden Gesellschaft erwirbt. Dies gilt sowohl für eine im Inland als auch für eine im Ausland ansässige Holding-SE.

Weitere steuerliche Folgen ergeben sich für die Holding-SE nicht.

 

5. Gründung einer Tochter-SE durch Personen- oder Kapitalgesellschaften

Gem. Art. 2 Abs. 3, 35 SE-VO können in der EU gegründete und ansässige Personen- oder Kapitalgesellschaften eine Tochter-SE gründen. Das Gleiche gilt für eine bereits bestehende SE, Art. 3 Abs. 2 SE-VO.

Die Gründung erfolgt durch Bar- oder Sacheinlage im Wege der Einzelrechtsnachfolge161. Eine Bargründung ist steuerneutral162. Nachfolgend werden daher lediglich Sachgründungen untersucht.

Gesellschafter der Gründungsgesellschaft

Die Gesellschafter der Gründungsgesellschaften sind an dem Gründungsvorgang allenfalls mittelbar beteiligt. Für Gesellschafter von Kapitalgesellschaften ergeben sich somit keine steuerlichen Folgen.163 Behandelt der Sitzstaat Personengesellschaften als transparent, hat die Gründung dagegen für deren Gesellschafter steuerliche Folgen164. In Deutschland ist dies bis auf die Gewerbesteuer der Fall. Da die FRF gem. Art. 3 FRF nur für Kapitalgesellschaften zur Anwendung kommt, kann sich hieraus eine Buchwertfortführung für die Gesellschafter nicht ergeben165.

Die Einlage von inländischem Betriebsvermögen gegen Gewährung von Gesellschaftsrechten ist ein tauschähnlicher Vorgang, der grundsätzlich zu einer Aufdeckung der stillen Reserven des übertragenen Vermögens führt166. Sofern die Einlage erfolgt, ohne dass die einbringende Gesellschaft Aktien der SE erhält, was nach Art. 36 SE-VO möglich ist, liegt hierin eine verdeckte Einlage, die ebenfalls zu einer Realisation der stillen Reserven führt (§ 6 Abs. 6 S. 2 EStG)167. Die Gesellschafter der Personengesellschaft können dabei gem. § 6 b Abs. 10 EStG die Besteuerung hinausschieben.168

Gründungsgesellschaften

Handelt es sich bei der Gründungsgesellschaft um eine im Inland steuerpflichtige Kapitalgesellschaft, führt die Einbringung als tauschähnlicher Vorgang zu einer Aufdeckung stiller Reserven. Das Vorgesagte gilt somit entsprechend. Sofern eine Kapitalgesellschaft im Wege der Sachgründung einen Anteil an einer Kapitalgesellschaft einbringt, sind die stillen Reserven gem. § 8 b Abs. 2 KStG jedoch steuerbefreit. Gem. § 8 b Abs. 2 S. 3 KStG gilt dies auch im Fall einer verdeckten Einlage. Da die Vorschriften der FRL in Deutschland jedoch im Wesentlichen umgesetzt sind, ist auch bei der Einbringung anderer Wirtschaftsgüter eine steuerneutrale Einbringung möglich.

Entsteht durch die Einlage eine inländische Tochter-SE, hat die aufnehmende Gesellschaft gem. § 20 Abs. 1 UmwStG die Möglichkeit, durch einen Buchwertansatz die Aufdeckung der stillen Reserven zu verhindern169. Voraussetzung für die in Kapitel 4. bereits beschriebene Buchwertverknüpfung ist gem. § 20 Abs. 1 UmwStG, das ein Betrieb, Teilbetrieb, Mitunternehmeranteil oder ein mehrheitsvermittelnder Anteil an einer Kapitalgesellschaft in die unbeschränkt steuerpflichtige SE gegen Gewährung neuer Aktien eingebracht wird. Weiter muss der neue Anteil an der SE in Deutschland steuerverhaftet bleiben. Ist die einbringende Gesellschaft unbeschränkt steuerpflichtig, liegt dies vor. Bei beschränkt Steuerpflichtigen gilt dies nur, wenn die Beteiligung funktional einer inländischen Betriebsstätte zuzurechnen ist170. Bringt eine beschränkt steuerpflichtige Gesellschaft ihre inländische.Betriebsstätte in die Tochter-SE ein, ist gem. § 20 Abs. 3 UmwStG eine Buchwertverknüpfung nicht zulässig und ein Teilwertansatz zwingend, da in diesem Fall die Anteile an der Tochter-SE nicht mehr in Deutschland steuerverhaftet bleiben171. Das Besteuerungsrecht der SE-Aktien hat gem. Art. 13 Abs. 5 OECD-MA der Sitzstaat der beschränkt steuerpflichtigen Gründungsgesellschaft.

Handelt es sich bei der beschränkt steuerpflichtigen Gesellschaft um eine EU- Kapitalgesellschaft, kann die Einbringung der inländischen Betriebsstätte gem. § 23 Abs. 2 UmwStG steuerneutral erfolgen, sofern die Betriebsstätte einen Betrieb oder Teilbetrieb darstellt. Die Einbringung eines Mitunternehmeranteils reicht insoweit nicht aus172. Durch den in § 23 Abs. 2 UmwStG enthaltenen Verweis auf § 20 Abs. 4 UmwStG gilt auch hier das System der Wertverknüpfung zwischen Tochter-SE und Gründungsgesellschaft. § 23 Abs. 2 UmwStG verweist nicht auf § 20 Abs. 3 UmwStG, so dass es unerheblich ist, dass die SE-Anteile in Deutschland nicht mehr steuerverstrickt sind173. Auch § 23 Abs. 2 UmwStG fordert die Einbringung in eine EU- Kapitalgesellschaft. Hier stellt sich somit erneut die Frage, ob die aufnehmende SE eine EU-Kapitalgesellschaft ist. Mit Hinweis auf Art. 3 Abs. 1 und Art. 10 SE-VO ist dies ebenfalls zu bejahen.174

Ein Buchwertansatz auf Grundlage des § 23 UmwStG entfällt gem. § 26 Abs. 2 S. 2 UmwStG rückwirkend, wenn die SE-Aktien innerhalb von sieben Jahren veräußert werden. Die Vereinbarkeit von § 26 Abs. 2 S. 2 UmwStG mit der FRL ist, wie bereits dargelegt, aufgrund ihrer typisierenden Betrachtung fraglich175.

Überträgt eine inländische Kapitalgesellschaft eine EU-Betriebsstätte auf die Tochter- SE, so eröffnet § 23 Abs. 3 UmwStG auch hier eine Buchwertfortführung176 . Diese Buchwertverknüpfung über die Grenze wird jedoch als nicht konform mit der FRL angesehen177. Die Regelung verstößt zudem gegen DBA-Recht, da die ausländische Betriebsstätte in Deutschland nicht steuerverstrickt ist178.

Entsteht durch die Einlage eine ausländische Tochter-SE, ist eine Buchwertfortführung für den Betrieb bzw. den Teilbetrieb gem. § 23 Abs. 1 und 2 UmwStG möglich179. Unbeschränkt steuerpflichtige Kapitalgesellschaften können gem. § 23 Abs. 1 UmwStG Betriebe oder Teilbetriebe in die inländische Betriebsstätte einer beschränkt steuerpflichtigen SE einbringen, sofern die SE im Gegenzug neue Aktien ausgibt. § 23 Abs. 2 UmwStG regelt, wie gesehen, die Einbringung einer inländischen Betriebsstätte durch eine beschränkt steuerpflichtige EU-Kapitalgesellschaft. In beiden Fällen gilt die Buchwertverknüpfung. Die beschränkt steuerpflichtige Tochter-SE hat hierbei in ihren inländischen Betriebsstätten die Buchwerte fortzuführen.180 Diese Verknüpfungen sind von der FRL gedeckt.181 Weiterhin ist § 26 Abs. 2 UmwStG zu beachten.

 

6. Formwechsel von Aktiengesellschaften

Nach Art. 2 Abs. 4 SE-VO kann eine nationale Aktiengesellschaft in eine SE formgewechselt werden. Gem. Art. 37 Abs. 2 SE-VO führt dies weder zu einer Auflösung der Aktiengesellschaft noch wird eine neue Gesellschaft gegründet.

Da somit keine Vermögensübertragung stattfindet, werden auch keine stillen Reserven aufgedeckt.182 Da zusätzlich eine Sitzverlegung im Rahmen des Formwechsels gem. Art. 37 Abs. 3 SE-VO nicht zulässig ist, ist die Steuerverstrickung gewährleistet und es kommt mit dem Formwechsel nicht zu einer Gewinnrealisierung.

 

7. Ausblick

Die Ausführungen haben gezeigt, dass die Gründung einer Europäischen Aktiengesellschaft bereits nach dem derzeitigen nationalen Recht in vielen Fällen steuerneutral möglich ist. Eine Gründung durch Verschmelzung, d.h. ein Austausch von Anteilen, ist in ihren steuerlichen Folgen jedoch noch offen. Weiter ist zu regeln, was mit einem Körperschaftsteuerguthaben gem. §§ 37, 38 KStG geschieht. Ein Verfall ist nicht akzeptabel. Durch diese fehlende Planungssicherheit ist eine Gründung durch Verschmelzung nicht zu empfehlen. Hier ist der Gesetzgeber dringend gefordert, seine Versäumnisse nachzuholen und die Vorgaben der Fusionsrichtlinie umzusetzen.

Auch in Fällen, in denen eine steuerneutrale Gründung zwar grundsätzlich möglich, aber an eine Buchwert-Verknüpfung über die Grenze gebunden ist, sind Korrekturen insbesondere des § 23 UmwStG erforderlich. Das Gleiche gilt für die Veräußerungssperre von sieben Jahren.

Die Versäumnisse des Gesetzgebers bei der Umsetzung der Fusionsrichtlinie sind unverständlich, da diese die Mitgliedstaaten nur zu einem Besteuerungsaufschub, nicht aber zu einem Besteuerungsverzicht zugunsten eines anderen Mitgliedstaates verpflichtet. Zudem zeigen die Regelungen der §§ 6 b Abs. 10 EStG und 8 b Abs. 2 KStG, dass der Gesetzgeber den Aufschub einer Besteuerung von stillen Reserven bzw. sogar die vollständige Steuerfreistellung durchaus für systemkonform hält. Warum man sich dennoch gegen eine vollständige Umsetzung der Fusionsrichtlinie sperrt, ist nicht nachvollziehbar.

Der Erfolg der Europäischen Aktiengesellschaft in Deutschland wird mit davon abhängen, dass diese Vorgaben der Fusionsrichtlinie vollständig umgesetzt und eindeutige Regelungen für die Gründung dieser Gesellschaftsform geschaffen werden.

 

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Widmann, Siegfried/Mayer, Robert (Hrsg.), Umwandlungsrecht, Kommentar, versch. Bd. und Bearb., Loseblattsammlung, Bonn, September 2003

 

1 Verordnung (EG) Nr. 2157/2001 des Rates vom 08.10.2001 über das Statut der Europäischen Aktiengesellschaft (SE), ABI. EG Nr. L 294 vom 10.11.2001.

2 Bundesministerium der Justiz, Pressemitteilung vom 28.02.2003.

3 Bogenschütz, IStR 2000, S. 609.

4 Herzig/Griemla, StuW 2002, S. 56; Förster/Lange, DB 2002, S. 288; zur Historie s. Theisen/Wenz in Theisen/Wenz, S. 27.

5 Richtlinie des Rates vom 23.07.1990 über das gemeinsame Steuersystem für Fusionen, Spaltungen, die Einbringung von Unternehmensteilen und den Austausch von Anteilen, die Gesellschaften verschiedener Staaten betreffen, ABI. EG Nr. L 225/1 vom 20.08.1990.

6 S. hierzu ausführlich Wenz, AG 2003, S. 185.

7 Jahn/Herfs-Röttgen, DB 2001, S. 631.

8 Schön, Arbeitsbuch, S. 9.

9 Herzig/Griemla, StuW 2002, S. 57.

10 Herzig/Griemla, StuW 2002, S. 57; Korts, “Die Europäische Aktiengesellschaft”, S. 6.

11 Herzig/Griemla, StuW 2002, S. 57.

12 Richtlinie 78/855/EWG vom 08.10.1978, ABI.EG Nr. L 295 v. 10.10.78, S. 36.

13 Vossius in Widmann/Mayer, § 20 UmwG, Rz. 428; Herzig/Griemla, StuW 2002, S. 58;Schultz/Petersen, DStR 2002, S.1511.

14 Vossius in Widmann/Mayer, § 20 UmwG, Rz. 428.

15 Kersting, DB 2001, S. 2083.

16 Neun in Theisen/Wenz, S. 168.

17 Herzig/Griemla, StuW 2002, S. 58.

18 Vossius in Widmann/Mayer, § 20 UmwG, Rz. 405.

19 Schön, Arbeitsbuch, S. 10; Vossius in Widmann/Mayer, § 20 UmwG, Rz. 452.

20 Thömmes in Theisen/Wenz, S. 487.

21 Neun in Theisen/Wenz, S. 61.

22 Herzig in Schaumburg/Piltz, S. 146.

23 Förster/Lange, DB 2002, S. 289; s. auch Frotscher in Frotscher/Maas, Einführung UmwStG, Rz. 21; Herzig/Förster, DB 1994, S. 1; Herzig, DB 2000, S. 2242.

24 Thömmes in Theisen/Wenz, S. 490.

25 Förster/Lange, DB 2002, S. 289.

26 Förster/Lange, DB 2002, S. 289.

27 Förster/Lange, DB 2002, S. 289.

28 Kessler, „Chancen und Risiken der Europäischen Aktiengesellschaft“, S. 4 ff.; Thömmes inTheisen/Wenz, S. 489.

29 Schwarz in Widmann/Mayer, § 1 UmwG, Rz, 29, 34, m.w.N.; Sagasser in Sagasser u.a., S. 14; Frotscher in Frotscher/Maas, §j 1 UmwStG, Rz. 5; Schulz/Geismar, DStR 2001, S. 1080; Hey, GmbHR 2001, S. 1001.

30 Begründung zum UmwG vom 04.02.1994, BR-Drucksache 75/94, S. 17, abgedruckt bei Widmann/Mayer, Bd.1.

31 Vossius in Widmann/Mayer, § 20 UmwG, Rz. 423.

32 Patt in Dötsch u.a.. Umwandlungssteuerrecht, § 20 UmwStG, Rz. 125.

33 Schön, Arbeitsbuch, S. 30; Korts, „Die Europäische Aktiengesellschaft“, S. 26 ff.

34 EuGH, 05.11.02 -Rs.C-208/00, BB 2002, 2402 ff.

35 Sagasser in Sagasser u.a., S. 17, Rz. 34.

36 Frotscher in Frotscher/Maas, § 1 UmwStG, Rz. 5.

37 Thömmes in Theisen/Wenz, S. 491; Herzig/Griemla, StuW 2002, S. 55 ff.; Förster/Lange, DB 2002, S. 289; Vossius in Widmann/Mayer, § 20 UmwG, Rz. 424.

38 Thömmes in Theisen/Wenz, S. 491; Förster/Lange, DB 2002, S. 289.

39 BMF vom 25.03.1998 “Schreiben betr. Umwandlungssteuergesetz 1995 (UmwStG 1995 Zweifels- und Auslegungsfragen”, BStBl I 1998, S. 268 i.d.F.v. 21.08.2001, BStBl I 2C S. 543, Tz. 01.03, 00.03; Dötsch in Dötsch u.a., “Umwandlungssteuerrecht”, § 1 UmwStG Rz. 8, Einf. UmwStG, Rz. 43 und 48; a.A. Widmann in Widmann/Mayer, § 1 UmwStG Rz. 19; Schulz/Petersen, DStR 2002, S. 1510, nach deren Ansicht nur der übertrage Rechtsträger unbeschränkt steuerpflichtig sein muß.

40 Förster/Lange, DB 2002, S. 289; Thömmes in Theisen/Wenz, S. 491.

41 Schön, Arbeitsbuch, S. 15.

42 Schön, Arbeitsbuch, S. 15; Thömmes in Theisen/Wenz S. 492; International Bureau of Fiscs Documentation, “Survey on the Societas Europaea”, September 2003, Annex 6 – German) S. 4.

43 Kaminski, DStR 1997, S. 54.

44 Schulz/Petersen, DStR 2002, S. 1511.

45 Graffe in Dötsch u.a., Die Körperschaftsteuer, § 11, Rz. 5.

46 Dritte Richtlinie 78/855 EWG des Rates vom 09. Oktober 1978 gem. Art. 54 Abs.3 Buchstabe g des Vertrages betreffend die Verschmelzung von Aktiengesellschaften (ABl. L 29 vom 20.10.1978).

47 Förster/Lange, DB 2002, S. 289; Kessler, “Chancen und Risiken der Europäischen Aktiengesellschaft”, S. 3; Schön, Arbeitsbuch, S. 15; Schulz/Petersen, DStR 2002, S. 1512; Thömmes in Theisen/Wenz, S. 492.

48 Dötsch in Dötsch u.a., Die Körperschaftssteuer, § 12, Rz.2.

49 Förster/Lange, DB 2002, S. 289; Kessler, “Chancen und Risiken der Europäischen Aktiengesellschaft”, S. 3; Schön, Arbeitsbuch, S. 15; Thömmes in Theisen/Wenz, S. 492.

50 Schulz/Petersen, DStR 2002, S. 1512; s. a. Hommelhoff, AG 2001, S. 286, Fn. 54.

51 BFH v. 16.12.1975, BStBl II1976, S. 246; Bericht der Bundesregierung zur Fortentwicklung des Unternehmenssteuerrechts vom 19.04.2001, S. 33 ff.; Kessler, “Chancen und Risiken dei Europäischen Aktiengesellschaft”, S. 15; Schulz/Petersen, DStR 2002, S. 1512, m.w.N.

52 Thömmes in Theisen/Wenz, S. 493.

53 Förster/Lange, DB 2002, S. 289.

54 Förster/Lange, DB 2002, S. 289.

55 Thömmes in Theisen/Wenz, S. 493/494.

56 Schön, Arbeitsbuch, S. 16.

57 Schön, Arbeitsbuch, S. 16; Kessler, “Chancen und Risiken der Europäischen Aktiengesellschaft”, S. 4; gleichfalls ablehnend Schulz/Petersen, DStR 2002, S. 1512.

58 Förster/Lange, DB 2002, S. 289.

59 BMF-Schreiben vom 28.04. 2003, „Anwendung des § 8b KStG 2002 und die Auswirkungen auf die Gewerbesteuer“, DB 2003, S. 1029, Rz. 22; s.a. Dötsch in Dötsch u.a., Umwandlungssteuerrecht, § 15 UmwStG, Rz. 50.

60 Thömmes in Theisen/Wenz, S. 494.

61 Förster/Lange, DB 2002, S. 289.

62 Kessler, “Chancen und Risiken der Europäischen Aktiengesellschaft”, S. 6.

63 Förster/Lange, DB 2002, S. 289.

64 Kessler, “Chancen und Risiken der Europäischen Aktiengesellschaft”, S. 6.

65 Schön, Arbeitsbuch, S. 17.

66 Schön, Arbeitsbuch, S. 17.

67 Schön, Arbeitsbuch, S. 17.

68 Thömmes in Theisen/Wenz, S. 494.

69 Glanegger in Schmidt, EStG § 6, Rz. 124 ff.

70 BMF-Schreiben vom 28.04.2003, “Anwendung des § 8 b KStG 2002 und Auswirkungen auf die Gewerbesteuer”, DB 2003, S. 1028, Rz. 13

71 Förster/Lange, DB 2002, S. 290

72 Förster/Lange, DB 2002, S. 290; Thömmes in Theisen/Wenz, S. 495, Fn. 3

73 Kessler, “Chancen und Risiken der Europäischen Aktiengesellschaft”, S. 5

74 Thömmes in Theisen/Wenz, S. 513; BMF v. 12.12.1997, Schreiben betr. Übertragung von Grundstücken bei Umwandlungen, Einbringungen und andere Erwerbs Vorgänge auf gesellschaftsvertraglicher Grundlage vom 12.12.1997, Buchstabe A

75 EuGH, 05.11.2002 – RS. C-208/00, BB 2002, 2402 ff.

76 Dötsch in Dötsch u.a., Die Körperschaftsteuer, § 12, Rz. 6

77 Richtlinie (EWG) Nr. 90/434 v. 23.07.1990 über das gemeinsame Steuersystem für Fusionen, Spaltungen, die Einbringung von Untemehmensanteilen und den Austausch von Anteilen, die Gesellschaften verschiedener Mitgliedstaaten betreffen, ABI. EG Nr. L 225/1 v. 20.08.1990, geändert durch Beitrittsakte 1995, ABI. EG Nr. L 11/144 v. 01.01.1995

78 Herzig/Griemla, StuW 2002, S. 59, m.w.N.

79 Hey, GmbHR 2001, S. 1000

80 Thömmes in Theisen/Wenz, S. 503, 504

81 Herzig/Griemla, StuW 2002, S. 63

82 Tümpel, GesRZ 2002, S. 163

83 Hey, GmbHR 2001, S. 1000

84 Tümpel, GesRZ 2002, S. 163

85 Tümpel, GesRZ 2002, S. 163

86 Thömmes in Theisen/Wenz, S. 502

87 Herzig/Griemla, StuW 2002, S. 59; Schön, Arbeitsbuch, S. 19; Schulz/Petersen, DStR 2002, S. 514; Knobbe-Keuk, AG 1990, S. 437; Patt in Dötsch u.a., Umwandlungssteuerrecht, § 23 UmwStG, Rz. 27

88 Thömmes in Theisen/Wenz, S. 502

89 Herzig/Griemla, StuW 2002, S. 59; Thömmes in Theisen/Wenz, S. 502; Schulz/Petersen, DStR 2002, S. 1514; eine entsprechende Ergänzung der Anlage wird z. Zt. vorbereitet, Kommissar F. Bolkestein in seiner Rede vom 29.11.2002, s. International Bureau of Fiscal Documentation, “Survey on the Societas Europaea”, September 2003, S. 5

90 Thömmes in Theisen/Wenz, S. 504, Herzig/Griemla, StuW 2002, S. 62

91 Thömmes in Theisen/Wenz, S. 505; Herzig/Griemla, StuW 2002, S. 64

92 Kessler, “Chancen und Risiken der Europäischen Aktiengesellschaft’1, S. 6

93 EuGH v. 21.09.1999, BStBl II1999, S. 844

94 BMF v. 24.12.1999, BStBl 11999, S. 1085, Tz 2.4

95 Thömmes in Theisen/Wenz, S. 506

96 Kessler, “Chancen und Risiken der Europäischen Aktiengesellschaft”, S. 6.; Kessler, “Steuerliche Besonderheiten von SE-Holdinggesellschaften”, S. 5, m.w.N.

97 BFH, BStBl II 1970, S. 260 ff.

98 Kessler, “Steuerliche Besonderheiten von SE-Holdinggesellschaften”, S. 11

99 Herzig/Dautzenberg/Heyeres, DB 1991, Beilage 12, S. 4, 7

100 Herzig/Griemla, StuW 2002, S. 64

101 Herzig/Dautzenberg/Heyeres, DB 1991, Beilage 12, S. 9

102 Kessler, “Steuerliche Besonderheiten von SE-Holdinggesellschaften” S.12; Schön, Arbeitsbuch, S. 17; Förster/Lange, DB 2002, S. 290

103 Herzig/Griemla, StuW 2002, S. 64

104 Herzig/Griemla, StuW 2002, S. 64

105 Thömmes in Theisen/Wenz, S. 504

106 Kaminski, DStR 1997, S. 54

107 Herzig/Dautzenberg/Heyeres, DB 1991, Beilage 12, S. 8

108 Herzig/Griemla, StuW 2002, S. 66; Thömmes in Theisen/Wenz, S. 511; Tümpel, GesRZ 2002, S. 163

109 Thömmes in Theisen/Wenz, S. 510

110 Herzig/Griemla, StuW 2002, S. 61; Jahn/Herfs-Röttgen, DB 2001, S. 63; Thömmes in Thei- sen/Wenz, S. 515; Schön, Arbeitsbuch, S. 20

111 Tümpel, GesRZ 2002, S. 163; Thömmes in Theisen/Wenz, S. 508

112 Herzig/Griemla, StuW 2002, S. 67

113 Herzig/Griemla, StuW 2002, S. 68

114 Herzig/Griemla, StuW 2002, S. 68

115 Thömmes in Theisen/Wenz, S. 509

116 Herzig/Griemla, StuW 2002, S. 68

117 Herzig/Griemla, StuW 2002, S. 69

118 Tümpel, GesRZ 2002, S. 163; Herzig/Griemla, StuW 2002, S. 69; Thömmes in Theisen/Wenz, S. 509

119 Tümpel, GesRZ 2002, S. 163

120 Tümpel, GesRZ 2002, S. 163

121 Herzig/Griemla, StuW 2002, S. 70

122 International Bureau of Fiscal Documentation, “Survey on the Societas Europaea”, September 2003, S. 29, 30; Förster/Lange, DB 2002, S. 290; Schulz/Petersen, DStR 2002, S. 1514; Thömmes in Theisen/Wenz, S. 512

123 Schulz/Geismar, DStR 2001, S. 1083

124 Schulz/Petersen, DStR 2002, S. 1514; Herzig/Griemla, StuW 2002, S. 61

125 Thömmes in Theisen/Wenz, S. 514; EuGH in RS C-8/81, Urteil vom 19.01 J 982, EuGH Slg. 1982,1-53

126 Herzig/Griemla, StuW 2002, S. 61 m.w.N.; Förster/Lange DB 2002, S. 290 – 291; Thömmes in Theisen/Wenz, S. 515; Kessler, “Chancen und Risiken der Europäischen Aktiengesellschaft”, S. 5; Schön, Arbeitsbuch, S. 19

127 Dötsch, Umwandlungssteuerrecht 1998, Rz. 938; Herzig, DB 1993, S. 4

128 Schulz/Petersen, DStR 2002, S. 1514; Hey, GmbHR 2001, S. 1004; Lutter, BB 2002, S, 6; Kessler, “Chancen und Risiken der Europäischen Aktiengesellschaft”, S. 16

129 Förster/Lange, DB 2002, S. 291

130 Thömmes in Theisen/Wenz, S. 495

131 Förster/Lange, DB 2002, S. 291; Schön, Arbeitsbuch, S. 18; Herzig/Förster, DB 1994, S. 4; Schulz/Petersen, DStR 2002, S. 1512

132 BMF vom 19.04.2001, Bericht zur Fortentwicklung des Unternehmenssteuerrechts 2001, S. 22

133 Förster/Lange, DB 2002, S. 291; Thömmes in Theisen/Wenz, S. 496

134 Förster/Lange, DB 2002, S. 291

135 Thömmes in Theisen/Wenz, S. 496

136 Förster/Lange, DB 2002, S. 291

137 Thömmes in Theisen/Wenz, S. 499

138 Schulz/Petersen, DStR 2002, S. 1511

139 Schulz/Petersen, DStR 2002, S. 1511

140 Thömmes in Theisen/Wenz, S. 497

141 Thömmes in Theisen/Wenz, S. 497

142 Förster/Lange, DB 2002, S. 291

143 Förster/Lange, DB 2002, S. 291; Thömmes in Theisen/Wenz, S. 498

144 Kessler, “Chancen und Risiken der Europäischen Aktiengesellschaft”, S. 14

145 Förster/Lange, DB 2002, S. 291; Schön, Arbeitsbuch, S. 18

146 Förster/Lange, DB 2002, S. 291

147 Thömmes in Theisen/Wenz, S. 499; Förster/Lange, DB 2002, S. 289

148 Thömmes in Theisen/Wenz, S. 499; Schön, Arbeitsbuch, S. 19; Förster/Lange, DB 2002, S. 29; Schulz/Geismar, DStR 2001, S. 1083

149 Herzig/Griemla, StuW 2002, S. 71; Schulz/Petersen, DStR 2002, S. 1512

150 Tümpel, GesRZ 2002, S. 163

151 Frotscher in Frotscher/Maas, § 23 UmwStG, Rz. 57; Herzig/Griemla, StuW 2002, S. 71

152 Schulz/Petersen, DStR 2002, S. 1513; Frotscher in Frotscher/Maas, § 23 UmwStG, Rz. 63; Grotherr, BB 1992, S. 2262; Herzig/Griemla, StuW 2002, S. 72

153 Herzig/Griemla, StuW 2002, S. 72

154 Frotscher in Frotscher/Maas, § 23 UmwStG, Rz. 63

155 Patt in Dötsch u.a., Umwandlungssteuerrecht, § 23 UmwStG, Rz. 119

156 Förster/Lange, DB 2002, S. 293; Patt in Dötsch u.a,, Umwandlungssteuerrecht, § 23 UmwStG, Rz. 27 und 92; Thömmes in Theisen/Wenz, S. 521, 522

157 Förster/Lange, DB 2002, S. 293; Thömmes in Theisen/Wenz, S. 522, m.w.N.; Patt in Dötsch u.a., Umwandlungssteuerrecht, § 23 UmwStG, Rz. 110 ff., 114, m.w.N.; Widmann in Wid- mann/Mayer, § 23 UmwStG, Rz. 213; Tümpel, GesRZ 2002, S. 164

158 BMF vom 25.03.1998/21.08.2001, BStBl 12001, S. 543, Beispiel in Tz. 23.10

159Patt in Dötsch u.a., Umwandlungssteuerrecht, § 23 UmwStG, Rz. 114; Widmann in Widmann/Mayer, § 23 UmwStG, Rz. 381 ff.

160Patt in Dötsch u.a., Umwandlungssteuerrecht, § 25 UmwStG, Rz. 18

161 Thömmes in Theisen/Wenz, S. 524

162 Herzig/Griemla, StuW 2002, S. 73; Schulz/Geismar, DStU 2001, S. 1084; Thömmes in Theisen/Wenz, S. 524

163 Tümpel, GesRZ 2002, S. 166

164 Thömmes in Theisen/Wenz, S. 524

165 Tümpel, GesRZ 2002, S. 166

166 Förster/Lange, DB 2002, S. 293; Herzig/Griemla, StuW 2002; S. 75; Schulz/Geismar, DStR 2001, S. 1084; Thömmes in Theisen/Wenz, S. 525

167 Förster/Lange, DB 2002, S. 29.3; Thömmes in Theisen/Wenz, S. 525

168 Förster/Lange, DB 2002, S. 294; Patt in Dötsch u.a., Umwandlungssteuerrecht, § 20 UmwStG, Rz. 217.

169 International Bureau of Fiscal Documentation, “Survey on the Societas Europaea”, September 2003, S. 32 ff.; Sagasser in Sagasser u.a., Umwandlungen, S. 124, Rz. 16

170 Förster/Lange, DB 2002, S. 293; Patt in Dötsch u.a., Umwandlungssteuerrecht, § 20 UmwStG, Rz. 188

171 Förster/Lange, DB 2002, S. 293; Thiel in Schaumburg/Piltz, S. 46; Herzig/Griemia, StuW 2002, S. 73

172 Förster/Lange, DB 2002, S. 294

173 Patt in Dötsch u.a., Umwandlungssteuerrecht, § 23 UmwStG, Rz. 48

174 Förster/Lange, DB 2002, S. 293; Patt in Dötsch u.a., Umwandlungssteuerrecht, § 20 UmwStG, Rz. 125 und § 23 UmwStG, Rz. 27

175 Förster/Lange, DB 2002, S. 294; Wassermeyer, DStR 1992, S. 61; Thömmes in Theisen/Wenz, S. 527; a.A. Patt in Dötsch u.a., Umwandlungssteuerrecht, § 23 UmwStG, Rz. 51

176Thömmes in Theisen/Wenz, S. 527; Herzig/Griemla, StuW 2002, S. 74; Schulz/Geismar, DStR 2001, S. 1084

177 Herzig/Griemla, StuW 2002, S. 74; Thömmes in Theisen/Wenz, S. 528

178 Thömmes in Theisen/Wenz, S. 528

179 Förster/Lange, DB 2002, S. 294; Herzig/Griemla, StuW 2002, S. 73

180 Thömmes in Theisen/Wenz, S. 526

181 Herzig/Griemla, StuW 2002, S. 74

182 Tümpel, GesRZ 2002, S. 167; Herzig/Griemla, StuW 2002, S. 75; Dötsch in Dötsch u.a. Umwandlungssteuerrecht, Einf. UmwStG, Rz. 49

Der Aufsichtsrat – Satzung / Beschlüsse / Verträge

Inhaltsangabe

I. Vorwort

II. Die gesellschaftsrechtliche Stellung des Aufsichtsrats einer Aktiengesellschaft

III. Musterformulierungen mit Kommentierung

1. Mustersatzung (Auszug)

2. Musterbeschluss der Hauptversammlung (Auszug)

3. Kommentierung

a) Zur Mustersatzung

aa) § 10 der Mustersatzung – Voraussetzungen der Mitgliedschaft im Aufsichtsrat

aaa) Gesetzliche Voraussetzungen für die Mitgliedschaft im Aufsichtsrat

bbb) Satzungsmäßige Voraussetzungen für die Mitgliedschaft im Aufsichtsrat

ccc) Informationspflicht über den Wegfall von Voraussetzungen

bb) § 11 der Mustersatzung – Abberufung, Niederlegung

aaa) Abberufung

bbb) Niederlegung

cc) § 12 der Mustersatzung – Aufgaben des Aufsichtsrats

dd) § 13 der Mustersatzung – Besondere Pflichten des Aufsichtsrats

aaa) Verschwiegenheitspflicht

bbb) Informationspflicht bei Directors’ Dealings

ee) § 14 der Mustersatzung – Audit Committee

aaa) Rechtliches Erfordernis eines Audit Committee

bbb) Zusammensetzung und Aufgaben eines Audit Committee im Rahmen des deutschen Aktienrechts

ff) § 15 der Mustersatzung – Vergütung des Aufsichtsrats

aaa) Vergütungsregelung

bbb) Steuerliche Aspekte der Aufsichtsratsvergütung

gg) § 16 der Mustersatzung – Verträge mit Aufsichtsratsmitgliedern

b) Zum Musterbeschluss der Hauptversammlung

aa) Bewilligung der Vergütung

bb) Erfolgsabhängige Vergütung

cc) D&O-Versicherungen

IV. Haftung von Aufsichtsratsmitgliedern

V. Arbeitnehmervertreter im Aufsichtsrat

1. Überblick über die Mitbestimmung in deutschen Unternehmen

2. Mitbestimmung nach dem Drittelbeteiligungsgesetz

3. Mitbestimmung nach dem Mitbestimmungsgesetz

4. Vergütung der Arbeitnehmervertreter aus steuerlicher Sicht

VI. Literaturverzeichnis

 

I. Vorwort

Die Arbeit der Aufsichtsräte in Deutschland ist in den letzten Jahren durch einige wichtige Gesetzesänderungen beeinflusst worden. Zu nennen sind an dieser Stelle die Einführung der sogenannten Geschlechterquote sowie die umfassende Neureglung der Vorschriften zu den directors`dealings und verbotenen Insidergeschäften durch die Marktmissbrauchsrichtlinie. Der komplett neu gefasste Corporate Governance Kodex legt ein besonderes Augenmerk auf die Unabhängigkeit von Aufsichtsräten und sieht eine Vielzahl von Empfehlungen hierzu vor. Auch die Rechtsprechung zur Frage der Haftung des Aufsichtsrats und der gerichtlichen Konkretisierung der Aufgaben des Aufsichtsrats hat die Arbeit von Aufsichtsräten komplexer und haftungsträchtiger werden lassen. Prüfungsausschuss und Compliance sind u.a. die Stichworte, mit denen jeder Aufsichtsrat sich aktuell auseinandersetzen muss. Die Anfechtung von Entlastungsbeschlüssen der Hauptversammlung wegen Pflichtversäumnissen von Aufsichtsräten ist nach wie vor ein Dauerbrenner bei den Gerichten. Die Frage nach der angemessenen Vergütung und die Kombination von Beratungsvertrag und Aufsichtsratsmandat sind ebenfalls weiterhin im Fokus.

Zu fragen ist angesichts dieser umfangreichen Erweiterung des Pflichtenkreises von Aufsichtsräten, welchen Regelungen und Verantwortlichkeiten das einzelne Aufsichtsratsmitglied im Gesellschaftsrecht, Schuldrecht, Arbeitsrecht und Steuerrecht unterliegt, unterliegen könnte oder unterliegen sollte.

Die Neuauflage des vorliegenden Werkes befasst sich darüber hinaus auch wieder mit den Problemen der Aufsichtsratsvergütungen unter dem Gesichtspunkt der deutschen Corporate-Governance-Regeln die Absicherung von Aufsichtsräten durch eine Directors’ and Officers’ Liability Insurance.

 

Köln, Januar 2022 Petra Korts
II. Die gesellschaftsrechtliche Stellung des Aufsichtsrats einer Aktiengesellschaft

Der Aufsichtsrat ist gesetzliches Pflichtorgan einer Aktiengesellschaft, § 30 AktG. Er hat mindestens drei Mitglieder, § 95 Satz 1 AktG. Die Satzung kann eine höhere Anzahl festlegen, diese Anzahl muss jedoch durch Drei teilbar sein, § 95 Sätze 2 und 3 AktG. Die konkrete Höchstzahl der Aufsichtsratsmitglieder richtet sich nach der Höhe des Grundkapitals, § 95 Satz 4 AktG. Bei einem Grundkapital von bis zu 1,5 Mio. EUR sind maximal neun Mitglieder vorgesehen. Liegt das Grundkapital über 1,5 Mio. EUR und unter 10 Mio. EUR, liegt die Höchstzahl bei 15 Aufsichtsratsmitgliedern. Bei einem Grundkapital von mehr als 10 Mio. EUR sind einundzwanzig Aufsichtsratsmitglieder möglich. Gleichzeitige Mitgliedschaften in Vorstand und Aufsichtsrat schließen sich gegenseitig aus, § 105 Abs. 1 AktG.

Die konkrete Zusammensetzung des Aufsichtsrats gestaltet sich unterschiedlich. In Aktiengesellschaften mit mehr als 500 aber weniger als 2000 Arbeitnehmern muss der Aufsichtsrat zu 2/3 aus Anteilseignervertretern und zu 1/3 aus Arbeitnehmervertretern bestehen, § 96 Abs. 1 Alt. 4 AktG, § 1 DrittelbG. In Aktiengesellschaften mit mehr als 2000 Arbeitnehmern muss das Verhältnis zwischen Anteilseignervertretern und Arbeitnehmervertretern 1:1 betragen, § 96 Abs. 1 Alt. 1 AktG, §§ 1 Abs. 1, 7 MitbestG. In den Gesellschaften, die gem. § 1 MontanMitbestG dem Montanmitbestimmungsgesetz unterliegen, sind je gleiche Anzahlen von Arbeitnehmervertretern und Anteilseignervertretern sowie ein zusätzlicher Neutraler vorgeschrieben, § 96 Abs. 1 Alt. 2 AktG, § 4 Abs. 1 MontanMitbestG. In allen anderen Aktiengesellschaften mit weniger als 500 Arbeitnehmern besteht der Aufsichtsrat nur aus Anteilseignervertretern, § 96 Abs. 1 Alt. 6 AktG.1

Die Mitglieder des Aufsichtsrats, welche die Anteilseigner vertreten, werden von der Hauptversammlung gewählt, § 101 Abs. 1 AktG, § 8 MitbestG, § 5 MontanMitbestG. Die Arbeitnehmervertreter werden von den Arbeitnehmern gewählt, die Hauptversammlung hat darauf keinen Einfluss, § 9 MitbestG, § 6 MontanMitbestG, § 5 DrittelbG.

§ 96 Abs. 2 AktG regelt die Geschlechterquote2 im Aufsichtsrat. Betroffen sind in der Privatwirtschaft börsennotierte Unternehmen, die der paritätischen Mitbestimmung unterliegen, d. h. Aktiengesellschaften und Kommanditgesellschaften auf Aktien mit in der Regel mehr als 2.000 Arbeitnehmern sowie Europäische Aktiengesellschaften (SE), die mit derselben Zahl von Anteilseigner- und Arbeitnehmervertretern im Aufsichts- oder Verwaltungsorgan verfügen. Der Aufsichtsrat betroffener Unternehmen muss sich aus mindestens 30% Frauen und mindestens 30% Männern zusammen. Seit dem 1.1.2016 ist die Quote sukzessive für die seitdem neu zu besetzenden Aufsichtsratsposten beachten, § 25 Abs. 2 EGAktG. Eine gegen die Quote verstoßende Aufsichtsratswahl ist nichtig, die für das unterrepräsentierte Geschlecht vorgesehenen Plätze bleiben rechtlich unbesetzt („leerer Stuhl“). Die Gesetzesbegründung weist im Zusammenhang mit dieser Nichtigkeit darauf hin, dass diese zunächst keine Auswirkungen auf die Handlungsfähigkeit des Aufsichtsrates haben solle, auch der auf diese Weise unterbesetzte Aufsichtsrat bleibe im Grundsatz beschlussfähig, wenn mindestens die Hälfte der Mitglieder an der Beschlussfassung teilnimmt (§ 108 Abs. 2 Satz 2 AktG). Nur wenn es gerade auf die Stimme des nicht wirksam gewählten Aufsichtsratsmitglieds ankommen sollte, sei die Wirksamkeit des Beschlusses in Frage gestellt.3 Nach der Rechtsprechung des BGH4 ist ein Aufsichtsratsbeschluss ist nicht mit der erforderlichen Mehrheit gefasst, wenn Nichtmitglieder mitgestimmt haben, deren Stimmen für die Beschlussfassung ursächlich waren (meint gleichermaßen Annahme oder Ablehnung eines Beschlussantrages). Nichtmitglied in diesem Sinne ist auch das nichtig gewählte Aufsichtsratsmitglied (ebenfalls Nichtmitglied ist das Aufsichtsratsmitglied, dessen Wahl erfolgreich angefochten wird). Der BGH hält jedoch fest, dass es Ausnahmen geben kann und für jeden Einzelfall zu prüfen sei, ob bei einer erfolgreichen Anfechtung eines Aufsichtsratsbeschlusses eine Rückabwicklung den berechtigten Interessen der Beteiligten zuwiderlaufen würde.

Unternehmen, die entweder börsennotiert oder mitbestimmt sind, also in der Regel mehr 500 aber weniger als 2.000 Arbeitnehmer beschäftigen, sind verpflichtet, Zielgrößen und Fristen zur Erhöhung des Frauenanteils im Aufsichtsrat, im Vorstand und auf der oberen Management-Ebene festzulegen, § 76 Abs. 4 AktG und § 111 Abs. 5 AktG. Liegt Frauenanteil in einer Führungsebene unter 30 %, darf die festgelegte Zielgröße nicht darunter liegen. Die erste Frist für die Erreichung der gesteckten Ziele war spätestens bis zum 30.9.2015 festzulegen und durfte max. bis zum 30.6.2017 dauern, § 25 Abs. 1 EGAktG. Danach dürfen die Fristen max. 5 Jahre dauern. Zudem gibt es eine öffentliche Berichtspflicht über die festgelegten Zielgrößen und deren Erreichen, vgl. § 124 Abs. 2 Satz 2 AktG.

Der Aufsichtsrat als so genanntes Innenorgan ist fast ausschließlich für interne Vorgänge der Gesellschaft zuständig. Nur in Ausnahmefällen vertritt er die Gesellschaft,5 so gegenüber amtierenden oder früheren Vorstandsmitgliedern6 (§ 112 AktG) und dem Abschlussprüfer (§ 111 Abs. 2 Satz 3 AktG). Der Aufsichtsrat ist gegenüber der Hauptversammlung einmal jährlich berichtspflichtig. Dieser schriftlich zu erstattende Bericht umfasst das Ergebnis seiner Prüfung der Rechnungslegung und des Jahresabschlusses und seine Aufgabenerfüllung bei der Überwachung der Geschäftsführungstätigkeiten des Vorstands, § 171 Abs. 2 AktG. Die Satzung oder der Aufsichtsrat haben einen Katalog zustimmungspflichtiger Geschäfte aufzustellen, § 111 Abs. 4 Satz 2 AktG.

Der neue Corporate Governance Kodex 2020, der für börsennotierte Aktiengesellschaften zu beachten ist, legt ein besonderes Augenmerk auf die Unabhängigkeit der Aufsichtsräte. In Ziffern C.6 bis C.12 sieht er umfangreiche Indikatoren für diese empfohlene (Un-)Abhängigkeit fest7 und beschreibt, wovon der Aufsichtsrat unabhängig sein soll, nämlich von Vorstand und Hauptversammlung; der Vorsitzende des Prüfungsausschusses soll zudem unabhängig von kontrollierenden Aktionären sein.8 Sofern ein oder mehrere der im Kodex genannten Indikatoren der Abhängigkeit eines Aufsichtsrates gegen sein, dieser dennoch als unabhängig angesehen werden, so ist dies in der Erklärung zur Unternehmensführung zu begründen.9

 

III. Musterformulierungen mit Kommentierung

Das Aufsichtsratsmitglied ist Organmitglied. Die Organstellung ist gesellschaftsrechtlicher Natur und entsteht durch einen Bestellungsakt der Hauptversammlung und Annahme der Bestellung durch die bestellte Person. Die organschaftlichen Rechte und Pflichten des Aufsichtsratsmitglieds sind im Gesetz festgelegt und können auch in gewissen Punkten Regelungen durch die Satzung erhalten.10

Das Aufsichtsratsmitglied hat im Verhältnis zur AG eine körperschaftsrechtliche Amtsstellung im Hinblick auf die Organfunktion des Aufsichtsrates. Daneben besteht nach h. M. kein vertragliches Anstellungsverhältnis, sondern ein gesetzliches Schuldverhältnis, das durch die Bestellung und die Annahme des Amtes zustande kommt und dessen Inhalt durch die gesetzlichen Vorschriften des AktG, die Satzung und einen etwaigen Vergütungsbeschluss der Hautversammlung bestimmt wird.11 Eine Vergütung kann der Aufsichtsrat gemäß § 113 AktG nur dann beanspruchen, wenn und soweit eine Vergütung in der Satzung festgesetzt oder von der Hauptversammlung per Beschluss bewilligt wurde. Ohne eine solche satzungsmäßige Festsetzung oder beschlussmäßige Bewilligung ist die Aufsichtsratstätigkeit unentgeltlich. Es besteht auch kein Anspruch gemäß § 612 BGB auf die „übliche Vergütung“, da Voraussetzung ein vertragliches Anstellungsverhältnis wäre. Vertragliche Vereinbarungen über die Zahlung von Vergütung, die nicht durch Satzung oder Hauptversammlungsbeschluss legitimiert sind, sind wegen Verstoßes gegen § 134 BGB nichtig; daraufhin erfolgte Zahlungen sind zurückzuzahlen.

Von Musterformulierungen auf schuldrechtlicher Ebene wurde in diesem Buch abgesehen. Bereits die grundsätzliche Wirksamkeit eines solchen schuldrechtlichen Vertrags, abgesehen von der Wirksamkeit bestimmter Vertragsinhalte, begegnet erheblichen Zweifeln, so dass der Abschluss eines solchen Vertrags nicht ohne juristische Beratung in dem konkreten Fall angeraten ist.

Die nachfolgenden Ausführungen befassen sich daher mit dem Rechtsverhältnis der Aufsichtsräte auf gesellschaftsrechtlicher Ebene und beleuchten die rechtlichen Gestaltungsmöglichkeiten problematischer und teilweise umstrittener Teilaspekte, wie beispielsweise Verträge mit Aufsichtsratsmitgliedern nach § 114 AktG, Wettbewerbsverbote für Aufsichtsratsmitglieder, das Erfordernis der Einrichtung eines Audit Committees, Aktienoptionspläne für Aufsichtsratsmitglieder sowie die Grundlagen für die Berechnung einer erfolgsabhängigen Vergütung.

 

 

1. Mustersatzung (Auszug)

§ 10 Voraussetzungen der Mitgliedschaft im Aufsichtsrat

  1. Mitglied des Aufsichtsrats kann nicht sein, wer Mehrheitsgesellschafter, mittelbarer Mehrheitsgesellschafter oder mit Veto-Stimmrecht ausgestatteter Gesellschafter oder Mitglied eines Aufsichts-, Vertretungs-, oder Verwaltungsorgans eines Unternehmens ist, welches in den Tätigkeitsbereichen der Gesellschaft im Wettbewerb mit der Gesellschaft steht, welches mit einem solchen Wettbewerbsunternehmen verbunden ist oder welches ein verbundenes Unternehmen der Gesellschaft im Sinne von §§ 17 ff. AktG ist.

Mitglied des Aufsichtsrats kann weiterhin nicht sein, wer bei einer Tochtergesellschaft oder mittelbaren Tochtergesellschaft oder einem gemäß §§ 17 ff. AktG verbundenen Unternehmen der Gesellschaft eine Organstellung innehat oder an einer solchen Gesellschaft zu 25% oder mehr unmittelbar oder mittelbar beteiligt ist.

Diese Beschränkungen gelten nur für Aufsichtsratsmitglieder, die von der Hauptversammlung ohne Bindung an Wahlvorschläge gewählt oder aufgrund der Satzung in den Aufsichtsrat entsandt werden.

  1. Entfällt eine gesetzliche oder satzungsgemäße Amtsvoraussetzung in der Person eines Aufsichtsratsmitglieds nach Amtsantritt, so ist dieses Aufsichtsratsmitglied verpflichtet, dies der Gesellschaft unverzüglich mitzuteilen. Die Mitteilung hat schriftlich an den Vorstandsvorsitzenden zu erfolgen, der seinerseits unverzüglich die Hauptversammlung hiervon in Kenntnis zu setzen hat.

 

§ 11 Abberufung, Niederlegung

  1. Die Abberufung eines Aufsichtsratsmitglieds vor Ablauf seiner Amtszeit durch die Hauptversammlung bedarf eines Beschlusses mit einfacher Mehrheit der abgegebenen Stimmen. Gründe für die Abberufung eines Aufsichtsratsmitgliedssind insbesondere
    • Wegfall der satzungsmäßigen Amtsvoraussetzungen nach § 10 der Satzung;
    • Verstoß des Aufsichtsratsmitglieds gegen die Meldepflicht gegenüber der Gesellschaft nach § 13 Abs. 2 der Satzung;
    • Verstoß des Aufsichtsratsmitglieds gegen § 16 der Satzung;
    • Verstoß eines Mitgliedes des Audit Committee gegen § 14 Abs. 2 der Satzung.

Diese Regelung gilt nicht für Arbeitnehmervertreter. 12

  1. Mitglieder des Aufsichtsrats können ihr Amt durch schriftliche Erklärung an den Vorsitzenden des Vorstands mit einer Frist von drei Monaten zum Quartalsende niederlegen. Die Möglichkeit der fristlosen Niederlegung aus wichtigem Grund bleibt unberührt.

 

§ 12 Aufgaben des Aufsichtsrats

  1. Der Aufsichtsrat hat die ihm durch Gesetz und Satzung auferlegten Rechte und Pflichten ausschließlich im Interesse der Gesellschaft eigenverantwortlich, höchstpersönlich und weisungsunabhängig zu erfüllen. Die Mitglieder des Aufsichtsrats haben dabei stets die Sorgfalt eines gewissenhaften und ordentlichen Aufsichtsratsmitglieds anzuwenden. Sie sind verpflichtet, im Aufsichtsrat aktiv mitzuwirken, sich auf Sitzungen sorgfältig vorzubereiten und sich über die Verhandlungsgegenstände ein Urteil zu bilden und zu vertreten. Der Aufsichtsrat darf zur Erfüllung seiner Aufgaben externe Berater beauftragen.
  2. Der Aufsichtsrat kann neben zu den bereits per Satzung13 und Gesetz14 vorgesehenen Ausschüssen weitere Ausschüsse bilden15 und deren Aufgaben und Kompetenzen festlegen.
  3. Bei der jährlichen Bilanzsitzung des Aufsichtsrats besteht Präsenzpflicht für jedes Aufsichtsratsmitglied.

 

§ 13 Besondere Pflichten des Aufsichtsrats

  1. Die Mitglieder des Aufsichtsrats sind verpflichtet, über vertrauliche Angaben und Geheimnisse der Gesellschaft, insbesondere über erhaltene vertrauliche Berichte und vertrauliche Beratungen sowie Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse, Stillschweigen zu bewahren. Dies gilt auch nach Ausscheiden aus dem Aufsichtsrat.
  2. Jedes Aufsichtsratsmitglied ist verpflichtet, die Gesellschaft, sowie die zuständige staatliche Behörde unverzüglich von Geschäften im Sinne eines „directors` dealing“ oder eines Insidergeschäftes in Kenntnis zu setzen. Die Gesellschaft ist verpflichtet, diese Informationen unverzüglich in der geltenden gesetzlich vorgeschriebenen Weise zu veröffentlichen.16

 

§ 14 Audit Committee

  1. Unmittelbar nach der Wahl des Vorsitzenden und seines Stellvertreters bildet der Aufsichtsrat einen aus (…) Mitgliedern bestehenden Prüfungsausschuss (Audit Committee), dessen Mitglieder und dessen Vorsitzender vom Aufsichtsrat gewählt werden. Der Aufsichtsratsvorsitzende kann nicht Vorsitzender des Prüfungsausschusses sein.17 Ein Mitglied des Ausschusses wird vom Aufsichtsrat zum Finanzexperten des Prüfungsausschusses ernannt.
  2. Mitglied des Audit Committee kann nicht sein, 18
    • wer neben seiner Aufsichtsratsvergütung sonstige Bezüge von der Gesellschaft oder einer Tochtergesellschaft, z. B. im Sinne von §§ 114, 115 AktG, erhält; dies gilt nicht bei Bezügen aus einer Altersvorsorge der Gesellschaft;
    • dessen Ehepartner oder minderjährige Kinder Bezüge von der Gesellschaft oder einer Tochtergesellschaft erhalten;
    • wer gesetzlicher Vertreter einer juristischen Person ist oder wer zur Vertretung einer Personengesellschaft berechtigt ist, die Bezüge von der Gesellschaft oder einer Tochtergesellschaft erhält oder wer Gesellschafter, Partner oder leitender Angestellter einer solchen juristischen Person oder Personengesellschaft ist.

Entsteht einer der vorgenannten Ausschlussgründe in der Person eines Audit-Committee-Mitglieds nach Antritt des Ausschuss-Amtes, so ist dieses Mitglied verpflichtet, dies der Gesellschaft unverzüglich mitzuteilen. Die Mitteilung hat schriftlich an den Vorstandsvorsitzenden zu erfolgen, der seinerseits unverzüglich die Hauptversammlung hiervon in Kenntnis zu setzen hat.

Diese Beschränkungen gelten nicht für Arbeitnehmervertreter. 19

  1. Der Prüfungsausschuss hat folgende Aufgaben: 20

Prüfung der Rechnungslegung, Überwachung des Rechnungslegungsprozesses, der Wirksamkeit des internen Kontrollsystems, des Risikomanagementsystems und des internen Revisionssystems sowie der Abschlussprüfung und der Compliance.

    1.  

Der Ausschuss darf zur Erfüllung seiner Aufgaben externe Berater beauftragen.

 

Auszug aus dem Katalog der zustimmungsbedürftigen Geschäfte:

Der Vorstand bedarf der Zustimmung des Aufsichtsrats zu folgenden Geschäften:

Vereinbarungen mit den Abschlussprüfern des Unternehmens hinsichtlich grundsätzlich erlaubter Nicht-Prüfungsleistungen bedürfen der Zustimmung des Aufsichtsrats;

 

§ 15 Vergütung des Aufsichtsrats

Die Aufsichtsratsmitglieder erhalten eine Vergütung, die von der Hauptversammlung festgelegt wird.

 

§ 16 Verträge mit Aufsichtsratsmitgliedern

    1. Verträge mit Aufsichtsratsmitgliedern im Sinne von § 114 Abs. 1 AktG sind ausgeschlossen.
    2. Verträge mit Aufsichtsratsmitgliedern oder mit juristischen Personen, deren gesetzlicher Vertreter ein Mitglied des Aufsichtsrats ist, oder mit Personengesellschaften, zu deren Vertretung ein Mitglied des Aufsichtsrats berechtigt ist, bedürfen der Zustimmung des Aufsichtsrats.
    3. Verträge im Sinne von §§ 114, 115 AktG mit Mitgliedern des Audit Committee, oder mit juristischen Personen, deren gesetzlicher Vertreter, Gesellschafter oder leitender Angestellter ein Mitglied des Audit Committee ist, oder mit Personengesellschaften, zu dessen Vertretung ein Mitglied des Audit Committee berechtigt ist oder deren Gesellschafter, Partner oder leitender Angestellter ein Mitglied des Audit Committee ist, sind ausgeschlossen. Ausgeschlossen ist die Gewährung von Bezügen an Ehepartner oder minderjährige Kinder eines Mitglieds des Audit Committee. 21

 

2. Musterbeschluss der Hauptversammlung (Auszug)

 

Hauptversammlung der Kölner Convertible Systems AG

Tagesordnungspunkt 2: Bewilligung der Vergütung von Aufsichtsratsmitgliedern

 

Mitglieder des Aufsichtsrats erhalten neben dem Ersatz ihrer Auslagen folgende Vergütungsleistungen:

  1. Die Mitglieder des Aufsichtsrats erhalten eine feste Vergütung je Amtsjahr, zahlbar in 12 gleichen Beträgen zum Ende eines Monats in Höhe von

Ordentliches Aufsichtsratsmitglied: (…) EUR;

Stellvertretender Aufsichtsratsvorsitzender: (…) EUR;

Aufsichtsratsvorsitzender: (…) EUR.

Für die Tätigkeit als Ausschussmitglied erhöht sich die feste Vergütung um den Faktor 0,25 der festen Vergütung, für die Tätigkeit als Ausschussvorsitzender erhöht sich die feste Vergütung um den Faktor 0,75 der festen Vergütung.

Die Gesamthöhe der festen Vergütung ist limitiert auf das Doppelte der festen Vergütung bei ordentlichen Aufsichtsratsmitgliedern, das Dreifache der festen Vergütung bei stellvertretenden Aufsichtsratsmitgliedern und das Vierfache der festen Vergütung bei dem Aufsichtsratsvorsitzenden.

  1. Die Mitglieder des Aufsichtsrats erhalten Sitzungsgeld in Höhe von (…) EUR je Aufsichtsrats- bzw. Ausschusssitzung.
  2. Die Mitglieder des Aufsichtsrats erhalten jährlich nach der Hauptversammlung eine Tantieme in Höhe von (…) EUR. Diese Tantieme kommt nach drei Jahren zur Auszahlung. Sie erhöht oder verringert sich in dem Ausmaß, wie sich der durchschnittliche Aktienkurs des der Auszahlung vorangehenden Jahreszeitraums gegenüber dem durchschnittlichen Aktienkurs des dem Jahr der Gewährung vorangehenden Geschäftsjahres (bereinigt um Dividenden und Kapitalmaßnahmen) prozentual verändert.
  3. Die Mitglieder des Aufsichtsrats sind berechtigt, das Firmenflugzeug der Gesellschaft für die Strecken zwischen Köln, München und Dresden für dienstliche Zwecke zu nutzen. Sie sind darüber hinaus berechtigt, die Fahrzeug-Pools der Gesellschaft an diesen Standorten der Gesellschaft für dienstliche und private Zwecke zu nutzen. Für dienstliche Zwecke können die Mitglieder des Aufsichtsrats den jeweiligen Chauffeurdienst der Gesellschaft in Anspruch nehmen. Kraftstoffkosten für Privatfahrten mit Fahrzeugen der Gesellschaft werden den Mitgliedern des Aufsichtsrats nach Vorlage der entsprechenden Original-Belege erstattet.
  4. Die Gesellschaft erstattet dem Aufsichtsratsmitglied die auf seine Bezüge entfallende Umsatzsteuer.
  5. Bei Ausscheiden aus dem Amt vor Ablauf der Amtszeit wird die Vergütung anteilig gewährt.

 

Tagesordnungspunkt 3: Abschluss einer D&O-Versicherung

Zur Absicherung der Gesellschaft gegen Schadensersatzforderungen Dritter schließt die Gesellschaft eine D&O-Versicherung mit einer jährlichen Versicherungsprämie in Höhe von (…) EUR zzgl. Versicherungsteuer und einem § 93 Abs. 2 Satz 3 AktG entsprechenden Selbstbehalt ab. Der versicherte Personenkreis soll die Mitglieder des Vorstands, des Aufsichtsrats und alle leitenden Angestellten22 umfassen und einen angemessenen Selbstbehalt der versicherten Personen für den Schadensfall vorsehen.

Der Vorstand wird zum Abschluss dieser Versicherung ermächtigt. Der Vorstand hat dabei dafür Sorge zu tragen, dass die Versicherungsbedingungen so ausgestaltet sind, dass die Versicherung nach der zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses geltenden Auffassung der zuständigen Finanzverwaltung als eine Vermögensschaden-Haftpflichtversicherung im überwiegend betrieblichen Interesse der Gesellschaft zu bewerten ist.

Beschlussformel

 

3. KommentierungZur Mustersatzung

 

  1. Zur Mustersatzung

 

aa) § 10 der Mustersatzung – Voraussetzungen der Mitgliedschaft im Aufsichtsrat

 

aaa) Gesetzliche Voraussetzungen für die Mitgliedschaft im Aufsichtsrat

Das Gesetz sieht in § 100 AktG Beschränkungen vor, die der Mitgliedschaft in einem Aufsichtsrat entgegenstehen. Mitglied des Aufsichtsrats kann nur eine natürliche, unbeschränkt geschäftsfähige und nicht betreute Person sein. Mit-glied des Aufsichtsrats kann darüber hinaus nicht sein, wer bereits in zehn Handelsgesellschaften mit einem Aufsichtsrat als Pflichtorgan Aufsichtsratsmitglied ist, wer gesetzlicher Vertreter eines von der Gesellschaft abhängigen Unternehmens ist oder wer gesetzlicher Vertreter einer anderen Kapitalgesellschaft ist, deren Aufsichtsrat ein Vorstandsmitglied der Gesellschaft angehört. Eine weitere Einschränkung besteht darin, dass ein Vorstandsmitglied nicht gleichzeitig Mitglied des Aufsichtsrats sein kann. Der umgekehrte Fall ist ebenfalls grundsätzlich unzulässig, jedoch gilt die Ausnahme des § 105 AktG.

Liegen die persönlichen Voraussetzungen eines Aufsichtsratsmitglieds gemäß

§ 100 AktG zum Zeitpunkt des Amtsantritts (nicht der Wahl!) nicht vor, tritt Nichtigkeit des Wahlbeschlusses nach § 250 Abs. 1 Nr. 4 AktG ein. Der Gewählte ist nicht Mitglied des Aufsichtsrats. Fällt eine gesetzliche Amtsvoraussetzung in der Person eines Aufsichtsratsmitglieds weg, so hat dies zur Folge, dass sein Amt in diesem Zeitpunkt kraft Gesetzes erlischt.

 

bbb) Satzungsmäßige Voraussetzungen für die Mitgliedschaft im Aufsichtsrat

Daneben kann die Satzung weitere persönliche Voraussetzungen vorschreiben (z. B. Alter, Aktionärseigenschaft, deutsche Staatsangehörigkeit u. Ä. 23). Dies gilt allerdings nicht für die in § 100 Abs. 4 AktG genannten Ausnahmen, z. B. für die Arbeitnehmervertreter im Aufsichtsrat. Solche satzungsmäßigen Einschränkungen sind dann jedoch unzulässig, wenn dadurch der für eine Mitgliedschaft im Aufsichtsrat noch infrage kommende Personenkreis derart eingegrenzt ist, dass eine freie Auswahl der Hauptversammlung bei der Wahl des Aufsichtsrats nicht mehr möglich ist.24

Aktuell (aber nicht neu) sind in diesem Zusammenhang die Fälle, in denen Aufsichtsratsmitglieder gleichzeitig einem Leitungs- oder Entscheidungsorgan eines Konkurrenzunternehmens angehören und sich dadurch in einer andauernden Konfliktsituation bei ihrer Aufgabenwahrnehmung sowohl bei dem einen als auch bei dem anderen Unternehmen befinden. Gleiches gilt, wenn Mehrheitsgesellschafter eines Unternehmens in den Aufsichtsrat eines Konkurrenzunternehmens drängen, um hier gewissen Einfluss auszuüben. Die Widerstandsfähigkeit des eigenen Aufsichtsrats gegen solche Fremdeinflüsse zu gewährleisten, dürfte in der Praxis eine große Rolle spielen. Damit verbunden ist die Frage, wie dies bewerkstelligt werden kann. Von der Möglichkeit des § 100 Abs. 4 AktG zur Festlegung statutarischer Amtsvoraussetzungen Gebrauch zu machen, liegt nahe.

Der Mustersatzungsentwurf sieht in § 10 unter Berücksichtigung von § 100 Abs. 4 AktG eine solche persönliche Amtsvoraussetzung vor, die die in § 100 AktG bereits verankerten Voraussetzungen ergänzt. Als Anknüpfungspunkt wurde hier einmal die Mitgliedschaft in einem Aufsichts-, Vertretungs- oder Verwaltungsorgan eines Konkurrenzunternehmens bzw. eines mit einem Konkurrenzunternehmen verbundenen Unternehmens gewählt. Umfasst sind dabei von dieser Aufzählung die Mitgliedschaften im Aufsichtsrat einer Aktiengesellschaft, einer KGaA oder einer GmbH (Aufsichtsorgan), die Mitgliedschaft im Vorstand einer AG bzw. die Stellung als Geschäftsführer einer GmbH (Vertretungsorgan) und die Mitgliedschaft im Verwaltungsrat einer Europäischen Aktiengesellschaft mit monistischer Leitungsstruktur. Den zweiten Anknüpfungspunkt bildet die Stellung als Mehrheitsgesellschafter eines Konkurrenzunternehmens bzw. eines mit einem Konkurrenzunternehmen verbundenen Unternehmens. Die Konkurrenzsituation sollte definiert werden. Hierzu bietet es sich beispielsweise an, die wesentlichen Tätigkeitsbereiche, in denen eine Wettbewerbssituation vermieden werden soll, zu beschreiben.

Die Beschränkung dient dazu, von vornherein mögliche Interessenskollisionen und -konflikte auszuschließen, denen sich Aufsichtsräte möglicherweise gegenübersehen, wenn sie widersprüchliche Entscheidungskompetenzen innehaben. Der gesetzliche Regelungszweck des § 100 AktG, nämlich die Gewährleistung einer effektiven Überwachungstätigkeit von Aufsichtsräten, 25 wird durch die satzungsmäßige Einschränkung erheblich verstärkt.

Entfällt eine satzungsmäßige Amtsvoraussetzung nachträglich, so entfaltet dies allein noch keine Rechtsfolgen. Es kann nur im Rahmen des § 103 AktG (Abberufung) berücksichtigt werden.26 Daher enthält der vorliegende Satzungsentwurf in § 11 die Regelung, dass der Wegfall einer satzungsmäßigen persönlichen Voraussetzung ein solches Recht zur Abberufung darstellen soll. Eine Bestimmung dergestalt, dass mit dem Wegfall einer satzungsmäßigen persönlichen Voraussetzung das Amt automatisch endet, wie es bei dem nachträglichen Wegfall von gesetzlichen Amtsvoraussetzungen der Fall ist, ist nach wohl h. M. nicht möglich, diese Situation kann in der Regel nur im Rahmen des § 103 AktG „Abberufung der Aufsichtsratsmitglieder“ berücksichtigt werden. 27

Der Deutsche Corporate Governance Kodex empfiehlt u.a., dass dem Aufsichtsrat nicht mehr als zwei ehemalige Vorstandsmitglieder angehören sollen. 28 Allerdings kann ein Verstoß gegen Empfehlungen des Deutschen Corporate Governance Kodex eine Anfechtungsklage hinsichtlich der Aufsichtsratswahl nicht begründen. So hatte das Landgericht München im Jahre 200729 die Anfechtung der Wahl des Herrn Prof. Piech in den Aufsichtsrat der MAN AG abgewiesen mit der Begründung, der Kodex habe weder Gesetzescharakter noch satzungsgleiche Wirkung. Grund für die Anfechtung waren in dem entschiedenen Fall u.a. das Alter von Herrn Prof. Piech bei seiner Wahl in den Aufsichtsrat (Ziffer 5.4.1 des Kodex` a.F.) und sein Aufsichtsratsmandat bei dem Wettbewerber Volkswagen AG (Ziffer 5.4.2 des Kodex` a.F.).

 

ccc) Informationspflicht über den Wegfall von Voraussetzungen

Um der Hauptversammlung die Möglichkeit zu geben, von dem Entstehen eines solchen Abberufungsrechts Kenntnis zu erlangen, ist in dem Entwurf eine unverzügliche Mitteilungspflicht des betroffenen Aufsichtsrats an den Vorstand vorgesehen, der seinerseits die Hauptversammlung zu informieren hat. Der Vorstand hat dann zunächst eigenständig zu entscheiden, ob er die Hauptversammlung zur Abberufung einberuft. Aktionäre haben daneben gemäß

§ 122 AktG die Möglichkeit, die Einberufung einer Hauptversammlung zu diesem Tagesordnungspunkt herbeizuführen. Eine solche Verpflichtung zur unverzüglichen Bekanntgabe geht über die gesetzlich geregelten Pflichten eines Aufsichtsratsmitglieds hinaus. Allerdings hängt diese Verpflichtung nicht mit der eigentlichen Aufsichtsratstätigkeit zusammen, sondern stellt im Zweifel lediglich eine Nebenpflicht dar. Angesichts der Tatsache, dass Aufsichtsratsbeschlüsse, die unter Beteiligung eines Aufsichtsratsmitglieds, welches nicht (mehr) die persönlichen Amtsvoraussetzungen erfüllt, nichtig oder zumindest anfechtbar sind, schaden solche Beschlüsse der Gesellschaft. Aus der allgemeinen Sorgfaltsverpflichtung und Treueverpflichtung des Aufsichtsratsmitglieds gegenüber der Gesellschaft könnte sich eine solche Verpflichtung zur Bekanntgabe des Wegfalls von persönlichen Amtsvoraussetzung unter dem Gesichtspunkt der Schadensabwendung von der Gesellschaft bereits daraus ergeben. Damit wäre eine entsprechende vertragliche Verpflichtung von den gesetzlichen Pflichten eines Aufsichtsratsmitglieds gedeckt.

 

bb) § 11 der Mustersatzung – Abberufung, Niederlegung

aaa) Abberufung

Die Hauptversammlung kann ein Aufsichtsratsmitglied durch einen Beschluss mit der gesetzlich vorgeschriebenen 3⁄4-Mehrheit abberufen. Die Satzung kann für die Abberufung von Aufsichtsratsmitgliedern (mit Ausnahme der Arbeitnehmervertreter nach dem MontanMitbestG und dem MitbestG) höhere oder geringere Abberufungsvoraussetzungen vorsehen. Der Musterentwurf macht von dieser Möglichkeit Gebrauch, indem die gesetzliche Stimmenmehrheit des Abberufungsbeschlusses von 3⁄4 auf das Erfordernis von lediglich der Mehrheit der abgegebenen Stimmen reduziert wird. Darüber hinaus knüpft das Gesetz die Abberufung eines Aufsichtsratsmitglieds durch die Hauptversammlung an keine besonderen sachlichen Voraussetzungen. Da es sich bei dem Aufsichtsratsamt um eine Vertrauensstellung handelt, die durch die Hauptversammlung besetzt wird, soll die Hauptversammlung auch bei Wegfall dieses Vertrauens die Möglichkeit haben, das betreffende Aufsichtsratsmitglied abzuberufen. 30

Empfehlenswert erscheint jedoch, in der Satzung beispielhaft Gründe für eine Abberufung aufzuführen, wenn, wie in der vorliegenden Mustersatzung, besondere Bedingungen geschaffen worden sind, die mit einer Amtsführung nicht vereinbar sind. Denn der Wegfall satzungsmäßiger Amtsvoraussetzung führt nicht zu einer automatischen Amtsbeendigung, sondern bedarf eines Abberufungsbeschlusses der Hauptversammlung. Gerade im Hinblick auf die in der vorliegenden Mustersatzung verankerten evidenten Amtsvoraussetzungen sollte die Frage der Abberufung ausdrücklich geregelt sein. Es handelt sich dabei um folgende Bestimmungen, deren Verletzung die Abberufung des betreffenden Aufsichtsratsmitglieds regeln sollen (wenn das Mitglied nicht bereits von sich aus das Amt niederlegt):

  • Verstoß gegen die satzungsmäßigen Amtsvoraussetzungen in § 10 Mustersatzung,
  • Verstoß gegen die Meldepflicht nach § 13 Mustersatzung,
  • Verstoß gegen § 16 Mustersatzung hinsichtlich verbotener Verträge nach § 114 AktG sowie
  • zusätzlich für Mitglieder des Audit Committee Verstoß gegen § 15 Abs. 2 der Mustersatzung.

 

bbb) Niederlegung

Das Thema der Amtsniederlegung durch ein Aufsichtsratsmitglied ist gesetzlich nicht geregelt. Nach der h. M. kann jedes Aufsichtsratsmitglied sein Amt ohne Angabe von Gründen jederzeit niederlegen, auch wenn die Satzung dies nicht vorsieht.31 Unberührt von der Niederlegung der organschaftlichen Stellung bleiben eventuelle vertragliche Verhältnisse des Aufsichtsratsmitglieds mit der Gesellschaft nach § 114 AktG; hierfür gelten die jeweiligen vertraglichen Vereinbarungen bzw. die einschlägigen gesetzlichen Vorschriften der §§ 611 ff. bzw. 633 ff. BGB.32 Das Amt erlischt mit Zugang der Niederlegungserklärung bei der zuständigen Stelle – nach dem vorliegenden Entwurf mit Zugang beim Aufsichtsratsvorsitzenden – bzw. zu dem in der Niederlegungserklärung genannten (späteren) Zeitpunkt. 33

Um die Gesellschaft vor überraschenden sofortigen Amtsniederlegungen zu schützen, kann die Satzung Fristen und bestimmte Formen für die Niederlegung vorsehen. Für eine Niederlegung aus wichtigem Grund gelten diese Fristen jedoch nicht, da bei Vorliegen eines wichtigen Grundes eine Niederlegung nicht ausgeschlossen oder beschränkt werden kann. 34 Die Musterformulierung sieht daher eine Frist für die Niederlegung vor und weist gleichzeitig darauf hin, dass bei Vorliegen eines wichtigen Grundes diese Frist nicht gelten soll.

Umstritten ist die Frage, welche Folgen eine Amtsniederlegung zur Unzeit hat. Nach der wohl herrschenden Meinung hindert die Unzeit nicht die Wirksamkeit der Niederlegung, kann aber bei Fehlen eines Grundes zu Schadensersatzansprüchen der Gesellschaft gegen das niederlegende Aufsichtsratsmitglied führen. 35 Mit der hier vorgeschlagenen Fristenregelung zur Amtsniederlegung ohne wichtigen Grund wird diese Thematik umgangen, da innerhalb der satzungsmäßigen Frist jedenfalls eine Unzeit nicht vorliegt. Für Amtsniederlegungen aus wichtigem Grund dürfte sich die Frage von Schadensersatzansprüchen jedenfalls dann nicht stellen, wenn der wichtige Grund eine sofortige Niederlegung rechtfertigt.

 

cc) § 12 der Mustersatzung – Aufgaben des Aufsichtsrats

Die Aufgaben, Rechte und Pflichten des Aufsichtsrats und seiner Mitglieder sind im Gesetz geregelt. Eine Einschränkung oder konkrete Handlungsanweisungen durch die Satzung oder Vertrag sind nicht möglich. Denn das Aufsichtsratsmitglied ist bei der Erfüllung seiner Rechte und Pflichten unabhängig und weisungsfrei. 36 § 12 des Musters orientiert sich daher mit seinem Wortlaut an den gesetzlichen Vorgaben der §§ 111 Abs. 1 (Aufgabe des Aufsichtsrats), 111 Abs. 5 (Höchstpersönlichkeit) und § 116 i. V. m. § 93 Abs. 1 Satz 1 AktG (Sorgfaltsmaßstab) sowie den allgemein in Rechtsprechung und Literatur anerkannten Pflichten von Aufsichtsräten, wie Mitwirkungs-, Orga-nisations-, Informations- und Prüfungspflicht sowie organschaftliche Treuepflicht. 37

Der Aufsichtsrat muss gemäß § 110 Abs. 3 AktG zweimal im Kalenderhalbjahr eine Sitzung abhalten (Pflichtsitzungen), bei nichtbörsennotierten Gesellschaften kann der Aufsichtsrat beschließen, dass eine Sitzung im Kalenderhalbjahr abgehalten wird. In Ausnahmefällen soll auch eine Sitzung in Form einer Telefon- oder Videokonferenz erlaubt und ausreichend sein.38 Ziel ist es hier, den Aufwand, der sich für die Gesellschaften aus der Erhöhung der Sitzungsfrequenz des Aufsichtsrats ergibt, in Grenzen zu halten und eine Internationalisierung der Aufsichtsratsbesetzung nicht zu erschweren. Seither müssen also die Aufsichtsratsmitglieder nicht mehr zwingend bei allen Sitzungen des Aufsichtsrats körperlich anwesend sein. In der Literatur ist hinsichtlich dieser Durchbrechung der Präsenzpflicht im Zusammenhang mit dem ebenfalls durch das KonTraG neugefassten

Jedes einzelne Aufsichtsratsmitglied ist berechtigt, den Aufsichtsrat selbst einzuberufen, wenn der Aufsichtsratsvorsitzende dem Einberufungsverlangen nicht nachkommt (§ 110 Abs. 2 AktG).

 

dd) § 13 der Mustersatzung – Besondere Pflichten des Aufsichtsrats

 

aaa) Verschwiegenheitspflicht

Das Aufsichtsratsmitglied ist gemäß § 116 i. V. m. § 93 Abs. 1 Satz 3 AktG zur Verschwiegenheit verpflichtet; insbesondere über erhaltene vertrauliche Berichte und vertrauliche Beratungen, § 116 Satz 2 AktG. Die vorgeschlagene Satzungsklausel orientiert sich am Gesetzestext, denn dieser kann durch die Satzung weder verschärft39, noch abgeschwächt werden. 40 Die Verschwiegenheitspflicht der Aufsichtsratsmitglieder gilt als notwendiges Korrelat zur umfassenden Informationspflicht des Vorstands gegenüber dem Aufsichtsrat. Als vertrauliche Informationen und Angaben gelten dabei solche Informationen und Angaben, die im Interesse des Unternehmens nicht über einen begrenzten Personenkreis hinaus erörtert werden sollen. Als Geheimnisse gelten solche Informationen, die nicht offenkundig sind, die nur einem begrenzten Personenkreis bekannt sind und von Dritten nicht ohne Weiteres beschafft werden können. Eine Verbreitung vertraulicher Informationen und Geheimnisse muss dem Gesellschaftsinteresse entgegenstehen und zu einem Nachteil für die Gesellschaft führen können. Nach herrschender Auffassung ist die Verschwiegenheitsverpflichtung des Aufsichtsratsmitglieds nicht auf seine Amtszeit beschränkt, sondern gilt darüber hinaus fort.41

Das Aufsichtsratsmitglied hat seine Verschwiegenheit auch gegenüber Personen zu bewahren, derer er sich bei der Erfüllung seiner Aufgaben bedient. In der Regel wird das Aufsichtsratsmitglied die Vertraulichkeit dadurch herstellen, indem es diese Personen ebenfalls zur Vertraulichkeit verpflichtet und die Einhaltung durch Hinweise und Kontrolle überwacht.42

Grundsätzlich besteht die Verschwiegenheitspflicht auch für Arbeitnehmervertreter im Aufsichtsrat, da es keine „gespaltene Vertraulichkeit“ gibt.43 Es kann sich für diese Aufsichtsratsmitglieder unter Umständen das Problem ergeben, inwieweit sie ihre Aufgabe der effektiven Vertretung der Arbeitnehmerinteressen mit ihrer Verschwiegenheitsverpflichtung vereinbaren können.

 

bbb) Informationspflicht bei Directors’ Dealings

Seit dem 3.7.2016 gelten unmittelbar in allen EU-Staaten die EU-Marktmissbrauchsverordnung (MAR),44 deren Art. 17 „Veröffentlichung von Insiderinformationen“ nunmehr die zentrale Rechtsgrundlage für die Bereich der Insiderverstöße und Ad-hoc-Publizitätspflicht darstellt. Daneben steht die (überarbeitete) Marktmissbrauchsrichtlinie 2014/57/EU,45 die eine Harmonisierung der Strafvorschriften und Verwaltungssanktionen in dem vorsieht. Die Umsetzung in deutsches Recht erfolgte in einem ersten Schritt durch das „Erste Finanzmarktnovellierungsgesetz“,46 welches viele Vorschriften des Wertpapierhandelsgesetzes (WpHG) ändert, wobei die europarechtlichen Vorschriften den nationalen Vorschriften vorgehen.47 In einem zweiten Schritt wurden mit dem „Zweiten Finanzmarktnovellierungsgesetz“48 weitere Änderungen des WpHG (u.a. eine Neunummerierung) vorgenommen.

Mit der Marktmissbrauchsverordnung gingen erhebliche Verschärfungen der Vorschriften zum Insiderhandel einher. So läuft nach der Neufassung des § 38 WpHG wegen eines vorsätzlichen Insiderverstoßes nicht nur der Primärinsider,49 sondern auch der sogenannte Sekundärinsider50 Gefahr, wegen Insidergeschäften oder für eine unrechtmäßige Offenlegung von Insiderinformationen bestraft werden können (bislang handelten diese sogenannten Sekundärinsider in solchen Fällen lediglich ordnungswidrig).

Der Begriff der Insiderinformation ist definiert in Art. 7 MAR, danach sind Insiderinformationen „nicht öffentlich bekannte präzise Informationen, die direkt oder indirekt einen oder mehrere Emittenten oder ein oder mehrere Finanzinstrumente betreffen und die, wenn sie öffentlich bekannt würden, geeignet wären, den Kurs dieser Finanzinstrumente oder den Kurs damit verbundener derivativer Finanzinstrumente erheblich zu beeinflussen“. Der Begriff der Insiderinformation wird gem. Art. 7 Abs. 3 MAR ausdrücklich auch auf Zwischenschritte in einem gestreckten Vorgang ausgedehnt, falls diese für sich genommen die Kriterien für Insiderinformationen gemäß diesem Artikel erfüllen.

Der Begriff des Insidergeschäfts ist nach Art. 8 MAR weiter gefasst, als dies nach dem bisherigen nationalen Recht der Fall war, denn nach Art. 8 MAR stellt bereits eine auf Insiderinformationen basierende Stornierung oder Änderung eines bereits vor Erlangen der Insiderinformation erteilten Auftrags in Bezug auf ein Finanzinstrument ein verbotenes Insidergeschäft dar.

Art. 19 MAR beinhaltet die Meldepflicht von Führungskräften von Emittenten bzw. von Personen, die in enger Beziehung zu solchen Führungskräften stehen, bei Eigengeschäften („Directors´ Dealings“). Diese Meldungen gegenüber dem Emittenten und der zuständigen Behörde (in Deutschland die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) sind unverzüglich und spätestens drei Geschäftstage nach dem Datum des Geschäfts vorzunehmen, wenn und sobald aus den Geschäften ergebende Gesamtbetrag innerhalb eines Kalenderjahres 5.000 EUR überschreitet.

Weiterhin sind u. a. Insiderinformationen fünf Jahre lang auf der Website der Gesellschaft veröffentlicht werden, Art. 17 Abs. 1 Satz 4 MAR (bislang nur 1 Monat). Neu ist auch, dass nun auch Freiverkehrsemittenten ihre Insiderinformationen unverzüglich offenlegen müssen, Art. 17 Abs. 1 Satz 5 MAR.

Der Sarbanes-Oxley Act enthält in sec. 403 ähnliche Mitteilungspflichten für Direktoren und sonstige Board-Mitglieder der unter den Anwendungsbereich fallenden Gesellschaften51 (im übertragenen Sinne also für Vorstände und Aufsichtsräte nach deutschem Recht) über den Besitz, Erwerb und Verkauf von Aktien der Gesellschaft. Diese Regelung ist strenger als ihr deutsches Pendant. Die Mitteilungspflicht setzt bereits bei einer Stückzahl von einem Wertpapier ein. Es wird nicht unterschieden zwischen der Art der Gattung des Wertpapiers, so dass auch Stock Options von diesen Mitteilungspflichten umfasst sind.52

Mit einer Satzungsklausel wie sie § 13 der Mustersatzung vorsieht, können Ansprüche zu Gunsten der Gesellschaft geschaffen werden, wenn Führungspersonen ihre Mitteilungspflicht verletzen. Eine Verpflichtung von Ehegatten, Lebenspartnern und Familienangehörigen des Aufsichtsratsmitglieds – wie gem. Art. 19 MAR – kann durch die Satzung nicht erreicht werden, da die Satzung nur Rechte und Pflichten im Rahmen der Gesellschaft, nicht jedoch für gesellschaftsfremde Dritte begründen kann. Eine Verpflichtung und Haftung dieser Personen ist ausschließlich auf der Grundlage des WpHG gegeben.

 

ee) § 14 der Mustersatzung – Audit Committee

 

aaa) Rechtliches Erfordernis eines Audit Committee

Großen Einfluss auf die Pflichten und Verantwortungsbereiche von Aufsichtsräten hat der im Sommer 2002 verabschiedete Sarbanes-Oxley Act (SOX). Er dient ausweislich der vorangestellten Gesetzespräambel dem Schutz von Anlegern durch genauere und verlässlichere wertpapierrechtliche Publizitätspflichten und sieht eine Vielzahl von unterschiedlichen Maßnahmen, die an unterschiedliche Adressaten gerichtet sind, vor.53 Der SOX gilt für Unternehmen, deren Wertpapiere an einer US-amerikanischen Börse notiert sind oder die Wertpapiere öffentlich in den USA anbieten, ohne diese Wertpapiere an einer US-amerikanischen Börse zu notieren. Betroffen hiervon sind also auch ausländische – mithin deutsche – Unternehmen (sog. Foreign Private Issuer), die diese Voraussetzungen erfüllen. Diese Unternehmen unterliegen einer fortlaufenden Berichtspflicht bei der Securities and Exchange Commission (SEC), der US-amerikanischen Börsenaufsicht. Diese US-amerikanischen Regelungen gelten darüber hinaus auch für solche deutsche Aktiengesellschaften, die Konzerntochter einer börsennotierten US-Gesellschaft sind, denn deren Ergebnisse fließen letztlich (u.a. Gewinnabführungen) in die Bilanz der USGesellschaft ein. Darüber hinaus müssen Wirtschaftsprüfungsunternehmen, die Prüfungen bei solchen Gesellschaften vornehmen, bei dem so genannten Public Company Accounting Oversight Board (PCAOB) registriert sein und unterliegen der Kontrolle dieses Gremiums.

Nach dem SOX haben CEO54 und CFO55 von betroffenen Gesellschaften z. B. für die jährlichen bzw. vierteljährlichen Geschäftsberichte schriftlich zu erklären, dass diese Berichte keine unwahren Tatsachen enthalten und die Jahresabschlüsse sowie andere Finanzinformationen im Wesentlichen die Vermögens-, Finanz- und Ertragslage des Unternehmens zutreffend darstellen. Der Umfang der nach US-amerikanischem Recht erforderlichen Finanzinformationen geht dabei bei weitem über das durch § 264 Abs. 1 HGB vorgeschriebene Maß hinaus.56 Eine solche Berichterstattung muss Risiken, die sich aus der Tochtergesellschaft ergeben können, ebenfalls aufgreifen. Verknüpft ist diese Bestätigungspflicht mit einer strafrechtlichen Sanktion. War die abgegebene Erklärung unzutreffend und hatte das betreffende Organmitglied hiervon Kenntnis, so drohen Geldstrafen bis zu 1 Mio. US-Dollar oder Freiheitsstrafe bis zu 10 Jahren oder beides. Wurde die Erklärung sogar absichtlich unzutreffend abgegeben, so liegt die maximale Geldstrafe bei bis zu 5 Mio. US-Dollar und der Rahmen der möglichen Freiheitsstrafe bei bis zu 20 Jahren.57

Eng verbunden mit dieser Bestätigungspflicht ist die Verpflichtung, ein internes Kontrollsystem einzurichten (Internal Control over Financial Reporting), welches sicherstellen soll, dass die wesentlichen Informationen über die Gesellschaft und deren konsolidierte Tochterunternehmen den unterzeichnenden Organmitgliedern zur Verfügung gestellt werden. Die Organmitglieder selbst sind für die Einrichtung, Funktionsfähigkeit und Effizienz dieses Kontrollsystems verantwortlich und haben die Effizienz dieses Kontrollsystems in den zu unterzeichnenden Berichten darzulegen und zu bewerten.58

Daraus resultiert neben der strafrechtlichen Sanktion bei Abgabe einer unzutreffenden Bestätigung eine zivilrechtliche Haftung des betreffenden Organmitglieds. Die neue gesetzliche Regelung statuiert dabei eine Art Beweislastumkehr, indem von vornherein vermutet wird, dass das erklärende Organmitglied bei der Abgabe der unzutreffenden Erklärung eine entsprechende Pflichtverletzung begangen habe. Der Nachweis der mangelnden Kenntnis der Unrichtigkeit der abgegebenen Erklärung obliegt dem jeweiligen Organmitglied. Da dieses jedoch das interne Kontrollsystem zu verantworten hat, wird der Nachweis nur selten gelingen. Gelingt er, entsteht an dieser Stelle die Frage nach einer Haftung des Organmitglieds wegen Verletzung seiner Pflichten im Rahmen der internen Kontrolle.59

Vorstände und Aufsichtsratsmitglieder sind weiterhin verpflichtet, gegenüber der SEC (der US-Börsenaufsicht) anzuzeigen, wenn sie Aktien des Unternehmens halten. Anzuzeigen ist auch ein Wechsel bei der Inhaberschaft dieser Papiere. Unterlassene oder unzureichende Anzeigen können ebenfalls strafrechtliche Konsequenzen für die jeweiligen Organmitglieder nach sich ziehen, die in Geldstrafen oder auch in Freiheitsstrafen bestehen können. Manipulationen und Vernichtung von Geschäftsunterlagen und betrügerische Irreführung von Abschlussprüfern werden in Zukunft mit erheblichen Freiheitsstrafen bis zu 20 Jahren belegt – bei Wertpapierbetrug sogar bis zu 25 Jahren.60 Hinzuweisen ist sicherlich darauf, dass es sich um Strafsanktionen und Haftungsnormen nach US-Recht handelt. Die Frage der Verfolgbarkeit und Vollstreckbarkeit im internationalen Raum, wie beispielsweise in Deutschland, muss hier ausgespart bleiben. Die 8. EU-Richtlinie, die Richtlinie über Abschlussprüfungen von Jahresabschlüssen und konsolidierten Abschlüssen,61 sieht vor, dass „Unternehmen von öffentlichem Interesse“62 unter bestimmten Voraussetzungen verpflichtet sind, einen Prüfungsausschuss einzurichten. Hintergrund dieser Verpflichtung ist der Umstand, dass im monistischen Leitungssystem die personelle bzw. institutionelle Trennung von Geschäftsführung und Überwachung fehlt, wie sie im dualistischen System (wie bei der deutschen AG Vorstand und Aufsichtsrat) üblich ist. Der Prüfungsausschuss soll den Rechnungslegungsprozess und das interne Überwachungs- und Risikomanagementsystem sowie die Abschlussprüfung selbst im Unternehmen überwachen. Die Richtlinie sieht des Weiteren Kriterien für die erforderliche Sachkenntnis und Unabhängigkeit der Prüfungsausschussmitglieder vor. Den Mitgliedstaaten ist ein Wahlrecht eingeräumt, wonach sie bei Unternehmen mit dualistischen Leitungssystem auf die zwingende Einrichtung eines Prüfungsausschusses verzichten können. Die Umsetzung dieser Richtlinie erfolgte in Deutschland durch das Gesetz zur Modernisierung des Bilanzrechts (BilMoG)63. Der Aufsichtsrat kann demnach für die Überwachung des Rechnungslegungsprozesses, der Wirksamkeit des internen Kontrollsystems, des Risikomanagementsystems und des internen Revisionssystems sowie der Abschlussprüfung einen Prüfungsausschuss bestellen, der sich speziell mit diesen Themen befasst, § 107 Abs. 3 Satz 2 AktG. Im Zusammenhang mit Berichtspflichten bei Kapitalgesellschaften schreibt § 289 Abs. 2 Nr. 2a HGB vor, dass der Lagebericht auch auf die Risikomanagementziele und -methoden der Gesellschaft einschließlich ihrer Methoden zur Absicherung aller wichtigen Arten von Transaktionen, die im Rahmen der Bilanzierung von Sicherungsgeschäften erfasst werden, eingehen soll. Bei börsennotierten Gesellschaften muss gemäß § 317 Abs. 4 HGB zudem im Rahmen der Prüfung beurteilt werden, ob der Vorstand die ihm nach § 91 Abs. 2 AktG obliegenden Maßnahmen in einer geeigneten Form getroffen hat und ob das danach einzurichtende Überwachungssystem seine Aufgaben erfüllen kann. Kapitalmarktorientierte Unternehmen, die bereits ein Aufsichtsorgan haben, müssen jedenfalls dann keinen Prüfungsausschuss einrichten, wenn dessen Aufgaben durch das Aufsichtsorgan wahrgenommen werden. Auch werden den Unternehmen keine Vorgaben für die Einrichtung eines internen Risikomanagementsystems gemacht. Die Entscheidung über die Einrichtung und die Art und dem Umfang eines Risikomanagementsystems liegt im Aufgabenbereich der geschäftsführenden Organe eines Unternehmens.

 

bbb) Zusammensetzung und Aufgaben eines Audit Committee im Rahmen des deutschen Aktienrechts

§ 14 der Mustersatzung befasst sich mit einem Erfordernis des sec. 301 SOX, der nach deutschem Recht den Aufsichtsrat betrifft: der Schaffung eines so genannten Audit Committee. Besteht bei einer Gesellschaft kein den Anforderungen entsprechendes Audit Committee, so sind die US-Börsen verpflichtet, eine Notierung der Wertpapiere zu untersagen oder aufzuheben.64

An die Mitglieder und die Zusammensetzung des Audit Committee werden vom SOX hohe Anforderungen gestellt. Das Committee muss sich aus Mitgliedern des „Board of Directors“ der Gesellschaft zusammensetzen und aus mindestens drei Mitgliedern bestehen. Die Mitglieder des Audit Committee müssen „unabhängig“ sein. Dies ist ein höchst vielschichtiges und kompliziertes Kriterium. Ausgeschlossen sind danach Personen, die direkt oder indirekt Bezüge von dem Unternehmen oder einer Tochtergesellschaft erhalten. Hierzu zählen auch Zahlungen für Dienstleistungen an Beratungsgesellschaften, in denen das Mitglied Gesellschafter, Partner oder Angestellter ist, ebenso Zahlungen an Ehegatten oder Kinder.65 Nicht erfasst sind Zahlungen aus der betrieblichen Altersversorgung der Gesellschaft, wenn daran keine weiteren Gegenleistungen geknüpft sind.66 Daneben können Personen, die dem Unternehmen oder einer Tochtergesellschaft nahe stehen („affiliated persons“), ebenfalls nicht Mitglied des Audit Committee sein. Der Rechtsbegriff „nahe stehen“ ist nach dem US-amerikanischen Recht vielschichtig und kompliziert und bedarf jeweils der einzelfallbezogenen Auslegung. Zu den nahe stehenden Personen dürften aber jedenfalls Vorstandsmitglieder, leitende Angestellte und Gesellschafter gehören.67 Da nach deutschem Recht die Mitbestimmung der Arbeitnehmer durch die Entsendung von Vertretern in den Aufsichtsrat unter den gesetzlichen Voraussetzungen zwingend ist, wäre hier eine Kollision mit dem Erfordernis der Unabhängigkeit von Audit-Committee-Mitgliedern zu befürchten, da diese Arbeitnehmer Angestellte des Unternehmens sind und von diesem auch Bezüge aus dem Arbeitsrechtsverhältnis erhalten. Das SEC lässt jedoch für ausländische Unternehmen bestimmte Ausnahmen bezüglich der Zusammensetzung und der Aufgaben des Audit Committee zu, wenn nach deren Heimatrecht gleichartige Prüfungsorgane vorgesehen sind. Eine Ausnahme für deutsche Unternehmen besteht darin, dass Arbeitnehmervertreter in Aufsichtsräten deutscher Unternehmer, die keine leitenden Angestellten sind, von dem Unabhängigkeitserfordernis hinsichtlich der Bezüge befreit sind.68

Das Audit Committee hat die Aufgabe, das Rechnungswesen, das Finanzberichtswesen und die Prüfung der Unternehmensabschlüsse zu überwachen. Die konkreten Rechte und Pflichten sind im Einzelnen in sec. 301 SOX aufgeführt.69 Diese Vorschriften, zugeschnitten auf die gesellschaftsrechtlichen Verhältnisse in den Vereinigten Staaten, gilt es auf das deutsche Aktienrecht anzuwenden. Danach kommt bei einem Funktionsvergleich zwischen dem monistischen Leitungssystem und dem dualistischen Leitungssystem als „Board of Directors“, aus dessen Mitte das Audit Committee zu bilden ist, nur der Aufsichtsrat der deutschen AG in Betracht.70 Denn die Überwachung, die das Audit Committee leisten soll, ist im dualistischen deutschen System typische Aufsichtsratsaufgabe. Der Aufsichtsrat kann gem. § 107 Abs. 3 AktG für bestimmte Aufgaben Ausschüsse bilden, denen er bestimmte Aufgaben seiner umfassenden Überwachungsfunktion und auch Beschlusskompetenz – jedenfalls für die Erteilung der Zustimmung zu zustimmungspflichtigen Geschäften – übertragen kann.71 Der Deutsche Corporate Governance Kodex72 sieht in Ziffer D.3 als Empfehlung vor, einen Prüfungsausschuss zu bilden, der sich – soweit kein anderer Ausschuss oder das Plenum damit betraut ist – insbesondere mit der Prüfung der Rechnungslegung, der Überwachung des Rechnungslegungsprozesses, der Wirksamkeit des internen Kontrollsystems, des Risikomanagementsystems und des internen Revisionssystems sowie der Abschlussprüfung und der Compliance befasst.. In weiten Teilen besteht hier eine Übereinstimmung zwischen sec. 301 SOX und dem deutschen Kodex, was die Aufgaben eines Audit Committee bzw. eines Prüfungsausschusses betrifft. § 14 der Mustersatzung orientiert sich bei der Aufzählung der Aufgaben des Prüfungsausschusses an diesen beiden Vorgaben. Der Bestellung des Abschlussprüfers durch das Audit Committee – in deutschen Unternehmen also quasi durch den Aufsichtsrat – steht die nach dem deutschen Aktienrecht zwingende Befugnis der Hauptversammlung zur Bestellung des Abschlussprüfers gegenüber. Doch auch hier hat das SEC anerkannt, dass bei ausländischen Unternehmen die Bestellung des Abschlussprüfers durch die Hauptversammlung vorgenommen werden kann, wenn dem Audit Committee jedenfalls die Verantwortung für den Wahlvorschlag obliegt. Gegen eine solche Vorgehensweise spricht im deutschen Aktiengesetz nichts.

Der Deutsche Corporate Governance Kodex73 empfiehlt, dass Vorsitzender des Prüfungsausschusses nicht der Aufsichtsratsvorsitzende sein soll. Im Hinblick auf die schärferen Regelungen des SOX hinsichtlich der Zusammensetzung des Audit Committee sollten in der Satzung – wie es der Vorschlag in § 15 vorsieht – ehemalige Vorstandsmitglieder generell von der Mitgliedschaft im Prüfungsausschuss ausgeschlossen sein.

Das Thema „Compliance“ ist – angestoßen zunächst durch die Verpflichtung zur Einrichtung eines internen Kontrollsystems (Internal Control over Financial Reporting) in sec. 404 des SOX – durch die Einbeziehung des Deutschen Corporate Governance Kodex in Ziffern A.1 Grundsatz 5 für den Vorstand und D.3 für den Aufsichtsrat auch für deutsche börsennotierte Gesellschaften relevant geworden. Unter dem Stichwort „Compliance“, dessen Rechtsgrundlage in der Vorschrift des § 91 Abs. 2 AktG zu sehen ist, versteht man die unternehmensinterne Einrichtung und Dokumentation eines Risikofrüherkennungssystems, welches sämtliche Rechnungslegungsvorgänge innerhalb des Unternehmens umfasst. Die erste Verantwortung trifft hierbei zunächst den Vorstand, der ein solches Internes Kontrollsystem (IKS) einzurichten und zu etablieren hat. Der Aufsichtsrat als Kontrollorgan – ggf. in Gestalt des Prüfungsausschusses – ist dafür verantwortlich, dass der Vorstand diesen Verpflichtungen ausreichend nachkommt.

Bei US-börsennotierten Unternehmen bzw. deren Tochterunternehmen darf die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft der Gesellschaft bzw. der Tochterunternehmen der Gesellschaft bestimmte Tätigkeiten und Leistungen, die nicht mit der Abschlussprüfung in Zusammenhang stehen, nicht mehr durchführen. Dazu gehören zahlreiche, in der Vergangenheit von den prüfenden Unterneh-men angebotene und erbrachte, jedoch nicht prüfungsbezogene Leistungen – wie z. B. Rechtsberatung, Personalberatung, Buchführung, Bewertungsleistungen und Sacheinlagenprüfung, interne Revision u.a.74 Noch zulässige Nicht-Prüfungsleistungen (z. B. Steuerberatung) sind von Zustimmung des Audit Committee abhängig.75. Die Einhaltung dieses Verbotes wird durch den Public Company Accounting Oversight Board (PCAOB) streng überprüft. Die Unternehmen sind gezwungen, die Rechts- und möglicherweise auch die Steuerberatung externen, unabhängigen Beratern zu übertragen.

 

ff) § 15 der Mustersatzung – Vergütung des Aufsichtsrats

 

aaa) Vergütungsregelung

Die Festlegung der Vergütungen für Aufsichtsräte und deren Fälligkeit können in der Satzung erfolgen oder in die Kompetenz der Hauptversammlung gelegt sein. Vertragliche Vereinbarungen über die Zahlung von Vergütungen, Sondervergütungen usw., die nicht durch die Satzung oder einen Hauptversammlungsbeschluss legitimiert sind, sind nichtig wegen Verstoßes gegen § 134 BGB. Ist die Vergütung in der Satzung festgelegt, so kann die Hauptversammlung mit einfacher Mehrheit eine Herabsetzung der Vergütung beschließen, wobei die Änderung erst mit Registereintragung wirksam wird.76 Empfehlenswert ist es jedoch, die Vergütung durch die Hauptversammlung festlegen zu lassen. Zum einen kann so eine beabsichtigte Erhöhung der Vergütung durch einen Hauptversammlungsbeschluss herbeigeführt werden. Ist die Vergütung dagegen in der Satzung festgelegt, kann sie durch einen Hauptversammlungsbeschluss zwar herabgesetzt werden, nicht aber erhöht werden. Für eine Erhöhung müsste eine Satzungsänderung durchgeführt werden, wofür zum einen eine notarielle Beschlussfassung und zum anderen eine 3⁄4-Mehrheit erforderlich ist. Da die Satzung bei dem zuständigen Handelsregister der Gesellschaft zu hinterlegen ist, kann – bei Nachweis eines berechtigten Interesses – jederzeit die Einsicht in diese Unterlagen und damit in die Vergütungsregelungen für den Aufsichtsrat Einsicht genommen werden. Eine solche (unkontrollierte) Öffentlichkeit ist nicht immer erwünscht. Zwingend ist die Angabe dieser Gesellschaften im Jahresabschluss, ob sie den Empfehlungen des GCCG Folge leisten oder nicht, § 161 AktG i. V. m. §§ 285 Satz 1 Nr. 16, 325 Abs. 1 Satz 1 HGB. Eine solche Veröffentlichung kann von der Gesellschaft gesteuert und von Fall zu Fall vorgenommen werden. Aufwandsentschädigung hat keinen Vergütungscharakter und unterfällt daher nicht § 113 AktG. Der Anspruch folgt aus analoger Anwendung der §§ 675 Abs. 1, 670 BGB (Geschäftsbesorgung).

 

bbb) Steuerliche Aspekte der Aufsichtsratsvergütung

Die an ein Aufsichtsratsmitglied für seine Tätigkeit im Rahmen seines Mandats gezahlte Vergütung ist nach § 10 Nr. 4 KStG bei der Gesellschaft nur zur Hälfte als Betriebsausgabe anzusehen, die andere Hälfte ist nicht abzugsfähig. Dabei gelten als Vergütung alle Leistungen der Gesellschaft an das Aufsichtsratsmitglied für die Amtstätigkeit, wie z. B. Sitzungsgelder, Aufwandsentschädigungen, Tagegelder, laufende Vergütung, Kfz-Benutzung, Beiträge zur Altersversorgung, Pensionszahlungen, Aktien etc. Lediglich die Erstattung belegter Aufwendungen, wie beispielsweise nachgewiesene Reisekosten, sind in vollem Umfang als Betriebsausgabe abziehbar. Nach der Gesetzesbegründung sollte dieses 1977 eingeführte Teil-Abzugsverbot dazu dienen, „Aufsichtsratsvergütungen in angemessener Weise zu begrenzen“.77 Die betriebliche Veranlassung der an Überwachungsorgane gezahlten Vergütung ist jedenfalls von der Rechtsprechung nicht infrage gestellt worden. Diese Regelung ist in der Literatur oft und zu Recht kritisiert worden,78 sie sei eine steuerrechtlich eingekleidete Bevormundung der Unternehmen.79 Das Aktienrecht hat seit Einführung dieser steuerlichen Vorschrift einige Änderungen – auch im Hinblick auf den Aufsichtsrat – erfahren. Erwähnt werden in der Literatur hier insbesondere die Beschränkung der Anzahl der Aufsichtsratsmandate sowohl auf Seiten der Gesellschaft (§ 95 AktG) als auch auf Seiten der Aufsichtsratsmitglieder (§ 100 AktG) sowie die Regelungen zur Vergütung der Aufsichtsratsmitglieder (§ 113 AktG). In Anbetracht dessen wird die steuerliche Regelung als untauglich erachtet.80 Auch die erhöhten inhaltlichen und zeitlichen Anforderungen an die Tätigkeit der Aufsichtsräte, das damit verbundene größere Verantwortungs- und Haftungspotenzial und die Forderungen nach einer Professionalisierung der Aufsichtsräte werden als Grund für eine adäquate Anpassung der Bezüge von Aufsichtsräten herangezogen; die frühere Gesetzesbegründung es handele sich um „ohne besondere Mühe erworbene Bezüge“ wird nach den aktuellen Anforderungen als nicht mehr zutreffend erachtet.81 Ist ein Aufsichtsratsmitglied in einem Ausschuss tätig, der keine Überwachungsfunktion hat, ist die hierfür gewährte Vergütung voll abzugsfähig, wenn die Vereinigung der Ämter eher zufällig ist und nicht eine künstliche Aufteilung des Aufsichtsrats vorliegt.82 Das (arbeitsvertragliche) Gehalt, das der Arbeitnehmervertreter im Aufsichtsrat neben seiner Aufsichtsratsvergütung erhält, ist für die Gesellschaft als Betriebsausgabe voll abzugsfähig.83

Verträge mit Aufsichtsratsmitgliedern gemäß § 114 AktG über Leistungen, die außerhalb der Organpflichten angesiedelt sind (z. B. Beratungsverträge in einem speziellen Fachgebiet), sind dagegen voll abzugsfähig.84 Nach dieser Vorschrift kann die Gesellschaft (vertreten durch den Vorstand) mit einem Aufsichtsratsmitglied einen Dienst- oder Werkvertrag über Leistungen abschließen, die außerhalb der Aufsichtsratstätigkeit liegen. Solche Verträge unterliegen der Zustimmung des Aufsichtsrats. Steuerlich betrachtet sind diese vertraglichen Vergütungen voll abziehbar, da die von dem Aufsichtsratsmitglied zu erbringende Leistung außerhalb seiner Amtstätigkeit angesiedelt und daher keine Vergütung im Sinne von § 113 AktG und § 10 Nr. 4 KStG ist.

Auf Seiten des Aufsichtsratsmitglieds unterliegt die Vergütung für die Aufsichtsratstätigkeit der Einkommensteuer nach §§ 1, 50a EStG.

Umsatzsteuerrechtlich wurde die Vergütung von Aufsichtsratsmitgliedern in Deutschland bislang als Vergütung für eine selbstständige Tätigkeit angesehen und der Umsatzsteuer unterworfen. Der EuGH hat im Sommer 2019 im Falle eines niederländischen Aufsichtsratsmitglieds einer Stiftung anders entschieden85 und eine Selbstständigkeit verneint. Das Aufsichtsratsmitglied werde weder im eigenen Namen noch auf eigene Rechnung oder Verantwortung tätig, es sei vielmehr dem Aufsichtsrat als solchem untergeordnet. Das einzelne Mitglied trage kein wirtschaftliches Risiko seiner Tätigkeit.86

Der BFH hat sich dieser EuGH-Rechtsprechung angeschlossen und geurteilt, dass ein Aufsichtsratsmitglied, welches aufgrund einer nicht variablen Festvergütung kein Vergütungsrisiko trägt, entgegen bisheriger Rechtsprechung nicht als Unternehmer tätig ist.87 Auch in Deutschland ist also zukünftig die Aufsichtsratsvergütung nicht (mehr in allen Fällen) umsatzsteuerbar, die Umstände des Einzelfalles werden für diese Frage entscheidend sein. Dies dürfte i.Ü. nicht nur Aufsichtsräte einer Aktiengesellschaft gelten, sondern auch für Mitglieder vergleichbarer Kontrollgremien, so bereits finanzgerichtlich entschieden für ein Verwaltungsmitglied eines berufsgenossenschaftlichen Versorgungswerkes,88 für ein Vorstandsmitglied einer öffentlich-rechtlich organisierten Berufskammer89, für das Mitglied des Verwaltungsausschusses eines berufsständischen Versorgungswerkes,90 und das Mitglied eines fakultativen Aufsichtsrates eines eingetragenen Vereins.91 Mit der Umsatzsteuerpflicht entfiele auch das Recht zum Vorsteuerabzug.

Das BMF hat sich mit Schreiben vom 08.07.202192 dieser neuen Auffassung der Rechtsprechung mit ausdrücklichem Verweis auf BFH vom 27.11.2019 angeschlossen. Die bisherigen Regelungen des Umsatzsteuer-Anwendungserlasses in Abschnitt 2.2, der die Behandlung von Aufsichtsratsvergütungen behandelt, wurde dahingehend geändert, dass ein Aufsichtsratsmitglied, das aufgrund einer nicht variablen Festvergütung kein Vergütungsrisiko trägt, nicht selbständig tätig ist, wobei eine Festvergütung insbesondere im Fall einer pauschalen Aufwandsentschädigung vorliege, die für die Dauer der Mitgliedschaft im Aufsichtsrat gezahlt wird. Sitzungsgelder, die das Mitglied des Aufsichtsrats nur erhält, wenn es tatsächlich an der Sitzung teilnimmt, sowie nach dem tatsächlichen Aufwand bemessene Aufwandsentschädigungen sind laut BMF keine Festvergütung. Besteht die Vergütung des Aufsichtsratsmitglieds sowohl aus festen als auch variablen Bestandteilen, ist es grundsätzlich selbständig tätig, wenn die variablen Bestandteile im Kalenderjahr mindestens 10 % der gesamten Vergütung, einschließlich erhaltener Aufwandsentschädigungen, betragen. Reisekostenerstattungen sind keine Vergütungsbestandteile und demzufolge bei der Ermittlung der 10 %-Grenze nicht zu berücksichtigen. Trägt das Mitglied des Aufsichtsrats kein Vergütungsrisiko, ist es nach Meinung des BMF nicht deshalb selbständig tätig, weil es unter den Voraussetzungen des § 116 AktG für pflichtwidriges Verhalten haftet. Die Prüfung der Selbständigkeit ist für jedes Aufsichtsratsmitglied separat vorzunehmen. Die neuen BMF-Regelungen gelten auch für Mitglieder von Ausschüssen, die der Aufsichtsrat nach § 107 Abs. 3 AktG bestellt hat und für Mitglieder von anderen Gremien, die nicht der Ausübung, sondern der Kontrolle der Geschäftsführung einer juristischen Person oder Personenvereinigung dienen.

Das BMF-Schreiben bzw. die Neufassung des Umsatzsteuer-Anwendungserlasses ist in allen offenen Fällen anzuwenden. Zur Vermeidung von Übergangsschwierigkeiten wird es – auch für Zwecke des Vorsteuerabzugs – von der Finanzverwaltung nicht beanstandet, wenn die bisher geltenden Regelungen des Umsatzsteuer-Anwendungserlasses auf Leistungen angewendet werden, die bis einschließlich 31. Dezember 2021 ausgeführt worden sind.

 

Um hier Konflikten vorzubeugen, sollte – wie in der Musterformulierung vorgesehen – der die Vergütung bewilligende Hauptversammlungsbeschluss (bzw. die entsprechende Satzungsregelung) eine Aussage zur Umsatzsteuer enthalten, falls neben einer Festvergütung eine variable Vergütung vorgesehen ist, die die Unternehmereigenschaft des Aufsichtsrates begründet.

Aufwendungen des Aufsichtsratsmitglieds, die durch die Aufsichtsratstätigkeit, d. h. betrieblich veranlasst sind, mindern die Vergütung und sind als Betriebsausgaben im Sinne von § 4 Abs. 4 EStG abzugsfähig. Eine Abzugsfähigkeit scheidet jedoch aus, wenn die Aufwendungen solcher Art sind, dass sie gleichzeitig der Lebensführung des Steuerpflichtigen dienen, § 12 Nr. 1 EStG. Bei Aufsichtsräten kämen z. B. Repräsentationskosten oder Übernahme von Kosten für gesellige Veranstaltungen infrage, die zwar durch die Aufsichtsratstätigkeit veranlasst sein können, aber durch das „Hineinspielen der Lebensführung“ die Abzugsfähigkeit ausgeschlossen ist. Ebenso sind Beiträge und Spenden im Allgemeinen als Privatausgaben nicht abzugsfähig.93

Zu den Besonderheiten der steuerlichen Behandlung bei Arbeitnehmervertretern sind in Kapitel V. erläuternde Ausführungen zu finden.

 

gg) § 16 der Mustersatzung – Verträge mit Aufsichtsratsmitgliedern

Verträge mit Aufsichtsratsmitgliedern gemäß § 114 AktG sind immer wieder Gegenstand von Gerichtsverfahren. Tatsächlich bergen solche Verträge aufgrund der bestehenden Abgrenzungsschwierigkeiten zwischen organschaftlichen und vertraglichen Beratungspflichten die Gefahr für das betreffende Aufsichtsratsmitglied, die aufgrund von Beratungsverträgen erhaltenen Vergütungen an die Gesellschaft zurückzahlen zu müssen. Insbesondere wenn die vertragliche Beratung der Gesellschaft durch ein Mitglied des Aufsichtsrats über Jahre hinweg andauerte, kann das Rückforderungsverlangen der Gesellschaft für das betreffende Aufsichtsratsmitglied schmerzlich sein, zumal § 114 Abs. 2 AktG ein gesetzliches Aufrechnungsverbot mit Bereicherungsansprüchen des Aufsichtsratsmitglieds postuliert. Das Landgericht Stuttgart94 hatte in einem Verfahren eines Insolvenzverwalters einer Aktiengesellschaft gegen ein Mitglied des Aufsichtsrats auf Rückzahlung von Vergütungen aus einer knapp achtjährigen Dauerberatungstätigkeit in Höhe von knapp 1,2 Mio. DM dem Insolvenzverwalter wegen Nichtigkeit der zugrunde liegenden Beratungsverträge nach §§ 113 AktG, 134 BGB Recht gegeben und das Aufsichtsratsmitglied zur Zahlung verurteilt.

Hintergrund der Problematik bilden die §§ 113 und 114 AktG und im weiteren Sinne auch § 10 Nr. 4 KStG. Nach § 113 AktG kann Mitgliedern des Aufsichtsrats für ihre Aufsichtsratstätigkeit eine angemessene Vergütung gezahlt werden. Diese Vergütung muss zwingend in der Satzung oder durch einen Beschluss der Hauptversammlung festgelegt sein. Fehlt es an einer solchen Satzungsbestimmung oder einem solchen HV-Beschluss, ist die Zahlung einer Vergütung rechtsgrundlos und unterliegt der Rückforderung durch die Gesellschaft. Entsprechende vertragliche Vereinbarungen für die Gewährung einer Vergütung für die Aufsichtsratstätigkeit ohne Satzungsbestimmung oder HVBeschluss sind wegen der Umgehung des § 113 AktG nach § 134 BGB nichtig.

Verträge mit Aufsichtsratsmitgliedern sind gemäß § 114 AktG zulässig, wenn sie Leistungen, die außerhalb der Organpflichten angesiedelt sind, betreffen (z. B. Beratungsverträge in einem speziellen Fachgebiet). Nach dieser Vorschrift kann die Gesellschaft (vertreten durch den Vorstand) mit einem Aufsichtsratsmitglied einen Dienst- oder Werkvertrag über Leistungen abschließen, die außerhalb der Aufsichtsratstätigkeit liegen. Solche Verträge unterliegen der Zustimmung des Aufsichtsrats. Der Aufsichtsrat muss seine Zustimmung durch ausdrücklichen förmlichen Aufsichtsratsbeschluss gem. § 108 Abs. 1 AktG erteilen, erforderlich ist zudem, dass Aufsichtsrat zuvor vollständig und richtig über Vertrag einschließlich der Höhe der Vergütung informiert wurde. § 114 AktG ist zwingendes Recht und nicht abdingbar. Der Vorstand haftet § 93 Abs. 3 Nr. 7 AktG für Verstöße gegen § 114 AktG, er handelt in solchen Fällen idR rechtswidrig. Der geschuldete Ersatz besteht in der Erstattung aller gesetzwidrigen Zahlungen. Aufsichtsratsmitglieder schulden gemäß § 116 Satz 1 AktG i.V.m. § 93 Abs. 3 Nr. 7 AktG ebenfalls diesen Ersatz, wenn sie in schuldhafter Weise an der Gewährung dieser Vergütungen mitgewirkt haben.95

Die Problematik solcher Verträge nach § 114 AktG, bei denen es sich in der Praxis hauptsächlich um Beraterverträge mit Aufsichtsratsmitgliedern handelt, besteht darin, dass die Abgrenzung zwischen der Aufsichtsratstätigkeit und der Beratertätigkeit häufig schwer zu ziehen ist. Bei der vertraglichen Tätigkeit muss es sich um eine Tätigkeit höherer Art außerhalb der Tätigkeit als Aufsichtsrat handeln. Tätigkeiten, die unter den organschaftlich begründeten Tätigkeitskreis des Aufsichtsratsmitglieds fallen, können nicht Gegenstand eines Vertrags nach § 114 AktG sein, denn die Vergütung von Organpflichten des Aufsichtsratsmitglieds ist in § 113 AktG abschließend geregelt. Die Abgrenzung, ob eine bestimmte Tätigkeit Gegenstand eines Vertrags nach § 114 AktG sein kann, hängt also davon ab, wie weit der Pflichtenkreis des Aufsichtsratsmitglieds aufgrund seiner Organstellung zu ziehen ist. Nach § 111 Abs. 1 AktG obliegt dem Aufsichtsrat die Kontrolle, Überwachung und Bera-tung der Geschäftsführungstätigkeit des Vorstands sowohl vergangenheits- als auch zukunftsbezogen. Dabei ist der Aufsichtsrat nicht auf eine Prüfung der Rechtmäßigkeit beschränkt, sondern hat die Tätigkeit des Vorstands auch auf Zweckmäßigkeit und Wirtschaftlichkeit zu prüfen. Die Rechtsstellung des Aufsichtsrats als Kollegialorgan steht dabei nicht der Tatsache entgegen, dass die sich aus der Organstellung ergebenden Pflichten jedes Aufsichtsratsmitglied persönlich treffen.96 Maßgebend für eine Abgrenzung der Aufsichtsratstätigkeit von einer außerhalb dessen angesiedelten vertraglichen Leistung ist nicht der Umfang der Tätigkeit, sondern ihr Gegenstand.97 Ein Vertrag, nach dem das Aufsichtsratsmitglied die Gesellschaft „in betriebswirtschaftlichen und steuerrechtlichen Fragen beraten“ soll, verstößt mangels Abgrenzung gegenüber der Organtätigkeit des Aufsichtsrats gegen § 113 AktG und ist daher einer Zustimmung durch den Aufsichtsrat als Gesamtorgan gem. § 114 AktG nicht zugänglich.98 Um eine nicht unter den Pflichtenkreis des Aufsichtsratsmitglieds fallende Tätigkeit handelt es sich dann, wenn die zu leistenden Dienste besondere Spezialgebiete betreffen, die üblicherweise von einem spezialisierten Fachmann wahrgenommen werden,99 und sich nicht (auch) auf übergeordnete, in den Rahmen der Aufsichtsratstätigkeit fallende allgemeine Fragen der Unternehmenspolitik beziehen.100 Allerdings sind immer die Umstände des Einzelfalles zu berücksichtigen. So seien bei einem Aufsichtsratsmitglied eines Versicherungsunternehmens besondere Kenntnisse auf dem Gebiet des Versicherungswesens vorauszusetzen.101 Die Aufsichtsratsmitglieder werden in aller Regel wegen ihrer jeweiligen persönlichen und individuellen Fähigkeiten und Erfahrungen berufen, um gerade darauf im Rahmen der Organtätigkeit zurückgreifen zu können. Bei der Frage der Abgrenzung wird es also entscheidend darauf ankommen, ob der Beratervertrag eindeutige Feststellungen darüber ermöglicht, inwieweit die vertraglich geschuldete Leistung außerhalb oder innerhalb des organschaftlichen Pflichtenkreises liegt – d. h. die konkrete Bezeichnung des Vertragsgegenstandes. Auch die Höhe des im Einzelnen von der Gesellschaft zu entrichtenden Entgelts muss sich eindeutig aus dem Vertrag ergeben, so dass der Aufsichtsrat sich vor seiner Entscheidung über die Zustimmung ein Urteil über Art und Umfang der Leistung sowie Höhe und Angemessenheit der Vergütung machen kann. Verträge, die diesen Anforderungen nicht gerecht werden, also z. B. den Vertragsgegenstand nur allgemein bezeichnen, so dass eine Abgrenzung nicht möglich ist, sind aus diesem Grunde nicht nach § 114 AktG, sondern ausschließlich nach § 113 AktG zu beurteilen. Dies führt dazu, dass mangels einer Satzungsbestimmung oder eines HV-Beschlusses die Verträge nichtig und die gezahlte Vergütung zurückzuzahlen ist. Auch unzureichende Vertragsaussagen über die Höhe der Vergütung können den Vertrag wegen Umgehung des § 113 AktG nichtig machen.

Einen weiteren besonderen Gesichtspunkt im Zusammenhang mit einem Beratervertrag eines Aufsichtsratsmitglieds hatte das Landgericht Stuttgart in dem eingangs erwähnten Verfahren zu entscheiden. In diesem Verfahren war das beklagte Aufsichtsratsmitglied Rechtsanwalt und Mitglied einer großen Sozietät. Zwischen der AG und der Sozietät war ein Rahmen-Beratungsvertrag für die gesamte rechtliche Beratung und Vertretung der AG gegen Vergütung nach den üblichen Stundensätzen geschlossen worden. Nach Ansicht des LG Stuttgart war zum einen der Gegenstand des Vertrags zu abstrakt und zu generell gefasst, als dass erkennbar gewesen wäre, dass es sich um Tätigkeiten außerhalb des organschaftlichen Pflichtenkreises des Anwalts als Aufsichtsratsmitglied gehandelt habe. Zum anderen sei auch die Vereinbarung von „üblichen Stundensätzen“ unzureichend, so dass eine Beurteilung über die Angemessenheit der vereinbarten Vergütung nicht möglich gewesen sei, insbesondere auch deshalb, weil der übliche Stundensatz nicht beziffert war. Schließlich – und dies war die Besonderheit dieses Falles – erstreckte das LG Stuttgart den Schutzzweck der §§ 113, 114 AktG auch auf die mit dem betreffenden Aufsichtsratsmitglied durch die BGB-Gesellschaft verbundenen Rechtsanwälte. Das Gericht begründete dies damit, dass nur dadurch der Gefahr erheblichen Missbrauchs durch formellen Abschluss von Verträgen, an welchen das Aufsichtsratsmitglied juristisch und wirtschaftlich beteiligt sei, begegnet werden könne. Daher seien von §§ 113, 114 AktG alle Konstellationen erfasst, bei denen das Aufsichtsratsmitglied unmittelbar oder mittelbar in Umgehung des § 113 AktG Sondervergütungen für organschaftliche Tätigkeit erhalte. Somit seien auch Einzelaufträge, die die AG etwa Kanzleikollegen oder Sozietätsmitgliedern des Aufsichtsratsmitglieds im Zusammenhang mit dem „DauerBeratungsvertrag“ erteilt habe, von der Nichtigkeit nach § 134 BGB erfasst.

Insbesondere dieser Aspekt des landgerichtlichen Urteils – die Umgehung der §§ 113, 114 AktG durch Vertragsschluss nicht mit dem Aufsichtsratsmitglied selbst, sondern mit einem Unternehmen, an dem es beteiligt ist – ist in der Literatur diskutiert worden. Die vertretenen Standpunkte sind dabei vielfältig, sie reichen von Zustimmung bis Ablehnung und halten für den Bereich dazwischen die unterschiedlichsten Modelle bereit.102 Eine in der Literatur vertretene Meinung will bei der Frage der Anwendung der §§ 113, 114 AktG gerade Gesellschaften bürgerlichen Rechts und Sozietäten umfasst wissen. Nur so könne eine mittelbare wirtschaftliche Beeinflussung durch das Aufsichtsratsmitglied vermieden werden. Eine andere Meinung will die Anwendung der §§ 113, 114 AktG auf von dem betreffenden Aufsichtsratsmitglied abhängige Unternehmen (etwa Ein-Mann-GmbH) beschränken. Dagegen hält eine weitere Meinung die Anwendung dieser Vorschriften bei jedweder Art von gesellschaftsrechtlicher Beteiligung an dem vertragschließenden Unternehmen für ausreichend. Eine wieder andere Meinung dagegen meint, unabhängig von der gesellschaftsrechtlichen Stellung komme es darauf an, ob die vertragliche Leistung von dem betreffenden Aufsichtsratsmitglied erbracht wird. Eine weitere Meinung geht jedenfalls bei einem Beratervertrag der Aktiengesellschaft mit einer Sozietät, deren Mitglied das betreffende Aufsichtsratsmitglied ist, in Anlehnung an die vom dem BGH103 entwickelte temporale Nichtigkeit auch hinsichtlich des Beratungsvertrags von einer Teilnichtigkeit aus. Entscheidend sei, wer mit der konkreten Vertragserfüllung beauftragt sei. Dies folge zum einen aus der Höchstpersönlichkeit der organschaftlichen Pflichten des Aufsichtsratsmitglieds sowie aus der mangelnden Überlappung der Organpflichten und Vertragspflichten bei dem Sozietätskollegen des Aufsichtsratsmitglieds. Bei Vertragsschluss mit einer GmbH, an welcher das Aufsichtsratsmitglied einen substanziellen Anteil hält (ab 1%), sollen die §§ 113, 114 AktG ebenfalls angewendet werden. Aber auch, wenn das Aufsichtsratsmitglied keinen substanziellen Anteil an der vertragschließenden GmbH halte, sollen

§§ 113, 114 AktG anzuwenden sein, wenn das betreffende Aufsichtsratsmitglied als Angestellter oder freier Mitarbeiter der GmbH bei der konkreten Vertragserfüllung tätig werde. Weiterhin wird vertreten,104 eine Anwendung der §§ 113, 114 AktG jedenfalls dann zu bejahen, wenn der Beratungsvertrag zwar nicht mit dem Aufsichtsratsmitglied selbst, aber mit einer Gesellschaft abgeschlossen wird, der dieser als Gesellschafter, gesetzlicher Vertreter oder Aufsichtsratsmitglied angehöre, wenn das Aufsichtsratsmitglied kraft seiner verbandsrechtlichen Stellung die Auszahlung des Beratungshonorars an sich bewirken könne. Als Beispiele hierfür werden die Beherrschung der Gesellschaft durch das Aufsichtsratsmitglied oder die ausdrückliche Vereinbarung, dass das Aufsichtsratsmitglied an der Erfüllung der vertraglichen Gegenleistung maßgeblich beteiligt sein soll, genannt. Eine ähnliche, nur leicht variierende Meinung stellt bei der Frage nach der Anwendung des § 114 AktG darauf ab, ob der Beratungsvertrag mit einer Gesellschaft abgeschlossen wird, der das Aufsichtsratsmitglied als gesetzlicher Vertreter oder als geschäftsführender Gesellschafter angehört oder die von dem Aufsichtsratsmitglied beherrscht wird.105

In der Rechtsprechung ist diese Thematik bereits mehrfach Gegenstand von Entscheidungen gewesen. Neben dem LG Stuttgart haben sich das Kammer-gericht im Jahre 1995106 und das LG Köln im Jahre 2002107 mit dieser Thematik auseinandergesetzt und dabei einen weiteren juristischen Aspekt eingebracht. Das Kammergericht und das LG Köln haben entschieden, dass die Regelung des § 115 Abs. 3 AktG wegen der Parallelität der Interessenlagen analog auf die §§ 113, 114 AktG anzuwenden sei. § 115 AktG betrifft den Abschluss von Kreditverträgen zwischen einem Aufsichtsratsmitglied und seiner AG und sieht in Abs. 3 vor, dass die AG einer juristischen Person oder einer Personengesellschaft, deren gesetzlicher Vertreter das Aufsichtsratsmitglied ist, einen Kredit nur dann gewähren darf, wenn der Aufsichtsrat zustimmt. Ausgenommen sind mit der AG verbundene Gesellschaften und Warenkredite. Die Interessenlagen bei § 115 Abs. 3 AktG und § 114 AktG seien im Grundsatz identisch: Es gehe um die Verhinderung von Missbrauch der Organstellung und der daran anknüpfenden Einflussmöglichkeit innerhalb der AG durch das betreffende Aufsichtsratsmitglied. Diese analoge Anwendung führe dazu, dass auch Beratungsverträge im Sinne von § 114 AktG, die mit einer Kapital- oder Personengesellschaft geschlossen werden, bei der ein Aufsichtsratsmitglied der AG gesetzlicher Vertreter ist, ebenfalls dem Zustimmungsvorbehalt des Aufsichtsrats unterliegen.

Im Falle eines Beratungsvertrages zwischen einer AG und einem Unternehmen, dessen alleiniger Gesellschafter und Geschäftsführer ein Mitglied des Aufsichtsrats war, hat der BGH im Jahre 2006 entschieden,108 dass der aktienrechtliche Anspruch auf Rückgewähr der Beratungsvergütung gem. § 114 Abs. 2 Satz 1 AktG auch bei einem gegen § 113 AktG verstoßenden Beratungsvertrag eingreife und gegenüber dem betreffenden Aufsichtsratsmitglied auch dann bestehe, wenn der Vertrag mit einem von ihm beherrschten Unternehmen abgeschlossen worden ist. Kurze Zeit später hat der BGH diese Rechtsprechung dahingehend ausgeweitet,109 dass das Aufsichtsratsmitglied nicht notwendigerweise beherrschend an dem Unternehmen beteiligt sein muss, mit dem die AG den (Beratungs-)Vertrag abgeschlossen hat, um die Anwendung der §§ 113, 114 AktG auszulösen. Der BGH begründet dies damit, dass die unabhängige Wahrnehmung der organschaftlichen Überwachungstätigkeit des Aufsichtsratsmitglieds bereits dann betroffen sei, wenn dem Aufsichtsratsmitglied mittelbare Zuwendungen über die Vergütung aus dem (Beratungs-)Vertrag zufließen und diese Zuflüsse im Vergleich zur Aufsichtsratsvergütung nicht geringfügig sind. Anspruchsgrundlage für eine Rückzahlung der (Beratungs-)Vergütung sei auch in diesen Fällen § 114 Abs. 2 AktG. Mit einem weiteren Urteil im Jahre 2007110 hat der BGH diese Rechtsprechung auch für den Beratervertrag einer AG mit einer Anwalts-GbR, der ein Aufsichtsratsmitglied angehört, bestätigt.

Abschließende Empfehlungen für eine entsprechende vertragliche oder satzungsmäßige Gestaltung können aufgrund der Vielfältigkeit der vertretenen Meinungen und auch aufgrund der für den Einzelfall nicht klar und konkret formulierten Abgrenzungskriterien der Rechtsprechung daher nicht erfolgen. Um Konflikte zu vermeiden, können Beraterverträge nach § 114 AktG mit Aufsichtsratsmitgliedern bzw. mit Gesellschaften, an denen Aufsichtsratsmitglieder in einer bestimmten, zu definierenden Weise beteiligt sind, ausgeschlossen werden. Ansonsten bleibt die Empfehlung, im konkreten Einzelfall eine sachverständige Beratung bei der Gestaltung solcher Beraterverträge einzuholen, um jedenfalls die bisher von der Rechtsprechung aufgestellten Anforderungen zur Konkretisierung und Transparenz bei Vertragsgegenstand und Vergütung sicherzustellen.

Vor Amtsannahme geschlossene Beratungsverträge, die ihrem Inhalt nach unter § 114 AktG fallen, werden nach der Rechtsprechung des BGH für die Dauer der Amtszeit unwirksam, es sei denn, der Aufsichtsrat erteilt nachträglich für die Zeit ab Amtsantritt die Zustimmung im Sinne von § 114 Abs. 1 AktG.111 Vor Amtsannahme geschlossene Beraterverträge, die ihrem Inhalt nach organschaftliche Pflichtenkreise betreffen, werden mit Amtsantritt bis zur Beendigung des Amtes ebenfalls unwirksam; nach Beendigung des Amtes lebt der Vertrag wieder auf.112

Zur Sicherung der Unabhängigkeit der Geschäftsleitung sind unmittelbare und mittelbare Darlehen des Unternehmens oder dessen Tochtergesellschaften an Organe und Führungskräfte durch den Sarbanes-Oxley Act verboten (mit Ausnahmeregelungen für bereits bestehende Darlehen, übliche Konsumenten-Kredite oder Kredite von US-Banken, die von der U.S. Federal Deposit Insurance Corporation besichert sind).113 Bereits bestehende Darlehensverträge können zu unveränderten Konditionen belassen werden.114 Dieses Verbot der Darlehensvergabe geht über die §§ 89, 115 AktG hinaus, wonach Kreditverträge mit Vorständen und Aufsichtsräten nur mit der Zustimmung des Aufsichtsrats zulässig sind. Für die vom SOX betroffenen Unternehmen wäre eine entsprechende Klausel zum Verbot der Vergabe von Krediten in der Satzung anzuregen (wie in § 16 Abs. 3 der Mustersatzung vorgeschlagen), um die Einhaltung der Vorschriften des SOX zu gewährleisten.

Die Musterformulierung in § 16 der Satzung enthält in Anlehnung an den Sarbanes-Oxley Act einer strenge Reglementierung der Möglichkeiten des Vertragsschlusses nach §§ 114, 115 AktG zwischen Gesellschaft und Aufsichtsratsmitglied. Unternehmen, bei denen auszuschließen ist, dass sie selbst oder mittelbar über eine Mutter- oder Tochtergesellschaft unter den Anwendungsbereich des SOX fallen oder fallen könnten, bieten sich „entschärfte“ Variationen der hier vorgeschlagenen Musterformulierung an.

 

  1. Zum Musterbeschluss der Hauptversammlung

aa) Bewilligung der Vergütung

Vergütungsbestandteile im Sinne von § 113 AktG und damit satzungspflichtig bzw. hauptversammlungsbeschlusspflichtig sind auch Nebenleistungen, 115 wie z. B. die Zahlung von Sitzungsgeldern durch die Gesellschaft, die Stellung eines Dienstwagens, die Übernahme der Kraftstoffkosten und Warenlieferungen zu Vorzugspreisen. Die Behandlung so genannter D&O-Versicherungen als Vergütungsbestandteile ist umstritten.116

Wird dem Aufsichtsrat eine Vergütung gewährt, so soll sie in einem angemessenen Verhältnis zu den Aufgaben der Aufsichtsratsmitglieder und zur Lage der Gesellschaft stehen, § 113 Abs. 1 Satz 3 AktG. Grundsätzlich sind alle Aufsichtsratsmitglieder bei der Frage der Vergütung gleich zu behandeln. Es ist jedoch zulässig, bei der Höhe der Vergütung für die einzelnen Aufsichtsratsmitglieder aus Sachgründen zu differenzieren, und z. B. dem Vorsitzenden des Aufsichtsrats und dessen Stellvertreter eine höhere Vergütung zuzusprechen. Für börsennotierte Gesellschaften gibt der Corporate Governance Kodex sogar die Empfehlung, bei der Höhe der Vergütung eine solche Differenzierung vorzunehmen. Auch bei der Vergütung für Aufsichtsräte, die Mitglied eines Ausschusses sind, empfiehlt der Kodex eine angemessene höhere Vergütung.117 Ziffer 1 des Musterbeschlusses gibt eine Möglichkeit der differenzierten Gestaltung. Gleichzeitig wird für den Fall der Ämterkumulation eine Limitierung der Gesamtvergütung vorgeschlagen, um ein unkontrolliertes In-die-Höhe-Schießen der Vergütung einzelner Aufsichtsratsmitglieder zu vermeiden.

Auch die so genannten Sitzungsgelder zählen zur Vergütung im Sinne von § 113 AktG.

Keine Vergütung dagegen ist der Ersatz angemessener Aufwendungen gemäß § 113 AktG und §§ 670 ff. BGB analog.

 

bb) Erfolgsabhängige Vergütung

Zulässig ist es, den Aufsichtsräten neben einer festen eine erfolgsabhängige Vergütung zu gewähren. Für börsennotierte Gesellschaften empfiehlt der GCCG für den Fall, dass dem Aufsichtsrat eine erfolgsorientierte Vergütung zugesagt werde, dass diese auf eine nachhaltige Unternehmensentwicklung ausgerichtet sein soll.118

Die erfolgsabhängige Vergütung soll einen Anreiz schaffen, das Wohl des Unternehmens mit der Verfolgung eigener Interessen zu verknüpfen. Grundidee bei der erfolgsabhängigen Vergütung ist das Managementkonzept des „Shareholder Value“, wonach die Ausrichtung der Führungskräfte auf die Interessen der Anteilseigner erfolgen soll. Es geht dabei um die Lösung des so genannten Principle-Agency-Konfliktes, des Interessenkonfliktes zwischen den Anteilseignern (Prinzipale) und dem Management der Gesellschaft (Agenten). Während das Interesse der Anteilseigner auf eine Maximierung ihrer Vermögenswerte (Gesellschaftsanteile) gerichtet ist, verfolgt das Management, dem die Vermögenswerte anvertraut sind, seine eigenen Ziele, die z. B. in einer Minimierung des Anstrengungsniveaus, hohem Konsum am Arbeitsplatz oder der Ausweitung der eigenen Reputation und Einflussnahme liegen können. Mittels einer Vergütung, die sich an dem Grad der Verwirklichung der Anteilseignerinteressen misst, sollen die Interessen des Managements in dieselbe Richtung gelenkt werden.

Die Formen erfolgsanknüpfender Vergütungsstrukturen sind vielfältig denkbar. Gerade bei Führungskräften können sich je nach Ausgestaltung der erfolgsabhängigen bzw. unternehmenswertabhängigen Vergütung unterschiedliche Anreize für das eigene Handeln im Rahmen von Führungs- oder Überwachungskompetenzen ergeben. Ein Gleichlauf der Anreizstrukturen von erfolgsabhängigen Vorstands- und Aufsichtsratsratsvergütungen innerhalb einer Gesellschaft ist kritisch zu betrachten, da bei gleicher Interessenlage eine objektive Überprüfung und Kontrolle nicht mehr zu gewährleistet sein würde.119

Es stellt sich dabei immer die Frage, an welche Bezugsgrößen das erfolgsabhängige Vergütungssystem angeknüpft werden soll. Grundsätzlich können zwei Richtungen unterschieden werden: zum einen die Orientierung an Aktienkursen bzw. Börsenwerten, zum andern die Orientierung an bestimmten Kennzahlen.

In diesem Zusammenhang war die Frage nach Optionsprogrammen insbesondere für Aufsichtsräte bereits in der Vergangenheit kritisch zu sehen. Der BGH hat die jahrelange Unsicherheit im Jahre 2004 beseitigt und entschieden, dass Aktienoptionen für Mitglieder des Aufsichtsrats jedenfalls bei Unterlegung mit zurückgekauften Aktien der Gesellschaft (§ 71 Abs. 1 Nr. 8 Satz 5 AktG) ebenso wie bei Unterlegung mit bedingtem Kapital gemäß § 192 Abs. 2 Nr. 3 AktG unzulässig sind. Bei seiner Begründung stellte der BGH vordergründig auf eine Gefährdung der Kontrollfunktion des Aufsichtsrats ab, die dadurch eintreten könnte, dass die Aufsichtsräte eine am langfristigen Unternehmenserfolg ausgerichtete Vergütung erhalten, deren Berechnung nach denselben Kriterien wie die Vorstandsvergütung erfolgt.120 Doch schon lange vor dieser BGH-Entscheidung waren Aktienoptionen für Aufsichtsräte umstritten. Dabei wurde insbesondere der mögliche Interessenkonflikt des Aufsichtsrats als problematisch erachtet, der durch die Möglichkeit eines hohen persönlichen Gewinns aufgrund eines entsprechend ausgerichteten Aktienoptionsprogramms und der Überwachungs- und Kontrollfunktion gegenüber dem Vorstand hinsichtlich einer ordnungsgemäßen Geschäftsführung im Interesse der Anteilseigner entstehen könnte. Während durch die Gewährung von Aktien des Unternehmens als erfolgsabhängiger Vergütungsbestandteil bei dem Aufsichtsrat weitestgehend eine Interessenlage hergestellt wird, die der der Aktionäre/Anteilseigner gleicht, liegt dies bei der Gewährung von Aktienoptionen anders. Der Wert einer Option ist nicht identisch mit dem Wert der Aktie selbst, denn der Wert einer Option bestimmt sich nach der Prognose, welchen Wert die Aktie zum Ausübungsstichtag haben wird. Je höher also die Volatilität, d. h. das Maß der möglichen Kursschwankung einer Aktie ist, desto größer ist auch die Möglichkeit einer Wertsteigerung einer Aktie in der Zukunft. Die Formel würde also lauten: Je höher das Risiko, desto höher die Volatilität, desto höher der Wert der Option, desto höher die Vergütung. Dieses Anreizsystem könnte dazu führen, dass der Aufsichtsrat einer risikoreichen Geschäftspolitik unkritisch gegenübersteht und danach seine Kontroll- und Überwachungsaufgaben ausrichtet. Dies könnte wiederum den Interessen der Anteilseigner zuwiderlaufen.

Die Frage, wie eine erfolgsabhängige Vergütung für den Aufsichtsrat auszugestalten ist, lässt sich nicht mit einem für alle Unternehmen passenden Konzept beantworten.121 In dem vorliegenden Buch kann lediglich ein kleiner Ausschnitt der existierenden Meinungen, Modelle und Vorschläge dargestellt werden. Das verwendete Vergütungssystem sollte speziell auf die Bedürfnisse und Umstände der jeweiligen Gesellschaft zugeschnitten sein, wobei die im Einzelfall vorliegende Unternehmensstruktur, -strategie,
-steuerung und -kommunikation bei der Wahl des erfolgsversprechendsten Anreizmodells angemessen zu berücksichtigen sind.

Die im Musterbeschluss vorgeschlagene Vergütung enthält ausschließlich einen längerfristig ausgerichteten Bestandteil, der auf die Aktienkursentwicklung Bezug nimmt.

 

cc) D&O-Versicherungen

So genannte Directors’ & Officers’ Liability Insurances (D&O-Versicherungen) sind für die Manager von US-amerikanischen Unternehmen bereits seit Jahren eine Selbstverständlichkeit. D&O-Versicherungen dienen der Absicherung des Haftungsrisikos der Organmitglieder einer Gesellschaft und gewinnen auch in Deutschland immer mehr an Bedeutung. Insbesondere im Hinblick auf die verschärften Regelungen zur erforderlichen Prüfung und Vermeidung von Risiken (Risikomanagement) und die Ausweitung der Haftungsregelungen für Organmitglieder sollte der Abschluss einer solchen Versicherung letztlich auch im Interesse der Aktionäre sorgfältig erwogen und gegebenenfalls durchgeführt werden.122

Die Mindestanforderungen an eine D&O-Versicherung sind gesetzlich nicht geregelt. Die Vertragspartner haben daher eine sehr weiten Verhandlungs- und Gestaltungsspielraum. Die vom Gesamtverband der deutschen Versicherungswirtschaft e.V. herausgegebenen Musterbedingungen für eine D&O-Versicherung haben insoweit lediglich groben Orientierungscharakter und in der Praxis ist eine Vielzahl unterschiedlichster Versicherungsbedingungen zu verzeichnen. Bei den derzeit am Markt befindlichen Versicherungsmodellen für eine D&O-Versicherung handelt es sich hauptsächlich um Versicherungen, die das Risiko der nach deutschem Recht hauptsächlich relevanten Innenhaftung, also der Haftung der Organe gegenüber ihrer Gesellschaft, betreffen.

Versicherungsrechtlich liegt eine Haftpflichtversicherung vor, für die §§ 149 ff. VVG einschlägig sind. In der Regel wird es sich um eine Fremdversicherung handeln, bei der die Gesellschaft (also der potenzielle Geschädigte bei der Innenhaftung) der Versicherungsnehmer und Prämienzahler ist, während die versicherte Person das einzelne Organmitglied ist. Eine Fremdversicherung ist es deshalb, weil ohne die Versicherung nicht der Versicherungsnehmer den versicherten Schaden zu zahlen hätte, sondern jemand anderes (das Organmitglied). Ausgelöst wird der Versicherungsfall einer D&O-Versicherung durch die Inanspruchnahme des Organmitglieds. Die Versicherung umfasst dabei – wie bei Haftpflichtversicherungen üblich – den Anspruch auf Abwehr unberechtigter Ansprüche und die Befriedigung berechtigter Ansprüche. Wird also das Organmitglied von seiner (i.d.R. ehemaligen) Gesellschaft auf Schadensersatz in Anspruch genommen, wird der Versicherer zunächst juristisch prüfen lassen (ggf. im Rahmen eines Klageverfahrens), ob die erhobenen Ansprüche begründet sind. Die Ansprüche auf Versicherungsleistung (Abwehr und Befriedigung) stehen also der versicherten Person und nicht dem Versicherungsnehmer, hier der anspruchstellenden Gesellschaft zu. Damit soll auch ein kollusives Zusammenwirken von Organmitglied und Gesellschaft zu Lasten des Versicherers (sog. „friendly understanding“) unterbunden werden. Von der Versicherung ausgeschlossen ist gem. § 152 VVG (nur) die vorsätzliche Schadensherbeiführung. Allerdings ist § 152 VVG abdingbar, so dass die einzelnen D&O-Versicherungen genauestens auf etwaige weitergehende Ausschlussgründe zu prüfen sind. Von Bedeutung ist z.B. der Ausschluss bei wissentlichem Verstoß gegen Satzungsbestimmungen, ohne dass es hierbei auf einen eventuellen Schädigungsvorsatz ankäme. Zu prüfen ist auch der zeitliche Umfang des Versicherungsschutzes, also ob er sich z. B. auch auf Pflichtverletzungen vor Abschluss des Versicherungsvertrages bezieht, deren Folgen erst während der Versicherungszeit auftreten oder geltend gemacht werden. Gleiches gilt für etwaige Versicherungsfälle, die erst nach Ablauf der Versicherungszeit geltend gemacht werden, die ursächliche Pflichtverletzung aber noch während der Vertragslaufzeit stattgefunden hat.

Schließt die Gesellschaft eine Versicherung zur Absicherung eines Vorstandsmitglieds gegen Risiken aus dessen beruflicher Tätigkeit für die Gesellschaft ab, ist ein Selbstbehalt von mindestens 10 Prozent des Schadens bis mindestens zur Höhe des Eineinhalbfachen der festen jährlichen Vergütung des Vorstandsmitglieds vorzusehen (Pflichtselbstbehalt), § 93 Abs. 2 Satz 3 AktG.123

Zuständig für den Abschluss der D&O-Versicherung (d. h. der Abgabe der zum Vertrag führenden Willenserklärung gegenüber dem Vertragspartner) ist der Vorstand, und zwar auch dann, wenn die Vorstandsmitglieder selbst zu der versicherten Personengruppe gehören. Denn gegenüber Dritten vertritt der Vorstand die Gesellschaft und kein anderes Organ. Fraglich dagegen ist, ob der Vorstand auch die sachliche Entscheidungsbefugnis darüber hat, ob überhaupt eine solche Versicherung abgeschlossen wird.

 

Die in der Praxis zumindest im Zusammenhang mit dem Aufsichtsrat bedeutsame Frage ist die, ob es sich bei der Zahlung der Versicherungsprämien durch die Gesellschaft für eine Versicherung zugunsten der Aufsichtsratsmitglieder um eine Vergütung im Sinne von § 113 AktG handelt. Von der Beantwortung dieser Frage hängen die gesellschaftsrechtliche Gestaltung und die steuerrechtliche Einordnung dieser Prämien ab. Die Übernahme der Prämien für eine D&O-Versicherung ist nach als Vergütungsbestandteil ist in der Literatur umstritten.124 Geht man von dem Vergütungscharakter der Prämienzahlungen aus, so besteht bei den versicherten Aufsichtsratsmitgliedern das Erfordernis einer entsprechenden Satzungsregelung oder eines entsprechenden Hauptversammlungsbeschlusses. Nach wohl h.M. gehört die Prämienzahlung für eine D%O-Versicherungnicht zu den Vergütungsleistungen, da sie nicht nur im Interesse des Aufsichtsratsmitglieds, sondern auch im Interesse der Gesellschaft durch Gestellung eines solventen Regressschuldners liegt.125 Eine gerichtliche Klärung steht jedoch noch aus, weswegen rein vorsorglich eine Satzungsregelung bzw. ein HV-Beschluss angezeigt sein dürften.

Steuerrechtlich folgt die Finanzverwaltung der Auffassung, dass die von dem Unternehmen gezahlten Versicherungsprämien einkommensteuerrechtlich nicht der Vergütung der versicherten Personen zuzurechnen sei, wenn das Unternehmen mit diesen Prämien wirtschaftlich ein eigenes Interesse absichere. Kriterien hierfür können sein, dass das Management als Ganzes versichert ist, Schadensersatzforderungen gegen das Unternehmen abgedeckt sind, die Ansprüche aus dem Versicherungsvertrag dem Unternehmen zustehen und der Prämienkalkulation Betriebsdaten des Unternehmens zu Grunde liegen.126 Anderenfalls, d. h. wenn nicht unerhebliches Eigeninteresse des Arbeitnehmers vorliegt, sind die Beiträge steuerrechtlich wie Arbeitslohn zu behandeln.127

Bei Vorliegen folgender Voraussetzungen soll ein überwiegendes betriebliches Interesse angenommen werden:

  • bei der D&O-Versicherung handelt es sich um eine VermögensschadenHaftpflichtversicherung zur vorrangigen Absicherung des Unternehmens gegen Schadensersatzforderungen Dritter gegenüber dem Unternehmen aufgrund von Handlungen oder Unterlassungen ihrer Organmitglieder bzw. Leitungsverantwortlichen im Rahmen ihrer Tätigkeit für die Gesellschaft;
  • im Versicherungsvertrag sind besondere Klauseln zur Firmenhaftung bzw. zum so genannten Company Reimbursement128 enthalten, die dazu führen, dass Gläubiger der Versicherungsleistung das Unternehmen ist;
  • es handelt sich um eine Gruppenversicherung, bei der das Management als Ganzes versichert ist;
  • Basis der Prämienkalkulation sind ausschließlich Betriebsdaten des Unternehmens, nicht jedoch individuelle Merkmale von versicherten Personen; die Versicherungssumme liegt bei einem deutlich höheren Betrag, als es bei Privatvermögen typischerweise der Fall ist.

Ein überwiegendes betriebliches Interesse soll hingegen dann verneint werden, wenn solche Risiken versichert sind, die üblicherweise durch eine individuelle Berufshaftpflicht abgedeckt werden. Soweit in solchen Fällen die Prämienzahlungen nicht als Vergütungsleistungen auf einkommenssteuerlicher Seite anzusehen sind, wird sich bei körperschaftssteuerlicher Betrachtungsweise hinsichtlich der Abzugsfähigkeit als Betriebsausgabe das Gleiche ergeben.

Der hier vorgeschlagene Musterentwurf behandelt den Abschluss der D&O-Versicherung als materielle Entscheidungskompetenz der Hauptversammlung,129 d. h. hinsichtlich der formalen Anforderungen wie einen Vergütungsbestandteil. Da die Vergütung zu beziffern ist, wird man zumindest die Höhe der Prämienzahlungen angeben müssen. Die Anweisung der Hauptversammlung an den Vorstand, bei Vertragsabschluss darauf zu achten, dass die von der Finanzverwaltung aufgestellten Grundsätze für ein überwiegend betriebliches Interesse eingehalten werden, dient dem Ziel, die Versicherungsprämien – jedenfalls in steuerlicher Hinsicht – nicht als Vergütungsleistung, sondern als voll abzugsfähige Betriebsausgabe zu qualifizieren.

 

IV. Haftung von Aufsichtsratsmitgliedern

 

Immer öfter haben sich die Gerichte mit Klagen gegen Aufsichtsräte zu befassen. Denn erweiterte Pflichten und erhöhte Verantwortung bringen für den Aufsichtsrat auch größere Haftungsrisiken mit sich, die von den Aktionären immer häufiger einer gerichtlichen Prüfung unterzogen werden. Die seinerzeit vielbeachtete ARAG-Entscheidung des BGH130 aus dem Jahre 1997 hat den Pflichtenkreis von Aufsichtsräten bei der Verfolgung von Schadensersatzansprüchen gegen den Vorstand maßgeblich präzisiert. So habe der Aufsichtsrat in eigener Verantwortung eine sorgfältige Prognose der tatsächlichen und rechtlichen Situation hinsichtlich des Bestehens und der Durchsetzung von Schadensersatzansprüchen gegen Vorstände vorzunehmen, wenn er sich nicht selbst in die Haftung bringen will. Diese Rechtsprechung hat eine Tendenz angestoßen, welche sich in der stetigen Erweiterung des Haftungsrahmens und

-potenzials für Aufsichtsräte verwirklicht.

Mittels eines gesonderten Klagezulassungsverfahrens in § 148 AktG wird es Minderheitsaktionären, die zusammen den einhundertsten Teil des Grundkapitals oder einen anteiligen Betrag von 100.000 EUR erreichen, ermöglicht, Ersatzansprüche der Gesellschaft gegen ihre Organe im Sinne von § 147 Abs. 1 Satz 1 AktG im eigenen Namen geltend zu machen. Die Klage der Minderheitsaktionäre wird durch das Gericht zugelassen, wenn:

  1. die Aktionäre nachweisen, dass sie die Aktien vor dem Zeitpunkt erworben haben, in dem sie oder im Falle der Gesamtrechtsnachfolge ihre Rechtsvorgänger von den behaupteten Pflichtverstößen oder dem behaupteten Schaden auf Grund einer Veröffentlichung Kenntnis erlangen mussten,
  2. die Aktionäre nachweisen, dass sie die Gesellschaft unter Setzung einer angemessenen Frist vergeblich aufgefordert haben, selbst Klage zu erheben,
  3. Tatsachen vorliegen, die den Verdacht rechtfertigen, dass der Gesellschaft durch Unredlichkeit oder grobe Verletzung des Gesetzes oder der Satzung ein Schaden entstanden ist, und
  4. der Geltendmachung des Ersatzanspruchs keine überwiegenden Gründe des Gesellschaftswohls entgegenstehen.

Im Bundesanzeiger gibt es das Aktionärsforum131, in dem Kleinaktionäre Mitstreiter für das Erreichen der gesetzlichen Quoren oder auch für Stimmrechtsausübungen suchen können, § 127a AktG.

Als Gegengewicht zur Erleichterung der Haftungsklage für Minderheitsaktionäre besteht im Bereich qualifizierter unternehmerischer Entscheidungen des Vorstandes ein Haftungsfreiraum („Business Judgement Rule“); § 93 Abs. 1 Satz 2 AktG lautet: „Eine Pflichtverletzung liegt nicht vor, wenn das Vorstandsmitglied bei einer unternehmerischen Entscheidung vernünftigerweise annehmen durfte, auf der Grundlage angemessener Information zum Wohle der Gesellschaft zu handeln.“ Diese Business Judgement Rule entstammt dem angelsächsischen Rechtskreis und schließt eine Erfolgshaftung von Organmitgliedern gegenüber der Gesellschaft aus, soweit es sich um einen Fehler im Rahmen des unternehmerischen Ermessens- und Handlungsspielraumes handelt.

Beim Verdacht existenzgefährdender Geschäftspraktiken des Vorstandes besteht eine Pflicht des Aufsichtsrats zum Einschreiten.132 Auch bei nur vagen Gerüchten über ungewisse und unkorrekte Geschäfte der Gesellschaft besteht für den Aufsichtsrat Veranlassung zu eigenen Prüfungen. Ist der Inhalt des Gerüchts von existentieller Bedeutung für die Gesellschaft, kann dies Anlass für eine Sonderprüfung sein. Ergeben sich Anhaltspunkte dafür, dass der Vorstand seiner Pflicht zur unbedingten Offenheit gegenüber dem Aufsichtsrat nicht nachkommt, ist der Aufsichtsrat zur Anordnung eines Zustimmungsvorbehaltes verpflichtet, wenn er rechtswidrige Geschäftsführungsmaßnahmen nur so verhindern kann.133

Die Anforderungen an die Prüfungs- und Berichtspflichten des Aufsichtsrats gem. § 171 Abs. 1 und 2 AktG sind in den letzten Jahren erheblich gestiegen, nicht zuletzt wegen einer zunehmend kritischeren Beurteilung der Aufsichtsratstätigkeit durch die Gerichte. Nach einem Urteil des Landgerichts München134 hat der Aufsichtsrat in seinem Bericht über das Ergebnis der Prüfung des Jahresabschlusses gemäß § 171 Abs. 2 Satz 2 AktG auch mitzuteilen, in welcher Art und in welchem Umfang er die Geschäftsführung der Gesellschaft während des Geschäftsjahres geprüft hat. Damit hat das Landgericht München der Auffassung eine Absage erteilt, wonach es genüge, wenn der Aufsichtsrat in seinem Bericht versichere, er habe die Geschäftsführung aufgrund der Vorstandsberichte und gemeinsamer Sitzungen mit dem Vorstand laufend überwacht. Ein Prüfungsbericht habe vielmehr neben der Anzahl der Sitzungen auch Angaben über Häufigkeit, Gegenstand und Methoden der Prüfungen zu enthalten, zudem sehe der Deutsche Corporate Governance Kodex für börsennotierte Unternehmen als Empfehlung in Ziffer 5.4.7 vor, dass im Bericht vermerkt werden solle, wenn ein Mitglied des Aufsichtsrats in einem Geschäftsjahr nur an der Hälfte der Sitzungen des Aufsichtsrats und der Ausschüsse, denen er angehört, oder weniger teilgenommen hat.135 Neben der Darstellung der Überwachung seien auch Angaben über Einsichtnahmen in Bücher, Schriften etc. im Sinne des § 111 Abs. 2 AktG zu machen. Als Folge dieses ungenügenden Berichtes des Aufsichtsrats stellte das LG München ein Informationsdefizit der Aktionäre fest, das zur Anfechtbarkeit des HV-Beschlusses – in diesem Fall ein Beschluss über die Entlastung des Aufsichtsrats – führte.

 

Empfehlung in Ziffer D.8 vor, dass im Bericht des Aufsichtsrates vermerkt werden solle, an wie vielen Sitzungen des Aufsichtsrats und der Ausschüsse die einzelnen Mitglieder jeweils teilgenommen haben. Als Teilnahme gilt auch eine solche über Telefon- oder Videokonferenzen; diese sollte aber nicht die Regel sein Kodex in der Fassung vom 16.12.2019, bekannt gemacht im Bundesanzeiger vom 20.03.2020, Banz AT 20.03.2020 B3

Auch das Landgericht Berlin136 hatte im Rahmen einer Anfechtung eines HVBeschlusses über die Entlastung eines Aufsichtsrats dessen Bericht gem. § 314 Abs. 2 Satz 1 AktG zu prüfen und kam zu dem Schluss, dass die Anfechtung des Entlastungsbeschlusses begründet sei, da der Aufsichtsrat seine Kontrollpflichten im Zusammenhang mit einem Abhängigkeitsbericht gemäß § 312 AktG in nicht genügender Weise wahrgenommen habe. Das Gericht beanstandete, dass der Bericht des Aufsichtsrats lediglich den Hinweis enthalten habe, dass der Abhängigkeitsbericht des Vorstandes eingehend diskutiert worden sei. Vielmehr hätte der Aufsichtsrat in seinem Bericht auch das Ergebnis der Prüfung darlegen müssen. Auch lasse eine Diskussion über den Abhängigkeitsbericht des Vorstandes nicht notwendigerweise den Schluss zu, dass auch die gesetzlich vorgeschriebene Prüfung desselben stattgefunden habe. Verstöße gegen die gesetzlichen Kontroll- und Informationspflichten durch den Aufsichtsrat führen, so das LG Berlin, zur Anfechtbarkeit des Entlastungsbeschlusses. Beide Entscheidungen zeigen, dass ungenügende Ausführungen der Prüfungs- und Berichtspflichten zu einem Verweigerungs- oder Anfechtungsrecht hinsichtlich der Entlastung der Aufsichtsräte führen können. Ein weiteres Urteil des LG München aus dem Jahr 2007137 gab einer Anfechtungsklage eines Entlastungsbeschlusses statt, weil der Vorstand zwar ein Risikofrüherkennungssystem eingerichtet hatte, dieses aber nicht für Dritte nachvollziehbar dokumentiert war. Das LG München legte an die Dokumentation des Systems strenge Maßstäbe an, die neben der Begründung unmissverständlicher Zuständigkeiten insbesondere auch ein engmaschiges Berichtswesen und eine entsprechende formale Dokumentation verlangten. Der BGH hat in einer aktuellen Entscheidung138 die Anfechtung eines Entlastungsbeschlusses betreffend Vorstand und Aufsichtsrat einer börsennotierten AG für rechtens erachtet, weil ein in der Satzung der Gesellschaft vorgeschriebener Lagebericht nicht aufgestellt worden war. Dem Vorstand sei die Entlastung nicht zu gewähren, da dieser gegen die Pflicht zur Aufstellung des Lageberichts verstoßen habe, was als gravierender Satzungsverstoßes zu qualifizieren war. Dem Aufsichtsrat war die Entlastung zu verweigern, weil dieser gegen seine Überwachungspflichten zur Prüfung der Rechnungslegung durch den Vorstand verstoßen hatte, §§ 111 Abs. 1 und 171 Abs. 1 AktG, indem er das Fehlen des satzungsmäßigen Lageberichts unbeanstandet ließ. Hinzu kam, dass der Aufsichtsrat das Fehlen dieses Lageberichtes dadurch verschleierte, dass er im Vorfeld der Hauptversammlung im vorgelegten Prüfbericht erklärte, er habe den Lagebericht geprüft und trete dessen Ergebnis bei. Auch hierin sah der BGH eine gravierende Pflichtverletzung.

Zur Frage der Haftung des Aufsichtsrat bei Verletzung von Sorgfaltspflichten hat der BGH139 entschieden, dass der fakultative Aufsichtsrat einer GmbH, dem die Zustimmung zu bestimmten Geschäften der Geschäftsführung nach § 52 Abs. 1 GmbHG, § 111 Abs. 4 Satz 2 AktG vorbehalten ist (im BGH-Fall ging es um Rechtsgeschäfte mit einer Verpflichtung von mehr als 100.000 DM), seine zur Haftung führenden organschaftlichen Pflichten nicht erst dann verletzt, wenn er die Geschäftsführung an von seiner Zustimmung nicht gedeckten Zahlungen nicht hindert, sondern bereits dann, wenn er ohne gebotene Information und darauf aufbauender Chancen- und Risikoabschätzung seine Zustimmung zu nachteiligen Geschäften erteilt. Der Aufsichtsrat sei bereits bei Bestehen einer Verdachtslage verpflichtet, bis zu einer umfassenden Klärung des Sachverhaltsverhalts die Durchführung der nachteiligen Geschäften – notfalls sogar durch Abberufung des Geschäftsführers – zu unterbinden. Darüber hinaus sei es dem Aufsichtsrat als groben Sorgfaltspflichtverstoß anzulasten, wenn er Investitionen in erheblichem Umfang billige, ohne irgendwelche Erkundigungen über die konkrete unternehmerische Maßnahme einzuholen.

Das OLG Jena140 hat die Aufsichtsräte der insolventen Mühl AG als Gesamtschuldner verurteilt, an den Insolvenzverwalter ihrer Gesellschaft rund 6,5 Mio. EUR wegen schuldhafter Verletzung ihrer Prüfungspflichten als Aufsichtsratsmitglieder zu zahlen. Die Mühl AG hatte an ihre (zwischenzeitlich ebenfalls insolvente) Mehrheitsaktionärin unbesicherte Darlehen von ca. 80 Mio. DM gegeben. In dem Jahresabschluss 2000 war die fehlende Besicherung ausdrücklich erwähnt. Das OLG Jena war der Ansicht, die Aufsichtsräte hätten die Aussagen des Jahresabschlusses kritisch zur Kenntnis nehmen und auf mögliche Gefahren hin überprüfen und diesen nachgehen müssen. Hätten sie dies getan, hätten sie erkannt, dass es sich bei diesen Darlehensvergaben um nachteilige und unzureichend ausgeglichene Rechtsgeschäfte gehandelt habe. Sie hätten durch Verhinderung der künftigen Ausreichung von unbesicherten Darlehensverträgen und die Hinwirkung auf eine Absicherung der bereits bestehenden Darlehen Schaden für die Mühl AG verhindern können. Der BGH hat das Urteil des OLG Jena aufgehoben und zur erneuten Entscheidung zurückverwiesen.141 Dabei wies er darauf hin, dass nach bei Anwendung des § 57 Abs. 1 Satz 3 AktG die Gewährung eines unbesicherten, kurzfristig rückforderbaren „upstream-Darlehens“ durch eine abhängige Aktiengesellschaft an ihre Mehrheitsaktionärin ist kein per se nachteiliges Rechtsgeschäft i.S. von § 311 AktG sei, wenn die Rückzahlungsforderung im Zeitpunkt der Darlehensausreichung vollwertig ist. Dies gelte (nun) auch für Altfälle. Gleichzeitig bestätigte der BGH, dass die aus § 93 Abs. 1 Satz 1 AktG folgende und nicht durch §§ 311, 318 AktG verdrängte Verpflichtung der Verwaltungsorgane der abhängigen Gesellschaft, laufend etwaige Änderungen des Kreditrisikos zu prüfen und auf eine sich nach der Darlehensausreichung andeutende Bonitätsverschlechterung mit einer Kreditkündigung oder der Anforderung von Sicherheiten zu reagieren, von dieser Änderung unberührt bleibe und dass das Unterlassung solcher Maßnahmen kann ihrerseits unter § 311 AktG fallen und Schadensersatzansprüche aus §§ 317, 318 AktG (neben solchen aus §§ 93 Abs. 2, 116 AktG) auslösen könne.

Gemäß § 116 Satz 3 AktG ist der Aufsichtsrat gegenüber der Gesellschaft namentlich zum Ersatz verpflichtet ist, wenn er entgegen § 87 Abs. 1 AktG eine unangemessene Vergütung für den Vorstand festsetzt. Damit wollte der Gesetzgeber klarstellen, dass die angemessene Vergütungsfestsetzung zu den wichtigsten Aufgaben des Aufsichtsrats gehört und er für Pflichtverstöße persönlich haftet.

Ein schwerwiegender Pflichtverstoß eines Aufsichtsratsmitglieds, der zur Anfechtung des Entlastungsbeschlusses berechtigt, liegt nach einem Urteil des OLG Stuttgart142 auch vor, wenn ein AR-Mitglied durch eine „pointierte“ Meinungsäußerung in der Öffentlichkeit im Rahmen eines unternehmensinternen Konfliktes die die Kreditwürdigkeit der Gesellschaft gefährdet. Klagegegenstand war der Beschluss der Hauptversammlung der Porsche Automobil Holding SE vom 29.1.2010 über die Entlastung der Mitglieder des Aufsichtsrats für das Geschäftsjahr 2008/2009, Grund für dessen Nichtigerklärung waren u. a. Äußerungen des Mitglieds des Aufsichtsrats, Dr. Piëch, der gegenüber Journalisten sinngemäß erklärt hatte, er habe sich keine Klarheit über die Risiken der Optionsgeschäfte von Porsche verschaffen können, und er wisse nicht, wie hoch die Risiken seien. Diese Äußerungen belegten entweder eine schwerwiegende Pflichtverletzung, denn zu den Kardinalpflichten als Mitglied des Aufsichtsrats gehört die Erfassung und Beurteilung bedeutsamer Geschäfte der Holding, oder könnten als „kritisch-pointierte Meinungsäußerung“ im Rahmen eines unternehmensinternen Konflikts interpretiert werden. In diesem Fall käme ihnen aus der Sicht eines verständigen Dritten die Bedeutung zu, die Risiken der Optionsgeschäfte seien – wenn sie noch nicht einmal von einem erfahrenen Aufsichtsratsmitglied abgeschätzt werden können – für niemanden abschätzbar, also unkalkulierbar. Die alternative Interpretationsfähigkeit der Äußerungen Dr. Piëchs steht in diesem Fall nach Ansicht des OLG Stuttgart der Feststellung einer eindeutigen Pflichtverletzung aber nicht entgegen. Sowohl das Eingeständnis eines persönlichen Erfassungs- bzw. Beurteilungsfehlers als auch die Kreditgefährdung durch solchermaßen „pointierte“ öffentliche Meinungsäußerung im Rahmen eines unternehmensinternen Konflikts seien als schwerwiegende Pflichtverletzung zu werten.

 

V. Arbeitnehmervertreter im Aufsichtsrat

1. Überblick über die Mitbestimmung in deutschen Unternehmen

Arbeitnehmervertreter im Aufsichtsrat haben grundsätzlich die gleichen Rechte und Pflichten wie die Anteilseignervertreter. Sie sind ebenfalls dem Wohle der Gesellschaft verpflichtet und nicht lediglich Interessenvertreter der Arbeitnehmerschaft.143 Dies kann für die Arbeitnehmervertreter zu einem Spannungsverhältnis zwischen ihrem durch die Belegschaft erteilten Mandant zur Interessenvertretung und ihrer Verpflichtung gegenüber den Unternehmensinteressen aufgrund ihrer organschaftlichen Stellung führen. Insbesondere auf den Bereich der organschaftlichen Verschwiegenheitspflicht und dem (gegebenenfalls kollidierenden) Unterrichtungsinteresse der vertretenen Arbeitnehmer wurde bereits hingewiesen. Umstritten ist auch die Frage, ob sich die Arbeitnehmervertreter an rechtmäßigen Streiks der Belegschaft aktiv beteiligen dürfen oder ob sie sich eher neutral zu verhalten und jede Form der aktiven Beteiligung zu unterlassen haben.144

Die Mitbestimmung deutscher Arbeitnehmer durch die Entsendung von Vertretern in den Aufsichtsrat eines Unternehmens ist in verschiedenen gesetzlichen Regelungen verankert, deren Geltung u.a. von der Anzahl der beschäftigten Arbeitnehmer abhängt.145 Hierzu gehören das Drittel-beteiligungsgesetz (DrittelbG),146 das Gesetz über die Mitbestimmung der Arbeitnehmer vom 4. 5. 1976 (MitbestG), das Gesetz über die Mitbestimmung der Arbeitnehmer in den Aufsichtsräten und Vorständen der Unternehmen des Bergbaus und der eisen- und stahlerzeugenden Industrie vom 21. 5. 1951 (MontanMitbestG) sowie das Gesetz zur Ergänzung des Gesetzes über die Mitbestimmung der Arbeitnehmer in den Aufsichtsräten und Vorständen der Unternehmen des Bergbaus und der eisen- und stahlerzeugenden Industrie vom 7. 8. 1956 (MitbestErgG). Darüber hinaus enthalten auch das Gesetz über Europäische Betriebsräte (EBRG) vom 28.10.1996147, ebenso wie die Arbeitnehmerbeteiligungsregelungen für die Europäische Aktiengesellschaft148 und die grenzüberschreitenden Verschmelzungsfälle149 Vorschriften über Beteiligungsrechte von Arbeitnehmern in deutsch-europäischen Unternehmen bzw. in einer Europäischen AG mit Sitz in Deutschland.

Arbeitnehmervertreter haben allein aufgrund ihrer Aufsichtsratstätigkeit keinen besonderen Kündigungsschutz, da sie nicht in § 15 Kündigungsschutzgesetz (KSchG) genannt sind.150 Allerdings ist eine Kündigung unzulässig und gem. § 134 BGB nichtig, wenn sie dazu dient, den Arbeitnehmervertreter wegen der Ausübung seines Amtes zu maßregeln (relativer Kündigungsschutz).151

Das Amt des Arbeitnehmervertreters im Aufsichtsrat endet bei Wegfall der Voraussetzungen für seine Wählbarkeit (z. B. bei Ausscheiden aus dem Arbeitsverhältnis, bei Eintritt in die Freistellungsphase bei Altersteilzeit152) oder wenn das Aufsichtsratsmitglied durch Beschluss der wahlberechtigten Arbeitnehmer abberufen wird.

Bei den nachfolgenden Ausführungen werden die gesetzlichen Regelungen über die Mitbestimmung nach dem MontanMitbestG und dem MitbestErgG wegen der vergleichsweise geringeren Bedeutung ausgespart und lediglich die Mitbestimmung nach dem Drittelbeteiligungsgesetz und nach dem Mitbestimmungsgesetz dargestellt. Das Mitbestimmungsgesetz und das Drittelbeteiligungsgesetz finden keine Anwendung auf solche Unternehmen, die politischen, koalitionspolitischen, konfessionellen, karitativen, erzieherischen, wissenschaftlichen oder künstlerischen Bestimmungen oder Zwecken der Berichterstattung oder Meinungsäußerung, auf die Art. 5 Abs. 1 Satz 2 des Grundgesetzes153 anzuwenden ist, dienen.

Das deutsche Modell der Mitbestimmung ist durch den EuGH als unionsrechtskonform eingestuft worden.154 Das LG Berlin155 hatte dem EuGH die Frage vorgelegt, ob das deutsche Mitbestimmungsrecht gegen Unionsrecht verstößt, weil es das aktive und passive Wahlrecht auf in Deutschland tätige Arbeitnehmer beschränkt, während die Arbeitnehmer ausländischer Konzernbetriebe bei Aufsichtsratswahlen der in Deutschland ansässige Konzernobergesellschaft kein Wahlrecht haben. Zudem könne ein Arbeitnehmervertreter im Aufsichtsrat wegen des drohenden Verlusts seines AR-Mandats sich dagegen entscheiden, einen Posten in einer ausländischen Konzerngesellschaft anzunehmen. In Betracht kamen Verstöße der deutschen Mitbestimmung gegen das Diskriminierungsverbot des Art. 18 AEUV und gegen die in Art. 45 AEUV garantierte Arbeitnehmerfreizügigkeit. Auch das OLG Frankfurt hatte im Hinblick auf diese Vorlage ein entsprechendes Verfahren ausgesetzt.156 In seinen Schlussanträgen vom 4. Mai 2017 hat der Generalanwalt sowohl einen Verstoß gegen die Arbeitnehmerfreizügigkeit aus Art. 45 AEUV, als auch einen Verstoß gegen das Diskriminierungsverbot wegen der Staatsangehörigkeit des Art. 18 AEUV verneint, da bereits kein grenzüberschreitender Sachverhalt vorliege und hilfsweise, dass die Beschränkung des Wahlrechts aus zwingenden Gründen des Allgemeininteresses gerechtfertigt sei. Der EuGH hat entschieden, dass im Falle einer Tochtergesellschaft der TUI mit Sitz in einem anderen Mitgliedstaat auf die dortigen Arbeitnehmer die Bestimmungen über die Freizügigkeit nicht anwendbar seien, wenn diese nie von ihrer Freizügigkeit innerhalb der EU Gebrauch gemacht haben oder Gebrauch machen wollen. Die Freizügigkeit gelte jedoch für Arbeitnehmer der TUI in Deutschland, die eine Stelle bei einer in einem anderen Mitgliedstaat ansässigen Tochtergesellschaft dieses Konzerns antreten (wollen). Allerdings stelle in einem solchen Fall der Verlust des aktiven und des passiven Wahlrechts für die Wahlen der Arbeitnehmervertreter im Aufsichtsrat der deutschen Muttergesellschaft sowie ggf. der Verlust des Rechts auf (weitere) Ausübung eines Aufsichtsratsmandats keine Behinderung der Freizügigkeit dar, da die Freizügigkeit nicht garantiere, dass ein Umzug in einen anderen Mitgliedstaat in sozialer Hinsicht neutral sein werde. Die Unterschiede zwischen den Systemen und den Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten haben für betroffene Arbeitnehmer je nach Einzelfall Vorteile oder Nachteile, es gäbe jedoch kein Recht, sich im Aufnahmemitgliedstaat auf die Arbeitsbedingungen zu berufen, die im Herkunftsmitgliedstaat nach dessen nationalen Rechtsvorschriften bestehen. Das Unionsrecht hindert nach Auffassung des EuGH einen Mitgliedstaat nicht daran, im Bereich der kollektiven Vertretung der Arbeitnehmerinteressen in den Leitungs- und Aufsichtsorganen einer Gesellschaft nationalen Rechts, der bislang nicht Gegenstand einer Harmonisierung oder auch nur einer Koordinierung auf Unionsebene war, vorzusehen, dass die von ihm erlassenen Vorschriften nur auf die Arbeitnehmer inländischer Betriebe Anwendung finden. Desgleichen stehe es einem anderen Mitgliedstaat frei, bei der Anwendung seiner eigenen nationalen Vorschriften auf einen anderen Anknüpfungspunkt zurückzugreifen. Dem EuGH hat sich das OLG München in seinem Statusstreit über die Zusammensetzung des Aufsichtsrates i.S.d. § 98 Abs. 1 AktG angeschlossen.157

2. Mitbestimmung nach dem Drittelbeteiligungsgesetz

Das Drittelbeteiligungsgesetz regelt die Beteiligung der Arbeitnehmer in den Gesellschaftsorganen von Unternehmen mit bis zu 2000 Arbeitnehmern. Danach müssen die Aufsichtsräte einer Aktiengesellschaft, einer GmbH oder einer KGaA zu einem Drittel aus Vertretern der Arbeitnehmer bestehen, § 1 DrittelbG. Grundsätzlich ausgenommen von der Mitbestimmung sind AG und KGaA, die weniger als 500 Arbeitnehmer beschäftigen. Eine Ausnahme besteht allerdings für Aktiengesellschaften, die vor dem 10.8.1994 eingetragen wurden und keine Familiengesellschaften sind, § 1 Abs. 1 Ziff. 1 Satz 2 DrittelbG. Für diese ist das DrittelbG auch dann anwendbar, wenn weniger als 500 Arbeitnehmer beschäftigt sind. Ausgenommen von der Mitbestimmung nach dem DrittelbG sind Religionsgemeinschaften und deren karitative und erzieherische Einrichtungen unabhängig von deren Rechtsform.

Räumlich gilt das Drittelbeteiligungsgesetz für Inlandsgesellschaften. Auf Rechtsformen ausländischen Rechts ist auch dann nicht anwendbar, wenn diese ihren Verwaltungssitz im Inland haben. Eine nach deutschem Recht gegründete Gesellschaft kann sich der Geltung des Drittelbeteiligungsgesetzes auch dann nicht entziehen, wenn sie ihren Verwaltungssitz ins Ausland verlegt.158

Der Aufsichtsrat eines dem DrittelbG unterliegenden Unternehmens muss zu einem Drittel aus Arbeitnehmervertretern bestehen, § 4 Abs. 1 DrittelbG. Sind danach zwei oder mehr Arbeitnehmer in den Aufsichtsrat zu wählen, so müssen sich unter diesen mindestens zwei Arbeitnehmer befinden, die im Unternehmen beschäftigt sind.

In den Aufsichtsrat können nur Arbeitnehmer gewählt werden, die mindestens 18 Jahre alt sind und dem Unternehmen mindestens 1 Jahr angehören. Mitgezählt werden auch unmittelbar zusammenhängende Betriebszugehörigkeiten bei Konzernunterunternehmen im Sinne von § 18 Abs. 1 AktG. Nicht wählbar ist, wer infolge strafgerichtlicher Verurteilung die Fähigkeit, Rechte aus öffentlichen Wahlen zu erlangen, nicht besitzt. Die Arbeitnehmervertreter werden in allgemeiner, geheimer, gleicher und unmittelbarer Wahl von allen zu Betriebsratswahl berechtigten Arbeitnehmern (§ 7 BetrVG) für die Zeit gewählt, die im Gesetz oder in der Satzung für die von der Hauptversammlung zu wählenden Aufsichtsratsmitglieder bestimmt ist. Die Modalitäten sind in der Wahlordnung zum Drittelbeteiligungsgesetz159 geregelt. Ein Aufsichtsratsmitglied der Arbeitnehmer kann gem. § 12 DrittelbG vor Ablauf der Amtszeit auf Antrag eines Betriebsrats oder von mindestens einem Fünftel der Wahlberechtigten durch Beschluss mit einer Mehrheit von drei Vierteln der abgegebenen Stimmen abberufen werden.

Für Arbeitnehmervertreter nach dem Drittelbeteiligungsgesetz gilt ein Behinderungs-, Benachteiligungs- und Begünstigungsverbot, § 9 DrittelbG.160

3. Mitbestimmung nach dem Mitbestimmungsgesetz

Das Mitbestimmungsgesetz (MitbestG) gilt für Unternehmen, die in der Rechtsform einer Aktiengesellschaft, einer Kommanditgesellschaft auf Aktien, einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung oder einer Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaft betrieben werden und die in der Regel mehr als 2000 Arbeitnehmer beschäftigen, § 1 Abs. 1 Satz 1, 2 MitbestG. Ein Aufsichtsrat bei einer Holding-Gesellschaft unterliegt auch dann dem MitbestG, wenn die Holding-Gesellschaft selbst keinen eigenen Geschäftsbetrieb mit eigenen Arbeitnehmern unterhält.161

Räumlich gilt das Mitbestimmungsgesetz für inländische Gesellschaften. Es findet nach h. M. keine Anwendung auf nach ausländischen Recht gegründete Gesellschaften, die ihren Verwaltungssitz im Ausland haben, und zwar auch dann nicht, wenn sie mit inländischen Unternehmen unter einheitlicher Leitung zusammengefasst sind; es gilt weiterhin nicht für Auslandsgesellschaften, die im Inland Betriebsstätten unterhalten.162

Das MitbestG ist auf Unternehmen nicht anwendbar, welche nach ausländischem Recht gegründet wurden und ihren Satzungssitz im Ausland haben, auch wenn der tatsächliche Verwaltungssitz in Deutschland liegt.163 Denn durch „Centros“,164 „Überseering“165 und „Inspire Art“166 und die sich insoweit anschließende deutsche obergerichtliche und höchstrichterliche Rechtsprechung167 ist die in Deutschland lange vorherrschende Sitztheorie jedenfalls für Gesellschaften aus den EU-Mitgliedstaaten beendet. Für Gesellschaft aus Nicht-EU-Staaten mit Verwaltungssitz im Inland kann es hingegen durch die Geltung der Sitztheorie zur Anwendbarkeit des Mitbestimmungsgesetzes kommen.168

Die Aufsichtsräte nach dem MitbestG werden mit der gleichen Anzahl an Anteilseignern und Arbeitnehmervertretern besetzt. Es besteht jedoch keine echte Parität, da die Anteilseigner die Arbeitnehmervertreter überstimmen können. In Unternehmen bis 10.000 Arbeitnehmer beträgt das Verhältnis 6:6, in Unternehmen mit 10.000 bis 20.000 Arbeitnehmern beträgt das Verhältnis 8:8 und in solchen mit mehr als 20.000 Arbeitnehmern beträgt das Verhältnis 10:10. Die im Unternehmen vertretenen Gewerkschaften haben zwei Sitze im Aufsichtsrat, wenn bis zu 20.000 Arbeitnehmer beschäftigt sind; wenn mehr als 20.000 Arbeitnehmer beschäftigt sind, haben sie drei Sitze. Die übrigen vier, sechs bzw. sieben Sitze müssen mit Arbeitnehmern des Unternehmens besetzt werden, wobei dem Aufsichtsrat ein leitender Angestellter angehören muss, § 15 Abs. 1 Satz 2 MitbestG.169

Die Arbeitnehmervertreter für den Aufsichtsrat nach dem MitbestG werden entweder in einer Urwahl oder durch Delegierte gewählt. Die Belegschaft hat hier hinsichtlich der Wahlform ein Wahlrecht, § 9 MitbestG. Die einzelnen Wahlvorschriften sowohl für die Delegiertenwahl als auch für die Urwahl sind im MitbestG sowie der entsprechenden Wahlordnung im Einzelnen geregelt.

Die innere Ordnung des Aufsichtsrats bestimmt sich nach § 25 MitbestG. Aufsichtsratsvorsitzender und Stellvertreter müssen mit je einer 2/3-Mehrheit gewählt werden. Wird diese Mehrheit nicht erreicht, so wählen die Anteilseignervertreter den Vorsitzenden des Aufsichtsrats und die Arbeitnehmervertreter den stellvertretenden Aufsichtsratsvorsitzenden, § 27 Abs. 1 und 2 MitbestG. Bei der Bildung von Ausschüssen des Aufsichtsrats gemäß § 107 Abs. 3 AktG ist es nicht erforderlich, dass die Arbeitnehmervertreter entsprechend ihrer Stärke im Aufsichtsrat auch in den Ausschüssen vertreten sind. Es gilt jedenfalls dann als missbräuchliche Diskriminierung der Arbeitnehmervertreter, wenn diese allein aufgrund ihrer Gruppenzugehörigkeit von jeder Mitarbeit in einem Ausschuss ausgeschlossen werden. Ein Ausschluss ist nur möglich, wenn ihm erhebliche sachliche oder persönliche Gründe zugrunde liegen.170

Im unmittelbaren Anschluss an die Wahl des Aufsichtsratsvorsitzenden und seines Stellvertreters ist der so genannte Vermittlungsausschuss als permanenter Ausschuss zu bilden. Ihm gehören der Aufsichtsratsvorsitzende, sein Stellvertreter und je ein weiterer Vertreter der Anteilseigner und der Arbeitnehmer an, § 27 Abs. 3 MitbestG.171

Für Arbeitnehmervertreter nach dem Mitbestimmungsgesetz gilt gemäß § 26 MitbestG ein Behinderungs- und Benachteiligungsverbot. Zwar enthält die Regelung (anders als z.B. § 9 DrittelbG oder § 78 BetrVG) kein Begünstigungsverbot, allerdings müssen Sonderregelungen für Arbeitnehmervertreter wegen des arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundatzes und der erforderlichen Unabhängigkeit als Aufsichtsratsmitglied sachlich gerechtfertigt sein.172

4. Vergütung der Arbeitnehmervertreter aus steuerlicher Sicht

Das Aufsichtsratsmandant ist für den Arbeitnehmer neben seinem Arbeitsverhältnis eine eigenständige Einnahmequelle.173 Da die Tätigkeit als Aufsichtsratsmitglied aus steuerlicher Sicht als selbstständige Tätigkeit einzuordnen ist, unterliegt die Vergütung auf Seiten des Aufsichtsratsmitglieds sowohl der Einkommensteuer als auch der Umsatzsteuer. Durch die Aufsichtsratstätigkeit (d. h. betrieblich) veranlasste Aufwendungen sowie Aufwendungen, die der Arbeitnehmer zur Erlangung dieser eigenständigen Einnahmequelle machen muss, können im Sinne von § 4 Abs. 4 EStG als Betriebsausgaben abziehbar sein. Häufig müssen sich Arbeitnehmervertreter, um als Kandidaten für die Wahl zum Aufsichtsrat aufgestellt zu werden, dazu verpflichten, im Fall ihrer Wahl einen Teil ihrer Aufsichtsratsvergütung an betriebliche oder gewerkschaftliche Einrichtungen abzuführen. Solche Zuwendungen aus der Aufsichtsratsvergütung, zu denen sich der Arbeitnehmer im Interesse des Betriebes oder der sozialen Belange der Betriebsangehörigen verpflichtet hat, sind als Betriebsausgaben absetzbar, so etwa Zuwendungen an einen betrieblichen Sozialfond174 oder eine betriebliche Urlaubskasse175.

Abführungen von Aufsichtsratsvergütung an Gewerkschaften oder gewerkschaftliche Einrichtungen, zu denen Arbeitnehmervertreter sich vor ihrer Wahl verpflichtet haben, sind nicht als Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbstständiger Arbeit, sondern als Betriebsausgaben bei den Einkünften aus Aufsichtsratstätigkeit abziehbar.176 So finanziert sich beispielsweise die Hans-Böckler-Stiftung177 zum Großteil über die Abführung von Aufsichtsratsvergütungen von Arbeitnehmervertretern in Aufsichtsräten.

 

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von Werder, Axel, Erfolgsfaktoren eines exzellenten Aufsichtsrates, DB 2017, 977

 

1 Ausnahme: § 1 Abs. 1 Ziff. 1 Satz 2 DrittelbG.

2 Die Vorschriften zur Geschlechterquote wurden eingefügt durch das Gesetz für die gleichberechtigte Teilhabe von Frauen und Männern an Führungspositionen in der Privatwirtschaft und im öffentlichen Dienst vom 24.4.2015, BGBl. I S. 642, in Kraft seit dem 1.5.2015.

3 BR-Drs. 636/14 v. 29.12.2014 S. 146.

4 BGH v. 19.2.2013, II ZR 56/12, NJW 2013, 1535.

5 Zur Vertiefung: Theusinger/Guntermann, Wann vertritt der Aufsichtsrat die AG? – Neues vom BGH zu § 112 AktG, AG 2017, 198.

6 Der Aufsichtsrat vertritt die AG auch in einem Rechtsstreit einer Vorstands-Witwe gegen die Gesellschaft auf Zahlung von Versorgungsbezügen: BGH, Urt. v. 16.10.2006 – II ZR 7/05.

7 Ziffer C.7 des des Deutschen Corporate Governance Kodex in der Fassung vom 16.12.2019, bekannt gemacht im Bundesanzeiger vom 20.03.2020, Banz AT 20.03.2020 B3.

8 Ziffer C. 9 des des Deutschen Corporate Governance Kodex in der Fassung vom 16.12.2019, bekannt gemacht im Bundesanzeiger vom 20.03.2020, Banz AT 20.03.2020 B3.

9 Ziffer C. 8 des des Deutschen Corporate Governance Kodex in der Fassung vom 16.12.2019, bekannt gemacht im Bundesanzeiger vom 20.03.2020, Banz AT 20.03.2020 B3.

10 von Werder, Erfolgsfaktoren eines exzellenten Aufsichtsrates, DB 2017, 977.

11 Hüffer/Koch, AktG, § 113 Rn. 2; Bürgers/Israel in Bürgers/Körber, AktG, § 101 Rn. 2.

12 Arbeitnehmervertreter nach dem MitbestG, dem DrittelbG und dem Montan-MitbestG können nur mit einer ¾-Mehrheit der Wahlberechtigten abberufen werden.

13 § 14 der Mustersatzung: der Prüfungsausschuss.

14 Der gem. § 27 Abs. 3 MitbestG zu bildende Ausschuss.

15 Z.B. den Nominierungsausschuss gemäß Ziffer D. 5 des Deutschen Corporate Governance Kodex in der Fassung vom 16.12.2019, bekannt gemacht im Bundesanzeiger vom 20.03.2020, Banz AT 20.03.2020 B3.

16 Die Vorschriften zum „directors` dealings“ (Art. 19 Marktmissbrauchsverordnung) oder eines Insidergeschäftes (Art. 14 Marktmissbrauchsverordnung) gelten nur für börsennotierte Gesellschaften. Es ist jedoch empfehlenswert, eine solche Satzungsbestimmung auch bereits für den Fall einer geplanten Börsennotierung aufzunehmen. So kann im Falle des Börsengangs eine aufwendige Satzungsänderung vermieden werden. Auch für nicht börsennotierte Gesellschaften könnte eine an solche Mitteilungs- und Veröffentlichungspflicht der Aufsichtsräte (und Vorstände) im Sinne einer Verbesserung der Unternehmenstransparenz erwägenswert sein. Eine solche Formulierung könnte lauten:

„Jedes Aufsichtsratsmitglied ist verpflichtet, den Vorstandsvorsitzenden unverzüglich von einem Erwerb oder der Veräußerung von Aktien der Gesellschaft, von Wertpapieren, bei denen ein Umtauschrecht auf Aktien der Gesellschaft eingeräumt wird, und sonstigen Rechten zum Erwerb oder der Veräußerung von Aktien der Gesellschaft in Kenntnis zu setzen. Ausgenommen hiervon sind der Erwerb als Vergütungsbestandteil sowie Geschäfte des Aufsichtsratsmitglieds und der mit dieser Person in einer engen Beziehung stehenden Personen, deren Gesamtsumme einen Betrag von 5.000 Euro bis zum Ende des Kalenderjahres nicht erreicht.“

Korrespondierend hierzu sollte eine entsprechende Mitteilungspflicht für Vorstände und eine entsprechende Veröffentlichungspflicht verankert werden. Nahestehende Personen von Organmitgliedern können jedoch per Satzung nicht zur Mitteilung verpflichtet werden.

17 Vgl. Ziffer D. 4 des Deutschen Corporate Governance Kodex in der Fassung vom 16.12.2019, bekannt gemacht im Bundesanzeiger vom 20.03.2020, Banz AT 20.03.2020 B3.

18 Diese Ausschlüsse in Abs. 2 entsprechen den Unabhängigkeitserfordernissen für Audit-Committee-Mitglieder des Sarbanes-Oxley Act. Zusätzlich schließt der SOX Personen aus, die dem Unternehmen oder einer Tochtergesellschaft „nahe stehen“, vgl. zur Auslegung dieses Rechtsbegriffes Gruson/Kubicek, AG 2003, 337, 341 f.

19 Die US-amerikanische Börsenaufsicht SEC lässt für deutsche Arbeitnehmervertreter, die zu Mitgliedern des Audit Committee gewählt werden, hinsichtlich des Nichterhaltens von sonstigen Bezügen eine Ausnahme zu.

20 Die Regelung orientiert sich an Ziffer D.3 des Deutschen Corporate Governance Kodex in der Fassung vom 16.12.2019, bekannt gemacht im Bundesanzeiger vom 20.03.2020, Banz AT 20.03.2020 B3.

21 Regelung für Gesellschaften, die dem Anwendungsbereich des Sarbanes-Oxley Act unterliegen, siehe auch § 14 Abs. 2 der Mustersatzung.

22 Gemeint sind Angestellte mit Entscheidungs- und Leitungsverantwortung. Je nach Personalstruktur ist ggf. eine Anpassung der Terminologie erforderlich.

23 Hüffer/Koch, AktG, § 100 Rn. 20.

24 Hüffer/Koch, um AktG, § 100 Rn. 20..

25 So Hüffer/Koch, AktG, § 100 Rn. 1.

26 Hüffer/Koch, AktG, § 100 Rn. 27 a. E..

27 Hüffer, AktG, § 101 Rn. 127 a.E.

28 Ziffer C.11 des Deutschen Corporate Governance Kodex in der Fassung vom 16.12.2019, bekannt gemacht im Bundesanzeiger vom 20.03.2020, Banz AT 20.03.2020 B3.

29 LG München I, Urt. v. 22.11.2007 – 5 HK O 10614/07, ZIP 2007, 2360; bestätigt durch die Berufungsinstanz OLG München Urt. v. 6.8.2008, 7 U 5628/07, BB 2009, 232.

30 Singhof, AG 1998, 318, 320.

31 Hüffer/Koch, AktG, § 103 Rn. 17.

32 Lutter/Krieger, § 1 Rn. 27.

33 Lutter/Krieger, § 1 Rn. 30.

34 Singhof, AG 1998, 318, 326.

35 Lutter/Krieger, § 1 Rn. 27 a. E., ebenso Hüffer/Koch, § 103 Rn. 17.

36 Lutter/Krieger, § 10Rn. 692.

37 Lutter/Krieger, § 10 Rn. 758 ff.

38 Hüffer/Koch, § 110 Rn. 11.

39 BGH, Urt. v. 5. 6. 1975 – II ZR 156/73.

40 Hüffer/Koch, AktG, § 116 Rn. 11.

41 Hüffer/Koch, AktG, § 116 Rn. 9.

42 Hüffer/Koch, AktG, § 116 Rn. 10.

43 Hüffer/Koch, AktG, § 116 Rn. 11 m. w. N. für die h. M.

44 EU-Marktmissbrauchsverordnung (Market Abuse Regulation – MAR) Nr. 596/2014 v. 16.4.2014, ABl. L 173/1. Verwendet wird im Deutschen auch die Abkürzung MMVO.

45 Richtlinie 2014/57/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16.4.2014 über strafrechtliche Sanktionen bei Marktmanipulation (Marktmissbrauchsrichtlinie – Market Abuse Directive – MAD), ABl. L 173/179. Die Umsetzungsfrist endete ebenfalls am 3.7.2016.

46 Erstes Finanzmarktnovellierungsgesetz – 1. FiMaNoG v. 30.6.2016, BGBl. I, 1514. Art. 1 des Gesetzes (Änderungen zur Umsetzung der Marktmissbrauchsverordnung und der Antimissbrauchsrichtlinie) ist bereits am 2.7.2016 in Kraft getreten, Art. 2 des Gesetzes (Änderungen zur Umsetzung der PRIIP-Verordnung VO (EU) Nr. 1286/2014 über Basisinformationsblätter für verpackte Anlageprodukte für Kleinanleger und Versicherungsanlageprodukte) ist am 31.12.2016 in Kraft getreten.

47 Die BaFin hat als Orientierungshilfe eine Frage-und-Antwort-Liste zur Ad-hoc-Publizität sowie zu den Regelungen für Eigengeschäfte von Führungskräften auf ihrer Internetseite veröffentlicht unter https://www.bafin.de/DE/Aufsicht/BoersenMaerkte/ Insiderueberwachung/insiderueberwachung_node.html.

48 Zweites Gesetz zur Novellierung von Finanzmarktvorschriften aufgrund Europäischer Rechtsakte (Zweites Finanzmarktnovellierungsgesetz – 2. FiMaNoG) vom 23.6.2017, BGBl. I, 1693.

49 Primärinsider sind Personen, die als Mitglieder der Geschäftsführung oder des Aufsichtsorgans oder als persönlich haftender Gesellschafter des Emittenten oder eines mit diesem verbundenen Unternehmens die Insiderinformationen erlangt haben.

50 Sekundärinsider sind alle anderen Personen, die nicht Primärinsider sind, aber über Insiderinformationen verfügen.

51 Siehe zum Anwendungsbereich des Sarbanes-Oxley Act die Kommentierung zu § 16 der Mustersatzung.

52 Lanferman /Maul, DB 2002, 1725, 1730.

53 Gruson/Kubicek, AG 2003, 337, 338.

54 „Chief Executive Officer“. Versucht man, die Organ-Funktionen des monistisch ausgerichteten US-Board-System auf das in Deutschland gesetzlich verankerte dualistische Leitungssystem von Vorstand und Aufsichtsrat zu übertragen, dürfte der CEO dem Vorstandsvorsitzenden einer deutschen AG entsprechen.

55 „Chief Financial Officer“, kann sinngemäß übersetzt werden mit Finanzvorstand. Ein entsprechendes Pendant im deutschen Recht ist gesetzlich nicht normiert, könnte aber ggf. dadurch entstehen, dass im Rahmen der Geschäftsverteilung innerhalb des Vorstands die „Finanzkompetenz“ auf ein bestimmtes Vorstandsmitglied übertragen wird.

56 Lanfermann/Maul, DB 2002, 1725, 1729.

57 Lanfermann/Maul, DB 2002, 1725, 1730.

58 Lanfermann/Maul, DB 2002, 1725, 1729.

59 Lanfermann/Maul, DB 2002, 1725, 1730.7.

60 Lanfermann/Maul, DB 2002, 1725, 1731.

61 Richtlinie 2006/43/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 17. 5. 2006, ABlEG Nr. L 157, 87 ff.

62 Dies sind Unternehmen, die auf einem geregelten Markt gehandelte Wertpapiere ausgegeben haben, Kreditinstitute, Versicherungsunternehmen und andere Finanzdienstleistungsunternehmen einschließlich Pensionsfonds, Art. 2 Ziffer 13 der RL.

63 Bilanzrechtsmodernisierungsgesetz (BilMoG) v. 25.5.2009, BGBl. I, 1102.

64 Gruson/Kubicek, AG 2003, 337, 340.

65 Vgl. zu diesem Thema betreffend das deutsche Aktienrecht auch die Kommentierung zu § 12 der Mustersatzung zum Thema „Directors’ Dealings“.

66 Gruson/Kubicek, AG 2003, 337, 341.

67 Gruson/Kubicek, AG 2003, 337, 341.

68 Gruson/Kubicek, AG 2003, 337, 342.

69 Gruson/Kubicek, AG 2003, 337, 340.

70 Stengel/Detweiler/Willms, DAJV-Newsletter 2003, 77.

71 OLG Hamburg, Urt. v. 29. 9. 1995 – 11 U 20/95, AG 1996, 84 ff.

72 Der „Deutsche Corporate Governance Kodex“ in der Fassung vom 16.12.2019, bekannt gemacht im Bundesanzeiger vom 20.03.2020, Banz AT 20.03.2020 B3; alle bisherigen Fassungen des GCCG sind auf der Internetseite der Kodexkommission unter http://www.dcgk.de/de/kodex.html verfügbar.

73 Ziffer D.4 des Deutschen Corporate Governance Kodex in der Fassung vom 16.12.2019, bekannt gemacht im Bundesanzeiger vom 20.03.2020, Banz AT 20.03.2020 B3.

74 Vgl. die Aufzählung der verbotenen Nicht-Prüfungsleistungen bei Lanfermann/Maul, DB 1725, 1726.

75 Stengel/Detweiler/Willms, DAJV-Newsletter 2003, 77, 78.

76 Hüffer/Koch, AktG, § 113 Rn. 6.

77 Vgl. zur Historie dieser Vorschrift: BFH, Urt. v. 28. 2. 1990 – I 137/86.

78 Streck, KStG, § 10 Ziff. 30.

79 Hüffer/Koch, AktG, § 113 Rn. 7.

80 Streck, KStG, § 10 Ziff. 30.

81 Hüffer/Koch, AktG, § 113 Rn. 7.

82 Streck, KStG, § 10 Ziff. 34.

83 Streck, KStG, § 10 Ziff. 34.

84 Vgl. die folgende Auseinandersetzung zwischen Aufsichtsratsvergütung nach § 113 AktG und Vergütung aus sonstigen Verträgen nach § 114 AktG in der Kommentierung zu § 15 der Mustersatzung.

85 EuGH Urt. v. 13.6.2019, C-420/18, Rs. IO, ECLI:EU:C:2019:490. S. a. den Urteilskommentar von Leitsch, BB 2019, 2280, sowie von Streit/Salewski, DB 2019, 2770.

86 Zur Einordnung der Rechtsprechungsänderung und der geänderten Verwaltungsmeinung s. Geraats, steueranwaltsmagazin 6/2021, 186.

87 BFH Urt. V. 27.11.2019, V R 23/19 (altes Az: V R 62/17), BStBl II 2021, 542.

88 FG Niedersachen, Urt. Vom 19.11.219, 5 K 2822/16 U, DStRE 2020, 988 (rkr.).

89 FG Hamburg, Urt. Vom 08.09.2020, 6 K 131/18, MWStR 2021, 87.

90 FG Niedersachsen, Urt. Vom 08.10.2020, 5 K 162/19, BeckRS 2020, 34821, Rn. 46.

91 FG Köln Urt. V.26.11.2020, 8 K 2333/18, MwStR 2021, 475.

92 BMF vom 08.07.2021, III C 2 – S 7104/19/10001 :003, BSTBl I 2021, 919.

93 BFH, Urt. v. 9. 10. 1980 – IV R 81/76.

94 LG Stuttgart, Urt. 27. 5. 1998 – 27 O 7/98, BB 1998, 1549 ff.

95 OLG Nürnberg Urt. v. 8.3.2017, 12 U 927/15, NZI 2017, 679, Rz. 57 der Urteilsgründe m.w.N.

96 BGH, Urt. v. 25. 3. 1991 – II ZR 188/89.

97 BGH, Urt. v. 4. 7. 1994 – II ZR 197/93.

98 BGH, Urt. v. 3. 7. 2006 – II ZR 151/04.

99 OLG Köln, Urt. v. 27. 5. 1994 – 19 U 289/93 m. w. N. für die BGH-Rspr.

100 BGH, Urt. v. 4. 7. 1994 – II ZR 197/93. BGH, Urt. v. 4. 7. 1994 – II ZR 197/93.

101 BGH, Urt. v. 25. 3. 1991 – II ZR 188/89.

102 Vgl. die ausführliche Darstellung bei Mertens/Cahn in Kölner Komm. zum AktG, § 114 Rn. 10 ff.; s. a. Drygalla in K. Schmidt/Lutter (Hrsg.), AktG, § 114 Rn. 15 f.; sowie Bürgers/Israel in Bürgers/Körber, AktG, § 114 Rn. 5 f.

103 BGH, Urt. v. 4. 7. 1994 – II ZR 197/93, AG 1994, 11 ff.

104 Lutter/Krieger, Rn. 749.

105 Hoffmann/Becking, in: MünchHandb. GesR, Bd. 4, § 33 Rn. 41.

106 KG, Urt. v. 25. 9. 1996 – 2 U 6753/94, AG 1997, 337.

107 LG Köln, Urt. v. 8. 5. 2002 – 91 O 204/00, AG 2003, 167 ff.

108 BGH, Urt. v. 3. 7. 2006 – II ZR 151/04.

109 BGH, Urt. v. 20. 11. 2006 – II ZR 279/05.

110 BGH Urt. v. 2. 4. 2007 – II ZR 325/05.

111 BGH, Urt. v. 4. 7. 1994 – II ZR 197/93, AG 1994, 508 ff.

112 BGH, Urt. v. 25. 3. 1991 – II ZR 188/89.

113 Lanfermann/Maul, DB 2002, 1725, 1731.

114 Stengel/Detweiler/Willms, DAJV-Newsletter 2003, 77.

115 Hüffer/Koch, AktG, § 113 Rn. 2.

116 Dieses Thema wird nachfolgend unter dem Stichwort D&O-Versicherungen ausführlich dargestellt.

117 Ziffer G.17 des Deutschen Corporate Governance Kodex in der Fassung vom 16.12.2019, bekannt gemacht im Bundesanzeiger vom 20.03.2020, Banz AT 20.03.2020 B3.

118 Ziffer G. 18 des Deutschen Corporate Governance Kodex in der Fassung vom 7 16.12.2019, bekannt gemacht im Bundesanzeiger vom 20.03.2020, Banz AT 20.03.2020 B3.

119 Belegschaftsaktien, die auch Führungskräfte umfassen können.

120 BGH, Urt. v. 16. 2. 2004 – II ZR 316/02, NJW 2004, 1109 f.

121 Zur Vertiefung: Velthuis, Zur Diskussion: Die erfolgsabhängige Vergütung deutscher Aufsichtsräte sollte gestärkt werden, AR 2018, 8.

122 Vertiefend zu ausgewählten Problemen des D&O-Versicherungsschutzes aus Aufsichtsratsperspektive: Lüneborg/Resch, AG 2017, 691 ff.

123 Vertiefend zum Selbstvorbehalt: Lange, Due D&O-Selbstbehalt-Versicherung, r+s 2010, 92.

124 Ausführlich: Lange, ZIP 2001, 1524 ff.

125 Hüffer/Koch, AktG, 13. Aufl. 2018, § 113 Rz. 2a m.w.N.

126 Vgl. Schmidt/Krüger, EStG, § 19 Rn. 55.

127 BFH Urteil v. 26.7.2007 – VI R 64/06, DStR 2007, 1572.

128 „Company Reimbursement“ bedeutet, dass durch Vereinbarung im Versicherungsvertrag die Versicherungsleistungen im Schadensfalle in der Höhe auf die Gesellschaft als Versicherungsnehmerin übergehen, in welcher die versicherte Person einen Freistellungsanspruch gegenüber dem Unternehmen hat, vgl. für die Formulierung einer solchen Klausel Küppers/Dettmeier/Koch, DStR 2002, 199, 200.

129 Zur Frage, warum Vergütungsbestandteile hier als Hauptversammlungsbeschluss, nicht aber als Satzungsregelung empfohlen werden, vgl. die Kommentierung zu § 15 der Mustersatzung.

130 BGH, Urt. v. 21. 4. 1997 – II ZR 175/95 (ARAG/Garmenbeck).

131 Siehe www.bundesanzeiger.de.

132 LG Bielefeld, ZIP 2000, 20 (Balsam AG).

133 LG Bielefeld, ZIP 2000, 20 (Balsam AG).

134 LG München I, Urt. vom 10. 3. 2005 – 5 HKO 18110/04, DB 2005, 878.

135 Deutscher Corporate Governance Kodex in der Fassung vom 7. 2. 2017. Nach der aktuellen Fassung vom 16.12.2019 sieht der Kodex in Ziffer D.8 vor, dass im Bericht des Aufsichtsrates vermerkt werden soll, an wie vielen Sitzungen des Aufsichtsrats und der Ausschüsse die einzelnen Mitglieder jeweils teilgenommen haben. Als Teilnahme gilt dabei auch eine solche über Telefon- oder Videokonferenzen; diese sollte aber nicht die Regel sein, bekannt gemacht im Bundesanzeiger vom 20.03.2020, Banz AT 20.03.2020 B3.

136 LG Berlin, Urt. vom 13. 12. 2004 – 101 O 124/04, DB 2005, 1320 f.

137 LG München I, Urt. v. 5. 4. 2007 – 5 HK O 15964/06.

138 BGH, Beschl. v. 26. 11. 2007 – II ZR 227/06, DB 2008, 113 ff.

139 BGH, Urt. v. 11. 12. 2006 – II ZR 243/05.

140 OLG Jena, Urt. v. 25. 4. 2007 – 6 U 947/05, DB 2007, 2079.

141 BGH Urt. v. 1.12.2008 – II ZR 102/07, DB 2009, 106.

142 OLG Stuttgart Urt. v. 29.2.2012, 20 U 3/11, ZIP 2012, 625. Die Nichtzulassungsbeschwerde wurde vom BGH mit Beschluss v. 6.11.2012 zurückgewiesen, Az.: II ZR 111/12, ZIP 2012, 625.

143 BVerfG, Beschl. v. 7. 11. 1972 – 1 BvR 338/68.

144 Übersicht über den Meinungsstand: Lutter, Gesammelte Schriften, S. 332 ff.

145 Leiharbeitnehmer sind auch im Entleiherunternehmen mitzuzählen, wenn die Einsatzdauer sechs Monate übersteigt, vgl. § 14 Abs. 2 Sätze 4 bis 6 AÜG idF. des Gesetzes zur Änderung des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes und anderer Gesetze vom 21.02.2017, BGBl. I S. 258 (seit 1. April 2017 in Kraft). Zur Frage, ob auch ausländische Arbeitnehmer zu berücksichtigen sind: Behme, Die Berücksichtigung ausländischer Arbeitnehmer für die Berechnung der Schwellenwerte im Recht der Unternehmensmitbestimmung, AG, 2018, 1.

146 Gesetz über die Drittelbeteiligung der Arbeitnehmer im Aufsichtsrat vom 18. Mai 2004, BGBl. I 2004, 974; geändert durch Gesetz zur Einführung der Europäischen Genossenschaft und zur Änderung des Genossenschaftsrechts vom 14. August 2006, BGBl. I 2006, 1911.

147 BGBl. I, 1548, ber. 2022, geändert durch Gesetz v. 22. 12. 1999, BGBl. I, 2809.

148 Richtlinie 2001/86/EG des Rates v. 8. 10. 2001 zur Ergänzung des Statuts der Europäischen Gesellschaft hinsichtlich der Beteiligung der Arbeitnehmer, ABl. L 249 v. 10. 11. 2001, 22 ff.; SE-Beteiligungsgesetz (SEBG), Art. 2 des Gesetzes zur Einführung der Europäischen Gesellschaft v. 22. 12. 2004, BGBl. I 2004, 3675 ff.

149 Art. 16 der Richtlinie 2005/56/EG vom 25. Oktober 2005 über die Verschmelzung von Kapitalgesellschaften aus verschiedenen Mitgliedstaaten, ABL. EU Nr. L 310, 1 ff. und Gesetz zur Umsetzung der Regelungen über die Mitbestimmung der Arbeitnehmer bei einer Verschmelzung von Kapitalgesellschaften aus verschiedenen Mitgliedstaaten vom 21. Dezember 2006, BGBl. I 2006, 3332 ff.

150 BAG, Urteil v. 4. 4. 1974, 2 AZR 452/73 , NJW 1974, 1399.

151 Thüsing in Thüsing/Rachor/Lembke, KSchG, § 15 KSchG Rz. 28, Stand: 25.08.2017.

152 BAG, Beschl. v. 25. 10. 2000 – 7 ABR 18/02.

153 Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG lautet: „Die Pressefreiheit und die Freiheit der Berichterstattung durch Rundfunk und Film werden gewährleistet.“

154 EuGH Urt. v. 18.7.2017, C-566/15 Rs. Erzberger vs. TUI, NJW 2017, 2603.

155 LG Berlin Beschl. v. 1.6.2015, 102 O 65/14, AG 2015, 587. Vgl. auch die Kommentierungen von Mutter, EuGH verhandelt über Mitbestimmung: Die deutsche Wirtschaftsordnung in Gefahr, In: Legal Tribune Online, 23.1.2017, http://www.lto.de/persistent/a_id/21862/, und Wansleben, EuGH-Anhörung zu Unternehmensmitbestimmung: Wie viel Europa muss sein? In: Legal Tribune Online, 24.1.2017, http://www.lto.de/persistent/a_id/21880/.

156 OLG Frankfurt/M. Beschl. v. 17.6.2016, 21 W 91/15, ZIP 2016, 2223, s.a. Anm. Krause zur erstinstanzlichen Entscheidung LG Frankfurt/M., Beschl. vom 16.2.2015, 3-16 O 1/14, ZIP 2015, 636.

157 OLG München, Beschl. v. 6.3.2018, 31 Wx 321/15, BeckRS 2018, 02631.

158 Henssler in Ulmer/Habersack/Henssler, § 1 DrittelbG, Rn. 5 m.w.N.

159 Verordnung zur Wahl der Aufsichtsratsmitglieder der Arbeitnehmer nach dem Drittelbeteiligungsgesetz, BGBl. I 2004, 1393.

160 Henssler in Ulmer/Habersack/Henssler, § 9 DrittelbG, Rn. 2.

161 OLG Stuttgart, Beschl. v. 3. 5. 1989 – 8 W 38/89, DB 1989, 1128 ff.

162 Ulmer/Habersack in Ulmer/Habersack/Henssler, Mitbestimmungsrecht, § 1 MitbestG, Rn. 6.

163 Koch in Schaub, Arbeitsrechtshandbuch, § 260 Rn. 1a; siehe auch die Kommentierung hierzu durch Ulmer/Habersack in Ulmer/Habersack/Henssler, Mitbestimmungsrecht, § 1 MitbestG, Rn. 7 ff.

164 EuGH, Urt. v. 9. 3. 1999 – Rs. C-212/97, Centros Ltd./Erhvervsog Selskabsstyrelsen, BB 1999, 809 ff. = RIW 1999, 447 f. = NKW 1999, 2027 ff.

165 EuGH, Urt. v. 5. 11. 2002 – Rs. C-208/00, Überseering BV/NCC, BB 2002, 2425 f. = RIW 2002, 945 f. = DB 2002, 2425 f.

166 EuGH, Urt. v. 30. 9. 2003 – Rs. C-167/01 (Kamer van Koophandel en Fabrieken voor Amsterdam./.Inspire Art Ltd.), NJW 2003, 3331 ff.

167 BGH, Urt. v. 13. 3. 2003 – VII ZR 370/98, NJW 2003, 1461 f.; BayObLG, Urt. v. 19. 12. 2002 – 2 Z BR 7/02; OLG Zweibrücken, Beschl. v. 26. 3. 2003 – 3 W 21/03, DB 2003, 1264 f.

168 Koch in Schaub, Arbeitsrechtshandbuch, § 260 Rn. 1a. Zur Vertiefung: Schubert, Beteiligung von Arbeitnehmern in ausländischen Betrieben und Tochtergesellschaften an der Unternehmensmitbestimmung in deutschen Konzernen, AG 2017, 369 ff.

169 Koch in Schaub, Arbeitsrechtshandbuch, § 260 Rn. 5.

170 BGH, Urt. v. 17. 5. 1993 – II ZR 89/92, AG 1993, 464 ff.

171 Koch in Schaub, Arbeitsrechtshandbuch, § 260 Rn. 14.

172 Ulmer/Habersack in Ulmer/Habersack/Henssler, Mitbestimmungsrecht, § 26 MitbestG, Rn. 2.

173 BFH, Urt. v. 9. 10. 1980 – IV R 81/76.

174 BFH, Urt. v. 7. 8. 1987 – VI R 53/84.

175 BFH, Urt. v. 9. 10. 1980 – IV R 81/76.

176 OFD Frankfurt/M., Verfügung v. 20. 3. 1995 – S 2144 A – 2 – St II 20.

177 Das Mitbestimmungs-, Forschungs- und Studienförderungswerk des Deutschen Gewerkschaftsbundes.

Die Große Aktiengesellschaft

Inhaltsverzeichnis

I. Einführung

II. Satzung einer AG

III. Kommentierung der Satzung

1. Gesetzliche Grundlagen – Aktienrecht

A. Deutsches und Europäisches Aktienrecht

a) Der Deutsche Corporate Governance Kodex

b) Die Vergütung der Organe einer AG

c) Aktienrechtlicher Squeeze out

d) Das Spruchverfahren

e) Das Klagezulassungsverfahren

f) Das Freigabeverfahren

g) Das Kapitalanleger-Musterverfahren

h) Ad-hoc-Publizität und Schadensersatz

i) Aktuelles: Die virtuelle HV

j) Europäische Vorgaben und deren Umsetzung

B. Rückwirkungen des US-Aktienrechts

2. Gesetzliche Grundlagen – Kapitalmarktrecht

A. Deutsches und Europäisches Kapitalmarktrecht

a) Ad-hoc-Publizität und Übernahmerecht

b) Anlegerschutz und Bilanzpolizei

c) Transparenz am Kapitalmarkt

d) Der Bilanzeid

B. Rückwirkungen des US-Kapitalmarktrechts

3. Gesetzliche Grundlagen – Arbeitnehmermitbestimmung

A. Deutsches Arbeitsrecht

B. Internationales Arbeitsrecht

IV. Literaturverzeichnis

 

I. Einführung

Die „Große Aktiengesellschaft“ ist nicht die Rechtsform, die sich grundsätzlich von den am Markt bestehenden „Kleinen Aktiengesellschaften“ unterscheidet. Mit der vorliegenden Ausarbeitung wird vielmehr der Mustervertrag zur Kleinen Aktiengesellschaft (Korts/Korts, Die Kleine Aktiengesellschaft, 5. Aufl. Heidelberg 2008) um die Bestandteile ergänzt, die notwendigerweise zu beachten sind, wenn bei der Gründung einer Kleinen Aktiengesellschaft ein weiteres Wachstum in eine Große Aktiengesellschaft oder gar eine börsennotierte Aktiengesellschaft nicht ausgeschlossen werden kann. Fehler der Satzung oder der ergänzenden Regelwerke, die sich durch die Nichtbeachtung dieser weiterführenden Themen ergeben, können oftmals erst spät und teuer oder gar nicht repariert werden. Daher ist dieses Buch ein geeigneter Hinweis auf die Themen, die die Grundlage einer zukünftigen Planung einer erfolgreichen Gesellschaft beeinflussen.

II. Satzung einer AG

§ 1 Firma, Sitz, Geschäftsjahr

1. Die Gesellschaft führt die Firma Kölner FinanceConsulting Aktiengesellschaft.

2. Sie hat ihren Sitz in Köln.

3. Geschäftsjahr ist das Kalenderjahr.

§ 2 Gegenstand des Unternehmens

1. Gegenstand des Unternehmens ist die Wirtschaftsberatung, Unternehmensberatung, Finanzberatung, Finanzierungsberatung, Vermittlung von Finanzierungen, Vermögensanlagen, Versicherungen, Leasinggeschäften, Kapitalanlagen und Immobilien, sowie der Erwerb, die Veräußerung und Bewirtschaftung von Immobilien. Letztlich ist Gegenstand die Beratung von Unternehmen auf allen Gebieten, soweit es hierzu keiner besonderen gesetzlichen Genehmigung, insbesondere keiner Bankerlaubnis und keiner Erlaubnis nach § 34c Gewerbeordnung bedarf.

2. Die Gesellschaft ist zu allen Handlungen berechtigt, die unmittelbar oder mittelbar dem vorstehenden Zweck zu dienen geeignet sind, sie darf Zweigniederlassungen errichten und sich an gleichartigen oder ähnlichen Unternehmen im In- und Ausland beteiligen. Die Gesellschaft kann Unternehmen erwerben oder veräußern, sie unter einheitlicher Leitung zusammenfassen und Unternehmensverträge mit ihnen abschließen oder sich auf die Verwaltung der Beteiligung beschränken.

§ 3 Grundkapital/Aktien

1. Das Grundkapital der Gesellschaft beträgt 5 Millionen EUR.

2. Es ist eingeteilt in 5.000.000 Stückaktien, wovon 2.500.000 als Stammaktien und weitere 2.500.000 als stimmrechtslose Vorzugsaktien ausgegeben werden. Alle Aktien sind Namensaktien.

3. Die Vorzugsaktionäre erhalten aus dem Bilanzgewinn vorab einen nachzahlbaren Gewinnanteil von 5% auf einen Betrag, der dem Verhältnis der Anzahl aller Aktien zu dem Grundkapital entspricht. Soweit der Bilanzgewinn nicht zur Zahlung des Vorzugsbetrages ausreicht, ist aus dem Bilanzgewinn des nächsten Geschäftsjahres vor Verteilung eines Gewinnanteils an die Stammaktionäre zunächst der Rückstand ohne Zinsen nachzuzahlen und sodann der volle Vorzugsbetrag dieses Geschäftsjahres auf die Vorzugsaktien zu verteilen. Bei rückständigen Vorzugsbeträgen mehrerer Geschäftsjahre sind aus dem Bilanzgewinn vor Verteilung eines Gewinnanteils an die Stammaktionäre zunächst die Rückstände in der Reihenfolge ihrer Entstehung und sodann der Vorzugsbetrag dieses Geschäftsjahres auszuzahlen.

4. Bei einer Kapitalerhöhung kann die Gewinnbeteiligung neuer Aktien abweichend von § 60 Aktiengesetz geregelt werden, insbesondere können junge Aktien aus einer zukünftigen Kapitalerhöhung mit Vorzügen bei der Gewinnverteilung versehen werden.

5. Das Recht auf Einzelverbriefung ist ausgeschlossen, soweit nicht eine Verbriefung nach den Regeln einer Börse, an der die Aktien zugelassen sind, erforderlich ist. Die Gesellschaft kann über mehrere Aktien eine Urkunde ausstellen (Sammelaktien).

§ 4 Vorstand, Geschäftsordnung

1. Der Vorstand der Gesellschaft besteht aus mindestens zwei Personen. Der Aufsichtsrat bestimmt die Zahl der Mitglieder des Vorstandes und bestellt die Vorstandsmitglieder nach den Bestimmungen des Aktiengesetzes und des Mitbestimmungsgesetzes. Der Aufsichtsrat kann einen Vorsitzenden und einen stellvertretenden Vorsitzenden des Vorstandes ernennen. Der Abschluss der Anstellungsverträge und der Widerruf der Bestellung obliegen ebenfalls dem Aufsichtsrat.

2. Der Vorstand gibt sich einstimmig eine Geschäftsordnung, die der Zustimmung des Aufsichtsrats bedarf.

3. Die Beschlüsse des Vorstandes werden mit Stimmenmehrheit gefasst.

§ 5 Vertretung der Gesellschaft

Die Gesellschaft wird durch ein Vorstandsmitglied vertreten.

§ 6 Besondere Pflichten des Vorstandes

1. Die Mitglieder des Vorstandes sind verpflichtet, über vertrauliche Angaben und Geheimnisse der Gesellschaft, insbesondere Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse, Stillschweigen zu bewahren. Dies gilt auch nach Ausscheiden aus dem Vorstand.

2. Jedes Vorstandsmitglied ist verpflichtet, die Gesellschaft, vertreten durch den Aufsichtsratsvorsitzenden, sowie die zuständige staatliche Behörde1 unverzüglich von Geschäften im Sinne eines „directors’ dealing“ oder eines Insidergeschäftes in Kenntnis zu setzen. Der Aufsichtsratsvorsitzende ist verpflichtet, diese Informationen unverzüglich in der geltenden gesetzlich vorgeschriebenen Weise zu veröffentlichen.

§ 7 Aufsichtsrat, Zusammensetzung, Geschäftsordnung

1. Der Aufsichtsrat besteht aus zwölf Mitgliedern und setzt sich im Übrigen nach den gesetzlichen Bestimmungen zusammen.

2. Die Aufsichtsratsmitglieder werden für die Zeit bis zur Beendigung der Hauptversammlung gewählt, die über die Entlastung für das vierte Geschäftsjahr nach dem Beginn der Amtszeit beschließt. Hierbei wird das Geschäftsjahr, in dem die Amtszeit beginnt, nicht mitgerechnet. Eine Wiederwahl ist möglich.

3. Der Aufsichtsrat gibt sich selbst eine Geschäftsordnung.

§ 8 Vorsitzender des Aufsichtsrats

1. Der Aufsichtsrat wählt im unmittelbaren Anschluss an seine Wahl aus seiner Mitte einen Vorsitzenden und dessen Stellvertreter.

2. Scheiden der Vorsitzende des Aufsichtsrats oder sein Stellvertreter aus dem Aufsichtsrat aus, wird unverzüglich ein Nachfolger gewählt.

§ 9 Einberufung des Aufsichtsrats und Beschlussfassung

1. Der Vorsitzende, ersatzweise sein Stellvertreter, beruft die Sitzungen des Aufsichtsrats ein, die mindestens viermal jährlich stattzufinden haben.

2. Der Aufsichtsrat entscheidet durch Beschluss. Der Aufsichtsrat ist beschlussfähig, wenn mindestens neun Mitglieder an der Beschlussfassung teilnehmen. Für Beschlüsse des Aufsichtsrats ist die einfache Mehrheit der abgegebenen Stimmen, soweit nicht gesetzlich abweichende Mehrheitserfordernisse bestehen, erforderlich.

3. Der Vorsitzende ist ermächtigt, im Namen des Aufsichtsrats die zur Durchführung der Beschlüsse erforderlichen Erklärungen abzugeben und Erklärungen an den Aufsichtsrat in Empfang zu nehmen.

§ 10 Voraussetzungen der Mitgliedschaft im Aufsichtsrat

1. Mitglied des Aufsichtsrats kann nicht sein, wer Mehrheitsgesellschafter, mittelbarer Mehrheitsgesellschafter oder mit Veto-Stimmrecht ausgestatteter Gesellschafter oder Mitglied eines Aufsichts-, Vertretungs-, oder Verwaltungsorgans eines Unternehmens ist, welches in den Tätigkeitsbereichen der Gesellschaft im Wettbewerb mit der Gesellschaft steht, welches mit einem solchen Wettbewerbsunternehmen verbunden ist, oder welches ein verbundenes Unternehmen der Gesellschaft im Sinne von § 15 Aktiengesetz ist.

Mitglied des Aufsichtsrats kann weiterhin nicht sein, wer bei einer Tochtergesellschaft, einer mittelbaren Tochtergesellschaft oder einem gem. § 15 Aktiengesetz verbundenen Unternehmen der Gesellschaft eine Organstellung innehat oder an einer solchen Gesellschaft zu 25% oder mehr unmittelbar oder mittelbar beteiligt ist.

2. Entfällt eine gesetzliche oder satzungsgemäße Amtsvoraussetzung in der Person eines Aufsichtsratsmitglieds nach Amtsantritt, so ist dieses Aufsichtsratsmitglied verpflichtet, dies der Gesellschaft unverzüglich mitzuteilen. Die Mitteilung hat schriftlich an den Vorstandsvorsitzenden zu erfolgen, der seinerseits unverzüglich die Hauptversammlung hiervon in Kenntnis zu setzen hat.

§ 11 Aufgaben des Aufsichtsrats

1. Der Aufsichtsrat hat die ihm durch Gesetz und Satzung auferlegten Rechte und Pflichten ausschließlich im Interesse der Gesellschaft eigenverantwortlich, höchstpersönlich und weisungsunabhängig zu erfüllen. Die Mitglieder des Aufsichtsrats haben dabei stets die Sorgfalt eines gewissenhaften und ordentlichen Aufsichtsratsmitglieds anzuwenden. Sie sind verpflichtet, im Aufsichtsrat aktiv mitzuwirken, sich auf Sitzungen sorgfältig vorzubereiten und sich über die Verhandlungsgegenstände ein Urteil zu bilden und zu vertreten. Der Aufsichtsrat darf zur Erfüllung seiner Aufgaben externe Berater beauftragen.

2. Bei der jährlichen Bilanzsitzung des Aufsichtsrats besteht Präsenzpflicht für jedes Aufsichtsratsmitglied sowie den Abschlussprüfer.

§ 12 Besondere Pflichten des Aufsichtsrats

1. Die Mitglieder des Aufsichtsrats sind verpflichtet, über vertrauliche Angaben und Geheimnisse der Gesellschaft, insbesondere Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse, Stillschweigen zu bewahren. Dies gilt auch nach Ausscheiden aus dem Aufsichtsrat.

2. Jedes Aufsichtsratsmitglied ist verpflichtet, die Gesellschaft, sowie die zuständige staatliche Behörde unverzüglich von Geschäften im Sinne eines „directors’ dealing“ oder eines Insidergeschäftes in Kenntnis zu setzen. Die Gesellschaft ist verpflichtet, diese Informationen unverzüglich in der geltenden gesetzlich vorgeschriebenen Weise zu veröffentlichen.

§ 13 Audit Committee

1. Unmittelbar nach der Wahl des Vorsitzenden und seines Stellvertreters bildet der Aufsichtsrat einen aus drei Mitgliedern bestehenden Prüfungsausschuss (Audit Committee), dessen Mitglieder und dessen Vorsitzender vom Aufsichtsrat gewählt werden. Der Aufsichtsratsvorsitzende kann nicht Vorsitzender des Prüfungsausschusses sein. Ehemalige Vorstandsmitglieder können nicht Mitglied des Audit Committee sein. Ein Mitglied des Ausschusses wird vom Aufsichtsrat zum Finanzexperten des Prüfungsausschusses ernannt.

2. Mitglied des Audit Committee kann nicht sein,

  • wer neben seiner Aufsichtsratsvergütung sonstige Bezüge von der Gesellschaft, einer Tochtergesellschaft oder einem konzernverbundenen Unternehmen, z. B. im Sinne von §§ 114, 115 AktG, erhält; dies gilt nicht bei Bezügen aus einer Altersvorsorge der Gesellschaft;
  • wessen Ehepartner oder minderjährige Kinder Bezüge von der Gesellschaft oder einer Tochtergesellschaft erhalten;
  • wer gesetzlicher Vertreter einer juristischen Person ist oder wer zur Vertretung einer Personengesellschaft berechtigt ist, die Bezüge von der Gesellschaft oder einer Tochtergesellschaft erhält oder wer Gesellschafter, Partner oder leitender Angestellter einer solchen juristischen Person oder Personengesellschaft ist.

Entsteht einer der vorgenannten Ausschlussgründe in der Person eines Audit-Committee-Mitglieds nach Antritt des Ausschuss-Amtes, so ist dieses Mitglied verpflichtet, dies der Gesellschaft unverzüglich mitzuteilen. Die Mitteilung hat schriftlich an den Vorstandsvorsitzenden zu erfolgen, der seinerseits unverzüglich die Hauptversammlung hiervon in Kenntnis zu setzen hat.

Diese Beschränkungen gelten nicht für Arbeitnehmervertreter.

3. Der Prüfungsausschuss hat folgende Aufgaben:

  • Überwachung und Prüfung der Rechnungslegung sowie des Risikomanagements;
  • Unterbreitung des Vorschlags für die Wahl des Abschlussprüfers an die Hauptversammlung;
  • Prüfung der erforderliche Unabhängigkeit des Abschlussprüfers;
  • Erteilung des Prüfungsauftrags an den Abschlussprüfer;
  • Bestimmung der Prüfungsschwerpunkte;
  • Beaufsichtigung der Arbeit des Abschlussprüfers;
  • Abschluss der Honorarvereinbarung mit dem Abschlussprüfer;
  • das Aufstellen von Regelungen zum Erhalt, der Aufbewahrung und der Weiterbearbeitung von Beanstandungen des Rechnungswesens, des Finanzcontrollings und sonstiger Prüfungsangelegenheiten;
  • die Vermittlung bei Meinungsverschiedenheiten zwischen Vorstand und Abschlussprüfer über Fragen der Rechnungslegung;
  • Wahrnehmung der Zustimmungskompetenz für Vereinbarungen mit dem Abschlussprüfer hinsichtlich Nicht-Prüfungsleistungen (zustimmungspflichtiges Geschäft im Sinne der Satzung).

4. Der Ausschuss darf zur Erfüllung seiner Aufgaben externe Berater beauftragen.

§ 14 Weitere Ausschussbildung

1. Unmittelbar nach der Wahl des Aufsichtsratsvorsitzenden und seines Stellvertreters bildet der Aufsichtsrat zur Wahrnehmung der in § 31 Abs. 3 Satz 1 MitbestG bezeichneten Aufgaben einen Ausschuss, dem der Aufsichtsratsvorsitzende, sein Stellvertreter sowie je ein von den Aufsichtsratsmitgliedern der Arbeitnehmer und von den Aufsichtsratsmitgliedern der Anteilseigner mit der Mehrheit der abgegebenen Stimmen gewähltes Mitglied angehören.

2. Der Aufsichtsrat kann aus seiner Mitte weitere Ausschüsse bilden und deren Zusammensetzung und Aufgaben festlegen. Den Ausschüssen können auch Entscheidungsbefugnisse übertragen werden.

3. Die Ausschüsse dürfen zur Erfüllung ihrer Aufgaben externe Berater beauftragen.

§ 15 Vergütung des Aufsichtsrats

Die Aufsichtsratsmitglieder erhalten eine Vergütung, die von der Hauptversammlung festgelegt wird.

§ 16 Verträge mit Aufsichtsratsmitgliedern

1. Verträge mit Aufsichtsratsmitgliedern im Sinne von § 114 Abs. 1 AktG sind ausgeschlossen.

2. Verträge mit Aufsichtsratsmitgliedern oder mit juristischen Personen, deren gesetzlicher Vertreter ein Mitglied des Aufsichtsrats ist, oder mit Personengesellschaften, zu deren Vertretung ein Mitglied des Aufsichtsrats berechtigt ist, bedürfen der Zustimmung des Aufsichtsrats.

3. Verträge im Sinne von §§ 114, 115 AktG mit Mitgliedern des Audit Committee, oder mit juristischen Personen, deren gesetzlicher Vertreter, Gesellschafter oder leitender Angestellter ein Mitglied des Audit Committee ist, oder mit Personengesellschaften, zu dessen Vertretung ein Mitglied des Audit Committee berechtigt ist oder deren Gesellschafter, Partner oder leitender Angestellter ein Mitglied des Audit Committee ist, sind ausgeschlossen. Ausgeschlossen ist die Gewährung von Bezügen an Ehepartner oder minderjährige Kinder eines Mitglieds des Audit Committee.

§ 17 Zustimmungsbedürftige Geschäfte

Der Vorstand bedarf der Zustimmung des Aufsichtsrats zu folgenden Geschäften:

  • Erwerb, Veräußerung und Belastung von Grundstücken und grundstücksgleichen Rechten oder Baulichkeiten;
  • Erwerb, Veräußerung oder Belastung von Patenten, Schutzrechten oder Marken;
  • Erwerb und Veräußerung von anderen Unternehmen und Beteiligungen, Errichtung und Schließung von Zweigniederlassungen;
  • Investitionen, deren Volumen den Betrag von jährlich Euro 1.500.000,00 übersteigen;
  • Aufnahme von Krediten, die den Betrag von Euro 1.000.000,00 übersteigen;
  • der Abschluss, die Änderung und die Aufhebung von Unternehmensverträgen insbesondere Gewinnabführungsverträgen oder Verträgen ähnlicher Art;
  • Vereinbarungen mit den Abschlussprüfern des Unternehmens hinsichtlich grundsätzlich erlaubter Nicht-Prüfungsleistungen.

§ 18 Hauptversammlung

1. Die ordentliche Hauptversammlung findet innerhalb der ersten sechs Monate eines Geschäftsjahres am Sitz der Gesellschaft oder an dem Ort statt, an dem ein börsenmäßiger Handel der Aktien der Gesellschaft erfolgt. Sie wird durch den Vorstand und in den gesetzlich vorgeschriebenen Fällen durch den Aufsichtsrat einberufen.

2. Die Einberufung erfolgt unter Einhaltung einer Frist von mindestens einem Monat durch einmalige Bekanntmachung im Bundesanzeiger. Der Tag der Veröffentlichung und der Tag der Hauptversammlung werden dabei nicht mitgerechnet. Mit der Einberufung sind die Gegenstände der Tagesordnung mitzuteilen.

3. Ohne Wahrung der Einberufungsförmlichkeiten kann eine Hauptversammlung auch dann abgehalten werden, wenn alle Aktionäre erschienen oder vertreten sind und kein Aktionär der Beschlussfassung widerspricht.

§ 19 Teilnahme an der Hauptversammlung, Stimmrecht

1. Zur Teilnahme und Abstimmung sind die Aktionäre oder deren Vertreter berechtigt, deren Aktien am Tage der Hauptversammlung im Aktienregister eingetragen sind. Umschreibungen im Aktienregister werden in den letzten sieben Tagen vor der Hauptversammlung nicht vorgenommen.

2. Jede Aktie gewährt eine Stimme.

§ 20 Ablauf der Hauptversammlung, Beschlüsse

1. Den Vorsitz in der Hauptversammlung führt der Vorsitzende des Aufsichtsrats, im Falle der Verhinderung sein Stellvertreter, im Falle von dessen Verhinderung ein von der Hauptversammlung gewählter Versammlungsleiter. Der Vorsitzende leitet die Versammlung, bestimmt die Reihenfolge der Abhandlung der Tagesordnung sowie die Art und Reihenfolge der Abstimmungen.

2. Die Hauptversammlung ist beschlussfähig, wenn mindestens 75% des gesamten stimmberechtigten Grundkapitals vertreten sind. Soweit die Hauptversammlung nicht beschlussfähig ist, ist unverzüglich eine neue Hauptversammlung einzuberufen, die sodann, ohne Rücksicht auf das vertretene Kapital hinsichtlich der Gegenstände beschlussfähig ist, die auf der Tagesordnung der beschlussunfähigen Hauptversammlung standen, soweit in der erneuten Einberufung darauf hingewiesen wurde.

3. Die Beschlüsse der Hauptversammlung bedürfen der einfachen Mehrheit der abgegebenen Stimmen, soweit nicht das Gesetz zwingend etwas anderes vorschreibt. Die Niederschriften über die Hauptversammlungen erfolgen nach den gesetzlichen Vorschriften.

§ 21 Aufstellung des Jahresabschlusses

1. Der Vorstand hat in den ersten drei Monaten des Geschäftsjahres für das vergangene Geschäftsjahr den Jahresabschluss mit Anhang sowie den Lagebericht aufzustellen und ihn unverzüglich dem Aufsichtsrat sowie dem Abschlussprüfer vorzulegen.

2. Zugleich hat der Vorstand dem Aufsichtsrat den Vorschlag zuzuleiten, den er der Hauptversammlung für die Verwendung des Bilanzgewinns machen will.

§ 22 Feststellung des Jahresabschlusses

1. Der Aufsichtsrat hat den Jahresabschluss, den Lagebericht und den Vorschlag für die Verwendung des Bilanzgewinns zu prüfen und über das Ergebnis seiner Prüfung schriftlich an die Hauptversammlung zu berichten. Der Aufsichtsrat hat ferner zu dem Ergebnis der Prüfung des Jahresabschlusses durch den Abschlussprüfer Stellung zu nehmen. Der Aufsichtsrat hat seinen Bericht innerhalb eines Monats, nachdem ihm die Vorlagen zugegangen sind, dem Vorstand zuzuleiten.

2. Billigt der Aufsichtsrat den Jahresabschluss, so ist dieser festgestellt, es sei denn, dass Vorstand und Aufsichtsrat beschließen, die Feststellung des Jahresabschlusses der Hauptversammlung zu überlassen.
§ 23 Gewinnverwendung

Ist der Jahresabschluss festgestellt, können Vorstand und Aufsichtsrat einen Teil des Jahresüberschusses, maximal jedoch die Hälfte, in andere Gewinnrücklagen einstellen. Solange die anderen Gewinnrücklagen die Hälfte des Grundkapitals nicht übersteigen und soweit sie nach der Einstellung die Hälfte nicht übersteigen würden, sind Vorstand und Aufsichtsrat ermächtigt, auch einen größeren Teil des Jahresüberschusses in andere Gewinnrücklagen einzustellen, maximal jedoch zwei Drittel des um die in die gesetzliche Rücklage einzustellenden Beträge und einen Verlustvortrag bereinigten Jahresüberschusses.

§ 24 Bekanntmachungen

Bekanntmachungen der Gesellschaft erfolgen ausschließlich im Bundesanzeiger.

§ 25 Gründungskosten

Die Kosten und Steuern der Gründung trägt die Gesellschaft, und zwar bis zu einem Höchstbetrag von 10.000 EUR.

III. Kommentierung der Satzung

1. Gesetzliche Grundlagen – Aktienrecht

A. Deutsches und Europäisches Aktienrecht

Das deutsche Aktienrecht hat in den letzten Jahren – angestoßen von den innerdeutschen und internationalen Entwicklungen – vielfältige Änderungen und Ergänzungen erfahren, die entweder zu einer unmittelbaren Änderung des Aktienrechts selbst geführt haben oder aber sich mittelbar auf die Aktiengesellschaft auswirken und deren Ende noch nicht erreicht ist. Insbesondere die europäische Rechtsentwicklung, u.a. vorangetrieben durch die Rechtsprechung des EuGH, prägt die Entwicklungen im deutschen Aktien- und Kapitalmarktrecht. Zum Teil sind die rechtlichen Verknüpfungen so eng, dass nicht mehr eindeutig unterschieden werden kann zwischen dem „deutschen“ und dem „europäischen“ Recht, zumal direkt geltende europäische Verordnungen in allen Mitgliedstaaten unmittelbar geltendes (nationales) Recht sind.

  1. Der Deutsche Corporate Governance Kodex

Spektakuläre Unternehmensskandale in den vergangenen Jahren (z.B. Balsam/Procedo, Flowtex, Bankgesellschaft Berlin, ComROAD, ENRON, WorldCom), der Zusammenbruch vieler „Dot-com“-Unternehmen am Neuen Markt sowie zahlreiche Bereicherungsvorwürfe gegenüber Organmitgliedern von Aktiengesellschaften haben den Blick der Öffentlichkeit auf die Fragen der Führung und Überwachung von Unternehmen gelenkt.

Vor diesem Hintergrund wurde der „German Code of Corporate Governance“ (GCCG) von der im September 2001 eingesetzten Regierungskommission („Cromme-Kommission“) erarbeitet. Sie legte erstmals im Februar 2002 den Deutschen Corporate Governance Kodex vor der jährlich geprüft und gegebenenfalls geändert wird. Er enthält Verhaltensregeln für Vorstände und Aufsichtsräte, Regeln für die Rechnungslegung und Abschlussprüfung sowie Prüfungsvorschriften für Wirtschaftsprüfer. Der Kodex selbst hat keinen Gesetzesrang. Er soll dadurch als flexibles Instrument schnell an künftige Veränderungen angepasst werden können. Aktuell gilt der Deutsche Corporate Governance Kodex in der Fassung vom 16.12.2019, bekannt gemacht im Bundesanzeiger vom 20.03.2020.

Der Kodex enthält drei Typen von Regelungen:

  • Darstellung wesentlicher Vorschriften des (zwingenden) geltenden Rechts zur Unternehmensleitung und -überwachung börsennotierter Gesellschaften,
  • Empfehlungen an die Gesellschaftsorgane auf Grundlage international und national anerkannter Verhaltensstandards, im Text durch „soll“ gekennzeichnet,
  • bloße Anregungen für eine gute und verantwortungsvolle Unternehmensführung und -überwachung, im Text durch „sollte“ oder „kann“ gekennzeichnet.

Über die Entsprechenserklärung des § 161 AktG wird der Kodex auf eine gesetzliche Grundlage gestellt. In dieser Entsprechenserklärung haben die börsennotierten Aktiengesellschaften Abweichungen zu den Empfehlungen (nicht den Anregungen) zu begründen und zu veröffentlichen (“Comply or Explain“).

  1. Die Vergütung der Organe einer AG

Die Festlegung der Vergütungen für Aufsichtsräte und deren Fälligkeit können in der Satzung erfolgen oder in die Kompetenz der Hauptversammlung gelegt sein. Vertragliche Vereinbarungen über die Zahlung von Vergütungen, Sondervergütungen usw., die nicht durch die Satzung oder einen Hauptversammlungsbeschluss legitimiert sind, sind nichtig wegen Verstoßes gegen § 134 BGB. Empfehlenswert ist es, die Vergütung durch die Hauptversammlung festlegen zu lassen, so wie es die Mustersatzung in § 15 vorsieht. Zum einen kann so eine beabsichtigte Erhöhung der Vergütung durch einen Hauptversammlungsbeschluss herbeigeführt werden. Ist die Vergütung dagegen in der Satzung festgelegt, kann sie durch einen Hauptversammlungsbeschluss zwar herabgesetzt werden, nicht aber erhöht werden. Für eine Erhöhung müsste eine Satzungsänderung durchgeführt werden, wofür zum einen eine notarielle Beschlussfassung und zum anderen eine 3/4-Mehrheit erforderlich ist.

Der Aufsichtsrat schließt die Anstellungsverträge mit den Vorständen ab und legt die angemessene Vorstandsvergütung fest, § 87 AktG. Die Entscheidung über die Vergütung eines Vorstandsmitglieds darf nicht an einen Ausschuss des Aufsichtsrates delegiert werden, sondern muss vom Plenum des Aufsichtsrates getroffen werden, so ausdrücklich § 107 Abs. 3 Satz 4 AktG.2 Die Wichtigkeit der Festlegung der angemessenen Vorstandsvergütung unter Beachtung der Kriterien des § 87 Abs. 1 AktG zeigt sich in der Haftungsvorschrift des § 116 Satz 3 AktG: die Vereinbarung einer unangemessen hohen Vergütung lässt den schuldrechtlichen Anspruch des Vorstands unberührt, lässt jedoch den Aufsichtsrat gegenüber der Gesellschaft für den überhöhten Vergütungsteil persönlich haften. Für börsennotierte Gesellschaften legt der Corporate Governance Kodex weitere Grundsätze und Empfehlungen zur Vorstandsvergütung fest. Danach hat der Vorstand ein klares und verständliches System zur Vergütung der Vorstandsmitglieder zu beschließen und auf dessen Basis die konkrete Vergütung der einzelnen Vorstandsmitglieder zu bestimmen, wobei die Hauptversammlung diesen Vergütungssystembeschluss des Aufsichtsrat billigen soll.3

Börsennotierte Aktiengesellschaften haben einen individualisierten Vergütungsausweis ihrer Vorstandsmitglieder vorzunehmen, §§ 285 Satz 1 Nr. 9a, 314 Abs. 1 Nr. 6a HGB. Es knüpft damit an die bereits bestehenden Offenlegungspflichten der den Mitgliedern des Geschäftsführungsorgans, des Aufsichtsrates, eines Beirates oder ähnlichen Einrichtungen gewährten Gesamtbezüge an. Die Pflicht zur Offenlegung der Vorstandsbezüge kann durch entsprechenden Hauptversammlungsbeschluss abbedungen werden. Dieser Beschluss darf jedoch höchstens für die Dauer von 5 Jahren und muss mit mindestens ¾ des bei der Beschlussfassung vertretenen Grundkapitals gefasst werden.

  1. Aktienrechtlicher Squeeze out

In den §§ 327a bis f sind die Voraussetzungen für das sog. Squeeze-out im deutschen Aktienrecht verankert. Squeeze-out bezeichnet die Ausschaltung eines geringen Streubesitzanteils (< 5%) durch Verpflichtung der Minderheitenaktionäre zum Zwangsverkauf ihrer Aktien an den Hauptaktionär. Es handelt sich dabei um ein einseitiges Gestaltungsrecht des Hauptaktionärs, das keiner Zustimmung der Minderheitenaktionäre bedarf. Ein Großaktionär, der mit mindestens 95% am Grundkapital beteiligt ist, kann aufgrund eines Beschlusses der Hauptversammlung die Übertragung der außenstehenden Aktien gegen angemessene Barabfindung verlangen. Die Regelungen über den Squeeze-out gelten auch für nicht börsennotierte Aktiengesellschaften, sowie in Fällen, in denen es zuvor kein öffentliches Übernahme- oder Pflichtangebot gab. Anders als bei der Kaduzierung (§ 64 AktG) oder bei der Einziehung von Aktien (§ 237 AktG) bedarf es für die Durchführung des Squeeze-out keiner entsprechenden Regelung in der Satzung der Gesellschaft und keines wichtigen Grundes für den Ausschluss. Der BGH hat im Jahre 2005 die Regelungen der §§ 327a ff. AktG für verfassungsgemäß erklärt.4 Dies hat er im Jahr 2006 nochmals bekräftigt und zugleich ausgesprochen, dass ein Squeeze-out-Verfahren nach seinem Sinn und Zweck auch im Stadium der Liquidation anwendbar sei, ohne dass ein Verstoß gegen Art. 14 GG vorliege.5 Sodann hat auch das Bundesverfassungsgericht die Regelungen der §§ 327a AktG für verfassungskonform erklärt.6

Grund für die gesetzliche Normierung des Squeeze-out ist der unverhältnismäßige Aufwand, der von der Gesellschaft zur Wahrung der Rechte der Minderheitsaktionäre betrieben werden muss im Vergleich zu deren Finanzierungsbeitrag. Ein weiterer Grund lag darin, dass durch den Ausschluss von Minderheitsaktionären das Anfechtungs- und Blockaderisiko bei der Durchführung von notwendigen oder angestrebten Strukturmaßnahmen der Gesellschaft beseitigt werden kann. Grundsätzlich ist es unerheblich, wie die vorgeschriebene 95%-Schwelle zustande gekommen ist. Sie kann beispielsweise durch Strukturänderungen innerhalb der Gesellschaft entstehen, wie bei einer Kapitalerhöhung durch Sacheinlage unter Ausschluss des Bezugsrechts der übrigen Aktionäre durch den Hauptaktionär oder durch Verschmelzung der Gesellschaft mit einer anderen Gesellschaft des Hauptaktionärs. Das OLG München7 hat allerdings im Jahre 2006 entschieden, dass ein Squeeze-out-Beschluss bei vorherigem rechtsmissbräuchlichen Aktienerwerb des Hauptaktionärs nichtig sei. In diesem Fall war der Aktienerwerb deshalb rechtsmissbräuchlich, weil der Hauptaktionär den erforderlichen 95%-igen Schwellenwert nur auf Grund einer Konstruktion erreicht hatte, die ausschließlich dazu dienen sollte, den Schwellenwert zum Ausschluss der Minderheitsaktionäre zu erreichen.

Die in § 327b AktG vorgesehene Abfindung der auszuschließenden Minderheitsaktionäre findet ausschließlich in Geld statt. Die Höhe der Abfindung wird vom Hauptaktionär festgelegt, unterliegt jedoch der Überprüfung. Nach dem Willen des Gesetzgebers soll mit der Abfindung eine volle wirtschaftliche Kompensation der Nachteile der Minderheitsaktionäre erfolgen. Die Abfindung darf jedenfalls nicht unter dem Verkehrswert der gehaltenen Aktien liegen, darauf hat der Gesetzgeber in seiner Gesetzesbegründung unter Bezugnahme auf eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts8 ausdrücklich hingewiesen.

Mit Eintragung in das Handelsregister gehen die Minderheitsaktien per Gesetz auf den Hauptaktionär über. Sind über diese Aktien Aktienurkunden ausgegeben, so verbriefen sie ab der Eintragung bis zur Übergabe an den Hauptaktionär lediglich den Anspruch auf die beschlossene Barabfindung.

  1. Das Spruchverfahren

Eine gerichtliche Überprüfung der Angemessenheit der Abfindungshöhe findet allerdings nicht im Anfechtungsprozess statt, sondern über das gesellschaftsrechtliche Spruchverfahren9. Es dienst dazu, den Streit um Ausgleichs- bzw. Abfindungszahlungen aus dem Bereich der Anfechtungsklagen gegen entsprechende gesellschaftsrechtliche Beschlüsse herauszulösen. Damit wird verhindert, dass Strukturmaßnahmen von Unternehmen durch Anfechtungsklage von Minderheitsaktionären blockiert werden, obwohl es nicht um die Maßnahme an sich, sondern „lediglich“ um die vorgesehene Ausgleichs- bzw. Abfindungszahlung geht. Die für das Spruchverfahren zuständigen Landgerichte überprüfen die Frage der Angemessenheit in der Regel auf der Grundlage einer Unternehmensbewertung, wobei sie auf die Heranziehung von Sachverständigengutachten angewiesen sind. Darüber hinaus hat der BGH10 unter Aufgabe seiner bisherigen Rechtsprechung entschieden, dass auch abfindungswertbezogene Informationsmängel bei Umwandlungen nicht im Wege der Anfechtungsklage, sondern ausschließlich im Spruchverfahren verfolgt werden können.

Bei Verschmelzungsvorgängen steht den Aktionären der übernehmenden Gesellschaft das Spruchverfahren nicht offen; sie können im Gegensatz zu den Aktionären der übertragenden Gesellschaft die Bewertungsrüge daher (nur) im Wege der Anfechtungsklage geltend machen.

Bei der Kapitalerhöhung gegen Einlagen (also der Sachkapitalerhöhung) kann die Anfechtung des entsprechenden Hauptversammlung-Beschlusses nach § 243 AktG, wenn das Bezugsrecht der Aktionäre ganz oder zum Teil ausgeschlossen worden ist, auch darauf gestützt werden, dass der sich aus dem Erhöhungsbeschluss ergebende Ausgabebetrag oder der Mindestbetrag, unter dem die neuen Aktien nicht ausgegeben werden sollen, unangemessen niedrig ist, so § 255 Abs. 2 Satz 1 AktG. Die Bewertungsrügen sind in diesen Fällen also nicht in einem Spruchverfahren, sondern im Wege der Anfechtung geltend zu machen.

  1. Das Klagezulassungsverfahren

Die Verhinderung von rechtsmissbräuchlichen Anfechtungsklagen einerseits und die Verstärkung von (berechtigten) Aktionärsinteressen andererseits stehen in einem steten Spannungsverhältnis. Die Geltendmachung von aktienrechtlichen Minderheitenrechten erfolgt durch das Klagezulassungsverfahren in § 148 AktG. Damit wird es Minderheitsaktionären, die zusammen den einhundertsten Teil des Grundkapitals oder einen anteiligen Betrag von 100.000 EUR erreichen, ermöglicht, Ersatzansprüche der Gesellschaft gegen ihre Organe im Sinne von § 147 Abs. 1 Satz 1 AktG im eigenen Namen geltend zu machen. Die Vorschaltung des Klagezulassungsverfahrens in § 148 AktG dient dabei der gerichtlichen Missbrauchskontrolle. Die Klage der Minderheitsaktionäre wird durch das Gericht zugelassen, wenn

1. die Aktionäre nachweisen, dass sie die Aktien vor dem Zeitpunkt erworben haben, in dem sie oder im Falle der Gesamtrechtsnachfolge ihre Rechtsvorgänger von den behaupteten Pflichtverstößen oder dem behaupteten Schaden auf Grund einer Veröffentlichung Kenntnis erlangen mussten,

2. die Aktionäre nachweisen, dass sie die Gesellschaft unter Setzung einer angemessenen Frist vergeblich aufgefordert haben, selbst Klage zu erheben,

3. Tatsachen vorliegen, die den Verdacht rechtfertigen, dass der Gesellschaft durch Unredlichkeit oder grobe Verletzung des Gesetzes oder der Satzung ein Schaden entstanden ist, und

4. der Geltendmachung des Ersatzanspruchs keine überwiegenden Gründe des Gesellschaftswohls entgegenstehen.

Im Bundesanzeiger gibt es ein Aktionärsforum, in dem Kleinaktionäre Mitstreiter für das Erreichen der gesetzlichen Quoren oder auch für Stimmrechtsausübungen suchen können, § 127a AktG. Zuständig ist das Landgericht des Gesellschaftssitzes, § 148 Abs. 2 Satz 1 AktG. Eine Nebenintervention weiterer Aktionäre („Trittbrettfahrer“) ist nach Zulassung der Klage nicht mehr möglich, § 148 Abs. 4 Satz 3 AktG. Ist die Klage zugelassen, kann die Klage nur binnen dreier Monate nach Eintritt der Rechtskraft der Zulassungsentscheidung erhoben werden, sofern die Aktionäre die Gesellschaft nochmals unter Setzung einer angemessenen Frist vergeblich aufgefordert haben, selbst Klage zu erheben, § 148 Abs. 4 Satz 1 AktG. Die Gesellschaft ist nach § 148 Abs. 3 AktG jederzeit berechtigt, ihren Ersatzanspruch selbst gerichtlich geltend zu machen; mit der Klageerhebung durch die Gesellschaft wird ein anhängiges Zulassungs- oder Klageverfahren von Aktionären über diesen Ersatzanspruch unzulässig. Die Gesellschaft ist nach ihrer Wahl ebenfalls berechtigt, ein anhängiges Klageverfahren über ihren Ersatzanspruch in der Lage zu übernehmen, in der sich das Verfahren zur Zeit der Übernahme befindet. Die bisherigen Antragsteller oder Kläger sind in diesen Fällen beizuladen.

Ein Beispielsfall für ein Klagezulassungsverfahren nach § 148 AktG ist das Verfahren gegen die Deutsche Bank AG wegen der öffentlichen Äußerungen des ehemaligen Vorstandssprechers Rolf Breuer über die Kreditwürdigkeit der Kirch-Gruppe. Der BGH11 hatte festgestellt, dass die Deutsche Bank AG und Rolf Breuer als Gesamtschuldner die Ansprüche auf Ersatz der Schäden zu erfüllen haben, die der PrintBeteiligungs GmbH aus den Äußerungen des Rolf Breuer in einem Interview des Fernsehsenders Bloomberg TV am 3./4. Februar 2002 bereits entstanden sind und zukünftig entstehen werden. Der BGH hat in den Interviewäußerungen von Dr. Breuer eine Verletzung der aus dem Darlehensvertrag der Deutschen Bank AG mit der PrintBeteiligungs GmbH folgenden Pflicht, die Kreditwürdigkeit der Darlehensnehmerin nicht zu gefährden, gesehen. Am 5.5.2006 veröffentlichte der Aktionär der Deutschen Bank AG, Dr. Dieter Hahn, im Aktionärsforum folgende Aufforderung: „Dr. Dieter Hahn beabsichtigt die Durchführung von Klagezulassungs- und anschließenden Klageverfahren zur Geltendmachung von Ansprüchen gegen Dr. Rolf-E. Breuer nach § 148 AktG. Dr. Hahn fordert alle Aktionäre auf, die ihre Aktien vor dem 4.2.2002 erworben haben, sich anzuschließen und der zu diesem Zweck gegründeten BGB-Gesellschaft beizutreten.“

Als Gegengewicht zur Erleichterung der Haftungsklage für Minderheitenaktionäre wegen Pflichtverletzungen des Vorstandes gem. § 148 AktG besteht im Bereich qualifizierter unternehmerischer Entscheidungen des Vorstandes ein Haftungsfreiraum („Business Judgement Rule“), § 93 Abs. 1 AktG: „Eine Pflichtverletzung liegt nicht vor, wenn das Vorstandsmitglied bei einer unternehmerischen Entscheidung vernünftigerweise annehmen durfte, auf der Grundlage angemessener Information zum Wohle der Gesellschaft zu handeln.“

  1. Das Freigabeverfahren

Gem. § 246a AktG ist in den Fällen, in denen Anfechtungsklage gegen einen Hauptversammlungsbeschluss über eine Maßnahme der Kapitalbeschaffung, Kapitalherabsetzung oder einen Unternehmensvertrag erhoben wird, die Durchführung eines Freigabeverfahrens möglich. Im Rahmen dieses Verfahrens kann die Gesellschaft beantragen, dass der Hauptversammlungsbeschluss trotz Klageerhebung in das Handelsregister eingetragen wird und ausgeführt werden kann. Dadurch soll vermieden werden, dass die Gesellschaft allein durch die Klageerhebung bei der Durchführung des Hauptversammlungsbeschlusses blockiert werden kann. Nur in Fällen, in denen es der Gesellschaft zugemutet werden kann, ist der Ausgang des Hauptverfahrens abzuwarten. Ob dies der Fall ist, entscheidet das Gericht im Rahmen des Freigabeverfahrens. Die Freigabe ist zu erklären, wenn die Anfechtungsklagen „unzulässig oder offensichtlich unbegründet“ oder im Rahmen einer Interessenabwägung das Eintragungsinteresse der Gesellschaft gegenüber dem Aussetzungsinteresse des/r Anfechtenden überwiegt. Verfügt das Gericht die Eintragung des Beschlusses trotz Klageerhebung, so muss die Umsetzung des Beschlusses auch dann nicht rückgängig gemacht werden, wenn der Anfechtungskläger später im Hauptverfahren obsiegt. Dem Anfechtungskläger steht dann lediglich ein Schadensersatzanspruch zu. Das Freigabeverfahren ist ein Eilverfahren, das Gericht soll spätestens binnen drei Monaten entscheiden, § 246 Abs. 3 Satz 5 AktG.

Häufig finden sich in Satzungen Regelungen, wonach die Teilnahme der Hauptversammlung oder die Ausübung des Stimmrechtes davon abhängt, dass die Aktien bis zu einem bestimmten Zeitpunkt vor der Versammlung hinterlegt werden. Diese Möglichkeit ist seit der Neufassung des § 123 AktG durch das UMAG nicht mehr vorgesehen.

  1. Das Kapitalanleger-Musterverfahren

Das Musterverfahren für Schadensersatzklagen von Kapitalanlegern ist im Kapitalanleger-Musterverfahrensgesetz (KapMuG) geregelt. Es betrifft Haftungsklagen wegen falscher, irreführender oder unterlassener öffentlicher Kapitalmarktinformationen (z.B. in Jahresabschlüssen oder Börsenprospekten),wegen Erfüllungsansprüchen aus Verträgen, die auf einem Angebot nach dem Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetz beruhen und Schadensersatzansprüche im Zusammenhang mit Anlageberatung und -vermittlung. Es bietet die Möglichkeit, in solchen Prozessen ein Musterverfahren durchzuführen. Tatsachen- und Rechtsfragen, die sich in mindestens 10 individuellen Schadensersatzverfahren gleichlautend stellen, können so in einem Musterverfahren gebündelt und einheitlich durch das zuständige OLG (ausschließlicher Gerichtsstand ist der Sitz der Gesellschaft, §§ 32b ZPO, 71 Abs. 2 Nr. 3 GVG) mit Bindungswirkung für alle Kläger und solche, die ihrte Ansprüche zu diesem Musterverfahren angemeldet haben, entschieden werden.

Das Musterverfahren wird eingeleitet durch einen entsprechenden Antrag eines Kapitalanlegers, der einen Schadensersatzanspruch im Sinne des KapMuG gerichtlich geltend macht, § 2 Abs. 1 KapMuG. Der Musterfeststellungsantrag wird vom Gericht in einem eigenen Klageregister im Bundesanzeiger veröffentlicht, § 4 Abs. 1 KapMuG. Werden innerhalb von 6 Monaten mindestens neun weitere gleichgerichtete Anträge in verschiedenen Rechtsstreitigkeiten zur Klärung derselben Musterfrage festgestellt, holt das Prozessgericht einen entsprechenden Musterbescheid bei dem übergeordneten OLG ein, § 6 Abs. 1 KapMuG. Einer der Kläger wird zum Musterkläger bestimmt, die übrigen werden dem Musterverfahren zur Wahrung des rechtlichen Gehörs beigeladen, § 9 Abs. 2 KapMuG. Gegen den Musterentscheid ist die Rechtsbeschwerde zum BGH zulässig, § 20 KapMuG. Ist der Musterentscheid rechtskräftig, werden unter seiner Zugrundelegung die Individualprozesse (die bis zum Musterentscheid ausgesetzt werden, § 8 KapMuG) entschieden. Der Musterentscheid des OLG bindet alle Beteiligten des Musterverfahrens, § 22 KapMuG. Für das Musterverfahren entstehen keine zusätzlichen Gerichts- oder Rechtsanwaltsgebühren. Die im Musterverfahren angefallenen Auslagen (insbesondere Sachverständigenkosten, wobei hier ein Kostenvorschuss nicht erforderlich ist) werden im Verhältnis der geltend gemachten klägerischen Forderungen auf die einzelnen Prozessverfahren aufgeteilt. Wurde die erforderliche Anzahl gleichgerichteter Anträge nicht erreicht, wird der Individualrechtsstreit ohne Musterverfahren fortgesetzt, § 6 Abs. 5 KapMuG.

  1. Ad-hoc-Publizität und Schadensersatz

Mit seinem EM.TV-Urteil12 hat der BGH den Anlegerschutz bei fehlerhaften Ad-hoc-Mitteilungen gestärkt. Die vom BGH entschiedene Klage richtete sich nicht gegen Vorstand oder Aufsichtsrat, sondern gegen die Gesellschaft selbst. Die klägerischen Schadensersatzansprüche, die aufgrund einer vorsätzlich falschen Ad-hoc-Meldung des Vorstands entstanden waren, stützte der BGH auf § 826 BGB (§ 37c WpHG war zum Zeitpunkt des schadensstiftenden Ereignisses noch nicht in Kraft) und stellte klar, dass auch die Gesellschaft gem. § 31 BGB analog für pflichtwidriges Verhalten ihrer Organmitglieder hafte und somit Gesellschaft und pflichtwidrig handelndes Vorstandsmitglied eine gesamtschuldnerische Haftung treffe. Zur Frage der Schadensberechnung stellte der BGH klar, dass nicht etwa nur der Differenzschaden des Kapitalanlegers in Höhe des Unterschiedsbetrages zwischen dem tatsächlichen Transaktionspreis und dem Preis, wie er sich bei pflichtgemäßem Publizitätsverhalten gebildet hätte, zu ersetzen sei. Vielmehr könne der Anleger Schadensersatz im Wege der Naturalrestitution in Form der Erstattung des gezahlten Kaufpreises gegen Übertragung der erworbenen Aktien oder – sofern diese wegen zwischenzeitlicher Veräußerung nicht mehr vorhanden sind – gegen Aufrechnung des an ihre Stelle getretenen Veräußerungspreises verlangen.

  1. Aktuelles: Die virtuelle HV

Um den coronabedingten Einschränkungen der Versammlungsfreiheit Rechnung zu tragen und dennoch die Durchführung von Hauptversammlungen zu ermöglichen, wurde mit dem COVMG13 (zunächst) für die HV-Saison 2020 die virtuelle Hauptversammlung geschaffen, d.h. eine Hauptversammlung ohne körperliche Anwesenheit der Aktionäre. Mit dem Aufbauhilfegesetz 202114 wurde die Geltungsdauer des „COVMG“ bis zum 31.08.2022 verlängert.

Nach § 1 COVMG dürfen Hauptversammlungen von Aktiengesellschaften, KGaA und Europäischen Aktiengesellschaften SE gem. §118 AktG unter Verwendung elektronischer Fernkommunikationsmittel abgehalten werden – und zwar auch ohne, dass dies in der Satzung vorgesehen ist.

Die Entscheidung, eine solche virtuelle HV abzuhalten liegt gem. § 1 Abs. 2 COVMG beim Vorstand, es ist zudem die Zustimmung des Aufsichtsrates erforderlich, der den entsprechenden Beschluss ungeachtet etwaiger Satzungsregelungen ebenfalls ohne physische Präsenz treffen kann, § 1 Abs. 6 COVMG. Für die SE trifft der Verwaltungsrat die Entscheidung über die Durchführung einer virtuellen HV, § 1 Abs. 8 COVMG. Nach § 1 Abs. 2 Satz 1 COVMG kann eine Hauptversammlung ohne physische Präsenz der Aktionäre oder ihrer Bevollmächtigten als virtuelle Hauptversammlung abgehalten wird, sofern

1. die Bild- und Tonübertragung der gesamten Versammlung erfolgt,

2. die Stimmrechtsausübung der Aktionäre über elektronische Kommunikation (Briefwahl oder elektronische Teilnahme) sowie Vollmachtserteilung möglich ist,

3. den Aktionären ein Fragerecht im Wege der elektronischen Kommunikation eingeräumt wird,

4. den Aktionären, die ihr Stimmrecht nach Nr. 2 ausgeübt haben, in Abweichung von § 245 Nr. 1 AktG unter Verzicht auf das Erfordernis des Erscheinens in der Hauptversammlung eine Möglichkeit zum Widerspruch gegen einen Beschluss der Hauptversammlung eingeräumt wird.

§ 1 Abs. 2 Satz 2 COVMG regelt Einzelheiten des Frage- und Antragsrechts. § 1 Abs. 3 COVMG enthält Details der Einberufung, insbesondere hinsichtlich der zu beachtenden Fristen.

Im Koalitionsvertrag des Regierungsbündnisses aus SPD, Bündnis 90/die Grünen und FDP vom 07.12.2021 enthält u.a. auch Vorhaben im Rahmen des Gesellschaftsrechts. So ist vorgesehen, die Möglichkeit der virtuellen Hauptversammlung über die bisherige gesetzliche Regelung des § 118 Abs. 1 Satz 2 AktG hinaus dauerhaft zu eröffnen. In Abweichung zu der Regelung durch das COVMG sollen bei der dauerhaften Lösung die Aktionärsrechte uneingeschränkt gewahrt sein. Wie genau dies geschehen soll, bleibt abzuwarten.

  1. Europäische Vorgaben und deren Umsetzung

Richtlinie zur Gründung von Aktiengesellschaften und zur Erhaltung ihres Kapitals

Mit der Richtlinie 2006/68/EG15 sollen im Wesentlichen folgende Neuerungen vorgenommen werden:16

  • Es sollen Aktien für die Einbringung von Sacheinlagen ausgegeben werden können ohne vorherige Bewertung durch einen Sachverständigen, wenn es für die Bewertung der betreffenden Einlagen einen klaren Anhaltspunkt gibt – unter gleichzeitiger Garantie, dass Minderheitsaktionäre eine solche Bewertung jedoch verlangen können.
  • Damit Aktiengesellschaften flexibler auf Marktentwicklungen, die ihren Aktienkurs beeinflussen, reagieren und ihren Verwaltungsaufwand senken können, sollte diesen Gesellschaften der Erwerb eigener Aktien bis in Höhe ihrer ausschüttungsfähigen Rücklagen gestattet und der Zeitraum, für den die Hauptversammlung einen solchen Erwerb genehmigen kann, verlängert werden.
  • Um in allen Mitgliedstaaten die Vereinheitlichung des Gläubigerschutzes zu verbessern, sollten Gläubiger, deren Forderungen aufgrund einer Herabsetzung des Kapitals einer Aktiengesellschaft gefährdet sind, unter bestimmten Voraussetzungen auf Gerichts- oder Verwaltungsverfahren zurückgreifen können.
  • Des Weiteren sollen die Mitgliedstaaten zuverlässige Instrumentarien zur Verhinderung von Marktmissbrauch schaffen.

EU-Aktionärsrechterichtlinien

Die EU-Aktionärsrechterichtlinie von 200617zielt darauf ab, die grenzüberschreitende Ausübung von Aktionärsrechten bei börsennotierten Gesellschaften zu erleichtern. Die Richtlinie soll dafür sorgen, dass Aktionäre unabhängig davon, wo sie in der EU ansässig sind, rechtzeitig Zugang zu vollständigen Informationen über ihr Unternehmen erhalten und bestimmte Rechte, insbesondere Stimmrechte, problemlos auch aus der Ferne ausüben können.

Die Umsetzung der Richtlinie 2006/68/EG und der Aktionärsrechterichtlinie 2006 (soweit in Deutschland erforderlich) ist durch das Gesetz zur Umsetzung der Aktionärsrechterichtlinie (ARUG) vom 30.7.200918 erfolgt. Der Sachgründungsvorgang bei Aktiengesellschaften wurde dereguliert, die Frist für die Ermächtigung zum Erwerb eigener Aktien wurde von 18 Monaten auf maximal fünf Jahre erhöht und das aktienrechtliche Freigabeverfahren gemäß § 246a AktG zum besseren Schutz vor sog. „räuberischen Aktionären“ wurde geändert. Es wurde Kapitalaufbringungsvorschriften geändert, z. B. bei der Neuregelung der verdeckten Sacheinlage und des Hin- und Herzahlens und der ausdrücklichen Zulässigkeit des Mindestausgabebetrages für Bezugsaktien aus bedingtem Kapital. Der Zugang zu Informationen für den Aktionär wurde verbessert, geändert wurden auch die Vorschriften über die Einberufung der Hauptversammlung sowie das gesamte Fristenregimes vor der Hauptversammlung. Die Wahrnehmung der Rechte in der Hauptversammlung wurde insbesondere für gebietsfremde Aktionäre erleichtert, z. B. durch Zulässigkeit der Online-HV und neue Vorschriften über die Zugänglichmachung von Unterlagen in der Hauptversammlung. Letztlich sind die Vorschriften über Depotstimmrechte der Banken zusammengefasst und vereinfacht worden.

Die Aktienrechtsnovelle 201619 ist am 31.12.2015 in Kraft getreten, ausgenommen hiervon ist die Neuregelung der Dividendenfälligkeit (§ 58 Abs. 4 AktG n. F.), diese tritt erst am 1.1.2017 in Kraft, um eine einheitliche Abwicklung der Dividendentermine zu ermöglichen (d. h. die Dividendensaison 2016 wird noch nach altem Recht abgewickelt). Weitere Änderungen betrafen die Regelungen zur Nachzahlung bei Vorzugsaktien, zur umgekehrten Wandelschuldverschreibung, und der Erhöhung der Transparenz bei Inhaberaktien.

Die Aktionärsrechterichtlinie 2007/36/EG wurde durch die Änderungsrichtlinie 201720 insbesondere im Berich der Transparenz und der Beteiligungsrechte der Aktionäre reformiert.21 Eingefügt wurde ein neues Kapitel Ia über die Identifizierung der Aktionäre, Übermittlung von Informationen und Erleichterung der Ausübung von Aktionärsrechten („know your shareholder“). So sollen Aktiengesellschaften zukünftig das Recht haben, ihre Aktionäre zu identifizieren. Intermediäre werden verpflichtet, entsprechende Auskünfte (auch grenzüberschreitend) zu erteilen. Dadurch sollen die Gesellschaften mit ihren Aktionären unmittelbar kommunizieren können und so die Ausübung der Aktionärsrechte durch die Aktionäre erleichtern. Den Mitgliedstaaten bleibt vorbehalten, das Recht auf Identifizierung der Aktionäre an einen Schwellenwert von mindestens 0,5% Beteiligung zu knüpfen. Auswirkungen werden in Deutschland vor allem für die bislang anonyme Kleinstbeteiligung in Form von Inhaberaktien erwartet, für die bislang erst ab einer Beteiligungsschwelle von 3% (§ 21 WpHG) eine Meldepflicht besteht. In einem weiteren neuen Kapitel Ib ist die Transparenz bei institutionellen Anlegern, bei Vermögensverwaltern und bei Stimmrechtsberatern geregelt. Danach hat eine Veröffentlichung der Mitwirkungspolititk und der Anlagestrategien durch institutionelle Anleger und Vermögensverwalter sowie eine entsprechende jährliche Berichterstattung zu erfolgen. Stimmrechtsberater sollen sich an einen Verhaltenkodex binden oder erklären müssen, falls eine solche Bindung nicht praktiziert wird, sie müssen weiterhin bestimmte Eckpunkte ihrer Tätigkeit offenlegen. Hinsichtlich der Vergütungspolitik der AG sieht der neue Artikel 9a der Aktionärsrechte-Richtlinie vor, dass die Aktionäre börsennotierter AGs über die Vorstandsvergütung bei jeder wesentlichen Änderung, mindestens aber alle 4 Jahre abzustimmen sollen („say on pay“), wobei die Mitgliedstaaten diese Abstimmung als nicht bindend vorsehen können.22 Über „wesentliche“ Geschäfte mit der Gesellschaft nahe stehenden Personen („related party transactions“) soll nach dem neuen Artikel 9c entweder die Hauptversammlung oder der Aufsichtsrat befinden, wobei die Mitgliedstaaten selbst definieren können, nach welchen Kriterien die „wesentlichen“ Geschäfte zu bestimmen sind. Bei Geschäften, die „im ordentlichen Geschäftsgang und zu marktüblichen Bedingungen getätigt werden“ soll der der Aufsichtsrat ein internes Verfahren zur Kontrolle dieser Kriterien einführen. Ein Hauptversammlungsvotum soll für diese Transaktionen nur dann erforderlich sein, wenn die Mitgliedstaaten dies vorsehen. Die Mitgliedstaaten können weitere Ausnahmen vorsehen, z. B. bei verbundenen Unternehmen. Zudem sind solche Geschäfte spätestens zum Zeitpunkt ihres Abschlusses öffentlich bekanntmachen.

Die Umsetzung der zweiten Aktionärsrechterichtlinie23 in Deutschland erfolgte durch das Gesetz zur Umsetzung der zweiten Aktionärsrechterichtlinie (ARUG II)24 brachte für börsennotierte Gesellschaft u.a. folgende wesentliche Neuerungen:

  • Der Aufsichtsrat hat ein klares und verständliches Vergütungssystem für den Vorstand zu beschließen, der neue § 87a AktG enthält eine Auflistung erforderlicher Angaben (u.a. die Vereinbarung von Claw-back-Klauseln25). Der Aufsichtsrat hat ebenfalls eine Maximalvergütung der Vostandsmitglieder festzulegen.
  • Die Vergütung der Vorstandsmitglieder hat der Aufsichtsrat in Übereinstimmung mit einem der Hauptversammlung nach § 120a Abs. 1 AktG zur Billigung vorgelegten Vergütungssystem festzusetzen. Die Beschlussfassung der Hauptversammlung zur Vergütungspolitik und zum Vergütungsbericht hat mindestens alle 4 Jahre zu erfolgen, hat aber nur empfehlenden Charakter. Bei Nichtbilligung des Vergütungssystems durch die Hauptversammlung muss spätestens in der nächsten Hauptversammlung ein überprüftes Vergütungssystem zum Beschluss vorgelegt werden. Bei kleinen und mittelgroßen AGs soll die Vorlage des Vergütungsberichtes in der Hauptversammlung genügen. Über die Vergütung des Aufsichtsrates hat die Hauptversammlung mindestens alle vier Jahre einen Vergütungsbeschluss zu fassen, § 113 AktG.
  • Darüber hinaus haben Vorstand und Aufsichtsrat einen jährlichen Vergütungsbericht über die im letzten Geschäftsjahr jedem einzelnen gegenwärtigen oder früheren Mitglied des Vorstands und des Aufsichtsrats von der Gesellschaft und von Unternehmen desselben Konzerns gewährte und geschuldete Vergütung zu erstelle, § 162 AktG enthält die inhaltlichen Vorgaben für diesen Bericht. Diese Neuregelungen sind gem. der Übergangsvorschrift § 26j Abs. 1 und 2 EGAktG erstmals für Hauptversammlungen des Jahres 2021 anzuwenden.
  • Bestimmte Geschäfte börsennotierter AGs mit nahestehenden Personen („Related Party transactions“) dürfen nur noch mit vorheriger Zustimmung des Aufsichtsrates durchgeführt werden, die Einzelheiten sind in §§ 111a bis 111c AktG geregelt. Ausnahmen von dieser Zustimmungspflicht bestehen im Vertragskonzern und bei marktüblichen Konditionen.
  • Durch das ARUG II werden mit der Änderung von § 67 AktG sowie den neuen §§ 67a bis 67f AktG Regelungen zur Identifiktion der Aktionäre und zu Informationspflichten von Intermediären geschaffen, diese gelten gem. § 26j Abs. 4 EGAktG erstmals für Hauptversammlungen, die nach dem 3. September 2020 einberufen werden.
  • Neue Transparenzpflichten gelten auch für Stimmrechtsberater, § 134d AktG (Verhaltenskodex mit comply-or-explain-Ansatz) sowie für institutionelle Anleger und Vermögensverwalter, §§ 134a-c AktG.

EU-Geldwäscherichtlinien

Mit dem Gesetz zur Umsetzung der Vierten EU-Geldwäscherichtlinie,26 das am 26.6.2017 in Kraft getreten ist, wurde das Transparenzregister27 geschaffen. § 18 Abs. 1 GwG lautet: „Es wird ein Register zur Erfassung und Zugänglichmachung von Angaben über den wirtschaftlich Berechtigten (Transparenzregister) eingerichtet.“ In diesem Transparenzregister werden natürliche Personen registriert, die über mehr als 25% der Kapitalanteile oder der Stimmrechte in „Vereinigungen“ verfügen bzw. diese kontrollieren. Vereinigungen in diesem Sinne juristische Personen des Privatrechts und eingetragene Personengesellschaft; nicht dazu zählt die BGB-Gesellschaft. Mitzuteilen sind Name, Geburtsdatum und Wohnort sowie „Art und Umfang des wirtschaftlichen Interesses“ mitzuteilen (§ 20 Abs. 3 iV.m. § 19 Abs. 1 GwG). Die Einholung, Aufbewahrung, Aktualisierung und Weiterleitung der Daten an das Transparenzregister erfolgt durch die „Vereinigung“. Die Mitteilung an das Transparenzregister hatte gem. § 59 Abs. 1 GwG erstmalig bis zum 1.10.2017 zu erfolgen. Die Meldepflicht zum Transparenzregister gilt als erfüllt, wenn sich die betreffenden Angaben aus dem Handelsregister ergeben oder wenn es sich um eine börsennotierte AG handelt. Bei der nicht börsennotierten AG muss der betroffene Inhaberaktionär melden, wenn er nicht bereits gem. § 20 AktG seine Beteiligung gemeldet hat. Der betroffene Namensaktionär muss dann nicht melden, wenn er korrekt im Aktienregister eingetragen ist, anderenfalls unterliegt auch er der Meldepflicht.

Die 5. Geldwäscherichtlinie28 aktualisierte die Vierte Geldwäscherichtlinie und trat am 9.7.2020 in Kraft. Sie befasst sich u.a. mit virtuellen Währungen (Bitcoins, Ethereum, Ripple), die als Instrumente für Terrorismusfinanzierung gelten, und sieht Regelungen für potenzielle Verwendungszwecke von virtuellen Währungen vor, sie verschärft zu dem die Sorgfaltspflichten.

Umgesetzt wurde die 5. EU-Geldwäscherichtlinie in Deutschland durch das novellierte Geldwäschegesetz,29 das am 1.1.2020 in Kraft trat und um wichtige Regelungen ergänzt wurde, um das Rahmenwerk für die Bekämpfung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung weiter zu stärken.30 Geändert wurden auch die Regeln zum durch die Umsetzung der Vierten Geldwäscherichtlinie geschaffenen Transparenzregister, so etwa eine Ausdehnung des Kreises der Einsichtnahmeberechtigten. Weitere Änderungen wurden vorgenommen im Kreditwesengesetz, das Zahlungsdiensteaufsichtsgesetz, das Versicherungsaufsichts-gesetz, das Finanzdienstleistungsaufsichtsgesetz und die Strafprozessordnung.

Mit dem Gesetz zur Verbesserung der strafrechtlichen Bekämpfung der Geldwäsche vom 9.3.202131 wird die Umsetzung der 5. EU-Geldwäscherichtlinie flankiert, es soll auch die strafrechtlichen Regeln zur Bekämpfung der Geldwäsche verbessern.

B. Rückwirkungen des US-Aktienrechts

Großen Einfluss auf die Pflichten und Verantwortungsbereiche von Aufsichtsräten und Vorständen hat der im Sommer 2002 verabschiedete US-amerikanische Sarbanes-Oxley Act (SOX).32 Er dient ausweislich der vorangestellten Gesetzespräambel dem Schutz von Anlegern durch genauere und verlässlichere wertpapierrechtliche Publizitätspflichten und sieht eine Vielzahl von unterschiedlichen Maßnahmen, die an unterschiedliche Adressaten gerichtet sind, vor. Der SOX gilt für Unternehmen, deren Wertpapiere an einer US-amerikanischen Börse notiert sind oder die Wertpapiere öffentlich in den USA anbieten, ohne diese Wertpapiere an einer US-amerikanischen Börse zu notieren. Betroffen hiervon sind also auch ausländische – mithin deutsche – Unternehmen (sog. Foreign Private Issuer), die diese Voraussetzungen erfüllen. Diese Unternehmen unterliegen einer fortlaufenden Berichtspflicht bei der US-amerikanischen Börsenaufsicht SEC (Securities and Exchange Commission).

Diese US-amerikanischen Regelungen gelten darüber hinaus auch für solche deutsche Aktiengesellschaften, die Konzerntochter einer börsennotierten US-Gesellschaft sind, denn deren Ergebnisse fließen letztlich (u. a. Gewinnabführungen) in die Bilanz der US-Gesellschaft ein.

Nach SEC. 302 SOX haben der Chief Executive Officer und der Chief Financial Officer von betroffenen Gesellschaften besondere Erklärungs- und Publizitätspflichten, die Disclosure Controls and Procedures, zu erfüllen. So haben sie z. B. für die jährlichen bzw. vierteljährlichen Geschäftsberichte schriftlich zu erklären, dass diese Berichte keine unwahren Tatsachen enthalten und die Jahresabschlüsse sowie andere Finanzinformationen im Wesentlichen die Vermögens-, Finanz- und Ertragslage des Unternehmens zutreffend darstellen. Versucht man, diese Organ-Funktionen des monistisch ausgerichteten US-Board-System auf das in Deutschland gesetzlich verankerte dualistische Leitungssystem von Vorstand und Aufsichtsrat zu übertragen, dürfte der Chief Executive Officer dem Vorstandsvorsitzenden einer deutschen AG entsprechen. Chief Financial Officer könnte sinngemäß übersetzt werden mit „Finanzvorstand“. Ein entsprechendes Pendant im deutschen Recht ist gesetzlich nicht normiert, könnte aber ggf. dadurch entstehen, dass im Rahmen der Geschäftsverteilung innerhalb des Vorstands die „Finanzkompetenz“ auf ein bestimmtes Vorstandsmitglied übertragen wird.

Der Umfang der nach US-amerikanischem Recht erforderlichen Finanzinformationen der Disclosure Controls and Procedures geht dabei bei weitem über das durch § 264 Abs. 1 HGB vorgeschriebene Maß hinaus. Eine solche Berichterstattung muss Risiken, die sich aus konsolidierten Tochtergesellschaften, z. B. einer deutschen AG oder auch einer deutschen GmbH, ergeben können, ebenfalls aufgreifen.

Verknüpft ist diese Bestätigungspflicht mit einer strafrechtlichen Sanktion. War die abgegebene Erklärung unzutreffend und hatte das betreffende Organmitglied hiervon Kenntnis, so drohen in den USA Geldstrafen bis zu 1 Mio. US-Dollar oder Freiheitsstrafe bis zu 10 Jahren oder beides. Wurde die Erklärung sogar absichtlich unzutreffend abgegeben, so liegt die maximale Geldstrafe bei bis zu 5 Mio. US-Dollar und der Rahmen der möglichen Freiheitsstrafe bei bis zu 20 Jahren.33 Diese Strafandrohung richtet sich dabei auch gegen deutsche Vorstände, soweit deren Unternehmen selbst in den USA börsennotiert oder über Konzernstrukturen mit an US-Börsen gelisteten Unternehmen verbunden sind. Unabhängig von der Frage der territorialen Kompetenz der USA zur Durchsetzung solcher Sanktionen gegen Vorstände in Deutschland wirken diese Strafandrohungen jedenfalls praktisch, da jeder in Deutschland für ein solches einzubeziehendes konsolidiertes Tochterunternehmen tätige Manager seine Karriere-Möglichkeiten in den USA im Auge behält und deshalb die Einhaltung der US-amerikanischen Regelungen durchsetzen wird.

SEC. 404 SOX beschreibt die Verpflichtung des Unternehmens, ein internes Finanzkontrollsystem (Internal Control over Financial Reporting) einzurichten, welches sicherstellen soll, dass die wesentlichen Informationen über die Gesellschaft und deren konsolidierte Tochterunternehmen den unterzeichnenden Organmitgliedern zur Verfügung gestellt werden. Die Organmitglieder selbst sind für die Einrichtung, Funktionsfähigkeit und Effizienz dieses Kontrollsystems verantwortlich und haben die Effizienz dieses Kontrollsystems in den zu unterzeichnenden Berichten zu dokumentieren und zu bewerten. Auch hier sind von einem Mutterunternehmen alle konsolidierten Tochterunternehmen einzubeziehen. Diese Dokumentation und Einschätzung des internen Kontrollsystems soll von dem Wirtschaftsprüfer, der die Jahresabschlüsse prüft, bestätigt werden.

Angesichts der neuen Verpflichtung gemäß § 90 Abs. 3 der deutschen Abgabenordnung (AO), die Konzernverrechnungspreise zu dokumentieren, ist eine Überlegung anzustellen, ob und inwieweit diese Verpflichtung mit derjenigen zur Einrichtung eines Finanzkontrollsystems verbunden werden kann. Die deutsche Finanzverwaltung wird im Rahmen der Betriebsprüfung auf dieses System jedenfalls insoweit zurückgreifen dürfen, als dass die entsprechenden Informationen im Rahmen der GDPdU (Grundsätze zum Datenzugriff und zur Prüfbarkeit digitaler Unterlagen) vorliegen.

Aus der Verpflichtung der Einrichtung eines internen Kontrollsystems in SEC. 404 SOX resultiert eine zivilrechtliche Haftungsfalle für die betreffenden Organmitglieder im Hinblick auf die Bestätigungspflichten des SEC. 302 SOX. Es wurde durch diese beiden Vorschriften eine Art Beweislastumkehr statuiert, indem vermutet wird, dass das nach SEC. 302 SOX erklärende Organmitglied bei der Abgabe einer unzutreffenden Erklärung eine haftungsbegründende Pflichtverletzung begangen habe. Der Nachweis der mangelnden Kenntnis der Unrichtigkeit der abgegebenen Erklärung zur Haftungsbefreiung obliegt dem jeweiligen Organmitglied. Da dieses jedoch ebenfalls die Effizienz des internen Kontrollsystems zu verantworten hat, wird der Nachweis nur selten gelingen, denn wenn die Erklärung tatsächlich falsch war, hat das interne Kontrollsystem versagt. Dann entsteht an dieser Stelle die Frage nach einer Haftung des Organmitglieds wegen Verletzung seiner Pflichten im Rahmen der internen Kontrolle.

Vorstände und Aufsichtsratsmitglieder sind gemäß SEC. 403 SOX verpflichtet, gegenüber der US-Börsenaufsicht SEC (U.S. Securities and Exchange Commission) anzuzeigen, wenn sie Aktien des Unternehmens halten. Anzuzeigen ist auch ein Wechsel bei der Inhaberschaft dieser Papiere.

Unterlassene oder unzureichende Anzeigen können ebenfalls strafrechtliche Konsequenzen für die jeweiligen Organmitglieder nach sich ziehen, die in Geldstrafen oder auch in Freiheitsstrafen bestehen können. Manipulationen und Vernichtung von Geschäftsunterlagen und betrügerische Irreführung von Abschlussprüfern werden in Zukunft mit erheblichen Freiheitsstrafen bis zu 20 Jahren belegt – bei Wertpapierbetrug sogar bis zu 25 Jahren.34 Hinzuweisen ist sicherlich darauf, dass es sich um Strafsanktionen und Haftungsnormen nach US-Recht handelt. Die Frage der Verfolgbarkeit und Vollstreckbarkeit im internationalen Raum, wie beispielsweise in Deutschland, muss hier ausgespart bleiben (s. o.)

§ 13 der Mustersatzung befasst sich mit einem Erfordernis des SEC. 301 SOX, der nach deutschem Recht den Aufsichtsrat betrifft: der Schaffung eines so genannten Audit Committee. Mindestens ein Mitglied des Audit Committee ist zum Finanzexperten (Financial Expert) zu bestimmen (sec. 407 SOX). Wurde bei einer Gesellschaft kein den Anforderungen entsprechendes Audit Committee gebildet, so ist das gesamte „Board of Directors” als Audit Committee anzusehen.

An die Mitglieder und die Zusammensetzung des Audit Committee werden vom SOX hohe Anforderungen gestellt. Das Committee muss sich aus Mitgliedern des „Board of Directors“ der Gesellschaft zusammensetzen und aus mindestens drei Mitgliedern bestehen. Die Mitglieder des Audit Committee müssen „unabhängig“ sein. Dies ist ein höchst vielschichtiges und kompliziertes Kriterium. Ausgeschlossen sind danach Personen, die direkt oder indirekt Bezüge von dem Unternehmen oder einer Tochtergesellschaft erhalten. Hierzu zählen auch Zahlungen für Dienstleistungen an Beratungsgesellschaften, in denen das Mitglied Gesellschafter, Partner oder Angestellter ist, ebenso Zahlungen an Ehegatten oder Kinder. Nicht erfasst sind Zahlungen aus der betrieblichen Altersversorgung der Gesellschaft, wenn daran keine weiteren Gegenleistungen geknüpft sind. Daneben können Personen, die dem Unternehmen oder einer Tochtergesellschaft nahestehen („affiliated persons“), ebenfalls nicht Mitglied des Audit Committee sein. Der Rechtsbegriff „nahestehen“ ist nach dem US-amerikanischen Recht sehr komplex und bedarf jeweils der einzelfallbezogenen Auslegung. Zu den nahestehenden Personen dürften aber jedenfalls Vorstandsmitglieder, leitende Angestellte und Gesellschafter gehören. Da nach deutschem Recht die Mitbestimmung der Arbeitnehmer durch die Entsendung von Vertretern in den Aufsichtsrat unter den gesetzlichen Voraussetzungen zwingend ist, wäre hier eine Kollision mit dem Erfordernis der Unabhängigkeit von Audit-Committee-Mitgliedern zu befürchten, da diese Arbeitnehmer Angestellte des Unternehmens sind und von diesem auch Bezüge aus dem Arbeitsrechtsverhältnis erhalten. Das SEC lässt jedoch für ausländische Unternehmen bestimmte Ausnahmen bezüglich der Zusammensetzung und der Aufgaben des Audit Committee zu, wenn nach deren Heimatrecht gleichartige Prüfungsorgane vorgesehen sind. Eine Ausnahme für deutsche Unternehmen besteht darin, dass Arbeitnehmervertreter in Aufsichtsräten deutscher Unternehmer, die keine leitenden Angestellten sind, von dem Unabhängigkeitserfordernis hinsichtlich der Bezüge befreit sind.35 Diesem Umstand trägt § 13 Ziffer 2 Satz 4 der Mustersatzung Rechnung, indem Arbeitnehmervertreter von diesen Beschränkungen freigestellt sind.

Das Audit Committee hat die Aufgabe, das Rechnungswesen, das Finanzberichtswesen und die Prüfung der Unternehmensabschlüsse zu überwachen. Die konkreten Rechte und Pflichten sind im Einzelnen in SEC. 301 SOX aufgeführt. Diese Vorschriften, zugeschnitten auf die gesellschaftsrechtlichen Verhältnisse in den Vereinigten Staaten, gilt es auf das deutsche Aktienrecht anzuwenden. Danach kommt bei einem Funktionsvergleich zwischen dem monistischen Leitungssystem und dem dualistischen Leitungssystem als „Board of Directors“, aus dessen Mitte das Audit Committee zu bilden ist, nur der Aufsichtsrat der deutschen AG in Betracht.36 Denn die Überwachung, die das Audit Committee leisten soll, ist im dualistischen deutschen System typische Aufsichtsratsaufgabe. Der Aufsichtsrat kann gem. § 107 AktG für bestimmte Aufgaben Ausschüsse bilden, denen er bestimmte Aufgaben seiner umfassenden Überwachungsfunktion und auch Beschlusskompetenz – jedenfalls für die Erteilung der Zustimmung zu zustimmungspflichtigen Geschäften – übertragen kann.37 Der Deutsche Corporate Governance Kodex sieht in Ziffer D.3 (Fassung: 16.12.2019) als Empfehlung vor, einen Prüfungsausschuss zu bilden, der sich – soweit kein anderer Ausschuss oder das Plenum damit betraut ist – insbesondere mit der Prüfung der Rechnungslegung, der Überwachung des Rechnungslegungsprozesses, der Wirksamkeit des internen Kontrollsystems, des Risikomanagementsystems und des internen Revisionssystems sowie der Abschlussprüfung und der Compliance befassen soll. In weiten Teilen besteht hier eine Übereinstimmung zwischen SEC. 301 SOX und dem deutschen Kodex, was die Aufgaben eines Audit Committee bzw. eines Prüfungsausschusses betrifft. § 13 Ziffer 3 der Mustersatzung orientiert sich bei der Aufzählung der Aufgaben des Prüfungsausschusses an diesen beiden Vorgaben. Der Bestellung des Abschlussprüfers durch das Audit Committee – in deutschen Unternehmen also quasi durch den Aufsichtsrat – steht die nach dem deutschen Aktienrecht zwingende Befugnis der Hauptversammlung zur Bestellung des Abschlussprüfers gegenüber. Doch auch hier hat das SEC anerkannt, dass bei ausländischen Unternehmen die Bestellung des Abschlussprüfers durch die Hauptversammlung vorgenommen werden kann, wenn dem Audit Committee jedenfalls die Verantwortung für den Wahlvorschlag obliegt. Gegen eine solche Vorgehensweise spricht im deutschen Aktiengesetz nichts.

Der Deutsche Corporate Governance Kodex empfiehlt, dass Vorsitzender des Prüfungsausschusses nicht der Aufsichtsratsvorsitzende sein soll (Ziffer D.4 in der Fassung vom 16.12.2019). Der Vorsitzende des Prüfungsausschusses soll zudem unabhängig von kontrollierenden Aktionären sein (Ziffer C.9 in der Fassung vom 16.12.2019. Im Hinblick auf die schärferen Regelungen des SOX hinsichtlich der Zusammensetzung des Audit Committee sollten in der Satzung – wie es die Mustersatzung in § 13 Ziffer 1 Satz 3 vorsieht – ehemalige Vorstandsmitglieder generell von der Mitgliedschaft im Prüfungsausschuss ausgeschlossen sein.

2. Gesetzliche Grundlagen – Kapitalmarktrecht

A. Deutsches und Europäisches Kapitalmarktrecht

Die rechtlichen Bedingungen im Bereich des Kapitalmarktrechts haben in den vergangenen Jahren erhebliche Änderungen erfahren, die auch derzeit noch andauern. Die Darstellung im Rahmen dieser Veröffentlichung kann die Entwicklung nur überblicksartig wiedergeben und beschränkt sich auf einige wesentliche gesetzliche Schwerpunkte.

a) Ad-hoc-Publizität und Übernahmerecht

Mit dem 1. Finanzmarktnovellierungsgesetz (1. FiMaNoG) vom 30.6.201638 wurden die Geltung der europäischen Marktmissbrauchsverordnung (Market Abuse Regulation – MAR)39 sowie die europäische Marktmissbrauchsrichtlinie (Market Abuse Directive – MAD)40 im deutschen Recht verankert. Weitreichende strukturelle und inhaltliche Änderungen haben dabei i.W. die Regelungen des WpHG zu Marktmissbrauch, Ad-hoc-Publizität, Insiderhandel und directors`dealings sowie die entsprechenden Straf- und Bußgeldvorschriften erfahren, was zu einer erhablichen Verschärfung der Vorschriften führte.41 Mit dem 2. Finanzmarktnovellierungsgesetz“ (2. FiMaNoG) vom 23.6.201742 wurden weitere Änderungen des WpHG (u.a. eine Neunummerierung) vorgenommen.

Seit dem 3.7.2016 gelten unmittelbar in allen EU-Staaten die EU-Marktmissbrauchsverordnung (MAR),43 deren Art. 17 „Veröffentlichung von Insiderinformationen“ nunmehr die zentrale Rechtsgrundlage für die Bereiche Insiderverstöße und Ad-hoc-Publizitätspflicht darstellt. Daneben steht die (überarbeitete) Marktmissbrauchsrichtlinie 2014/57/EU,44 die eine Harmonisierung der Strafvorschriften und Verwaltungssanktionen vorsieht. Die Umsetzung in deutsches Recht erfolgte in einem ersten Schritt durch das „Erste Finanzmarktnovellierungsgesetz“,45 welches viele Vorschriften des Wertpapierhandelsgesetzes (WpHG) ändert, wobei die europarechtlichen Vorschriften den nationalen Vorschriften vorgehen.46 In einem zweiten Schritt wurden mit dem „Zweiten Finanzmarktnovellierungsgesetz“ 47 weitere Änderungen des WpHG (u.a. eine Neunummerierung) vorgenommen.

Übersicht über die neuen Rechtsgrundlagen der Ad-hoc-Publizität:48

  • Definition der Insiderinformation: Art. 7 MAR;
  • Definititon des Indidergeschäfts: Art. 8 MAR;
  • Ausnahmetatbestand für für den Handel mit Wertpaieren bei Übernahmeangeboten: Art. 9 Abs. 4 MAR;
  • Verbot von Insidergeschäften: Art. 14 MAR;
  • Verbot der Marktmanipulation: Art. 15 MAR;
  • Unverzügliche Veröffentlichung von Insiderinformationen: Art. 17 MAR49 iVm. § 26 Abs. 1 WpHG n.F.50 (§ 15 Abs. 1 WpHG a.F.);
  • Führen von Insiderverzeichnissen: Art. 18 MAR;
  • Mitteilung und Veröffentlichung von Geschäften von Führungspersonen (directors`dealings): Art. 19 MAR iVm. § 26 Abs. 2 WpHG n.F.51 (§ 15 Abs. 2 WpHG a.F.)

Mit der Neuregelung gehen erhebliche Verschärfungen der Vorschriften zum Insiderhandel einher. So läuft gemäß § 119 WpHG n.F.52 (§ 38 WpHG a.F.) wegen eines vorsätzlichen Insiderverstoßes nicht nur der Primärinsider,53 sondern auch der sogenannte Sekundärinsider54 Gefahr, wegen Insidergeschäften oder für eine unrechtmäßige Offenlegung von Insiderinformationen bestraft werden können (bislang handelten diese sogenannten Sekundärinsider in solchen Fällen lediglich ordnungswidrig).

Der Begriff der Insiderinformation ist definiert in Art. 7 MAR, danach sind Insiderinformationen „nicht öffentlich bekannte präzise Informationen, die direkt oder indirekt einen oder mehrere Emittenten oder ein oder mehrere Finanzinstrumente betreffen und die, wenn sie öffentlich bekannt würden, geeignet wären, den Kurs dieser Finanzinstrumente oder den Kurs damit verbundener derivativer Finanzinstrumente erheblich zu beeinflussen“. Der Begriff der „präzisen“ Information entspricht dabei inhaltlich dem Begriff der „konkreten“ Information des weggefallenen § 13 WpHG und die Verpflichtung zur „schnellstmöglichen“ Veröffentlichung entspricht der früheren „unverzüglichen“ Veröffentlichungspflicht. Der Begriff der Insiderinformation wird gem. Art. 7 Abs. 3 MAR ausdrücklich auch auf Zwischenschritte in einem gestreckten Vorgang ausgedehnt, falls diese für sich genommen die Kriterien für Insiderinformationen gemäß diesem Artikel erfüllen.

Die §§ 14 (Verbot von Insidergeschäften), 15a (Mitteilung von Geschäften von Führungspersonen – directors`delings) und 15b (Führung von Insiderverzeichnnissen) WpHG wurden gestrichen, an ihre Stelle treten die schärferen Regeln der MAR. Der Begriff des Insidergeschäfts ist nach Art. 8 MAR weiter gefasst, als dies nach dem bisherigen nationalen Recht der Fall war, denn nach Art. 8 MAR stellt bereits eine auf Insiderinformationen basierende Stornierung oder Änderung eines bereits vor Erlangen der Insiderinformation erteilten Auftrags in Bezug auf ein Finanzinstrument ein verbotenes Insidergeschäft dar.

Art. 9 Abs. 4 MAR enthält einen Ausnahmetatbestand für Übernahmeangebote: Danach liegt keine verbotene Nitzung von Insiderinformationen bzw. kein Verstoß gegen das Insiderhandelsverbot vor, wenn der Bieter die betreffenden Insiderinformation im Zuge der Übernahme eines Unternehmens oder eines Unternehmenszusammenschlusses auf der Grundlage eines öffentlichen Angebots erworben hat und diese Insiderinformationen ausschließlich nutzt, um den Unternehmenszusammenschluss oder die Übernahme auf der Grundlage eines öffentlichen Angebots weiterzuführen. Weitere Voraussetzung für den Ausnahmetatbestand ist, dass zum Zeitpunkt der Genehmigung des Unternehmens-zusammenschlusses oder der Annahme des Angebotes durch die Anteilseigner des betreffenden Unternehmens sämtliche Insiderinformationen öffentlich gemacht worden sind oder auf andere Weise ihren Charakter als Insiderinformationen verloren haben. Allerdings gilt diese Ausnahmeregelung nicht für den (bloßen) Beteiligungsaufbau.

Art. 19 MAR beinhaltet die Meldepflicht von Führungskräften von Emittenten bzw. von Personen, die in enger Beziehung zu solchen Führungskräften stehen, bei Eigengeschäften („directors`dealings“). Diese Meldungen gegenüber dem Emittenten und der zuständigen Behörde (in Deutschland das BaFin) sind unverzüglich und spätestens drei Geschäftstage nach dem Datum des Geschäft vorzunehmen, wenn und sobald der sich aus den Geschäften ergebende Gesamtbetrag innerhalb eines Kalenderjahres 5.000 EUR überschreitet.

Weiterhin sind u. a. Insiderinformationen fünf Jahre lang auf der Website der Gesellschaft veröffentlicht werden, Art. 17 Abs. 1 Satz 4 MAR (bislang nur 1 Monat). Neu ist auch, dass nun auch Freiverkehrsemittenten ihre Insiderinformationen unverzüglich offenlegen müssen, Art. 17 Abs. 1 Satz 5 MAR. Nach § 125 WpHG n.F.55

b) Anlegerschutz und Bilanzpolizei

Die Verschärfung der US-amerikanischen Rechtslage durch den Erlass des Sarbanes-Oxley Act56 im Jahre 2002 war u.a. mitbestimmend für die von der Bundesregierung vorgenommenen gesetzliche Neuerungen, etwa das Bilanzkontrollgesetz.57 Das Bilanzkontrollgesetz brachte u.a. die Einführung einer „Bilanzpolizei“. Am 30. März 2005 wurde die Deutsche Prüfstelle für Rechnungslegung DPR e.V. als Prüfstelle im Sinne von § 342b Abs. 1 HGB durch das Bundesministerium der Justiz im Einvernehmen mit dem Bundesministerium der Finanzen anerkannt. Die Prüfstelle hat ihre Tätigkeit mit dem 1. Juli 2005 aufgenommen und prüft unabhängig vom Abschlussprüfer die Bilanzen von börsennotierten Gesellschaften. Damit wird die Rechtsgrundlage für ein Enforcement-Verfahren geschaffen werden, welches Bilanzmanipulationen entgegenwirken und das Vertrauen der Anleger in die Rechtmäßigkeit von Unternehmensabschlüssen steigern soll. Vorgesehen sind in dem Gesetz u. a. stichprobenartige Bilanzprüfungen ohne besonderen Anlass, wobei jedes Unternehmen alle fünf Jahre mit einer Prüfung rechnen muss. Weiterhin sollen Prüfungen bei dem konkreten Verdacht von Bilanzmanipulationen oder auf Verlangen der BaFin58 erfolgen. Bei Verstößen gegen Bilanzierungsvorschriften sind Bußgelder bis zu 50.000 EUR vorgesehen. Durch die Neufassung des § 342b HGB Anfang 200759 ist die Rolle der Prüfstelle erheblich ausgeweitet worden, indem auch Konzernlagebericht sowie der zuletzt veröffentlichte verkürzte Abschluss und der dazu gehörige Zwischenlagebericht in das anlassbezogene Enforcement-Verfahren einbezogen und damit der Prüfung durch die Prüfstelle unterworfen wurden.

c) Transparenz am Kapitalmarkt

Für börsennotierte Aktiengesellschaften beinhalten die §§ 48 und 49 WpHG n.F.60 (§§ 30a und 30b WpHG a.F.)61 zusätzliche Mitteilungs- und Veröffentlichungspflichten im Zusammenhang mit einer Hauptversammlung (unter gleichzeitigem Anfechtungsausschluss in § 52 WpHG n.F.62 (§ 30g WpHG a.F.). So ist jedem stimmberechtigten Aktionär zusammen mit der Einladung zur Hauptversammlung oder nach deren Anberaumung auf Verlangen in Textform ein Formular für die Erteilung einer Vollmacht für die Hauptversammlung zu übermitteln. Die Einberufung der Hauptversammlung einschließlich der Tagesordnung, die Gesamtzahl der Aktien und Stimmrechte im Zeitpunkt der Einberufung der Hauptversammlung und die Rechte der Aktionäre bezüglich der Teilnahme an der Hauptversammlung sowie Mitteilungen über die Ausschüttung und Auszahlung von Dividenden, die Ausgabe neuer Aktien und die Vereinbarung oder Ausübung von Umtausch-, Bezugs-, Einziehungs- und Zeichnungsrechten sowie die Beschlussfassung über diese Rechte sind unverzüglich im Bundesanzeiger zu veröffentlichen. Weitere Mitteilungspflichten börsennotierter Gesellschaften gegenüber dem Unternehmensregister63 sind in § 50 WpHG n.F.64 (§ 30e WpHG a.F.) geregelt.

Gemäß § 20 Abs. 1 Satz 1 GwG65 ist der AG-Vorstand nicht nur zur Einholung, Aufbewahrung und Aktualisierung bestimmter Daten über die wirtschaftlich Berechtigten verpflichtet, sondern auch zur unverzüglichen Mitteilungen dieser Daten an das Transparenzregister verpflichtet, sofern sich die wirtschaftlich Berechtigten nicht bereits aus anderen öffentlichen Quellen (z.B. dem Handelsregister) ergeben, § 20 Abs. 2 Satz 1 GWG. Dabei sind gemäß § 19 Abs. 1 GWG folgende Angaben zum wirtschaftlich Berechtigten mitzuteilen: Vor- und Nachname, Geburtsdatum, Wohnort, sowie Art und der Umfang des wirtschaftlichen Interesses (vgl. § 19 Abs. 1 GwG). Nachträgliche Änderungen der Angaben sind ebenfalls mitteilungspflichtig.

Wirtschaftlich Berechtigter ist gemäß § 3 Abs. 1 GWG die natürliche Person, in deren Eigentum oder unter deren Kontrolle der Vertragspartner letztlich steht, oder die natürliche Person, auf deren Veranlassung eine Transaktion letztlich durchgeführt oder eine Geschäftsbeziehung letztlich begründet wird. Bei nicht börsennotierten AG`s zählen zu den wirtschaftlich Berechtigten gemäß § 3 Abs. 3 GWG auch eine natürliche Person, die unmittelbar oder mittelbar mehr als 25%der Kapitalanteile hält, mehr als 25% der Stimmrechte kontrolliert oder auf vergleichbare Weise Kontrolle ausübt.

Börsennotierte AG`s sind von gesonderten Mitteilungen an das Transparenzregisters ausgenommen, sofern sich die kontrollierende Stellung bereits aus entsprechenden Stimmrechtsmitteilungen ergibt, § 20 Abs. 2 Satz 2 GWG.

„Für nicht börsennotierte Aktiengesellschaften bedeutet die neue Transparenzregelung für über 25%-Beteiligungen: Der Inhaberaktionär (natürliche Person) muss melden, sofern dies nicht gem. § 20 AktG schon geschah (weil er „Unternehmen“ ist). Der Namensaktionär (natürliche Person) muss nicht melden, wenn er korrekt im Aktienregister eingetragen ist (§ 20 Abs. 4 Alt. 2 GwG), ansonsten schon. Der Vorstand der AG hat die Meldungen zu archivieren und an das Transparenzregister weiterzuleiten. Die oben erwähnten Erleichterungen (Meldefiktion bei Handelsregister etc.) sind also hier nicht anwendbar; das Aktienregister ist (bislang66) kein offizielles und öffentliches Register.“67

Die in § 23 Abs. 1 Nr. 1 GWG genannten Behörden haben im Rahmen ihrer Aufgabenerfüllung vollen Zugang zum Transparenzregister. Verpflichteten ist der Zugang nur fallbezogen und im Rahmen ihrer Sorgfaltspflichten gestattet, § 23 Abs. 1 Nr. 2 GWG. Darüber hinaus kann auf Antrag die Einsicht in spezifische Eintragungen jedermann gewährt werden, sofern er im Einzelfall ein berechtigtes Interesse darlegt, § 23 Abs. 1 Nr. 3 GWG.

Die Zurechnungstatbestände für Stimmrechte des § 30 WpÜG wurden erweitert und zusätzliche Veröffentlichungs- und Mitteilungspflichten für die Emittenten geschaffen (z.B. Veröffentlichung der Stimmengesamtszahl am Monatsende durch die Gesellschaft, zusätzliche Mitteilungspflichten der Gesellschaften im Zusammenhang mit Hauptversammlungen). Die Rechnungslegungsvorschriften wurde dahingehend erweitert, dass börsennotierte Gesellschaften künftig Jahres- und Halbjahresfinanzberichte (§§ 37v, 37w, 37y WpHG n.F.) und unter bestimmten Voraussetzungen sogenannte Zwischenmitteilungen der Geschäftsführung § 37x WPHG n. F. abzugeben haben.

  1. Der Bilanzeid

Des Weiteren wurde in Anlehnung an den US-amerikanischen Sarbanes-Oxley Act in § 264 Abs. 2 Satz 3 HGB eine Art Bilanzeid für den Jahresabschluss eingeführt, der erstmals für das am 31.12.2007 endende Geschäftsjahr abzugeben ist. Eine gleichartige Erklärung ist von den Vertretern eines Mutterunternehmens im Rahmen des Konzernabschlusses und für den Konzernlagebericht (§§ 297 Abs. 2 Satz 2, 315 Abs. 1 Satz 6 HGB) sowie für den Jahresfinanzbericht des Mutterunternehmens (§ 37y Nr. 1 WpHG) abzugeben.

Das Deutsche Rechnungslegungs Standards Committee e.V. (DRSC) hat einen entsprechenden Vorschlag unterbreitet.68

Die Erklärung gemäß § 37y i.V.m. § 37w Abs. 2 Nr. 3 WpHG, die als „Versicherung der gesetzlichen Vertreter“ zu kennzeichnen ist, ist wie folgt zu formulieren:

„Nach bestem Wissen versichern wir, dass gemäß den anzuwendenden Rechnungslegungsgrundsätzen für die Zwischenberichterstattung der Konzernzwischenabschluss ein den tatsächlichen Verhältnissen entsprechendes Bild der Vermögens-, Finanz- und Ertragslage des Konzerns vermittelt und im Konzernzwischenlagebericht der Geschäftsverlauf einschließlich des Geschäftsergebnisses und die Lage des Konzerns so dargestellt sind, dass ein den tatsächlichen Verhältnissen entsprechendes Bild vermittelt wird, sowie die wesentlichen Chancen und Risiken der voraussichtlichen Entwicklung des Konzerns im verbleibenden Geschäftsjahr beschrieben sind.“

Die Nichtabgabe des Bilanzeides wird als Ordnungswidrigkeit geahndet, die Falschabgabe mit Freiheitsstrafe von bis zu 3 Jahren oder Geldstrafe.

B. Rückwirkungen des US-Kapitalmarktrechts

Auch auf dem internationalen Kapitalmarkt sind neue Herausforderungen an deutsche Unternehmen, die an US-amerikanischen Börsen notiert oder Tochterunternehmen von an US-amerikanischen Börsen notierten Unternehmen sind, gestellt. Ende August 2002 hat die US-Börsenaufsicht Securities and Exchange Commission (SEC) entschieden, dass es von dem am 30.7.2002 von Präsident George W. Bush unterzeichneten Sarbanes-Oxley Act 200269 keine generellen Ausnahmen für ausländische Unternehmen gäbe. Im Sarbanes-Oxley Act sind u. a. vielschichtige Aufgaben und Verantwortlichkeiten des Managements von US-börsennotierten Unternehmen geschaffen worden, die auch von den betroffenen deutschen Unternehmen zu beachten sind. Ein wichtiger Komplex des SOX, der vom Management US-börsennotierter Unternehmen bzw. deren Tochterunternehmen zu beachten ist, besteht darin, dass die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft der Gesellschaft bzw. der Tochterunternehmen der Gesellschaft bestimmte Tätigkeiten und Leistungen, die nicht mit der Abschlussprüfung in Zusammenhang stehen, nicht mehr durchführen darf. Dazu gehören zahlreiche, in der Vergangenheit von den prüfenden Unternehmen angebotene und erbrachte, jedoch nicht prüfungsbezogene Leistungen – wie z. B. Rechtsberatung, Personalberatung, Buchführung, Bewertungsleistungen und Sacheinlagenprüfung, interne Revision u. a.70 –, die nicht mehr erbracht werden dürfen. Noch zulässige Nicht-Prüfungsleistungen (z. B. Steuerberatung) sind von der Zustimmung des Audit Committee abhängig.71 Die Einhaltung dieses Verbotes wird durch den Public Company Accounting Oversight Board (PCAOB) streng überprüft. Die Unternehmen sind daher gezwungen, die Rechts- und möglicherweise auch die Steuerberatung externen, unabhängigen Beratern zu übertragen. Darüber hinaus unterliegen Wirtschaftsprüfungsunternehmen, die Prüfungen bei US-börsennotierten Gesellschaften vornehmen, der Kontrolle dieses Gremiums.

Die Auswirkungen dieser Vorschriften sind sowohl auf europäischer als auch auf deutscher Ebene unverkennbar, so etwa in der EU-Richtlinie72 (Abschlussprüfungsrichtlinie) und in Deutschland z.B. durch das Bilanzkontrollgesetz (BilKoG) und das Bilanzrechtsmodernisierungsgesetz (BilMoG).

3. Gesetzliche Grundlagen – Arbeitnehmermitbestimmung<7span>

A. Deutsches Arbeitsrecht

Arbeitnehmervertreter im Aufsichtsrat haben grundsätzlich die gleichen Rechte und Pflichten wie die Anteilseignervertreter. Sie sind ebenfalls dem Wohle der Gesellschaft verpflichtet und nicht lediglich Interessenvertreter der Arbeitnehmerschaft.73 Dies kann für die Arbeitnehmervertreter zu einem Spannungsverhältnis zwischen ihrem durch die Belegschaft erteilten Mandant zur Interessenvertretung und ihrer Verpflichtung gegenüber den Unternehmensinteressen aufgrund ihrer organschaftlichen Stellung führen. Insbesondere auf den Bereich der organschaftlichen Verschwiegenheitspflicht und dem (gegebenenfalls kollidierenden) Unterrichtungsinteresse der vertretenen Arbeitnehmer wurde bereits hingewiesen. Umstritten ist auch die Frage, ob sich die Arbeitnehmervertreter an rechtmäßigen Streiks der Belegschaft aktiv beteiligen dürfen oder ob sie sich eher neutral zu verhalten und jede Form der aktiven Beteiligung zu unterlassen hätten.74

Die Mitbestimmung deutscher Arbeitnehmer durch die Entsendung von Vertretern in den Aufsichtsrat eines Unternehmens ist in verschiedenen gesetzlichen Regelungen verankert.

Hierzu gehören das Drittelbeteiligungsgesetz, das Gesetz über die Mitbestimmung der Arbeitnehmer vom 4.5.1976 (MitbestG), das Gesetz über die Mitbestimmung der Arbeitnehmer in den Aufsichtsräten und Vorständen der Unternehmen des Bergbaus und der eisen- und stahlerzeugenden Industrie vom 21.5.1951 (Montan-MitbestG) sowie das Gesetz zur Ergänzung des Gesetzes über die Mitbestimmung der Arbeitnehmer in den Aufsichtsräten und Vorständen der Unternehmen des Bergbaus und der eisen- und stahlerzeugenden Industrie vom 7.8.1956 (MitbestErgG).

Bei den nachfolgenden Ausführungen werden die gesetzlichen Regelungen über die Mitbestimmung nach dem MontanMitbestG und dem MitbestErgG wegen der vergleichsweise geringeren Bedeutung ausgespart.

Das MitbestG gilt für Unternehmen, die in der Rechtsform einer Aktiengesellschaft, einer Kommanditgesellschaft auf Aktien, einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung oder einer Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaft betrieben werden und die in der Regel mehr als 2000 Arbeitnehmer beschäftigen, § 1 Abs. 1 Satz 1, 2 MitbestG. Ein Aufsichtsrat bei einer Holding-Gesellschaft unterliegt auch dann dem MitBestG, wenn die Holding-Gesellschaft selbst keinen eigenen Geschäftsbetrieb mit eigenen Arbeitnehmern unterhält.75

Die Aufsichtsräte nach dem MitbestG werden mit der gleichen Anzahl an Anteilseignern und Arbeitnehmervertretern besetzt. Es besteht jedoch keine echte Parität, da die Anteilseigner die Arbeitnehmervertreter überstimmen können. In Unternehmen bis 10.000 Arbeitnehmer beträgt das Verhältnis 6:6, in Unternehmen mit 10.000 bis 20.000 Arbeitnehmern beträgt das Verhältnis 8:8 und in solchen mit mehr als 20.000 Arbeitnehmern beträgt das Verhältnis 10:10. Die im Unternehmen vertretenen Gewerkschaften haben zwei Sitze im Aufsichtsrat, wenn bis zu 20.000 Arbeitnehmer beschäftigt sind; wenn mehr als 20.000 Arbeitnehmer beschäftigt sind, haben sie drei Sitze. Die übrigen vier, sechs bzw. sieben Sitze müssen mit Arbeitnehmern des Unternehmens besetzt werden, wobei dem Aufsichtsrat ein leitender Angestellter angehören muss, § 15 Abs. 1 Satz 2 MitbestG.76

Die Arbeitnehmervertreter für den Aufsichtsrat nach dem MitbestG werden entweder in einer Urwahl oder durch Delegierte gewählt. Die Belegschaft hat hier hinsichtlich der Wahlform ein Wahlrecht, § 9 MitbestG. Die einzelnen Wahlvorschriften sowohl für die Delegiertenwahl als auch für die Urwahl sind im MitbestG sowie der entsprechenden Wahlordnung im Einzelnen geregelt.

Die innere Ordnung des Aufsichtsrats bestimmt sich nach § 25 MitbestG. Aufsichtsratsvorsitzender und Stellvertreter müssen mit je einer 2/3-Mehrheit gewählt werden. Wird diese Mehrheit nicht erreicht, so wählen die Anteilseignervertreter den Vorsitzenden des Aufsichtsrats und die Arbeitnehmervertreter den stellvertretenden Aufsichtsratsvorsitzenden, § 27 Abs. 1 und 2 MitbestG.

Im unmittelbaren Anschluss an die Wahl des Aufsichtsratsvorsitzenden und seines Stellvertreters ist der so genannte Vermittlungsausschuss als permanenter Ausschuss zu bilden. Ihm gehören der Aufsichtsratsvorsitzende, sein Stellvertreter und je ein weiterer Vertreter der Anteilseigner und der Arbeitnehmer an, § 27 Abs. 3 MitbestG.77 § 14 Ziffer 1 der Mustersatzung trägt dieser zwingenden gesetzlichen Regelung Rechnung.

Bei der Bildung von Ausschüssen des Aufsichtsrats gemäß § 107 Abs. 3 AktG ist es nicht erforderlich, dass die Arbeitnehmervertreter entsprechend ihrer Stärke im Aufsichtsrat auch in den Ausschüssen vertreten sind. Es gilt jedenfalls dann als missbräuchliche Diskriminierung der Arbeitnehmervertreter, wenn diese allein aufgrund ihrer Gruppenzugehörigkeit von jeder Mitarbeit in einem Ausschuss ausgeschlossen werden. Ein Ausschluss ist nur möglich, wenn ihm erhebliche sachliche oder persönliche Gründe zugrunde liegen.78

Die Bestellungsmodalität zum Vorstand werden für mitbestimmten Aktiengesellschaften in § 31 MitbestG geregelt. Der Vorstand der AG wird bestellt durch den Aufsichtsrat, der mit einer 2/3-Mehrheit beschließen muss. Kommt ein solcher Beschluss nicht mit der erforderlichen Mehrheit zustande, hat der Vermittlungsausschuss binnen eines Monats einen Vorschlag für die Vorstandsbestellung zu machen, über den wiederum der Aufsichtsrat mit einer 2/3-Mehrheit entscheidet. Kommt auch hierbei die erforderliche Stimmenmehrheit für den Vorschlag des Vermittlungsausschusses nicht zustande, so wird eine erneute Abstimmung durchgeführt, bei der dem Aufsichtsratsvorsitzenden zwei Stimmen zustehen. Als gleichberechtigtes Mitglied des Vorstands ist gemäß § 33 MitbestG ein Arbeitsdirektor zu bestellen, dessen Bestellung und Abberufung nach denselben Regeln für die übrigen Vorstandsmitglieder erfolgt. Die Mustersatzung sieht daher in § 4 Ziffer 1 vor, dass der Vorstand aus mindestens zwei Personen bestehen muss, von denen einer der Arbeitsdirektor ist.

Das Drittelbeteiligungsgesetz regelt die Beteiligung der Arbeitnehmer in den Gesellschaftsorganen von Unternehmen mit bis zu 2000 Arbeitnehmern. Danach müssen die Aufsichtsräte einer Aktiengesellschaft, einer GmbH oder einer KGaA zu einem Drittel aus Vertretern der Arbeitnehmer bestehen, § 1 DrittelbG. Grundsätzlich ausgenommen von der Mitbestimmung sind AG und KGaA, die weniger als 500 Arbeitnehmer beschäftigen. Eine Ausnahme besteht allerdings für Aktiengesellschaften, die vor dem 10.8.1994 eingetragen wurden und keine Familiengesellschaften sind § 1 Abs. 1 Ziff. 1 Satz 2 DrittelbG. Für diese ist das DrittelbG auch dann anwendbar, wenn weniger als 500 Arbeitnehemr beschäftigt sind. Ausgesnommen von der Mitbestimmung nach dem DrittelbG sind Religionsgemeinschaften und deren karitative und erzieherische Einrichtugnen unabhängig von deren Rechtsform.

Der Aufsichtsrat eines dem DrittelbG unterliegenden Unternehmens muss zu einem Drittel aus Arbeitnehmervertretern bestehen, § 4 Abs. 1 DrittelbG. Sind danach zwei oder mehr Arbeitnehmer in den Aufsichtsrat zu wählen, so müssen sich unter diesen mindestens zwei Arbeitnehmer befinden, die im Unternehmen beschäftigt sind.

In den Aufsichtsrat können nur Arbeitnehmer gewählt werden, die mindestens 18 Jahre als sind und dem Unternehmen mindestens 1 Jahr angehören. Mitgezählt werden auch unmittelbar zusammenhängende Betriebszugehörigkeiten bei Konzernunterunternehmen im Sinne von § 18 Abs. 1 AktG. Nicht wählbar ist, wer infolge strafgerichtlicher Verurteilung die Fähigkeit, Rechte aus öffentlichen Wahlen zu erlangen, nicht besitzt.

Die Arbeitnehmervertreter werden in allgemeiner, geheimer, gleicher und unmittelbarer Wahl von allen zu Betriebsratswahl berechtigten Arbeitnehmern (§ 7 BetrVG) für die Zeit gewählt, die im Gesetz oder in der Satzung für die von der Hauptversammlung zu wählenden Aufsichtsratsmitglieder bestimmt ist. Die Modalitäten sind in der Wahlordnung zum Drittelbeteiligungsgesetz79 geregelt.

Ein Aufsichtsratsmitglied der Arbeitnehmer kann gem. § 12 DrittelbG vor Ablauf der Amtszeit auf Antrag eines Betriebsrats oder von mindestens einem Fünftel der Wahlberechtigten durch Beschluss mit einer Mehrheit von drei Vierteln der abgegebenen Stimmen abberufen werden.

Das Mitbestimmungsgesetz und das Dittelbeteiligungsgesetz finden keine Anwendung auf solche Unternehmen, die politischen, koalitionspolitischen, konfessionellen, karitativen, erzieherischen, wissenschaftlichen oder künstlerischen Bestimmungen oder Zwecken der Berichterstattung oder Meinungsäußerung, auf die Art. 5 Abs. 1 Satz 2 des Grundgesetzes80 anzuwenden ist.

Die Mitbestimmung gilt für Unternehmen mit Sitz in Deutschland, nicht jedoch für inländische Betriebe von Unternehmen mit Sitz im Ausland.81

Für die Arbeitnehmervertreter im Aufsichtsrat gilt ein Behinderungs-, Benachteiligungs- und Begünstigungsverbot. Sie haben jedoch allein aufgrund ihrer Aufsichtsratstätigkeit keinen besonderen Kündigungsschutz, da sie nicht in § 15 Kündigungsschutzgesetz (KSchG) genannt sind.82 Das Amt des Arbeitnehmervertreters im Aufsichtsrat endet bei Wegfall der Voraussetzungen für seine Wählbarkeit (z. B. Ausscheiden aus dem Arbeitsverhältnis, Eintritt in die Freistellungsphase bei Altersteilzeit nach dem Blockmodell)83 oder wenn das Aufsichtsratsmitglied durch Beschluss der wahlberechtigten Arbeitnehmer abberufen wird.

B. Internationales Arbeitsrecht

Nach wohl herrschender Meinung gilt das MitbestGauch für ausländische Unternehmen, sofern sie ihren Sitz in der Bundesrepublik Deutschland haben, nicht jedoch für solche, die ihren Verwaltungssitz im Ausland haben. Nach der lange Zeit in Deutschland vorherrschenden so genannten Sitztheorie war das MitbestG auf ein Unternehmen nicht anwendbar, welches nach ausländischem Recht gegründet wurde und seinen Sitz im Ausland hatte, da das jeweilige Recht am Gesellschaftssitz anzuwenden sei. Anders jedoch, wenn das im Ausland gegründete Unternehmen seinen Sitz in Deutschland hatte, dann sollten die zwingenden Vorschriften des Verwaltungssitzstaates, zu denen in Deutschland auch das MitbestG zählt, anzuwenden sein.84 Durch „Centros“85 „Überseering“86 und „Inspire Art“87 ist die Sitztheorie beendet und auch die deutsche obergerichtliche und höchstrichterliche Rechtsprechung88 lehnt die Anwendung der Sitztheorie ausdrücklich ab. Ausländische Register tragen deutsche Kapitalgesellschaften ein, denn diese beurteilen die Eintragung unter dem Blickwinkel der Gründungstheorie. Der Gesetzgeber reagierte in der Neufassung des MoMiG,89 indem er den deutschen Kapitalgesellschaften zwangsweise den Satzungssitz in Deutschland („im Inland“) oktruiert und die Verlegung des Verwaltungssitzes in das Ausland zulässt. Darüber hinaus enthält auch das Gesetz über Europäische Betriebsräte (EBRG) vom 28.10.199690 Vorschriften über Beteiligungsrechte von Arbeitnehmern in europäischen Unternehmen.

Die US-amerikanische Börsenaufsicht SEC lässt für deutsche Arbeitnehmervertreter, die zu Mitgliedern des Audit Committee gewählt werden, hinsichtlich des Nichterhaltens von sonstigen Bezügen eine Ausnahme zu.

 

 

IV. Literaturverzeichnis

Hüffer, Uwe/ Aktiengesetz, 8. Auflage München 2008
Koch, Jens

Korts, Sebastian/ Die Kleine Aktiengesellschaft, 5. Aufl. Heidelberg

Korts, Petra 2008

Korts, Sebastian Die Europäische Aktiengesellschaft, 3. Aufl. Heidelberg 2018

Korts, Petra Der Aufsichtsrat – Satzung, Beschlüsse, Verträge, 2. Aufl. Heidelberg 2008

Schaub, Günter Arbeitsrechtshandbuch, 10. Aufl. München 2002

 

 

1Die zuständige Behörde ist in Deutschland die BaFin, in den USA die SEC. Um bei Änderungen der Behördenzuständigkeiten oder Börsennotierungen in anderen Staaten aufwändige Satzungsänderungen zu vermeiden, empfiehlt sich eine allgemeine Fassung der Mitteilungs- und Veröffentlichungspflichten, wie in der Mustersatzung vorgesehen.

2 Die Anforderungen an die Vorstandsvergütung wurden konkretisiert durch das Gesetz über die Angemessenheit von Vorstandsvergütungen (VorstAG) v. 31.7.2009, BGBl. I, 2509

3 Grundsatz 23 des Deutschen Corporate Governance Kodex in der Fassung vom 16. Dezember 2019, bekannt gemacht im Bundesanzeiger vom 20.03.2020, BAnz AT 20.03.2020 B3.

4 BGH, Beschl. v. 25.7.2005 – II ZR 327/03.

5 BGH, Urt. v. 18.9.2006 – II ZR 225/04, DB 2006, 2506.

6 BVerfG, Beschl. v. 30.5.2007 – 1 BvR 390/04, NZG 2007, 587.

7 Urt. v. 23.11.2006 – 23 U 2306/06, ZIP 2006, 2370.

8 BVerfGE 100, 289 ff.

9 Art. 1 des Gesetzes zur Neuordnung des gesellschaftsrechtlichen Spruchverfahrens (Spruchverfahrensgesetz – SpruchG) vom 12. Juni 2003, in Kraft getreten am 1.9.2003, BGBl. I 2003, 838 ff, zuletzt geändert durch Art. 2 des Zweiten Gesetzes zur Änderung des Umwandlungsgesetzes vom 19.4.2007, BGBl. I 2007, 542 ff.

10 Urt. v. 18.12.2000 – II ZR 1/99, BB 2001, 382 ff. = NJW 2001, 1428.

11 BGH, Urt. v. 24.1.2006 – XI ZR 384/03.

12 BGH, Urt. vom 9.5.2005 – II ZR 287/02 „EM.TV“, BB 2005, 1644 ff.

13 Gesetz über Maßnahmen im Gesellschafts-, Genossenschafts-, Vereins-, Stiftungs- und Wohnungseigentumsrecht zur Bekämpfung der Auswirkungen der COVID-19-Pandemie (COVMG) vom 27. März 2020, BGBl. I S. BGBL Jahr 2020 I Seite 569, 570; zuletzt geändert durch Art. 15 AufbauhilfeG 2021 vom 10.9.2021, BGBl. I S. 4147.

14 Art. 15 des Gesetzes zur Errichtung eines Sondervermögens „Aufbauhilfe 2021″ und zur vorübergehenden Aussetzung der Insolvenzantragspflicht wegen Starkregenfällen und Hochwassern im Juli 2021 sowie zur Änderung weiterer Gesetze (Aufbauhilfegesetz 2021 – AufbauhilfeG 2021) vom 10.9.2021, BGBl. I S. 4147.

 

15 Richtlinie 2006/68/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 6.9.2006 zur Änderung der Richtlinie 77/91/EWG des Rates in Bezug auf Gründung von Aktiengesellschaften und die Erhaltung und Änderung ihres Kapitals, ABl. L 264 vom 25.9.2006, 32 ff.

16 Erwägungsgründe 4 bis 7 der Richtlinie 2006/68/EG.

17 Richtlinie 2007/36/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11.7.2007 über die Ausübung bestimmter Rechte von Aktionären in börsennotierten Gesellschaften, ABl. L 184 vom 14.7.2007, 17 ff. vom 11.7.2007.

18 Gesetz zur Umsetzung der Aktionärsrechterichtlinie (ARUG) v. 30.7.2009, BGBl. I, 2479, in Kraft getreten am 1.9.2009.

19 Gesetz v. 22.12.2015, BGBl. I, 2565.

20 Richtlinie (EU) 2017/828 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 17. Mai 2017 zur Änderung der Richtlinie 2007/36/EG im Hinblick auf die Förderung der langfristigen Mitwirkung der Aktionäre, ABl. L 132 vom 20.5.2017, S. 1-25.

21 Vertiefend zu den Inhalten der Änderungsrichtlinie und dem Umsetzungsbedarf in Deutschland siehe Bungert/Wansleben, DB 2017, 1190.

22 Der Beschluss der HV einer börsennotierten AG über die Vergütung ist nach derzeitiger deutscher Gesetzeslage in § 120 Abs. 4 S. 1 AktG eine Kann-Bestimmung. Wird ein solcher Beschluss getroffen, ist er nicht bindend, § 120 Abs. 4 S. 2 AktG.

23 Richtlinie (EU) 2017/828 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 17. Mai 2017 zur Änderung der Richtlinie 2007/36/EG im Hinblick auf die Förderung der langfristigen Mitwirkung der Aktionäre (ABl. L 132 vom 20.5.2017, S. 1.

24 Gesetz zur Umsetzung der zweiten Aktionärsrechterichtlinie (ARUG II) vom 12.12.2019, BGBl. I 2019, 2637.

25 Vereinbarung bei der Vorstandsvergütung, wonach eine bereits gezahlte variable Vergütung zurück gefordert werden kann.

26 BGBl. I 2017, S. 1822.

27 www.transparenzregister.de: „Die offizielle Plattform der Bundesrepublik Deutschland für Daten zu wirtschaftlich Berechtigten“.

28 Richtlinie (EU) 2018/843 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 30. Mai 2018 zur Änderung der Richtlinie (EU) 2015/849 zur Verhinderung der Nutzung des Finanzsystems zum Zwecke der Geldwäsche und der Terrorismusfinanzierung und zur Änderung der Richtlinien 2009/138/EG und 2013/36/EU, Abl vom 19.06.2018 Nr. L 156/43.

29 Gesetz zur Umsetzung der Änderungsrichtlinie zur Vierten EU-Geldwäscherichtlinie vom 12.12.2019, BGBl I S. 2602.

30 So das Bundesfinanzministerium vom 1.1.2020 auf seiner Homepage unter https://www.bundesfinanzministerium.de/Content/DE/Gesetzestexte/Gesetze_Gesetzesvorhaben/Abteilungen/Abteilung_VII/19_Legislaturperiode/2019-12-19-Gesetz-4-EU-Geldwaescherichtlinie/0-Gesetz.html.

31 BGBl I 2021, 327.

32 Gesetzestext veröffentlicht unter: http://thomas.loc.gov, siehe dort unter: Bill Number: H.R. 3763, 107th Congress (2001–2002), oder unter: http://frwebgate.access.gpo.gov/cgi-bin/getdoc.cgi?dbname=107_cong_public_laws&docid=f:publ204.107.

33 Lanfermann/Maul, DB 2002, 1725, 1730.

34 Lanfermann/Maul, DB 2002, 1725, 1731.

35 Gruson/Kubicek, a. a. O., 342.

36 Stengel/Detweiler/Willms, DAJV-Newsletter 2003, 77.

37 OLG Hamburg, Urt. v. 29.9.1995 – 11 U 20/95, AG 1996, 84 ff.

38 Das erste Gesetz zur Novellierung von Finanzmarktvorschriften auf Grund europäischer Rechtsakte (1. Finanzmarktnovellierungsgesetz – 1. FiMaNoG) v. 30.6.2016, BGBl. I, 1514.

39 EU-Marktmissbrauchsverordnung (Market Abuse Regulation – MAR) Nr. 596/2014 v. 16.4.2014, ABl. L 173/1. Gelegentlich wird im Deutschen auch die Abkürzung MMVO verwendet.

40 Richtlinie 2014/57/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16.4.2014 über strafrechtliche Sanktionen bei Marktmanipulation (Marktmissbrauchsrichtlinie – Market Abuse Directiv – MAD), ABl. L 173/179.

41 Vgl. auch die WpHG-Bußgeldleitlinien II der BaFin vom 22.2.2017, veröffentlicht auf der BaFin-Homepage unter https://www.bafin.de/SharedDocs/Downloads/DE/Leitfaden/WA/dl_bussgeldleitlinien_2016.html?nn=9139096.

42 Zweites Gesetz zur Novellierung von Finanzmarktvorschriften aufgrund Europäischer Rechtsakte (Zweites Finanzmarktnovellierungsgesetz – 2. FiMaNoG) vom 23.6.2017, BGBl. I, 1693.

43 EU-Marktmissbrauchsverordnung (Market Abuse Regulation – MAR) Nr. 596/2014 v. 16.4.2014, ABl. L 173/1. Verwendet wird im Deutschen auch die Abkürzung MMVO.

44 Richtlinie 2014/57/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16.4.2014 über strafrechtliche Sanktionen bei Marktmanipulation (Marktmissbrauchsrichtlinie – Market Abuse Directive – MAD), ABl. L 173/179. Die Umsetzungsfrist endete ebenfalls am 3.7.2016.

45Erstes Finanzmarktnovellierungsgesetz – 1. FiMaNoG v. 30.6.2016, BGBl. I, 1514. Art. 1 des Gesetzes (Änderungen zur Umsetzung der Marktmissbrauchsverordnung und der Antimissbrauchsrichtlinie) ist bereits am 2.7.2016 in Kraft getreten, Art. 2 des Gesetzes (Änderungen zur Umsetzung der PRIIP-Verordnung VO (EU) Nr. 1286/2014 über Basisinformationsblätter für verpackte Anlageprodukte für Kleinanleger und Versicherungsanlageprodukte) ist am 31.12.2016 in Kraft getreten.

46 Die BaFin hat im Hinblick auf die Gesetzesänderungen als Orientierungshilfe zum Thema „Insiderüberwachung“ die neuen Rechtsgrundlagen, Erläuterungen zum Thema allgemein sowie FAQ zu Insiderlisten nach Art. 18 der Marktmissbrauchsverordnung auf ihrer Internetseite veröffentlicht unter https://www.bafin.de/DE/Aufsicht/BoersenMaerkte/Insiderueberwachung/insiderueberwachung_node.html

47 Zweites Gesetz zur Novellierung von Finanzmarktvorschriften aufgrund Europäischer Rechtsakte (Zweites Finanzmarktnovellierungsgesetz – 2. FiMaNoG) vom 23.6.2017, BGBl. I, 1693, Geltung ab 3.1.2018.

48 Vertiefend: Söhner, Praxis-Update Marktmissbrauchsverordnung: Neue Leitlinien und alte Probleme, BB 2017, 259; Kumpan, Ad-hoc-Publizität nach der Marktmissbrauchsverordnung, DB 2016, 2039.

49 Die Europäische Wertpapier- und Marktaufsichtsbehörde ESMA (European Securities and Market Authority) hat Leitlinien zum Aufschub der Offenlegung von Insiderinformationen gem. Art. 17 MAR herausgegeben, veröffentlicht unter https://www.esma.europa.eu/sites/default/files/library/esma-2016-1478_de.pdf. Diese Leitlinien gelten für zuständige Behörden und Emittenten und bieten eine nicht abschließende indikative Liste der berechtigten Interessen des Emittenten, die von einer unverzüglichen Offenlegung von Insiderinformationen aller Wahrscheinlichkeit nach beeinträchtigt wären, und von Fällen, in denen der Aufschub der Offenlegung von Insiderinformationen geeignet ist, die Öffentlichkeit irrezuführen. Die BaFin hat der ESMA mitgeteilt, diesen Leitlinien nachzukommen und zieht daher im Rahmen ihrer Verwaltungspraxis diese Leitlinien zur Konkretisierung der Voraussetzungen des Art. 17 Abs. 4 MAR heran. Vgl. auch Kocher/Sambulski, Insiderinformationen in der Hauptversammlung, DB 2018, 1905.

50 In der Fassung des Zweiten Finanzmarktnovellierungsgesetzes (2. FiMaNoG) v. 23.6.2017, BGBl. I S. 1693; zuletzt geändert durch Artikel 12 G. v. 17.7.2017, BGBl. I S. 2446, Geltung ab 3.1.2018.

51 In der Fassung des Zweiten Finanzmarktnovellierungsgesetzes (2. FiMaNoG) v. 23.6.2017, BGBl. I S. 1693; zuletzt geändert durch Artikel 12 G. v. 17.7.2017, BGBl. I S. 2446, Geltung ab 3.1.2018.

52 In der Fassung des Zweiten Finanzmarktnovellierungsgesetzes (2. FiMaNoG) v. 23.6.2017, BGBl. I S. 1693; zuletzt geändert durch Artikel 12 G. v. 17.7.2017, BGBl. I S. 2446, Geltung ab 3.1.2018

53 Primärinsider sind Personen, die als Mitglieder der Geschäftsführung oder des Aufsichtsorgans oder als persönlich haftender Gesellschafter des Emittenten oder eines mit diesem verbundenen Unternehmens die Insiderinformationen erlangt haben.

54 Sekundärinsider sind alle anderen Personen, die nicht Primärinsider sind, aber über Insiderinformationen verfügen.

55 In der Fassung des Zweiten Finanzmarktnovellierungsgesetzes (2. FiMaNoG) v. 23.6.2017, BGBl. I S. 1693; zuletzt geändert durch Artikel 12 G. v. 17.7.2017, BGBl. I S. 2446, Geltung ab 3.1.2018.

56 Zum US-amerikanischen Sarbanes-Oxley Act siehe auch die Ausführungen in Kapital B Auswirkungen des US-Kapitalmarktrechts.

57 Gesetz zur Kontrolle von Unternehmensabschlüssen (Bilanzkontrollgesetz – BilKoG) vom 15.12.2004, BGBl. I 2004, 3408 ff.

58 Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht, www.bafin.de.

59 Durch das Transparenzrichtlinie-Umsetzungsgesetz (TUG) vom 5.1.2007, BGBl. I 2007, 10 ff.

60 In der Fassung des Zweiten Finanzmarktnovellierungsgesetzes (2. FiMaNoG) v. 23.6.2017, BGBl. I S. 1693; zuletzt geändert durch Artikel 12 G. v. 17.7.2017, BGBl. I S. 2446, Geltung ab 3.1.2018.

61 In der ab dem 26.11.2015 geltenden Fassung des Gesetzes v. 20.11.2015, BGBl. I, 2029.

62 In der Fassung des Zweiten Finanzmarktnovellierungsgesetzes (2. FiMaNoG) v. 23.6.2017, BGBl. I S. 1693; zuletzt geändert durch Artikel 12 G. v. 17.7.2017, BGBl. I S. 2446, Geltung ab 3.1.2018.

63 § 8b HGB: www.unternehmensregister.de.

64 In der Fassung des Zweiten Finanzmarktnovellierungsgesetzes (2. FiMaNoG) v. 23.6.2017, BGBl. I S. 1693; zuletzt geändert durch Artikel 12 G. v. 17.7.2017, BGBl. I S. 2446, Geltung ab 3.1.2018.

65 Eingeführt durch das Gesetz zur Umsetzung der Vierten EU-Geldwäscherichtlinie vom 23.6.2017, BGBl. I 2017, 1822; geänd. durch das Gesetz zur Umsetzung der Änderungsrichtlinie zur Vierten EU-Geldwäscherichtlinie (vgl. Fn. 87).

66 Das Gesetz zur Umsetzung der Änderungsrichtlinie zur Vierten EU-Geldwäscherichtlinie (vgl. Fn. 87) sieht u.a. vor, dass „alle Mitglieder der Öffentlichkeit“ Zugang zum Transparenzregister erhalten und der Zugang lediglich bei schutzwürdigen Interessen beschränkt werden kann.

67Zitat aus Noack, Ulrich, Das neue Transparenzregister: Angaben, Mitteilungen, http://blog.handelsblatt.com/rechtsboard/2017/06/26/das-neue-transparenzregister-angaben-mitteilungen/.

68 Stand 18.7.2007, veröffentlicht unter: http://www.standardsetter.de/drsc/docs/press_releases/DRS16_nearfinaldraft_180707_mitAnpassung.pdf, dort unter Ziffer 56 „Versicherung der gesetzlichen Vertreter“.

69 Quellennachweis siehe Fn. 36.

70 Vgl. die Aufzählung der verbotenen Nicht-Prüfungsleistungen bei Lanfermann/Maul, DB 1725, 1726.

71 Stengel/Detweiler/Willms, DAJV-Newsletter 2003, 77, 78.

72 Richtlinie 2006/43/EG über Abschlussprüfungen von Jahresabschlüssen und konsolidierten Abschlüssen, zur Änderung der Richtlinien 78/660/EWG und 83/349/EWG des Rates und zur Aufhebung der Richtlinie 84/253/EWG des Rates vom. 17.15.2006, ABl. Nr. L 157 v. 6.9.2006, 878 ff.

73 Schaub (Fn. 78), § 258 Rn. 4a.

74 BAG, Beschl. v. 25. 10. 2000 – 7 ABR 18/02.

75 OLG Stuttgart, Beschl. v. 3.5.1989 – 8 W 38/89, DB 1989, 1128 ff.

76 Schaub, Arbeitsrechtshandbuch, 10. Aufl. 2002, § 260 Rn. 5.

77 Schaub, a. a. O., § 260 Rn. 14.

78 BGH, Urt. v. 17.5.1993 – II ZR 89/92, AG 1993, 464 ff.

79 Verordnung zur Wahl der Aufsichtsratsmitglieder der Arbeitnehmer nach dem Drittelbeteiligungsgesetz, BGBl. I 2004, 1393 ff.

80 Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG lautet: „Die Pressefreiheit und die Freiheit der Berichterstattung durch Rundfunk und Film werden gewährleistet.“

81 Schaub (Fn. 78), § 258 Rn. 2.

82 Schaub (Fn. 78), § 258 Rn. 4a.

83 BAG, Beschl. v. 25. 10. 2000 – 7 ABR 18/02.

84 Schaub (Fn.96), § 260 Rn. 2.

85 EuGH, Urt. v. 9.3.1999 – Rs. C-212/97 (Centros Ltd ./. Erhvervsog Selskabsstyrelsen), BB 1999, 809 ff.

86 EuGH, Urt. v. 5.11.2002 – Rs. C-208/00 (Überseering BV./.NCC), BB 2002, 2425 f.

87 EuGH, Urt. v. 30.9.2003 – Rs. C-167/01 (Kamer van Koophandel en Fabrieken voor Amsterdam ./. Inspire Art Ltd.), NJW 2003, 3331 ff.

88 BGH, Urt. v. 13.3.2003 – VII ZR 370/98, BB 2003, 915 = NJW 2003, 1461; BayObLG, Urt. v. 19.12.2002 – 2 Z BR 7/02; OLG Zweibrücken, Beschl. v. 26.3.2003 – 3 W 21/03, BB 2003, 8646 ff. = DB 2003, 1264 f.

89 Gesetz zur Modernisierung des GmbH-Rechts und zur Bekämpfung von Missbräuchen (MoMiG)v. 23.10.2008 BGBl. I S. 2026; Geltung ab 01.11.2008

90 BGBl. I, 1548, ber. 2022, geändert durch Gesetz v. 22.12.1999, BGBl. I, 2809.

Die Kleine Aktiengesellschaft

Inhaltsverzeichnis

I. Einführung

II. Formulare

1. Gründungsprotokoll einer Bargründung

2. Satzung einer AG

3. Geschäftsordnung für den Vorstand

4. Geschäftsordnung des Aufsichtsrats

5. Gründungsbericht

6. Gründungsprüfungsbericht

7. Bericht des Gründungsprüfers (Notar)

8. Anmeldung der AG

III. Gesellschaftsrechtliche Kommentierung der Satzung

1. § 1 – Firma, Sitz, Geschäftsjahr

2. § 2 – Gegenstand des Unternehmens

3. § 3 – Grundkapital

a) Inhaberaktie/Namensaktie

b) Vinkulierte Namensaktie

c) Aktiengattung

4. § 4 – Vorstand

5. § 5 – Vertretung

6. § 6 – Aufsichtsrat, Geschäftsordnung

7. § 7 – Vorsitzender des Aufsichtsrats

8. § 8 – Einberufung des Aufsichtsrats und Beschlussfassung

9. § 9 – Vergütung des Aufsichtsrats

10. § 10 – Hauptversammlung

11. § 11 – Teilnahme an der Hauptversammlung, Stimmrecht

12. § 12 – Ablauf der Hauptversammlung, Beschlüsse

13. § 13 – Jahresabschluss

14. § 14 – Bekanntmachungen

15. § 15 – Gründungskosten

16. Geschäftsordnung für den Vorstand

17. Geschäftsordnung für den Aufsichtsrat

18. Die Gründungsprüfung durch den Notar

IV. Das Umwandlungsrecht

1. Formwechsel

a) Umwandlungsbericht

b) Umwandlungsbeschluss

c) Gründungsbericht und Gründungsprüfung

d) Handelsregisteranmeldung

e) Handelsregistereintrag

f) Kosten

g) Steuerliche Folgen

2. Spaltung

3. Verschmelzung

4. Einbringung eines Einzelunternehmens/Personengesellschaft

Literatur

I. Einführung

Warum eine Kleine Aktiengesellschaft? Hierauf gibt es eine Vielzahl von Antworten.

Durch das „Gesetz für kleine Aktiengesellschaften und zur Deregulierung des Aktienrechts“ vom 9.8.1994 wurde die so genannte „kleine AG“ geschaffen. Anders als es die Gesetzesbezeichnung vermuten lässt, bezeichnet die „kleine AG“ keine neue Rechtsform. Dieser irreführende Begriff taucht allein in der Gesetzesüberschrift, jedoch nicht im Gesetzestext auf. Dort wird überwiegend danach differenziert, ob es sich um börsennotierte oder nicht börsennotierte Gesellschaften handelt. Ein weiteres Kriterium der kleinen AG ist das namentliche Bekanntsein ihrer Aktionäre (§ 121 Abs. 4 AktG). Motiv des Gesetzgebers war die Förderung der Rechtsform der AG. Nachdem diese bislang am Leitbild der großen Publikumsgesellschaft orientiert war, sollte die AG nun durch Umsetzung folgender gesetzgeberischer Leitsätze auch für nicht börsennotierte, mittelständische Unternehmen an Attraktivität gewinnen. Der Gesetzentwurf formulierte wie folgt:

„Die deutschen mittelständischen Betriebe leiden im internationalen Vergleich unter einer zu geringen Ausstattung mit Eigenkapital. Der Finanzplatz Deutschland bedarf der Stärkung durch mehr börsennotierte Unternehmen. Das deutsche Aktienrecht ist im Laufe der Zeit zu perfektionistisch geworden; eine Vereinfachung ist erforderlich.”

Die Rechtsform der Aktiengesellschaft sollte durch besondere Vorschriften für Kleine Aktiengesellschaften für den Mittelstand attraktiver gemacht werden. Mittelständische Unternehmen sollen so leichter Zugang zur Börse finden. Die Aktiengesellschaften sollen insgesamt durch einzelne Vereinfachungen leichter handhabbar und die Satzungsfreiheit erweitert werden.

Viele Vorteile sind zu nennen, die schon die nicht börsennotierte Aktiengesellschaft bietet. Ein nicht zu unterschätzender Vorteil ist der Gewinn an Image für das Unternehmen selbst. National und international ist die Aktiengesellschaft weit höher angesehen als beispielsweise die GmbH. Dass es sich manchmal lediglich um eine Kleine Aktiengesellschaft handelt, wird weder aus dem Firmennamen noch aus dem Geschäftspapier deutlich. Dieser Imagegewinn zahlt sich oft auch in Kreditwürdigkeit aus.

Ausgezeichnet ist diese Gesellschaftsform, um den besten Mitarbeiterstab langfristig an ein Unternehmen zu binden. „Vorstandsvorsitzender“ statt „Geschäftsführer“ bedeutet für die hochqualifizierten Manager in der Laufbahn mehr Pluspunkte. „Vorstandsmitglied“ ist von der Reputation sicherlich erfolgreicher als „stellvertretender Geschäftsführer“ oder „Prokurist“. Die Möglichkeit, Mitarbeitern den Aktienerwerb vergünstigt anzubieten oder als Prämie zu nutzen, weckt Motivation.

Der Vertriebsweg kann unterstützt werden, indem die wichtigsten Vertriebspartner zu Aktionären gemacht werden.

Eine weitere praktische Antwort ergibt sich aus dem Gesichtspunkt der Nachfolgeregelung in den mittelständischen Unternehmen. In den nächsten Jahren steht in vielen deutschen Unternehmen der Generationswechsel bevor. Die Kleine Aktiengesellschaft ist bestens geeignet, diese bei den üblichen mittelständischen Familiengesellschaften auftauchenden Probleme der Generationennachfolge zu lösen. Die Trennung zwischen Geschäftsführung und Innehaltung von Anteilen ist klar geregelt. Die Geschäftsführung kann im operativen Feld weiter unbehelligt von den möglichen Querelen der Anteilseigner operieren.

Ob andere Gesellschaftsformen die speziellen Bedürfnisse des Unternehmers im Einzelfall besser befriedigen, kann letztlich nur im Einzelfall entschieden werden. Sicher sollten bereits bei der Gründung der Kleinen Aktiengesellschaft die Weichen dafür gestellt sein, dass ohne komplizierte Änderungsvorgänge daraus eine große Aktiengesellschaft, eventuell mit der Option einer Börsenzulassung, werden kann. Auch die Einbindung einer Mitarbeiterbeteiligungsgesellschaft oder die Implementierung einer Personalführungsgesellschaft können beachtet werden. Wie immer sind nicht nur die steuerlichen Gesichtspunkte, sondern die vielfältigen zivilrechtlichen und arbeitsrechtlichen Gesichtspunkte Parameter der Entscheidung.

II. Formulare

1. Gründungsprotokoll einer Bargründung

Vor dem unterzeichneten Notar Dr. Urkund in Köln erschienen,

1) Frau Tüchtig, Unternehmensberaterin, Apostelstraße 22, 50667 Köln

2) Herr Fleißig, Dipl.-Kaufmann, (Namen, Berufe und Adressen der Gründer).

Die Erschienenen erklären:

I. Wir errichten eine Aktiengesellschaft unter der Firma

Kölner Information Services-Aktiengesellschaft

mit dem Sitz in Köln.

II. Wir stellen die Satzung gemäß der Anlage zu dieser Urkunde hiermit fest.

III. Als Gründer übernehmen wir vom Grundkapital der Gesellschaft in Höhe von 50.000 EUR die folgenden Aktien

25.000 Stammaktien (Stückaktien) übernimmt Frau Tüchtig,

25.000 stimmrechtslose Vorzugsaktien (Stückaktien) übernimmt Herr Fleißig.

Die Stückaktien werden jeweils zu einem dem prozentualen Anteil an dem Stammkapital entsprechenden Betrag ausgegeben. Die Einlagen sind in bar zu leisten und sofort in voller Höhe zahlungsfällig.

IV. Zu Mitgliedern des ersten Aufsichtsrats bestellen wir die Herren Eins, Zwei, Drei, und zwar für die Zeit bis zur Beendigung der Hauptversammlung, die über die Entlastung des Aufsichtsrates für das am 31. 12. des Jahres der Gründung endende Rumpfgeschäftsjahr beschließt. Zum Abschlussprüfer für dieses Rumpfgeschäftsjahr bestellen wir Herrn Wirtschaftsprüfer Steuermann. Der beurkundende Notar wird gebeten, gem. §§ 33 Abs. 3 Satz 1 i.V.m. 33 Abs. 2 Nr. 1, 34 AktG die Gründungsprüfung vorzunehmen.

V. Wir wünschen fünf Ausfertigungen dieser Verhandlung.

 

Vorgelesen, genehmigt und unterschrieben:

Köln, den

2. Satzung einer AG

§ 1 Firma, Sitz, Geschäftsjahr

Die Gesellschaft führt die Firma Kölner Information Services-Aktiengesellschaft.

Sie hat ihren Sitz in Köln.

Geschäftsjahr ist das Kalenderjahr.

§ 2 Gegenstand des Unternehmens

1) Gegenstand des Unternehmens ist die Vermittlung von nationalen und internationalen Geschäftskontakten für Industrie- und Beschaffungsanalysen. Weiterhin ist Gegenstand des Unternehmens die Informationsgewinnung durch Datenbankabfragen, Auswertungen von sekundärstatistischem Material sowie die telefonische Informationsbeschaffung. Die gewonnenen Daten werden wissenschaftlich aufgearbeitet, aggregiert und analysiert. Sodann ist weiterhin Gegenstand die Durchführung von zielgruppenorientierten Trainingsprogrammen. Letztlich ist Gegenstand die Beratung von Unternehmen auf allen Gebieten, soweit es hierzu keiner besonderen gesetzlichen Genehmigung bedarf.

2) Die Gesellschaft ist zu allen Handlungen berechtigt, die unmittelbar oder mittelbar dem vorstehenden Zweck zu dienen geeignet sind, sie darf Zweigniederlassungen errichten und sich an gleichartigen oder ähnlichen Unternehmen im In- und Ausland beteiligen.

§ 3 Grundkapital/Aktien

1) Das Grundkapital der Gesellschaft beträgt 50.000 EUR.

2) Es ist eingeteilt in 50.000 Stückaktien, wovon 25.000 als Stammaktien und weitere 25.000 als stimmrechtslose Vorzugsaktien ausgegeben werden. Alle Aktien sind Namensaktien.

3) Die Namensaktien können nur mit Zustimmung der Hauptversammlung übertragen werden. Die Hauptversammlung hat die Zustimmung zu erteilen, wenn die Aktien auf Abkömmlinge der bestehenden Aktionäre übertragen werden. Form und Inhalt der Aktienurkunden legt der Vorstand fest.

4) Die Vorzugsaktionäre erhalten aus dem Bilanzgewinn vorab einen nachzahlbaren Gewinnanteil von 5% auf einen Betrag, der dem Verhältnis der Anzahl aller Aktien zu dem Grundkapital entspricht. Soweit der Bilanzgewinn nicht zur Zahlung des Vorzugsbetrages ausreicht, ist aus dem Bilanzgewinn des nächsten Geschäftsjahres vor Verteilung eines Gewinnanteils an die Stammaktionäre zunächst der Rückstand ohne Zinsen nachzuzahlen und sodann der volle Vorzugsbetrag dieses Geschäftsjahres auf die Vorzugsaktien zu verteilen. Bei rückständigen Vorzugsbeträgen mehrerer Geschäftsjahre sind aus dem Bilanzgewinn vor Verteilung eines Gewinnanteils an die Stammaktionäre zunächst die Rückstände in der Reihenfolge ihrer Entstehung und sodann der Vorzugsbetrag dieses Geschäftsjahres auszuzahlen.

5) Bei einer Kapitalerhöhung kann die Gewinnbeteiligung neuer Aktien abweichend von § 60 AktG geregelt werden, insbesondere können junge Aktien aus einer zukünftigen Kapitalerhöhung mit Vorzügen bei der Gewinnverteilung versehen werden.

6) Das Recht auf Einzelverbriefung ist dadurch eingeschränkt, dass der Aktionär die Kosten der Einzelverbriefung trägt.

§ 4 Vorstand

1) Der Vorstand der Gesellschaft besteht aus einer oder mehreren Personen. Der Aufsichtsrat bestimmt die Zahl der Mitglieder des Vorstandes. Der Aufsichtsrat kann einen Vorsitzenden und einen stellvertretenden Vorsitzenden des Vorstandes ernennen.

2) Der Aufsichtsrat gibt dem Vorstand eine Geschäftsordnung, in welcher der Katalog zustimmungspflichtiger Geschäfte enthalten ist.

§ 5 Vertretung

Ist nur ein Vorstand bestellt, so vertritt dieser die Gesellschaft allein. Besteht der Vorstand aus mehreren Personen, so wird die Gesellschaft durch zwei Vorstandsmitglieder vertreten. Der Aufsichtsrat kann jedem Vorstandsmitglied die Befugnis zur Alleinvertretung erteilen.

§ 6 Aufsichtsrat, Geschäftsordnung

1) Der Aufsichtsrat besteht aus drei Mitgliedern. Die Aufsichtsratsmitglieder werden für die Zeit bis zur Beendigung der Hauptversammlung gewählt, die über die Entlastung für das vierte Geschäftsjahr nach dem Beginn der Amtszeit beschließt. Hierbei wird das Geschäftsjahr, in dem die Amtszeit beginnt, nicht mitgerechnet. Eine Wiederwahl ist möglich.

2) Mitglieder des Aufsichtsrats können ihr Amt durch schriftliche Erklärung an den Vorsitzenden des Aufsichtsrats oder den Vorstand mit einer Frist von vier Wochen niederlegen. Die Möglichkeit der Kündigung aus wichtigem Grund bleibt unberührt.

3) Der Aufsichtsrat gibt sich selbst eine Geschäftsordnung.

§ 7 Vorsitzender des Aufsichtsrats

Der Aufsichtsrat wählt im unmittelbaren Anschluss an seine Wahl aus seiner Mitte einen Vorsitzenden und dessen Stellvertreter.

§ 8 Einberufung des Aufsichtsrats und Beschlussfassung

1) Der Vorsitzende, ersatzweise sein Stellvertreter, beruft die Sitzungen des Aufsichtsrats ein.

2) Er ist beschlussfähig, wenn mindestens drei Mitglieder an der Beschlussfassung teilnehmen.

3) Der Vorsitzende ist ermächtigt, im Namen des Aufsichtsrats die zur Durchführung der Beschlüsse erforderlichen Erklärungen abzugeben und Erklärungen an den Aufsichtsrat in Empfang zu nehmen.

§ 9 Vergütung des Aufsichtsrats

1) Die Aufsichtsratsmitglieder erhalten für jedes abgelaufene Geschäftsjahr eine Vergütung von 10.000 EUR. Der Vorsitzende des Aufsichtsrats erhält die doppelte, sein Stellvertreter die eineinhalbfache Vergütung. Die auf die Vergütung zu zahlende Umsatzsteuer wird von der Gesellschaft erstattet.

2) Auslagen werden den Aufsichtsratsmitgliedern erstattet.

§ 10 Hauptversammlung

1) Die Hauptversammlung findet innerhalb der ersten sechs Monate eines Geschäftsjahres am Sitz der Gesellschaft oder an dem Ort statt, an dem ein börsenmäßiger Handel der Aktien der Gesellschaft erfolgt. Sie wird durch den Vorstand und in den gesetzlich vorgeschriebenen Fällen durch den Aufsichtsrat einberufen.

2) Die Einberufung erfolgt durch einmalige Bekanntmachung im elektronischen Bundesanzeiger. Soweit der Gesellschaft die Aktionäre namentlich bekannt sind, kann die Hauptversammlung stattdessen auch durch eingeschriebenen Brief an die der Gesellschaft zuletzt benannten Adressen der Aktionäre unter Einhaltung einer Frist von mindestes einem Monat einberufen werden. Der Tag der Absendung und der Tag der Hauptversammlung werden dabei nicht mitgerechnet. Mit der Einberufung sind den Aktionären die Gegenstände der Tagesordnung mitzuteilen.

3) Ohne Wahrung der Einberufungsförmlichkeiten kann eine Hauptversammlung auch dann abgehalten werden, wenn alle Aktionäre erschienen oder vertreten sind und kein Aktionär der Beschlussfassung widerspricht.

§ 11 Teilnahme an der Hauptversammlung, Stimmrecht

1) Zur Teilnahme und Abstimmung sind die Aktionäre oder deren Vertreter berechtigt, deren Aktien am Tage der Hauptversammlung im Aktienregister eingetragen sind. Umschreibungen im Aktienregister werden in den letzten sieben Tagen vor der Hauptversammlung nicht vorgenommen.

2) Jede Aktie gewährt eine Stimme. Das Stimmrecht beginnt mit der vollständigen Leistung der Einlage.

§ 12 Ablauf der Hauptversammlung, Beschlüsse

1) Den Vorsitz in der Hauptversammlung führt der Vorsitzende des Aufsichtsrats, im Falle der Verhinderung sein Stellvertreter, im Falle von dessen Verhinderung ein von der Hauptversammlung gewählter Versammlungsleiter.

2) Der Vorsitzende bestimmt die Reihenfolge der Abhandlung der Tagesordnung sowie die Art und Reihenfolge der Abstimmungen.

3) Die Hauptversammlung ist beschlussfähig, wenn mindestens 75% des gesamten stimmberechtigten Grundkapitals vertreten sind. Soweit die Hauptversammlung nicht beschlussfähig ist, ist unverzüglich eine neue Hauptversammlung einzuberufen, die sodann ohne Rücksicht auf das vertretene Kapital hinsichtlich der Gegenstände beschlussfähig ist, die auf der Tagesordnung der beschlussunfähigen Hauptversammlung standen, soweit in der erneuten Einberufung darauf hingewiesen wurde.

§ 13 Jahresabschluss

1) Der Vorstand hat in den gesetzlichen Fristen nach Ablauf des Geschäftsjahres den Jahresabschluss und, falls gesetzlich notwendig, den Lagebericht für das vergangene Geschäftsjahr aufzustellen und, falls gesetzlich erforderlich, dem Abschlussprüfer vorzulegen. Der Jahresabschluss ist unverzüglich dem Aufsichtrat vorzulegen.

2) Nach Eingang des Berichts der Prüfung durch den Aufsichtsrat beim Vorstand ist unverzüglich die ordentliche Hauptversammlung einzuberufen. Sie beschließt über die Verwendung des Bilanzgewinns, die Entlastung der Mitglieder des Vorstands und des Aufsichtsrats und die Bestellung des Abschlussprüfers.

§ 14 Bekanntmachungen

Bekanntmachungen der Gesellschaft erfolgen ausschließlich im Bundesanzeiger.

§ 15 Gründungskosten

Die Kosten und Steuern der Gründung trägt die Gesellschaft, und zwar bis zu einem Höchstbetrag von 10.000 EUR.

3. Geschäftsordnung für den Vorstand

§ 1 Allgemeines

1. Der Vorstand besteht aus mindestens zwei Personen. Die Zahl der Vorstandsmitglieder bestimmt der Aufsichtsrat.

2. Die Mitglieder des Vorstandes führen die Geschäfte der Gesellschaft unter Beachtung der Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters nach Maßgabe der Gesetze, der Satzung und dieser Geschäftsordnung.

3. Der Aufsichtsrat kann ein Vorstandsmitglied zum Vorsitzenden des Vorstandes ernennen. Der Vorsitzende des Vorstandes hat auf eine einheitliche Führung der Geschäfte einzuwirken. Ihm obliegen die Behandlung aller Grundsatzfragen der Gesellschaft und die Koordinierung der Tätigkeit gegenüber dem Aufsichtsrat. In Abwesenheit des Vorsitzenden werden die Aufgaben von dem jeweils sachzuständigen Vorstandsmitglied wahrgenommen.

§ 2 Gesamt- und Einzelverantwortung

1. Die Mitglieder des Vorstandes führen die Geschäfte der Gesellschaft nach dem Kollegialprinzip. Sie tragen für die Geschäftsführung gemeinschaftlich die Verantwortung. Sie sind deshalb verpflichtet, sich gegenseitig laufend über wichtige Vorgänge innerhalb ihrer Geschäftsbereiche zu unterrichten und nach Kräften zusammenzuwirken.

2. Unbeschadet der Gesamtverantwortung aller Vorstandsmitglieder für die Geschäftsordnung leitet jedes Vorstandsmitglied den ihm zugewiesenen Geschäftsbereich in eigener Verantwortung. Er ist für die Durchführung und den Erfolg der ihm übertragenen Aufgaben verantwortlich. Soweit Entscheidungen oder zu treffende Maßnahmen auch den Aufgabenbereich eines anderen Vorstandsmitglieds berühren, ist mit diesem ein Einvernehmen herbeizuführen.

§ 3 Geschäftsverteilung

Die Verteilung einzelner Geschäftsbereiche an die Vorstandsmitglieder richtet sich nach dem Geschäftsverteilungsplan, der von dem Vorstand vorzuschlagen und vom Aufsichtsrat zu billigen ist.

Der Geschäftsverteilungsplan ist der Geschäftsordnung als Anlage beigefügt.

§ 4 Sitzungen, Beschlüsse

1. Die Vorstandsmitglieder treffen ihre Entscheidungen grundsätzlich in Sitzungen. Diese sollen mindestens einmal monatlich stattfinden. Sie müssen darüber hinaus stets dann stattfinden, wenn ein Vorstandsmitglied es verlangt.

2. Die Festlegung des Termins, die Einberufung und die Tagesordnung für Sitzungen des Vorstandes, die Leitung dieser Sitzungen sowie die Bestimmung der Protokollführung ist Sache des Vorsitzenden des Vorstandes. Ist ein Vorsitzender des Vorstandes nicht ernannt, so wird die Verpflichtung von dem an Dienstjahren ältesten anwesenden Mitglied des Vorstandes wahrgenommen.

§ 5 Beschlussfassung

1. Die Beschlüsse des Vorstandes werden einstimmig gefasst.

2. Ist eine Einstimmigkeit nicht zu erzielen, so ist über diesen Tagesordnungspunkt in einer weiteren Sitzung erneut zu verhandeln, mit dem Ziel, eine Einstimmigkeit herbeizuführen.

3. Ist diese auch in der neuen Sitzung nicht zu erreichen, so hat eine gemeinsame Beratung mit dem Vorsitzenden des Aufsichtsrats stattzufinden. Die Vorlage gilt als endgültig abgelehnt, wenn auch nach dieser Beratung keine Einstimmigkeit erzielt wird.

§ 6 Zustimmungspflichtige Geschäfte

1. Der Vorstand bedarf zu folgenden Geschäften der Zustimmung des Aufsichtsrats, welche auch im Rundumverfahren oder per Fax schriftlich von den Mitgliedern des Aufsichtsrats eingeholt werden kann:

a) der Erwerb und die Veräußerung von Grundeigentum und grundstücksgleichen Rechten, die Errichtung neuer Anlagen sowie sonstiger Anlageinvestitionen, die Vornahme von Um- und Erweiterungsbauten, wenn der Aufwand im Einzelfall 150.000 EUR übersteigt, sowie die Vornahme von Erneuerungsarbeiten, die im Einzelfall mehr als 50.000 EUR ausmachen;

b) die Übernahme von Bürgschaften und Garantien oder von ähnlichen Haftungen, wenn der Höchstbetrag 50.000 EUR übersteigt;

c) die Errichtung, der Erwerb und die Veräußerung von Unternehmen, Betriebsstätten und Zweigniederlassungen;

d) der Erwerb und die Veräußerung von Beteiligungen an anderen Unternehmen sowie der Abschluss von Unternehmensverträgen;

e) die Aufnahme und die Gewährung von Finanzkrediten, wenn die Kreditaufnahme im Einzelfall 50.000 EUR übersteigt;

f) die Ausgabe von Schuldverschreibungen;

g) die Eingehung langfristiger Verbindlichkeiten, deren Laufzeit im Einzelfall 8 Jahre und deren Höhe im Einzelfall den Betrag von 25.000 EUR übersteigt.

In dringenden Fällen, in denen die Einholung der vorherigen Zustimmung des Aufsichtsrats nicht möglich ist, kann der Vorstand ohne Mitwirkung des Aufsichtsrats entscheiden. Der Vorstand hat in solchen Ausnahmefällen dem Aufsichtsrat anschließend unverzüglich schriftlich Bericht zu erstatten.

2. Der Vorstand hat dem Aufsichtsrat die jährliche Unternehmensplanung zu erläutern (Ergebnis-, Finanz- und Investitionsplan – einschließlich Bereitstellung von Sicherheiten- und Umsatzplan, jeweils unter Gegenüberstellung der entsprechenden Zahlen des vorangegangenen Geschäftsjahres sowie des Soll-Ist-Vergleichs des laufenden Geschäftsjahres) und zur Genehmigung vorzulegen.

Soweit der genehmigte Plan Geschäfte enthält, die nach der Satzung oder der Geschäftsordnung der Zustimmung des Aufsichtsrates bedürfen, ist für solche Geschäfte eine Einzelgenehmigung nicht mehr erforderlich.

Über die Realisierung dieser Pläne ist dem Aufsichtsrat vierteljährlich zu berichten. Zur Überschreitung eines genehmigten Finanz- und Investitionsplanes von mehr als insgesamt 20% ist – unabhängig davon, ob das einzelne Geschäft der Genehmigung bedarf – die Zustimmung des Aufsichtsrats erforderlich.

 

3. Der Aufsichtsrat ist befugt, den Kreis der zustimmungsbedürftigen Geschäfte zu erweitern oder einzuschränken.

 

Anlage zur Geschäftsordnung für den Vorstand – Geschäftsverteilungsplan für den Vorstand

Zum Geschäftsbereich des Vorstandsvorsitzenden, ersatzweise des an Jahren ältesten Mitglied des Vorstandes, gehören folgende Abteilungen und Aufgaben:

– Unternehmensleitung (Führung, Koordination, Grundsatzfragen, Kontrolle),

– Finanz- und Rechnungswesen,

– Compliance,

– Controlling und

– Informationsverarbeitung.

Zum Geschäftsbereich des stellvertretenden Vorstandsvorsitzenden, ersatzweise des jüngsten, gehören folgende Abteilungen und Aufgaben:

– Personal,

– Logistik,

– Produktentwicklung und

– Absatz und Marketing.

Die Rechte und Pflichten der Vorstandsmitglieder aus Gesetz, Satzung und Geschäftsordnung für den Vorstand, die gemeinschaftliche Verantwortlichkeit der Vorstandsmitglieder zur Zusammenarbeit und gegenseitigen Unterrichtung bleiben von diesem Geschäftsverteilungsplan unberührt.

4. Geschäftsordnung des Aufsichtsrats

Der Aufsichtsrat führt die Geschäfte nach den gesetzlichen Vorschriften, den Ausführungen der Satzung sowie dieser Geschäftsordnung.

§ 1 Allgemeines

Bei der Wahrnehmung seiner Aufgaben hat der Aufsichtsrat mit den übrigen Organen der Gesellschaft vertrauensvoll zusammenzuarbeiten, um so dem Wohle des Unternehmens zu dienen. Die Aufsichtsratsmitglieder sind von Aufträgen und Weisungen unabhängig. Sie haben gleiche Rechte und Pflichten.

§ 2 Sitzungen

1. Der Aufsichtsrat soll in der Regel einmal im Kalendervierteljahr, er muss einmal im Kalenderhalbjahr einberufen werden. Darüber hinaus ist er einzuberufen, wenn dies von einem Aufsichtsratsmitglied oder dem Vorstand unter Angabe des Zwecks und der Gründe verlangt wird.

2. Die Sitzungen des Aufsichtsrats werden durch den Vorsitzenden, im Falle seiner Verhinderung durch dessen Stellvertreter, unter Einhaltung einer Frist von vierzehn Tagen schriftlich einberufen. Bei der Berechnung der Frist werden der Tag der Absendung der Einladung und der Tag der Sitzung nicht mitgerechnet. In dringenden Fällen kann der Vorsitzende diese Frist angemessen verkürzen und mündlich, fernmündlich, fernschriftlich oder telegrafisch einberufen. Zwischen dem Tag der Absendung der Einladung und dem Sitzungstag müssen jedoch in solchen Fällen mindestens vier Tage liegen.

3. Mit der Einberufung sind die Gegenstände der Tagesordnung mitzuteilen. Gegenstände oder Anträge, die nicht auf der Tagesordnung stehen oder den Aufsichtsratsmitgliedern nicht ordnungsgemäß mitgeteilt wurden, sind zur Beschlussfassung nur zugelassen, wenn kein in der Sitzung anwesendes Aufsichtsratsmitglied widerspricht und abwesenden Aufsichtsratsmitgliedern Gelegenheit gegeben wird, binnen einer vom Vorsitzenden anzusetzenden Frist ihre Stimme nachträglich schriftlich abzugeben. Von Mitgliedern des Aufsichtsrats unverzüglich nach der Ladung dem Aufsichtsratsvorsitzenden schriftlich genannte Gegenstände sind auf die Tagesordnung zu setzen.

§ 3 Beschlussfassung

1. Der Aufsichtsrat ist beschlussfähig, wenn zwei Drittel der Mitglieder, aus denen er insgesamt zu bestehen hat, an der Beschlussfassung teilnehmen.

2. Sind Mitglieder des Aufsichtsrats verhindert, an Sitzungen teilzunehmen, so können sie eine schriftliche Stimmabgabe durch ein anderes Mitglied des Aufsichtsrats überreichen lassen. Die Überreichung der schriftlichen Stimmabgabe gilt als Teilnahme an der Beschlussfassung.

3. Außerhalb von Sitzungen ist eine Beschlussfassung durch schriftliche, telegrafische oder fernmündliche Stimmabgabe zulässig, wenn der Vorsitzende des Aufsichtsrats aus besonderen Gründen eine solche Beschlussfassung anordnet und kein Mitglied des Aufsichtsrats diesem Verfahren innerhalb einer vom Vorsitzenden des Aufsichtsrats zu bestimmenden angemessenen Frist widerspricht.

4. Beschlüsse des Aufsichtsrats bedürfen der Mehrheit der abgegebenen Stimmen, soweit nicht gesetzlich etwas anderes bestimmt ist.

5. Über die Verhandlungen und Beschlüsse des Aufsichtsrats wird eine Niederschrift angefertigt, die vom Sitzungsvorsitzenden zu unterzeichnen ist. Die über schriftlich, telegrafisch, fernschriftlich oder fernmündlich gefassten Beschlüsse anzufertigende Niederschrift hat der Vorsitzende des Aufsichtsrats zu unterzeichnen.

6. Der Vorsitzende ist ermächtigt, im Namen des Aufsichtsrats die zur Durchführung der Beschlüsse erforderlichen Erklärungen abzugeben und Erklärungen an den Aufsichtsrat in Empfang zu nehmen.

§ 4 Ausschüsse

1. Der Aufsichtsrat kann Ausschüsse bilden.

2. Die Wahl des Ausschussmitgliedes erfolgt auf die längste nach § 102 AktG zulässige Zeit. Wiederwahl ist zulässig.

3. Die für den Aufsichtsrat in der Satzung und dieser Geschäftsordnung getroffenen Regelungen gelten entsprechend für die innere Ordnung der Ausschüsse, soweit nicht nachfolgend Abweichendes bestimmt ist.

4. Die Ausschüsse sind beschlussfähig, wenn alle Mitglieder an der Beschlussfassung teilnehmen.

§ 5 Teilnahme an Sitzungen des Aufsichtsrats

1. Zu den Sitzungen des Aufsichtsrats können nach entsprechender Beschlussfassung Berater, Sachverständige und sonstige Auskunftspersonen zur Erörterung einzelner Gegenstände zugezogen werden.

2. Der Vorstand soll an allen Aufsichtsratssitzungen, zu denen er eingeladen worden ist, teilnehmen.

§ 6 Verschwiegenheitspflicht der Aufsichtsratsmitglieder

Die Mitglieder des Aufsichtsrats haben über die ihnen bei ihrer Tätigkeit als Aufsichtsratsmitglied bekannt gewordenen Tatsachen, deren Offenbarung die Interessen der Gesellschaft beeinträchtigen könnte, Dritten gegenüber Stillschweigen zu bewahren. Diese Verpflichtung besteht auch nach Beendigung ihres Amtes.

5. Gründungsbericht

Wir, die unterzeichnenden Gründer der

Kölner Information Services-Aktiengesellschaft

in Köln, erstatten über den Hergang der Gründung den folgenden Bericht:

1. Die Satzung der Gesellschaft wurde gemäß Gründungsprotokoll vom … festgestellt (Urkunde des Notars Dr. Urkund in Köln Ur-Nr. …).

2. Als Gründer haben sich beteiligt: Frau Tüchtig, Herr Fleißig (Personalien der Gründer).

3. Das Grundkapital der Gesellschaft beträgt 50.000 EUR. Die Gründer haben die Stückaktien jeweils zu einem dem prozentualen Anteil an dem Stammkapital entsprechenden Betrag übernommen. Sie haben hierauf ausschließlich bare Einlagen in voller Höhe ihrer prozentualen Anteile an dem Stammkapital auf das Konto der Gesellschaft bei der Spar-Bank in Köln geleistet. Das Stammkapital ist damit vollständig übernommen. Diese Einlagen stehen laut Bescheinigung der Spar-Bank endgültig zur freien Verfügung des Vorstandes.

4. Die Gründer haben zu Mitgliedern des ersten Aufsichtsrats die Herren Eins, Zwei, Drei (Personalien) bestellt. Diese haben zum Vorsitzenden des Aufsichtsrates Herrn Eins, zu seinem Stellvertreter Herrn Zwei gewählt. Diese haben die Wahl angenommen.

5. Der Aufsichtsrat hat durch Beschluss vom … Herrn Sachkunde und Frau Tüchtig (Personalien) zu Vorstandsmitgliedern bestellt. Diese haben die Bestellung angenommen.

6. Bei der Gründung wurden keine Aktien für Rechnung eines Mitglieds des Aufsichtsrats übernommen. Das Vorstandsmitglied Frau Tüchtig ist zugleich Gründer und hat 25.000 Stammaktien (Stückaktien) als Namensaktien übernommen. Weder ein Mitglied des Vorstandes noch ein Mitglied des Aufsichtsrats hat sich einen besonderen Vorteil, eine Entschädigung oder Belohnung für die Gründung oder ihre Vorbereitung ausbedungen.

7. Die Gesellschaft hat die Gründungskosten in einer geschätzten Höhe von 10.000 EUR übernommen.

6. Gründungsprüfungsbericht

Wir, die unterzeichnenden Mitglieder des ersten Vorstandes und des ersten Aufsichtsrats der

Kölner Information Services-Aktiengesellschaft

in Köln, haben den Hergang der Gründung geprüft. Dabei haben uns vorgelegen:

1. die notarielle Urkunde vom … über die Gründung der Kölner Information Services-AG, Feststellung der Satzung, Übernahme der Aktien, Bestellung des ersten Aufsichtsrats und Bestellung des Abschlussprüfers (Urkunde des Notars Dr. Urkund in Köln Nr. …),

2. die Niederschrift über die Bestellung des Vorstandes durch den Aufsichtsrat vom …,

3. die Bescheinigung der Spar-Bank in Köln über die Einzahlung von 50.000 EUR auf das Konto der Gesellschaft und die Bestätigung der Bank, dass der eingezahlte Betrag endgültig zur freien Verfügung des Vorstandes steht,

4. schließlich der Gründungsbericht vom … .

Nach unseren Feststellungen entspricht der Hergang der Gründung den gesetzlichen Vorschriften. Die Angaben der Gründer über die Übernahme der Aktien, die Einlage auf das Grundkapital, Sondervorteile und Gründungsaufwand sind richtig und vollständig. Gegen den Ansatz der Gründungskosten bestehen keine Einwendungen.

7. Bericht des Gründungsprüfers (Notar)

Bericht des beurkundenen Notars Dr. Urkund in Köln über die Prüfung der Gründung der Kölner Information Services-Aktiengesellschaft in Köln.

I. Durch die Hauptversammlung der Kölner Information Services-Aktiengesellschaft vom … wurde der amtierende Notar gebeten, die nach § 33 Abs. 3 Satz 1 i.V.m. § 33 Abs. 2 Nr. 1 AktG erforderliche Gründungsprüfung vorzunehmen.

Es lagen folgende Unterlagen vor:

– die notarielle Urkunde des amtierenden Notars, UR-Nr. …, mit der Feststellung der Satzung, Übernahme der Aktien, Bestellung des ersten Aufsichtsrates, Wahl des Vorsitzenden des Aufsichtsrates und seines Stellvertreters;

– die in vorstehender Urkunde enthaltene Quittung über die Barzahlung von 50.000 EUR durch die Gründer sowie die Bestätigung, dass dieser Betrag endgültig zur freien Verfügung des Vorstandes steht;

– der Gründungsbericht gem. § 32 AktG der Gründer vom …;

– der Beschluss des ersten Aufsichtsrates der AG über die Bestellung der Mitglieder des ersten Vorstandes vom …;

– Gründungsprüfungsbericht des Vorstandes und des Aufsichtsrates vom ….

II. Die Gründung der Kölner Information Services-Aktiengesellschaft ist mit notarieller Urkunde vom … des amtierenden Notars zur UR-Nr. … erfolgt.

Das Grundkapital beträgt 50.000 EUR es ist eingeteilt in 50.000 Stückaktien, wovon 25.000 als Stammaktien und weitere 25.000 als stimmrechtslose Vorzugsaktien ausgegeben werden. Alle Aktien sind Namensaktien.

Als Gründer sind beteiligt Frau Tüchtig und Herr Fleißig. Die Gründer haben alle Aktien übernommen.

Zum ersten Aufsichtsrat wurden die Herren Eins, Zwei, Drei gewählt, die ihre Wahl annahmen. Aus ihrer Mitte wählten sie anschließend Herrn Eins zum Vorsitzenden des Aufsichtsrates.

Der Aufsichtsrat hat sodann Herrn Sachkunde und Frau Tüchtig zu Vorstandsamitgliedern bestellt, welche die Bestellung jeweils für sich annahmen.

Der Gründer Frau Tüchtig wurde zum Vorstandsmitglied bestellt.

Weder ein Mitglied des Vorstandes noch ein Mitglied des Aufsichtsrates hat sich einen besonderen Vorteil, eine Entschädigung oder Belohnung für die Gründung oder ihre Vorbereitung ausbedungen. Gründungsaufwand ist nicht zu Lasten der Gesellschaft erstattet worden. Sondervorteile zugunsten eines Aktionärs, der Vorstandsmitglieder oder Aufsichtsratsmitglieder sind nicht eingeräumt worden.

Die Angaben der Gründer der AG, der Mitglieder des Vorstandes und des Aufsichtsrates über die Übernahme der Aktien, über die Einlagen auf das Grundkapital und über die Festsetzungen nach §§ 26, 27 AktG sind nach meinen Feststellungen richtig und vollständig.

Bestätigungsvermerk

Nach pflichtgemäßer Prüfung gem. §§ 33 ff. AktG bestätigt der amtierende Notar, dass die Angaben der Gründer über die Übernahme der Aktien, über die Einlagen auf das Grundkapital und über die Festsetzung nach §§ 26 und 27 AktG richtig und vollständig sind.

Köln, den

Dr. Urkund

Notar

8. Anmeldung der AG

An das Amtsgericht Köln

Registergericht

Reichenspergerplatz 1

50670 Köln

Wir, die unterzeichnenden Gründer, Mitglieder des Vorstandes und des Aufsichtsrats, melden die

Kölner Information Services-Aktiengesellschaft

mit dem Sitz in Köln zur Eintragung in das Handelsregister an.

Kölner Information Services-Aktiengesellschaft

mit dem Sitz in Köln zur Eintragung in das Handelsregister an.

1. Gründer der Gesellschaft sind …
(Personalien).

(Personalien).

2. Mitglieder des Aufsichtsrates sind …
(Personalien).

(Personalien).

3. Mitglieder des Vorstandes sind …
(Personalien).

(Personalien).

 

Das Grundkapital der Gesellschaft beträgt 50.000 EUR und ist eingeteilt in 50.000 Stückaktien, wovon 25.000 als Stammaktien und weitere 25.000 als stimmrechtslose Vorzugsaktien ausgegeben werden. Alle Aktien sind Namensaktien.

Jede Aktie wurde dem verhältnismäßigen Anteil am Grundkapital entsprechend gegen Bareinlage ausgegeben. Auf jede Aktie ist der dem Verhältnis am Grundkapital entsprechende Betrag in voller Höhe auf das Konto der Gesellschaft bei der Spar-Bank eingezahlt. Der Gesamtbetrag von 50.000 EUR steht abzüglich der bei der Gründung angefallenen Gebühren, die bezahlt werden, endgültig zur freien Verfügung des Vorstandes.

Ist nur ein Vorstand bestellt, so vertritt dieser die Gesellschaft allein. Besteht der Vorstand aus mehreren Personen, so wird die Gesellschaft von zwei Vorstandsmitgliedern vertreten. Der Aufsichtsrat kann jedem Vorstandsmitglied die Befugnis zur Alleinvertretung erteilen.

Die bestellten Vorstandsmitglieder Sachkunde und Vertrieb vertreten die Gesellschaft gemeinschaftlich. Sie zeichnen ihre Unterschriften wie folgt:

 

(Zeichnung der Unterschriften)

 

Die Vorstandsmitglieder wurden vom Notar über ihre unbeschränkte Auskunftspflicht gegenüber dem Gericht belehrt. Sie versichern, dass ihrer Bestellung keine gesetzlichen Hindernisse entgegenstehen, dass sie also weder wegen eines Konkursdelikts vorbestraft sind, noch dass gegen sie ein Berufs- oder Gewerbeverbot eines Gerichts oder einer Behörde besteht.

 

(Beglaubigungsvermerk)

 

Das Grundkapital der Gesellschaft beträgt 50.000 EUR und ist eingeteilt in 50.000 Stückaktien, wovon 25.000 als Stammaktien und weitere 25.000 als stimmrechtslose Vorzugsaktien ausgegeben werden. Alle Aktien sind Namensaktien.

Jede Aktie wurde dem verhältnismäßigen Anteil am Grundkapital entsprechend gegen Bareinlage ausgegeben. Auf jede Aktie ist der dem Verhältnis am Grundkapital entsprechende Betrag in voller Höhe auf das Konto der Gesellschaft bei der Spar-Bank eingezahlt. Der Gesamtbetrag von 50.000 EUR steht abzüglich der bei der Gründung angefallenen Gebühren, die bezahlt werden, endgültig zur freien Verfügung des Vorstandes.

Ist nur ein Vorstand bestellt, so vertritt dieser die Gesellschaft allein. Besteht der Vorstand aus mehreren Personen, so wird die Gesellschaft von zwei Vorstandsmitgliedern vertreten. Der Aufsichtsrat kann jedem Vorstandsmitglied die Befugnis zur Alleinvertretung erteilen.

Die bestellten Vorstandsmitglieder Sachkunde und Tüchtig vertreten die Gesellschaft gemeinschaftlich.

 

Die Vorstandsmitglieder wurden vom Notar über ihre unbeschränkte Auskunftspflicht gegenüber dem Gericht belehrt. Sie versichern, dass ihrer Bestellung keine gesetzlichen Hindernisse entgegenstehen, dass sie also weder wegen eines Konkursdelikts vorbestraft sind, noch dass gegen sie ein Berufs- oder Gewerbeverbot eines Gerichts oder einer Behörde besteht.

 

(Beglaubigungsvermerk)

III. Gesellschaftsrechtliche Kommentierung der Satzung

1. § 1 – Firma, Sitz, Geschäftsjahr

Gemäß § 23 Abs. 3 Nr. 1 AktG muss die Satzung die Firma und den Sitz der Gesellschaft bestimmen. Die konkreten Anforderungen an die Firma ergeben sich aus § 4 AktG. Zulässig sind dabei sowohl Personenfirmen (z. B. der Name des Gründungsaktionärs), Sachfirmen (etwa in Anlehnung an den Gesellschaftszweck) oder Fantasiefirmen, wenn diese in gleicher Art und Weise wie Personen- oder Sachfirmen eine namensmäßige Individualisierung ermöglichen.1 Ergänzend bestimmt § 4 AktG, dass die Bezeichnung „Aktiengesellschaft“ oder eine allgemein verständliche Abkürzung dieser Bezeichnung in der Firma enthalten sein muss.

Die Bestimmung des Sitzes und dessen Aufnahme in die Satzung ergibt sich aus § 5 AktG. Der Sitz dient der Individualisierung der Aktiengesellschaft. Die Hauptbedeutung liegt im Verfahrensrecht. Der Sitz bestimmt die örtliche Zuständigkeit in Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit und für die streitige Gerichtsbarkeit. Ausschlaggebend ist dafür der Sitz, der in der Satzung bestimmt wird.

Darüber hinaus ist darauf hinzuweisen, dass auch das AktG selbst beispielsweise in § 121 Abs. 5 Satz 1 AktG an den Sitz der Gesellschaft anknüpft.

Gemäß § 5 AktG ist Sitz der Gesellschaft der Ort im Inland, den die Satzung bestimmt.

Die Gesellschaft kann einen Verwaltungssitz haben, der nicht notwendig mit dem Satzungssitz übereinstimmt. Dadurch können deutsche Gesellschaften ihre Geschäftstätigkeit auch ausschließlich im Rahmen einer (Zweig-)Niederlassung, die alle Geschäftsaktivitäten erfasst, außerhalb des deutschen Hoheitsgebiets entfalten. Es ist aber eine Geschäftsanschrift im Inland im Register einzutragen und aufrechtzuerhalten, §§ 37 Abs. 3 Nr. 1, 39 Abs. 1 Satz 1 AktG.

Der gänzliche Wegzug einer deutschen Kapitalgesellschaft aus Deutschland ist allerdings nicht möglich.

Der EuGH hat in dem Verfahren „Cartesio“2 über den Wegzug einer ungarischen Personengesellschaft nach Italien entschieden, dass die Mitgliedstaaten das Recht haben, den Wegzug eigener Gesellschaften unter Beibehaltung der ursprünglichen Rechtsform zu verhindern, auch wenn sie den Zuzug von Gesellschaften aus anderen Mitgliedstaaten zu akzeptieren haben.3

Aus Vereinfachungsgründen ist das Geschäftsjahr regelmäßig das Kalenderjahr. Im Jahr der Gründung wird häufig vereinbart, dass das erste Geschäftsjahr als Rumpfgeschäftsjahr geführt wird. Im Hinblick auf die Vorschriften der Rechnungslegung des HGB ist die Bestimmung des Geschäftsjahres in das Kalenderjahr sinnvoll.

Gemäß § 23 Abs. 3 Nr. 1 AktG muss die Satzung die Firma und den Sitz der Gesellschaft bestimmen. Die konkreten Anforderungen an die Firma ergeben sich aus § 4 AktG. Zulässig sind dabei sowohl Personenfirmen (z. B. der Name des Gründungsaktionärs), Sachfirmen (etwa in Anlehnung an den Gesellschaftszweck) oder Fantasiefirmen, wenn diese in gleicher Art und Weise wie Personen- oder Sachfirmen eine namensmäßige Individualisierung ermöglichen.1 Ergänzend bestimmt § 4 AktG, dass die Bezeichnung „Aktiengesellschaft“ oder eine allgemein verständliche Abkürzung dieser Bezeichnung in der Firma enthalten sein muss.

Die Bestimmung des Sitzes und dessen Aufnahme in die Satzung ergibt sich aus § 5 AktG. Der Sitz dient der Individualisierung der Aktiengesellschaft. Die Hauptbedeutung liegt im Verfahrensrecht. Der Sitz bestimmt die örtliche Zuständigkeit in Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit und für die streitige Gerichtsbarkeit. Ausschlaggebend ist dafür der Sitz, der in der Satzung bestimmt wird.

Darüber hinaus ist darauf hinzuweisen, dass auch das AktG selbst beispielsweise in § 121 Abs. 5 Satz 1 AktG an den Sitz der Gesellschaft anknüpft.

Gemäß § 5 Abs. 2 AktG ergibt sich ein Wahlrecht der Aktiengesellschaft, wo sie ihren Sitz begründen möchte. Der Sitz kann dort liegen, wo die Gesellschaft einen Betrieb hat, wo sich die Geschäftsleitung befindet oder wo die Verwaltung geführt wird. Ausnahmsweise kann der Gesellschaftssitz auch an einem anderen Ort liegen. Erforderlich ist hierfür jedoch ein schutzwürdiges Interesse.

Aus dem Eintragungserfordernis der §§ 36 und 41 AktG ergibt sich, dass der Sitz im Inland liegen muss, weil sonst das Registerverfahren mangels Zuständigkeit nicht stattfinden könnte.

Ein Doppelsitz ist dann möglich, wenn die Satzung der Aktiengesellschaft zwei verschiedene Orte als Gesellschaftssitz bestimmt. Dieses kann sich bei grenzüberschreitenden Unternehmen ergeben. Hinzuweisen ist darauf, dass auch durch die Verschmelzungen von zwei Gesellschaften ein Grund gegeben sein kann, einen Doppelsitz zuzulassen.

Grundsätzlich ist auch eine Sitzverlegung möglich. Die Grenzen finden sich jedoch dann, wenn eine Sitzverlegung in das Ausland durch Beschluss der Hauptversammlung vorgenommen wird. Dies wird von der (noch) herrschenden Meinung regelmäßig als ein zur Liquidation führender Auflösungsbeschluss gemäß § 262 Abs. 1 Nr. 2 AktG angesehen. In gleicher Weise wird gemäß §§ 11 Abs. 1, 12 KStG der Beschluss über die Sitzverlegung in das Ausland als Auflösungsbeschluss gewertet. Diese herrschende Meinung wird in der Literatur zu Recht kritisiert.2 Insbesondere die Situation, dass nach der neueren EuGH-Rechtsprechung ein Zuzug von Gesellschaften, nicht aber der Wegzug von Gesellschaften möglich sein soll, wird als unhaltbar angesehen.

Aus Vereinfachungsgründen ist das Geschäftsjahr regelmäßig das Kalenderjahr. Im Jahr der Gründung wird häufig vereinbart, dass das erste Geschäftsjahr als Rumpfgeschäftsjahr geführt wird. Im Hinblick auf die Vorschriften der Rechnungslegung des HGB ist die Bestimmung des Geschäftsjahres in das Kalenderjahr sinnvoll.

2. § 2 – Gegenstand des Unternehmens

Gemäß § 23 Abs. 3 Nr. 2 AktG muss in der Satzung der Gegenstand des Unternehmens angegeben sein. Eine Individualisierung des Gegenstandes des Unternehmens muss derart durchgeführt worden sein, dass der Schwerpunkt der Geschäftstätigkeit für außenstehende Dritte erkennbar wird. Es ist anzugeben, ob Produkte erzeugt, bearbeitet oder gehandelt werden und diese sind ihrer Art nach zu bezeichnen. Bei Dienstleistungsunternehmen ist die Tätigkeit anzugeben. Sofern mehrere Unternehmensgegenstände vorhanden sind, so sind diese sämtlich anzugeben. Die Angabe bezweckt, die Grenze der Geschäftsführungsbefugnis des Vorstandes (vgl. § 82 Abs. 2 AktG) zu bestimmen und außenstehende Dritte über den Tätigkeitsbereich der Aktiengesellschaft zu informieren. Bei der Wahl des Unternehmensgegenstandes sind die Bestimmungen der gesetzlichen Verbote (§§ 134, 138 BGB) zu beachten.

Darüber hinaus ist festzustellen, dass der Aktiengesellschaft eine Reihe von Tätigkeiten offenstehen, die anderen Rechtsträgern verschlossen sind. Gemäß § 2 Abs. 1 Bausparkassengesetz, § 2 Abs. 1 Unternehmensbeteiligungsgesellschaften-gesetz, § 2 Abs. 2 Hypothekenbankengesetz, § 2 Abs. 1 Schiffsbankengesetz und § 7 Abs. 2 Versicherungsunternehmensgesetz sind die dort genannten Tätigkeiten ausschließlich der Aktiengesellschaft vorbehalten.

Das Recht der freien Berufe, ihre Tätigkeit in Form der Aktiengesellschaft auszuüben, ist noch nicht abschließend geregelt. Für Steuerberater und Wirtschaftsprüfer ist dieses gesetzlich normiert, während es für Rechtsanwaltsgesellschaften noch nicht gesetzlich geregelt ist. Die Rechtsprechung hat die Rechtsanwalts-AG auch ohne ausdrückliche gesetzliche Grundlage als zulässig erachtet3 und sich dabei auf die überwiegende Auffassung im neueren Schrifttum gestützt.

In § 2 Abs. 2 der Satzung ist ausgedrückt, dass dem Vorstand eine über den unmittelbaren Gesellschaftszweck hinaus gehende Betätigung erlaubt ist. Die Freiheit, Niederlassungen zu bilden, hat auch nur wiederholenden Charakter. Ausdrücklich ist die Möglichkeit vorgesehen, dass die Aktiengesellschaft sich an weiteren Unternehmen beteiligen darf. Eine derartige „Konzernbildungsklausel“ ist notwendig, da ohne eine entsprechende Klausel in der Satzung der Aktiengesellschaft dem Vorstand die näher beschriebenen Maßnahmen nicht ausdrücklich gestattet sind.

Gemäß § 23 Abs. 3 Nr. 2 AktG muss in der Satzung der Gegenstand des Unternehmens angegeben sein. Eine Individualisierung des Gegenstandes des Unternehmens muss derart durchgeführt worden sein, dass der Schwerpunkt der Geschäftstätigkeit für außenstehende Dritte erkennbar wird. Es ist anzugeben, ob Produkte erzeugt, bearbeitet oder gehandelt werden und diese sind ihrer Art nach zu bezeichnen. Bei Dienstleistungsunternehmen ist die Tätigkeit anzugeben. Sofern mehrere Unternehmensgegenstände vorhanden sind, so sind diese sämtlich anzugeben. Die Angabe bezweckt, die Grenze der Geschäftsführungsbefugnis des Vorstandes (vgl. § 82 Abs. 2 AktG) zu bestimmen und außenstehende Dritte über den Tätigkeitsbereich der Aktiengesellschaft zu informieren. Bei der Wahl des Unternehmensgegenstandes sind die Bestimmungen der gesetzlichen Verbote (§§ 134, 138 BGB) zu beachten.

Darüber hinaus ist festzustellen, dass der Aktiengesellschaft eine Reihe von Tätigkeiten offen stehen, die anderen Rechtsträgern verschlossen sind. Gemäß § 2 Abs. 1 Bausparkassengesetz, § 2 Abs. 1 Unternehmensbeteiligungsgesellschaften-gesetz, § 2 Abs. 2 Hypothekenbankengesetz, § 2 Abs. 1 Schiffsbankengesetz und § 7 Abs. 2 Versicherungsunternehmensgesetz sind die dort genannten Tätigkeiten ausschließlich der Aktiengesellschaft vorbehalten.

Das Recht der freien Berufe, ihre Tätigkeit in Form der Aktiengesellschaft auszuüben, ist noch nicht abschließend geregelt. Für Steuerberater und Wirtschaftsprüfer ist dieses gesetzlich normiert, während es für Rechtsanwaltsgesellschaften noch nicht gesetzlich geregelt ist. Die Rechtsprechung hat die Rechtsanwalts-AG auch ohne ausdrückliche gesetzliche Grundlage als zulässig erachtet4 und sich dabei auf die überwiegende Auffassung im Schrifttum gestützt. Nach der Mitgliederstatistik der Bundesrechtsanwaltskammer (Stand 1.1.2021) sind im Bundesgebiet insgesamt 27 Rechtsanwalts-Aktiengesellschaften zugelassen.

In § 2 Abs. 2 der Mustersatzung ist ausgedrückt, dass dem Vorstand eine über den unmittelbaren Gesellschaftszweck hinaus gehende Betätigung erlaubt ist. Die Freiheit, Niederlassungen zu bilden, hat lediglich wiederholenden Charakter. Ausdrücklich ist die Möglichkeit vorgesehen, dass die Aktiengesellschaft sich an weiteren Unternehmen beteiligen darf. Eine derartige „Konzernbildungsklausel“ ist notwendig, da ohne eine entsprechende Klausel in der Satzung der Aktiengesellschaft dem Vorstand die näher beschriebenen Maßnahmen nicht ausdrücklich gestattet sind.

Unbestritten ist die Möglichkeit, dass die Satzung grundsätzlich eine Konzernbildungsklausel enthalten darf. Die Frage, ob trotz gegebener Klausel noch ein zusätzlicher gesonderter Zustimmungsbeschluss der Hauptversammlung notwendig ist, sofern eine geplante Maßnahme eine bestimmte Dimension im Verhältnis zur Aktiengesellschaft überschreitet, ist jedoch noch nicht ausdiskutiert.5 Daher ist die Verwendung einer solchen Formulierung noch nicht Garant dafür, dass die konzernrechtliche Bindung ohne weiteres möglich ist.

3. § 3 – Grundkapital

Die Höhe des Grundkapitals ist gemäß § 23 Abs. 3 Nr. 3 AktG in der Satzung zu nennen. Dabei muss der Mindestnennbetrag des Grundkapitals gemäß § 7 AktG 50.000 EUR betragen. Gemäß § 6 AktG muss das Grundkapital auf einen Nennbetrag in Euro lauten. Gem. § 8 Abs. 1 AktG können die Aktien als Nennbetragsaktien oder als Stückaktien begründet werden. Nennbetragsaktien müssen auf mindestens einen Euro lauten, höhere Aktienbeträge müssen auf volle Euro lauten, § 8 Abs. 2 Satz 1 und 4 AktG. Stückaktien sind am Grundkapital der Gesellschaft in gleichem Umfang beteiligt, ohne dass sie auf einen Nennbetrag lauten. Der auf die einzelne Stückaktie entfallende anteilige Betrag des Grundkapitals darf einen Euro nicht unterschreiten, § 8 Abs. 3 Satz 1 bis 3 AktG. Verstöße gegen diese Vorschriften können gem. § 8 Abs. 2 Satz 3 und Abs. 3 Satz 4 AktG Schadensersatzansprüche der Inhaber gegenüber den Ausgebern auslösen.

a) Inhaberaktie/Namensaktie

Gemäß § 10 Abs. 1 AktG können die Aktien auf den Inhaber oder auf Namen lauten. Dabei ist auch eine Bestimmung der Satzung möglich, wonach ein Teil der Aktien auf den Inhaber und ein Teil der Aktien auf den Namen lautet. Welche Aktienart gewählt wird, ist eine Frage der verfolgten Zielsetzung. Bei der Einrichtung von Aktiengesellschaften, die nicht an den großen börsennotierten Aktiengesellschaften orientiert sind, kann es zweckmäßig sein, ausschließlich Namensaktien auszugeben. Die Namensaktie bietet den Vorteil, dass der Gesellschaft die Namen der Aktionäre aus dem nach § 67 Abs. 1 AktG zu führenden Aktienregister bekannt sind.

Um der Kleinen Aktiengesellschaft die eingeführten Erleichterungen bei der Einberufung der Hauptversammlung einzuräumen, ist es notwendig, dass statt der Einberufung mit hohem Formalismus die Möglichkeit erhalten bleibt, die Aktionäre namentlich einzuladen (vgl. § 121 Abs. 4 Satz 2 AktG). Dieses Kriterium kann lediglich dann gewährleistet sein, wenn Namensaktien ausgegeben werden. Es wird sich daher für die Kleine Aktiengesellschaft regelmäßig empfehlen, ausschließlich Namensaktien auszugeben.

b) Vinkulierte Namensaktie

Die Vinkulierung von Namensaktien wird dadurch erreicht, dass die Übertragung der Namensaktie an die Zustimmung der Gesellschaft gebunden ist. Eine derartige Maßnahme wird regelmäßig durchgeführt, um bei kleineren Gesellschaften den Kreis der Mitglieder zu steuern und zu kontrollieren. Eine Vinkulierung kann jedoch nur wirksam durch ausdrückliche Festlegung in der Satzung erfolgen. Diese Bestimmung muss auch die gemäß § 68 Abs. 2 AktG notwendige Aussage treffen, wer innerhalb der Gesellschaft die Zustimmung zu erteilen hat. Es ist durch Satzung möglich, diese Zustimmung auf die Hauptversammlung zu übertragen.

Auch hier ist wieder ein hoher Gestaltungsspielraum möglich. Die Vinkulierung muss nicht in jedem Fall gegeben werden, sie ist beispielsweise verzichtbar, wenn die Satzung vorsieht, dass die Übertragung an bereits bestehende Mitglieder eine Zustimmung nicht erforderlich macht. Dieses wird insbesondere dann akzeptiert werden können, wenn der Kreis der Aktionäre aus einer Familie zu entnehmen ist.

Aktien sind frei vererblich, diese Vererblichkeit kann nicht durch die Satzung eingeschränkt werden, weder für Inhaber- noch für Namensaktien. Die Verfügung über Inhaberaktien kann grundsätzlich nicht eingeschränkt werden. Die Vinkulierung von Namensaktien ist nur bei rechtsgeschäftlichen Verfügungen über Aktien anwendbar,6 nicht bei einem Erwerb von Todes wegen. Es kann aber eine gewisse Steuerung durch die Satzung erfolgen, indem für den Tod eines Aktionärs die Einziehung der Aktien erlaubt wird. Eine solche Einziehung geht allerdings immer mit einer Kapitalherabsetzung einher und ist daher sehr aufwändig und umständlich. Die Einziehung ist zudem nur dann praktikabel, wenn alle Einlagen vollständig erbracht sind und die AG eine Gewinnrücklage mit entsprechender Zweckbestimmung gebildet hat. Zu beachten ist auch, dass die Erben des Aktionärs, deren Aktien eingezogen werden, eine Abfindung beanspruchen können, die sich idR am „wahren Wert“ der Aktien zu orientieren hat. Hier ist also ggfls. eine (kostenträchtige) Bewertung der Aktien bzw. des Unternehmens erforderlich. Wird eine zu geringe oder keine Abfindung gewährt, kann dies das Finanzamt auf den Plan rufen, denn es wird in dieser unentgeltlichen Einziehung in aller Regel eine steuerpflichtige Zuwendung an die übrigen Aktionäre liegen.

Die Form und Inhalt der Aktienurkunden werden durch den Vorstand festgelegt. Eine Kopplung dieser Entscheidung an den Aufsichtsrat ist nicht zwingend notwendig.

In § 3 Absatz 3 der Mustersatzung ist von der Möglichkeit des § 10 Abs. 5 AktG Gebrauch gemacht worden. Die bisher übliche Einzelverbriefung ist hier ausgeschlossen worden, sofern nicht der Aktionär selbst die Kosten trägt. Der gesetzliche Anspruch auf Verbriefung der Aktie überhaupt bleibt dadurch bestehen, dass der Anspruch auf eine Globalaktie erhalten bleibt.

c) Aktiengattung

§ 11 AktG bestimmt, dass Aktien verschiedene Rechte gewähren können, wobei Aktien mit gleichen Rechten eine Gattung bilden. Gebräuchlich ist die Unterscheidung zwischen Stammaktien und Vorzugsaktien. Stammaktien sind der Regelfall der Aktien, während die Vorzugsaktie verschiedene Rechte gewähren kann. Die verschiedenen Rechte, die gewährt werden können, unterscheiden sich in Verwaltungsrechte, Vermögensrechte, Gläubigerrechte und sonstige Sonderrechte. Zu den Verwaltungsrechten gehören die Stimmrechte gemäß §§ 12 Abs. 1 und 133 ff. AktG. Diese Verknüpfung von verschiedenen Rechten zu den Aktien werden als Mittel der Steuerung der Mitbestimmung in Aktiengesellschaften eingesetzt.

So besteht oftmals der Wille, die faktische Führungsmacht in Händen zu behalten, aber dennoch Fremdkapital aufzunehmen. Ein übliches Modell ist, dass die ursprünglichen Aktionäre 37,5% der Stammaktien behalten und die restlichen 62,5% in der Form ausgeben, dass 50% als Vorzugsaktien ohne Stimmrecht und weitere 12,5% als Stammaktien ausgegeben werden. Da bei der Berechnung der zur Beschlussfassung erforderlichen Kapitalmehrheit die Summe der Nennbeträge der stimmrechtslosen Vorzugsaktien abzuziehen ist, haben die ursprünglichen Aktionäre weiterhin die Möglichkeit der satzungsverändernden Mehrheit, obwohl tatsächlich in Höhe von 62,5% neues Eigenkapital in die Gesellschaft aufgenommen wurde.

Die stimmrechtslosen Aktien erhalten ihre Attraktivität dadurch, dass sie mit Vermögensrechten verbunden werden. Dieses ist nicht nur das gem. § 139 AktG zwingende Dividendenvorzugsrecht, sondern oftmals auch das Recht zum Bezug junger Aktien gemäß § 186 AktG. Dabei ist es nicht unmöglich, diese verschiedenen Vermögensrechte in verschiedenen Staffelungen zusammenzufassen.

4. § 4 – Vorstand

Der Vorstand kann aus einer Person bestehen. Handelt es sich um eine Gesellschaft mit einem Grundkapital von 3 Mio. Euro, bestimmt § 76 Abs. 2 Satz 2 AktG, dass der Vorstand aus mindestens zwei Personen zu bilden ist, wenn nicht die Satzung bestimmt, dass er aus einer Person besteht. Die Satzung muss die Zahl der Mitglieder des Vorstandes oder die Regeln, nach der sich diese Zahl ergibt, gemäß § 23 Abs. 3 Nr. 6 AktG enthalten. Es genügt die Festlegung der konkreten Zahl. Die gewählte Formulierung macht es möglich, die Zahl der Vorstandsmitglieder ohne Satzungsänderung zu variieren. Die Satzung kann nach herrschender Ansicht die Bestellung eines Vorstandsvorsitzenden weder vorschreiben noch verbieten, in der Mustersatzung wird eine solche Maßnahme vorgeschlagen.

Gemäß § 76 Abs. 1 AktG wird dem Vorstand als Geschäftsführungsorgan die eigenverantwortliche Leitung der Gesellschaft zugewiesen. Gemäß § 77 Abs. 1 AktG wird ihm die Geschäftsführung übertragen. Geschäftsführung wird verstanden als jede tatsächliche oder rechtsgeschäftliche Tätigkeit für die Aktiengesellschaft, während die Leitung eine Führungsfunktion des Vorstandes und damit einen ausgehobenen Teilbereich der Geschäftsführung darstellt.

Gemäß § 84 Abs. 1 Satz 1 AktG werden die Mitglieder des Vorstands durch den Aufsichtsrat bestellt und abberufen. Die Vorstandsmitglieder können vom Aufsichtsrat auf höchstens fünf Jahre bestellt werden; Verlängerungen der Amtszeit um jeweils höchstens fünf Jahre sind zulässig.

Eine Besonderheit ist, dass eine Reihe von Kompetenzen und Kontrollmechanismen durch eine Geschäftsordnung des Vorstandes außerhalb der Satzung geregelt werden können. Mit einer derartigen Möglichkeit kann die faktische Kräfteverlagerung innerhalb der Aktiengesellschaft ganz stark beim Vorstand bleiben, es kann jedoch auch eine Möglichkeit geschaffen werden, dass der Aufsichtsrat über diese Geschäftsordnung mit einer sehr hohen Machtbefugnis ausgestattet wird. In der Mustersatzung wird die Bildung einer derartigen Geschäftsordnung vorgeschlagen. Dadurch, dass der Aufsichtsrat die Geschäftsordnung des Vorstandes selbst bestimmt und darin auch gem. § 111 Abs. 4 Satz 2 AktG die zustimmungspflichtigen Geschäfte festlegt, ist die Machtstruktur zumindest bei der ersten Geschäftsordnungsgebung bei dem Aufsichtsrat geblieben. Sollen die zustimmungspflichtigen Geschäfte in der Satzung selbst geregelt werden, so wäre für jede Änderung / Ergänzung eine Satzungsänderung erforderlich.

Der stellvertretende Vorstand ist vollwertiges Mitglied des Organs Vorstand mit allen Rechten und Pflichten, § 94 AktG. Trotz der vermeintlich zurücksetzenden Wirkung der Bezeichnung wird in großen Gesellschaften oftmals davon Gebrauch gemacht.

Die Vergütung des Vorstands einer Aktiengesellschaft muss in einem angemessenen Verhältnis auch zu den Leistungen des Vorstands stehen und darf die (branchen- oder landes-) übliche Vergütung nicht ohne besondere Gründe übersteigen; dies gilt auch für Ruhegehalt, Hinterbliebenenbezüge und Leistungen verwandter Art (§ 87 Abs. 1 Satz 1 und 4 AktG). Aktienoptionen können künftig frühestens vier Jahre nach Einräumung der Option ausgeübt werden. Variable Vergütungsbestandteile sollen eine mehrjährige Bemessungsgrundlage haben; für außerordentliche Entwicklungen soll der Aufsichtsrat eine Begrenzungsmöglichkeit vereinbaren (§ 87 Abs. 1 Satz 3 AktG). Der Aufsichtsrat hat die Möglichkeit, die Vergütung bei einer Verschlechterung der Lage des Unternehmens nachträglich zu reduzieren (§ 87 Abs. 2 Satz 1 und 2 AktG). Die Herabsetzung von Ruhegehältern ist auf die ersten drei Jahre nach dem Ausscheiden des betroffenen Vorstandsmitglieds aus der Gesellschaft befristet (§ 87 Abs. 2 Satz 2 Akt). Eine die Herabsetzung ermöglichende Verschlechterung soll zum Beispiel vorliegen, wenn die Gesellschaft Entlassungen vornehmen muss und keine Gewinne mehr ausschütten kann und die Weiterzahlung der Vergütung für die Gesellschaft „unbillig“ wäre. Eine Insolvenz soll dafür nicht erforderlich sein,7 ist aber in jedem Fall ausreichend für eine Herabsetzung der Vorstandsvergütung.8 Das Recht zur Herabsetzung der Vorstandsvergütung nach § 87 Abs. 2 Satz 1 AktG ist ein einseitiges Gestaltungsrecht der AG, ausgeübt durch den Aufsichtsrat als Vertreter der AG gegenüber dem Vorstand. Die Weiterzahlung der Bezüge im Falle einer Insolvenz der Gesellschaft ist unbillig, wenn der Vorstand pflichtwidrig gehandelt hat oder ihm zwar kein pflichtwidriges Verhalten vorzuwerfen ist, die Verschlechterung der Lage der Gesellschaft jedoch in die Zeit seiner Vorstandsverantwortung fällt und ihm zurechenbar ist. Die Herabsetzung der Bezüge muss mindestens auf einen Betrag erfolgen, dessen Gewährung angesichts der Verschlechterung der Lage der Gesellschaft nicht mehr als unbillig angesehen werden kann. Nicht erlaubt ist eine Herabsetzung, die weiter geht, als es die Billigkeit angesichts der Verschlechterung der Lage der Gesellschaft erfordert.9

Wird für den Vorstand eine Directors`& Officers` Liability Insurance (D & O-Versicherung) abgeschlossen, muss ein Selbstbehalt von mindestens 10 % der Schadenssumme bis mindestens zur Höhe des Eineinhalbfachen der festen jährlichen Vergütung des Vorstandsmitgliedes vereinbart werden (§ 93 Abs. 2 Satz 3 AktG).

5. § 5 – Vertretung

Dem Vorstand obliegt gemäß § 78 Abs. 1 AktG die Vertretung der Gesellschaft. Gemäß § 78 Abs. 2 AktG greift das Prinzip der Gesamtvertretung. Soweit ein Vorstandsmitglied eine vertragliche Verpflichtung eingeht, hängt die Wirksamkeit von der Genehmigung durch die weiteren Vorstandsmitglieder ab. Die Regelungen der Vertretungsbefugnis sind jedoch dispositiv. In der Mustersatzung ist vorgeschlagen, dass der Aufsichtsrat davon nach eigenen Voraussetzungen Gebrauch machen und einzelnen Vorstandsmitgliedern eine Alleinvertretungsbefugnis erteilen kann.

6. § 6 – Aufsichtsrat, Geschäftsordnung

Die zentrale Aufgabe des Aufsichtsrats ist gemäß § 111 Abs. 1 AktG die Überwachung des Vorstandes. Dazu kann er gemäß § 111 Abs. 2 AktG jederzeit die Geschäftsunterlagen einsehen und prüfen. Daneben ist auch die Rolle als Berater des Vorstandes gegeben. Der Aufsichtsrat übt die Personalhoheit dadurch aus, dass er den Vorstand bestellt und mit diesem den Anstellungsvertrag durchführt. Der Aufsichtsrat kann allerdings die Aufgaben der Geschäftsführung nicht selbst wahrnehmen, § 111 Abs. 4 Satz 1 AktG. Dennoch gibt es die Möglichkeit über § 111 Abs. 4 Satz 4 AktG, die Geschäftsführung in der Form an den Aufsichtsrat zu koppeln, dass der Vorstand schon bei geringfügigen Entscheidungen die Zustimmung des Aufsichtsrats einholen muss.

Der Aufsichtsrat besteht gemäß § 95 AktG aus mindestens drei Mitgliedern, kann jedoch eine größere Zahl haben, die sich durch drei teilen lassen muss, wenn dies zur Erfüllung mitbestimmungsrechtlicher Vorgaben erforderlich ist. Die Satzung kann bestimmten Aktionären bzw. den Inhabern von vinkulierten Namensaktien gemäß § 101 Abs. 2 AktG das Recht einräumen, Mitglieder des Aufsichtsrats zu bestimmen. Dabei kommt eine solche Entsendung nur für ein Drittel der Aufsichtsratsmitglieder in Betracht. Die übrigen Mitglieder werden von der Hauptversammlung gewählt. Die Wahl erfolgt auf fünf Jahre, eine Wiederwahl ist zulässig.

Die persönlichen Voraussetzungen für Aufsichtsratsmitglieder sind in § 100 AktG näher dargelegt. Es kommt nur eine natürliche und unbeschränkt geschäftsfähige Person in Betracht. Gem. § 105 Abs. 1 AktG ist die Position als Aufsichtsrat nicht kompatibel mit der des Vorstandes, eines Prokuristen oder eines Handlungsbevollmächtigten der Gesellschaft.

Der Aufsichtsrat ist berechtigt, Ausschüsse zu besetzen, die Teilaufgaben des Aufsichtsrats wahrnehmen. Bei der Amtsausübung sind die Aufsichtsratmitglieder weisungsfrei, können sich jedoch nicht vertreten lassen.

Die Mitglieder des Aufsichtsrats haften bei der Erfüllung der Pflichten im Rahmen der Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters. In den letzten Jahren ist die Frage der Haftung von Aufsichtsräten für eigene Fehlentscheidungen sowie Fehlentscheidungen des Vorstandes ins Interesse der Öffentlichkeit geraten. Mit der vielbeachteten ARAG-Entscheidung des BGH,10 in der der Pflichtenkreis von Aufsichtsräten bei der Verfolgung von Schadensersatzansprüchen gegen den Vorstand maßgeblich präzisiert wurde, hat eine Entwicklung begonnen, die die Bedeutung des Aufsichtsrats und seiner Kontrollfunktion immer mehr Gewicht beimisst und damit auch das Haftungspotential vergrößert. So hat der Aufsichtsrat in eigener Verantwortung eine sorgfältige Prognose der tatsächlichen und rechtlichen Situation hinsichtlich des Bestehens und der Durchsetzung von Schadensersatzansprüchen gegen Vorstände vorzunehmen, wenn er sich nicht selbst in die Haftung bringen will. Die Entwicklung in der Rechtsprechung zur Frage der Verantwortlichkeit der Aufsichtsräte ist nicht abgeschlossen und auch im Rahmen der Corporate Governance, also der „guten Unternehmensführung“, kommt dem Aufsichtsrat eine wesentliche Rolle zu.

Die Dauer der Amtszeit des Aufsichtsrats bestimmt sich nach § 102 AktG. Die Berechtigung, das Amt niederzulegen, ist nicht bestritten. Dieses kann bei wichtigem Grund jederzeit erfolgen und ist im Übrigen auch zulässig. Es bestehen Zweifel, wem gegenüber die Willenserklärung über die Amtsniederlegung abzugeben ist, wenn nichts in der Satzung bestimmt ist. Nach herrschender Meinung ist die Amtsniederlegung an die AG, vertreten durch den Vorstand, zu richten, die Erklärung gegenüber dem Aufsichtsratsvorsitzenden wird als nicht ausreichend angesehen.11 Der BGH hat allerdings entschieden, dass auch die an den Aufsichtsratsvorsitzenden adressierte Amtsniederlegungserklärung wirksam sei, wenn sie dem richtigen Empfänger (Vorstand) tatsächlich zugegangen und mit der Weiterleitung an den Vorstand auch zu rechnen gewesen sei.12 Konkurrierend kann auch die Hauptversammlung als Adressat in Betracht kommen, wenn sie das betreffende Aufsichtsratsmitglied als Wahlorgan bestellt hat. Um Unsicherheiten zu vermeiden, bestimmt die Mustersatzung den Adressaten und die Form.

Hinsichtlich der tatsächlichen Machtverteilung in der Gesellschaft kommt es darauf an, welche Kompetenzen der Aufsichtsrat hat und sich vorbehalten kann. Dieses kann außerhalb der Satzung in einer Geschäftsordnung festgelegt werden. § 82 Abs. 2 AktG erwähnt eine solche und daher ist von deren Zulässigkeit auszugehen. Eine Änderung dieser Geschäftsordnung ist mit einfacher Mehrheit jederzeit und ohne Aufsehen möglich, da es sich nicht um eine Satzungsänderung handelt. Die Regelungen des § 107 Abs. 1 Satz 1 AktG (Wahl eines Aufsichtsratsvorsitzenden und seines Stellvertreters) und des § 108 Abs. 2 Satz 1 AktG (gesetzliche bzw. satzungsmäßige Regelungen zur Beschlussfähigkeit des Aufsichtsrats) können aber durch eine derartige Geschäftsordnung nicht verändert werden.

7. § 7 – Vorsitzender des Aufsichtsrats

Der Aufsichtsratsvorsitzende und sein Stellvertreter sind gemäß § 107 Abs. 1 AktG zwingende Elemente der Aktiengesellschaft. Die Wahl erfolgt aus der Mitte des Aufsichtsrats nach näherer Bestimmung durch die Satzung.

Grundsätzlich reicht die einfache Mehrheit, die Satzung kann anderweitiges bestimmen. Der Gewählte ist für die Dauer seiner Mitgliedschaft in das Amt gewählt, kann aber regelmäßig mit der gleichen Mehrheit abberufen werden.

Die Aufgaben des Aufsichtsratsvorsitzenden sind im Gesetz an verschiedenen Stellen abgelegt. Diese betreffen die Leitung des Aufsichtsrats, die Repräsentation des Aufsichtsrates und die Mitwirkungen bei der Anmeldung zum Handelsregister.

Die Aufgaben des Vertreters gleichen denen des Vorsitzenden und sind gemäß § 107 Abs. 1 Satz 3 AktG wahrzunehmen, soweit Letzterer verhindert ist.

8. § 8 – Einberufung des Aufsichtsrats und Beschlussfassung

Die Einberufung und die Beschlussfassung des Aufsichtsrats sind in §§ 108, 110 AktG geregelt. Da die Mustersatzung darauf verzichtet, Ladungszeiten und -formen zu nennen, muss die Einberufung in angemessener Zeit vorhergehen. Dabei kann im Regelfall davon ausgegangen werden, dass eine Ladungszeit von vierzehn Tagen ausreichend ist. In bestimmten Fällen kann sich diese verkürzen. Mit der Ladung ist die Tagesordnung bekannt zu geben. Beschlussfähig ist der Aufsichtsrat, wenn mindestens drei Mitglieder anwesend sind. Diese gesetzliche Untergrenze des § 108 Abs. 2 Satz 3 AktG kann nicht durch die Satzung unterschritten werden.

9. § 9 – Vergütung des Aufsichtsrats

Das Gesetz enthält in § 113 AktG eine Bestimmung über die Vergütung des Aufsichtsrats. Danach soll dieser angemessen entlohnt werden.

Die Festlegung der Vergütungen selbst und deren Fälligkeit können in der Satzung erfolgen oder in die Kompetenz der Hauptversammlung gelegt sein. Vertragliche Vereinbarungen über die Zahlung von Vergütungen, Sondervergütungen usw., die nicht durch die Satzung oder einen Hauptversammlungsbeschluss legitimiert sind, sind nichtig wegen Verstoßes gegen § 134 BGB. Vergütungsbestandteile im Sinne von § 113 AktG und damit satzungspflichtig bzw. hauptversammlungsbeschlusspflichtig sind auch Nebenleistungen, wie z. B. die Zahlung von Sitzungsgeldern durch die Gesellschaft, die Stellung eines Dienstwagens, die Übernahme der Kraftstoffkosten und Warenlieferungen zu Vorzugspreisen. Auch die Sitzungsgelder zählen zur Vergütung im Sinne von § 113 AktG.

Die Behandlung von D&O-Versicherungen (Directors’ & Officers’ Liability Insurances) als Vergütungsbestandteile ist umstritten. Die in Deutschland derzeit angebotenen D&O-Versicherungen sind in der Regel Gruppenversicherungen, d. h. das gesamte Management (Vorstand, Aufsichtsrat, leitende Angestellte) wird in den Versicherungsschutz einbezogen. Bei der Ermittlung der Höhe der Prämien wird auf bestimmte Unternehmenskennzahlen abgestellt, etwa Bilanzsumme, Finanzkraft, Unternehmensdauer etc. Die Mindestanforderungen an eine D&O-Versicherung sind gesetzlich nicht geregelt. Die Vertragspartner haben daher einen sehr weiten Verhandlungs- und Gestaltungsspielraum. Die im Jahre 1997 vom Gesamtverband der deutschen Versicherungswirtschaft e. V. erstmals herausgegebenen Musterbedingungen (Stand der GDV-Musterbedingungen: Mai 2020) für eine D&O-Versicherung haben insoweit lediglich groben Orientierungscharakter und in der Praxis ist eine Vielzahl unterschiedlichster Versicherungsbedingungen zu verzeichnen. Bei den derzeit am Markt befindlichen Versicherungsmodellen für eine D&O-Versicherung handelt es sich hauptsächlich um Versicherungen, die das Risiko der nach deutschem Recht hauptsächlich relevanten Innenhaftung abdecken, also der Haftung der Organe gegenüber ihrer Gesellschaft. Versicherungsrechtlich liegt eine Haftpflichtversicherung vor, für die §§ 149 ff. VVG einschlägig sind. In der Regel wird es sich um eine Fremdversicherung handeln, bei der die Gesellschaft (also der potentielle Geschädigte bei der Innenhaftung) der Versicherungsnehmer und Prämienzahler ist, während die versicherte Person das einzelne Organmitglied ist.

Die in der Praxis zumindest im Zusammenhang mit dem Aufsichtsrat bedeutsame Frage ist die, ob es sich bei der Zahlung der Versicherungsprämien durch die Gesellschaft für eine Versicherung zugunsten der Aufsichtsratsmitglieder um eine Vergütung im Sinne von § 113 AktG handelt. Von der Beantwortung dieser Frage hängen die gesellschaftsrechtliche Gestaltung und die steuerrechtliche Einordnung dieser Prämien ab. Die Übernahme der Prämien für eine D&O-Versicherung ist nach als Vergütungsbestandteil ist in der Literatur umstritten.13 Geht man von dem Vergütungscharakter der Prämienzahlungen aus, so besteht bei den versicherten Aufsichtsratsmitgliedern das Erfordernis einer entsprechenden Satzungsregelung oder eines entsprechenden Hauptversammlungsbeschlusses. Nach wohl h.M. gehört die Prämienzahlung für eine D&O-Versicherungnicht zu den Vergütungsleistungen, da sie nicht nur im Interesse des Aufsichtsratsmitglieds, sondern auch im Interesse der Gesellschaft durch Gestellung eines solventen Regressschuldners liegt.14 Eine gerichtliche Klärung steht jedoch noch aus, weswegen rein vorsorglich eine Satzungsregelung bzw. ein HV-Beschluss angezeigt sein dürften.

Steuerrechtlich folgt die Finanzverwaltung15 der Auffassung, dass die von dem Unternehmen gezahlten Versicherungsprämien einkommensteuerrechtlich nicht der Vergütung der versicherten Personen zuzurechnen sei, da das Unternehmen mit diesen Prämien wirtschaftlich ein eigenes Interesse absichere. Zudem werden D&O-Versicherungen zumeist nicht für einzelne Personen, sondern für das Management oder das Organ als Ganzes abgeschlossen werden und die einzelnen versicherten Personen gar keinen Einfluss auf den Inhalt der Versicherung haben. Ein überwiegend eigenbetriebliches Interesse des Arbeitgebers sei hingegen zu verneinen, wenn Risiken versichert werden, die üblicherweise durch eine individuelle Berufshaftpflichtversicherung abgedeckt werden. In diesem Fall sind die Beiträge als Arbeitslohn zu versteuern. In gleicher Höhe liegen beim Arbeitnehmer jedoch Werbungskosten vor, auf die der Arbeitnehmer-Pauschbetrag anzurechnen ist. Wird für den Vorstand eine Directors`& Officers` Liability Insurance (D & O-Versicherung) abgeschlossen, muss ein Selbstbehalt von mindestens 10 % der Schadenssumme bis mindestens zur Höhe des Eineinhalbfachen der festen jährlichen Vergütung des Vorstandsmitgliedes vereinbart werden (§ 93 Abs. 2 S. 3 AktG).16

Der BFH hat in einem Urteil aus dem Jahre 200717 ausgeführt, dass entscheidend sei, welchen Zwecken die Versicherung dient, also ob Risiken des Arbeitnehmers oder des Arbeitgebers abgedeckt werden. Dementsprechend sei die Beitragsübernahme für eine D&O-Versicherung insoweit kein Arbeitslohn, als Schadensersatzansprüche Dritter gegen das Unternehmen abgesichert werden, aber dann Lohn, wenn Schadensersatzansprüche des Unternehmens gegen seine leitenden Angestellten versichert sind.

Die Staffelung der Vergütungen ist dispositiv und die Mustersatzung gibt eine übliche Regelung wieder. Grundsätzlich sind alle Aufsichtsratsmitglieder bei der Frage der Vergütung gleich zu behandeln. Es ist jedoch zulässig, bei der Höhe der Vergütung für die einzelnen Aufsichtsratsmitglieder aus Sachgründen zu differenzieren, und z. B. dem Vorsitzenden des Aufsichtsrats und dessen Stellvertreter eine höhere Vergütung zuzusprechen. Für börsennotierte Gesellschaften gibt der Deutsche Corporate Governance Kodex (DCGK) sogar die Empfehlung, bei der Höhe der Vergütung eine solche Differenzierung vorzunehmen.

Im Zusammenhang mit einer erfolgsorientierten Vergütung war die Frage nach Optionsprogrammen insbesondere für Aufsichtsräte bereits in der Vergangenheit kritisch zu sehen. Der BGH hat die jahrelange Unsicherheit beseitigt und entschieden, dass Aktienoptionen für Mitglieder des Aufsichtsrats nicht mit § 192 AktG vereinbar und damit unzulässig sind.18

Umsatzsteuerrechtlich wurde die Vergütung von Aufsichtsratsmitgliedern in Deutschland bislang als Vergütung für eine selbstständige Tätigkeit angesehen und der Umsatzsteuer unterworfen. Der EuGH hat im Sommer 2019 im Falle eines niederländischen Aufsichtratsmitglieds einer Stiftung anders entschieden19 und eine Selbstständigkeit verneint. Das Aufsichtsratsmitglied werde weder im eigenen Namen noch auf eigene Rechnung oder Verantwortung tätig, es sei vielmehr dem Aufsichtsrat als solchem untergeordnet. Das einzelne Mitglied trage kein wirtschaftliches Risiko seiner Tätigkeit.20

Der BFH hat sich dieser EuGH-Rechtsprechung angeschlossen und geurteilt, dass ein Aufsichtsratsmitglied, welches aufgrund einer nicht variablen Festvergütung kein Vergütungsrisiko trägt, entgegen bisheriger Rechtsprechung nicht als Unternehmer tätig ist.21 Auch in Deutschland ist also zukünftig die Aufsichtsratsvergütung nicht (mehr in allen Fällen) umsatzsteuerbar, die Umstände des Einzelfalles werden für diese Frage entscheidend sein. Dies dürfte i.Ü. nicht nur Aufsichtsräte einer Aktiengesellschaft gelten, sondern auch für Mitglieder vergleichbarer Kontrollgremien, so bereits finanzgerichtlich entschieden für ein Verwaltungsmitglied eines berufsgenossenschaftlichen Versorgungswerkes,22 für ein Vorstandsmitglied einer öffentlich-rechtlich organisierten Berufskammer23, für das Mitglied des Verwaltungsausschusses eines berufsständischen Versorgungswerkes,24 und das Mitglied eines fakultativen Aufsichtsrates eines eingetragenen Vereins.25 Mit der Umsatzsteuerpflicht entfiele auch das Recht zum Vorsteuerabzug.

Das BMF hat sich mit Schreiben vom 08.07.202126 dieser neuen Auffassung der Rechtsprechung mit ausdrücklichem Verweis auf BFH vom 27.11.2019 angeschlossen. Die bisherigen Regelungen des Umsatzsteuer-Anwendungserlasses in Abschnitt 2.2, der die Behandlung von Aufsichtsratsvergütungen behandelt, wurde dahingehend geändert, dass ein Aufsichtsratsmitglied, das aufgrund einer nicht variablen Festvergütung kein Vergütungsrisiko trägt, nicht selbständig tätig ist, wobei eine Festvergütung insbesondere im Fall einer pauschalen Aufwandsentschädigung vorliege, die für die Dauer der Mitgliedschaft im Aufsichtsrat gezahlt wird. Sitzungsgelder, die das Mitglied des Aufsichtsrats nur erhält, wenn es tatsächlich an der Sitzung teilnimmt, sowie nach dem tatsächlichen Aufwand bemessene Aufwandsentschädigungen sind laut BMF keine Festvergütung. Besteht die Vergütung des Aufsichtsratsmitglieds sowohl aus festen als auch variablen Bestandteilen, ist es grundsätzlich selbständig tätig, wenn die variablen Bestandteile im Kalenderjahr mindestens 10 % der gesamten Vergütung, einschließlich erhaltener Aufwandsentschädigungen, betragen. Reisekostenerstattungen sind keine Vergütungsbestandteile und demzufolge bei der Ermittlung der 10 %-Grenze nicht zu berücksichtigen. Trägt das Mitglied des Aufsichtsrats kein Vergütungsrisiko, ist es nach Meinung des BMF nicht deshalb selbständig tätig, weil es unter den Voraussetzungen des § 116 AktG für pflichtwidriges Verhalten haftet. Die Prüfung der Selbständigkeit ist für jedes Aufsichtsratsmitglied separat vorzunehmen. Die neuen BMF-Regelungen gelten auch für Mitglieder von Ausschüssen, die der Aufsichtsrat nach § 107 Abs. 3 AktG bestellt hat und für Mitglieder von anderen Gremien, die nicht der Ausübung, sondern der Kontrolle der Geschäftsführung einer juristischen Person oder Personenvereinigung dienen.

Das BMF-Schreiben bzw. die Neufassung des Umsatzsteuer-Anwendungserlasses ist in allen offenen Fällen anzuwenden. Zur Vermeidung von Übergangsschwierigkeiten wird es – auch für Zwecke des Vorsteuerabzugs – von der Finanzverwaltung nicht beanstandet, wenn die bisher geltenden Regelungen des Umsatzsteuer-Anwendungserlasses auf Leistungen angewendet werden, die bis einschließlich 31. Dezember 2021 ausgeführt worden sind.

Zu beachten ist, dass mit einzelnen Mitgliedern Beraterverträge mit der AG geschlossen werden können. Diesen Verträgen muss gemäß § 114 Abs. 1 AktG der gesamte Aufsichtsrat zustimmen. Diese Beraterverträge können jedoch nur solche Beratung zum Inhalt haben, die nicht zu den Aufgaben des Aufsichtsrats gehören. Der Versuch, die Aufsichtsratsvergütungen gering zu halten (da diese gemäß § 10 Nr. 4 KStG nur zur Hälfte abzugsfähig sind) und die eigentliche Tätigkeit über Beraterverträge zu honorieren, soll somit unterbunden werden. Dennoch bleibt festzuhalten, dass anderweitige Tätigkeit, die sehr genau abgegrenzt sein muss, als Sonderleistung auch separat vergütet werden kann. Verträge, die diesen Anforderungen nicht gerecht werden, also z. B. den Vertragsgegenstand nur allgemein bezeichnen, so dass eine Abgrenzung nicht möglich ist, sind aus diesem Grunde nicht nach § 114 AktG, sondern ausschließlich nach § 113 AktG zu beurteilen. Dies führt dazu, dass mangels einer Satzungsbestimmung oder eines HV-Beschlusses die Verträge nichtig sind und die gezahlte Vergütung zurückzuzahlen ist. Auch unzureichende Vertragsaussagen über die Höhe der Vergütung können den Vertrag wegen Umgehung des § 113 AktG nichtig machen.

Der Ersatz von Auslagen in der Mustersatzung hat klarstellenden Charakter und ergibt sich aus §§ 670, 675 BGB.

10. § 10 – Hauptversammlung

Die Aktionäre üben ihre Rechte in den Angelegenheiten der Gesellschaft in der Hauptversammlung aus, so der erste Teil des § 118 Abs. 1 Satz 1 AktG. Die Rechte der Hauptversammlung sind in § 119 AktG näher definiert. Dieses betrifft die regelmäßig wiederkehrenden Maßnahmen und Strukturmaßnahmen.

Die ordentliche Hauptversammlung hat insbesondere die Aufgabe, über die Verwendung des Bilanzgewinnes und die Entlastung der Mitglieder des Vorstandes und des Aufsichtsrats zu entscheiden. Sie bestellt den Abschlussprüfer.

Daneben bestehen nur sehr enge Möglichkeiten, der Hauptversammlung weitere Rechte zuzubilligen. Diese wurden in dieser Mustersatzung dadurch ausgeführt, dass die Zustimmung der Hauptversammlung notwendig ist, um die Namensaktien zu übertragen.

Die Hauptversammlung hat insbesondere kein Recht zur Geschäftsführung. Davon ist gemäß § 119 Abs. 2 AktG eine Ausnahme zu machen, soweit der Vorstand dieses verlangt.

Ungeschriebene Kompetenzen der Hauptversammlung bestehen darüber hinaus bei grundlegenden Entscheidungen. Dies ist dann der Fall, wenn so tief in die Mitgliedschaftsrechte der Aktionäre und deren im Aktieneigentum verkörpertes Vermögensinteresse eingegriffen wird, dass der Vorstand vernünftigerweise nicht annehmen kann, er dürfe die Entscheidung ausschließlich in eigener Verantwortung treffen, ohne die Hauptversammlung zu beteiligen,27 und dort, wo die Aktionäre der Obergesellschaft durch die Auswirkungen strukturverändernder Maßnahmen in einer Untergesellschaft zugleich in ihrer eigenen Rechtsstellung betroffen werden.28 Als Beispiele aus der Rechtsprechung sind zu nennen die Ausgliederung bestimmter Geschäftsfelder in eine Tochtergesellschaft29 oder die Einbringung des einzig wichtigen Vermögensgegenstandes in eine Tochtergesellschaft.30 Zwar sind solche Maßnahmen nach außen auch ohne Hauptversammlungsbeschluss wirksam, aber im Innenverhältnis verletzt ein Vorstand, der keinen Hauptversammlungsbeschluss herbeiführt, seine Sorgfaltspflicht. Die Abgrenzung zwischen einer mitwirkungsbedürftigen Strukturmaßnahme von grundlegender Bedeutung, die der Zustimmung der Hauptversammlung bedarf, und einer in der alleinigen Kompetenz des Vorstandes erlegene Geschäftsführungsmaßnahme ist im Einzelfall nicht immer leicht. Zur Vermeidung von Anfechtungsrisiken ist ein Vorstand daher sicherlich gut beraten, wenn er die Zustimmung der Hauptversammlung zu Maßnahmen, die grundlegende Bedeutung haben, gemäß § 119 Abs. 2 AktG herbeiführt.

Die Hauptversammlung soll gemäß § 121 Abs. 5 Satz 1 AktG am Sitz der Gesellschaft stattfinden. Da jedoch auch die Bildung einer Hauptversammlung ohne Förmlichkeiten gemäß § 121 Abs. 6 AktG möglich sein soll, ist angegeben, dass auch jeder andere Ort gewählt werden kann. Damit entgeht die Beschlussfassung in einer Versammlung an einem anderen Ort der Anfechtung über § 243 Abs. 1 AktG.

Die Hauptversammlung wird gemäß § 121 Abs. 2 AktG durch den Vorstand einberufen, der Aufsichtsrat kann dieses jedoch unter den Voraussetzungen des § 121 Abs. 2 Satz 3 AktG ebenfalls durchführen.

Eine vereinfachte Form der Einberufung bei namentlich bekannten Aktionären ist nunmehr über § 121 Abs. 4 Satz 2 und 3 AktG (Einberufung der HV mit eingeschriebenem Brief) verwirklicht worden. Damit ist die Möglichkeit erreicht, die Einberufung ohne öffentliche Wirkung durchzuführen. Sie soll daneben Kosten und Zeit sparen.

Soweit nur Namensaktien ausgegeben wurden, kann sich der Einladende auf die Richtigkeit des Aktienregisters verlassen. Gemäß § 67 Abs. 2 AktG sind die dort eingetragenen Aktionäre, unabhängig von einem zwischenzeitlichen Verkauf, die Aktionäre der Gesellschaft.

11. § 11 – Teilnahme an der Hauptversammlung, Stimmrecht

Jeder Aktionär oder sein Vertreter ist zur Teilnahme an der Hauptversammlung berechtigt. Stimmrecht übt er nur für die Stammaktien aus. Das Stimmrecht wird gemäß § 12 Abs. 1 Satz 1 AktG jeder Aktie in der Form gewährt, dass es sich gemäß § 134 AktG nach den Nennbeträgen, bei den Stückatien nach deren Anzahl richtet. Eine Vertretung ist auch bei Namensaktien möglich.

12. § 12 – Ablauf der Hauptversammlung, Beschlüsse

Das Gesetz hält keine Bestimmungen über den Ablauf der Hauptversammlung bereit. Die Mustersatzung gibt in Abs. 1 und Abs. 2 übliche Regelungen wieder.

Das Gesetz enthält keine zwingende Regelung, ab welcher Kapitalvertretung die Hauptversammlung beschlussfähig ist. Nach ordnungsgemäßer Ladung ist die Hauptversammlung beschlussfähig. Um zufällige Ergebnisse zu vermeiden, ist in dieser Mustersatzung eine Quote von 75% gewählt worden. Um die Beschlussfähigkeit auf Dauer jedoch sicherzustellen, muss gewährleistet sein, dass eine zweite Versammlung ohne Ansehung des vertretenen Kapitals beschlussfähig ist.

Beschlüsse selbst werden gemäß § 133 Abs. 1 AktG mit einfacher Mehrheit gefasst. Für bestimmte Grundlagenentscheidungen verlangt das Gesetz jedoch eine Mehrheit von mindestens drei Vierteln des bei der Beschlussfassung vertretenen Kapitals. Diese Mehrheiten sind zu respektieren. Sie können satzungsmäßig nicht verändert werden.

Um den coronabedingten Einschränkungen der Versammlungsfreiheit Rechnung zu tragen und dennoch die Durchführung von Hauptversammlungen zu ermöglichen, wurde mit dem COVMG31 (zunächst) für die HV-Saison 2020 die virtuelle Hauptversammlung geschaffen, d.h. eine Hauptversammlung ohne körperliche Anwesenheit der Aktionäre. Mit dem Aufbauhilfegesetz 202132 wurde die Geltungsdauer des „COVMG“ bis zum 31.08.2022 verlängert.

Nach § 1 COVMG dürfen Hauptversammlungen von Aktiengesellschaften, KGaA und Europäischen Aktiengesellschaften SE gem. §118 AktG unter Verwendung elektronischer Fernkommunikationsmittel abgehalten werden – und zwar auch ohne, dass dies in der Satzung vorgesehen ist.

Die Entscheidung, eine solche virtuelle HV abzuhalten liegt gem. § 1 Abs. 2 COVMG beim Vorstand, es ist zudem die Zustimmung des Aufsichtsrates erforderlich, der den entsprechenden Beschluss ungeachtet etwaiger Satzungsregelungen ebenfalls ohne physische Präsenz treffen kann, § 1 Abs. 6 COVMG. Für die SE trifft der Verwaltungsrat die Entscheidung über die Durchführung einer virtuellen HV, § 1 Abs. 8 COVMG.

Nach § 1 Abs. 2 Satz 1 COVMG kann eine Hauptversammlung ohne physische Präsenz der Aktionäre oder ihrer Bevollmächtigten als virtuelle Hauptversammlung abgehalten wird, sofern

1. die Bild- und Tonübertragung der gesamten Versammlung erfolgt,

2. die Stimmrechtsausübung der Aktionäre über elektronische Kommunikation (Briefwahl oder elektronische Teilnahme) sowie Vollmachtserteilung möglich ist,

3. den Aktionären ein Fragerecht im Wege der elektronischen Kommunikation eingeräumt wird,

4. den Aktionären, die ihr Stimmrecht nach Nr. 2 ausgeübt haben, in Abweichung von § 245 Nr. 1 AktG unter Verzicht auf das Erfordernis des Erscheinens in der Hauptversammlung eine Möglichkeit zum Widerspruch gegen einen Beschluss der Hauptversammlung eingeräumt wird.

§ 1 Abs. 2 Satz 2 COVMG regelt Einzelheiten des Frage- und Antragsrechts. § 1 Abs. 3 COVMG enthält Details der Einberufung, insbesondere hinsichtlich der zu beachtenden Fristen.

Im Koalitionsvertrag des Regierungsbündnisses aus SPD, Bündnis 90/die Grünen und FDP vom 07.12.2021 enthält u.a. auch Vorhaben im Rahmen des Gesellschaftsrechts. So ist vorgesehen, die Möglichkeit der virtuellen Hauptversammlung über die bisherige gesetzliche Regelung des § 118 Abs. 1 Satz 2 AktG hinaus dauerhaft zu eröffnen. In Abweichung zu der Regelung durch das COVMG sollen bei der dauerhaften Lösung die Aktionärsrechte uneingeschränkt gewahrt sein. Wie genau dies geschehen soll, bleibt abzuwarten.

Beschlüsse werden bei der nicht börsennotierten Kleinen Aktiengesellschaft regelmäßig gemäß § 130 Abs. 1 Satz 3 AktG in einer vom Vorsitzenden des Aufsichtsrats unterzeichneten Niederschrift erfasst. Für Grundlagenbeschlüsse, bei denen mindestens 75% des vertretenen Grundkapitals notwendig sind, wird weiterhin eine notariell aufgenommene Niederschrift verlangt.

13. § 13 – Jahresabschluss

Unabhängig von der Einordnung als Kleine Aktiengesellschaft werden Kapitalgesellschaften gemäß § 267 HGB unterschieden in kleine, mittelgroße und große Kapitalgesellschaften, wobei die Bilanzsumme, die Umsatzerlöse und die Arbeitnehmerzahl als Kriterien dienen. Kleine Kapitalgesellschaften können gemäß § 264 Abs. 1 Satz 4 HGB auf den Lagebericht verzichten. Sie haben die Möglichkeit, den Jahresabschluss später als in den ersten drei Monaten zu erstellen, was für die mittelgroßen und großen Kapitalgesellschaften jedoch erforderlich ist. Der Abschlussprüfer ist für die kleine Kapitalgesellschaft gemäß § 316 Abs. 1 HGB entbehrlich.

14. § 14 – Bekanntmachungen

§ 25 AktG bestimmt, dass alle gesetzlich vorgeschriebenen Bekanntmachungen, soweit sie in den Gesellschaftsblättern erfolgen sollen, in den Bundesanzeiger einzurücken sind.

15. § 15 – Gründungskosten

Die Kosten der Gründung betreffen Aufwendungen der Gesellschafter. Diese können gemäß § 26 Abs. 2 AktG auf die Gesellschaft übergewälzt werden. Voraussetzung ist, dass die Satzung eine entsprechende Formulierung bereit hält. Die Kosten der Gründung sind in der Höhe zu schätzen. Ausreichend ist die Bezeichnung eines Höchstbetrages in der Satzung.

16. Geschäftsordnung für den Vorstand

Die Geschäftsordnung für den Vorstand enthält Regelungen, die auch in der Satzung selbst hätten festgelegt werden können. Zwingend notwendiger Bestandteil der Satzung sind diese Regelungen jedoch nicht, denn der notwendige Inhalt bestimmt sich nach § 23 Abs. 2, 3 und 4 AktG. Die Regelungen wurden außerhalb der Satzung festgelegt, da diese nunmehr ohne Mithilfe des Notars zu verändern sind. Es handelt sich nicht um eine Satzungsänderung. Grundlage für eine derartige Möglichkeit ist § 77 Abs. 2 AktG. Danach ist die Geschäftsordnung in der Form möglich, dass diese vom Aufsichtsrat ohne Mitwirkung des Vorstandes erlassen wird.

In der hier vorgeschlagenen Geschäftsordnung wird nunmehr die Festlegung auf einen Vorstand von zwei Personen vorgenommen, die gegenüber dem Aufsichtsrat in gemeinsamer Verantwortung stehen. Der Aufsichtsrat hat die Möglichkeit, aber nicht die Pflicht, einen von beiden zum Vorsitzenden zu ernennen.

In § 2 der Geschäftsordnung ist die gesetzliche Regelung des § 77 Abs. 1 AktG festgeschrieben. Trotz Aufgabenteilung ist der Vorstand insgesamt verantwortlich. Um diese Verantwortung insgesamt zu binden, ist die einstimmige Beschlussfassung in § 5 der Geschäftsordnung nochmals festgeschrieben. Die Tatsache, dass bei Unstimmigkeiten der Vorsitzende des Aufsichtsrats hinzugezogen werden muss, verlagert die Machtverteilung innerhalb der Gesellschaft auf das Gremium des Aufsichtsrats.

Die Bindung von bestimmten Entscheidungen an die Zustimmung des Aufsichtsrats verstärkt noch einmal die Position des Aufsichtsrats. Zwar können diese Regelungen auch in der Satzung oder im Anstellungsvertrag getroffen werden, diese sind jedoch dann nicht mehr ohne Satzungsänderung bzw. gegen den Willen des Vorstandsmitgliedes abänderbar. Bei dieser Version kann im Anstellungsvertrag Bezug genommen werden auf die aktuell gültige Geschäftsführungsordnung des Vorstandes. Diese ist leichter abänderbar. Eine Grenze ist dahingehend zu beachten, wenn der Aufsichtsrat die Aufgaben des Vorstandes, die dieser gemäß § 76 Abs. 1 AktG hat, wahrnimmt.

17. Geschäftsordnung für den Aufsichtsrat

Das Gesetz regelt die Möglichkeit einer Geschäftsordnung für den Aufsichtsrat nicht, setzt diese aber in § 82 Abs. 2 AktG als zulässig voraus. Eine derartige Geschäftsordnung wird erlassen, indem der Aufsichtsrat diese mit einfacher Mehrheit gemäß § 108 Abs. 1 AktG beschließt. Diese Geschäftsordnung bleibt in Kraft, bis der Aufsichtsrat diese neu beschließt.

Inhaltlich gibt die hier vorgeschlagene Geschäftsordnung übliche Regelungen zur Beschlussfassung wieder. Es handelt sich bei der Regelung in § 3 der Geschäftsordnung um die zum Teil modifizierten Regeln des § 108 AktG.

Das Recht des Aufsichtsrats, Ausschüsse zu bilden, kann nicht beschnitten werden. Es wird bei der Aktiengesellschaft, die den Aufsichtsrat lediglich mit drei Mitgliedern besetzt hat, jedoch vielfach ohne Funktion bleiben. Ein Ein-Personen-Ausschuss ist nicht zulässig und für beschließende Ausschüsse ist das Mindestquorum von drei Personen zu fordern, da sonst die Regelung des § 108 Abs. 2 Satz 3 AktG nicht beachtet wäre.

Die Bestimmung in § 5 der Geschäftsordnung zur Teilnahme an den Sitzungen des Aufsichtsrats gibt im Wesentlichen die gesetzliche Regelung des § 109 AktG wieder. Dahinter steht der Gedanke, dass keine Personen, die nicht Verantwortung tragen, an den Sitzungen des Aufsichtsrats teilnehmen sollen, weil sie nicht die Verantwortung des Aufsichtsrats tragen. Da die Mitglieder des Aufsichtsrats gesetzlich nicht verpflichtet sind, Sachkunde hinsichtlich des Produktes oder hinsichtlich der Bilanzkunde oder hinsichtlich juristischer Fragen zu haben, können sie die Personen zu den Sitzungen bitten, die die entsprechende Sachkunde besitzen. Dieses wird der Wirtschaftsprüfer, Rechtsanwalt oder Steuerberater sein, soweit es um die Frage der Bilanzprüfung oder des Lageberichtes geht. Dieses kann aber auch der Werkmeister oder eine andere Person sein.

Der Vorstand ist nicht gesetzlich ausgeschlossen, es muss dem Aufsichtsrat jedoch möglich sein, ohne Teilnahme des Vorstandes zu tagen. Daher ist eine Formulierung gewählt worden, die es dem Aufsichtsrat in die Hand gibt, dieses im Einzelfall zu entscheiden. Die Teilnahme an einer Sitzung ist jedoch Verpflichtung des Vorstandes, soweit der Aufsichtsrat dieses verlangt.

Die Verschwiegenheitsverpflichtung ist übliche Regelung. Sie dient dem inneren Schutz des Organs.

18. Die Gründungsprüfung durch den Notar

Die externe Gründungsprüfung ist gem. § 33 Abs. 2 AktG nur dann erforderlich, wenn:

  • ein Mitglied des Vorstands oder des Aufsichtsrats zu den Gründern gehört oder
  • bei der Gründung für Rechnung eines Mitglieds des Vorstands oder des Aufsichtsrats Aktien übernommen worden sind oder
  • ein Mitglied des Vorstands oder des Aufsichtsrats sich einen besonderen Vorteil oder für die Gründung oder ihre Vorbereitung eine Entschädigung oder Belohnung ausbedungen hat oder
  • eine Gründung mit Sacheinlagen oder Sachübernahmen vorliegt.

Die Gründungsprüfung kann in den beiden erstgenannten Fällen gem. § 33 Abs. 3 AktG auch durch den beurkundenden Notar erfolgen, wenn die Gründer dies beschließen und der Notar den Prüfungsauftrag annimmt. Anderenfalls bestimmt das Gericht den externen Gründungsprüfer. Im Musterfall ist eine Gründungsprüfung erforderlich, da ein Gründer zum Vorstandsmitglied bestellt wurde. Der Prüfungsumfang ergibt sich aus § 34 AktG.

IV. Das Umwandlungsrecht

Es soll an dieser Stelle nicht der Versuch gemacht werden, das Umwandlungsrecht in vollständiger Darstellung aufzuzeigen. Die Darstellung der Kleinen AG ist jedoch unvollständig, soweit nicht ein Seitenblick auf die Möglichkeit der Unternehmensumwandlung getan wird. Es wird wohl nicht der Regelfall sein, dass die Kleine AG als Neugründung, sozusagen auf der grünen Wiese entsteht. Meistens wird diese aus einer anderen Unternehmensform und dann wohl meist aus der GmbH hervortreten. An dieser Stelle sei daher mit Schwerpunkt der Blick auf die GmbH als Unternehmensform gerichtet, aus der die AG entsteht. Im Anhang werden verkürzt die Folgen angegeben, die bei einer Einbringung eines Einzelunternehmens oder einer Personengesellschaft entstehen.

In Deutschland wurden drei Gesetze zur zur Änderung des Umwandlungsgesetzes33 geschaffen, mit denen u.a. europäische Richtlinien-Vorgaben und die Anforderungen des EuGH für den Bereich der grenzüberschreitenden Verschmelzung von Kapitalgesellschaften – insbesondere durch das Urteil in der Rechtssache „SEVIC Systems AG“34 – umgesetzt wurden.

1. Formwechsel

Die GmbH kann gemäß §§ 191, 226 UmwG durch Formwechsel unter Wahrung der rechtlichen Identität umgewandelt werden.

a) Umwandlungsbericht

Ein Umwandlungsbericht ist gemäß § 192 Abs. 1 UmwG zu erstellen, es sei denn, es handelt sich um eine Einpersonen-GmbH oder alle Gesellschafter der GmbH verzichten notariell darauf, § 192 Abs. 2 UmwG. Dieser Aspekt mag insbesondere bei Unternehmen, die in Familienbesitz sind, attraktiv sein. Dadurch entgeht das Unternehmen der Verpflichtung, den Umwandlungsbericht zu offenbaren. In dem Umwandlungsbericht sind der Formwechsel und die künftige Beteiligung der Anteilsinhaber an der AG rechtlich und wirtschaftlich zu erläutern und zu begründen. Es ist auf Schwierigkeiten bei der Bewertung sowie auf die Folgen für die Beteiligung gemäß § 192 Abs. 1 UmwG i. V. m. § 8 Abs. 1 Satz 2 UmwG hinzuweisen.

Der Umwandlungsbericht selbst hat gemäß § 192 Abs. 1 Satz 3 UmwG einen Entwurf des Umwandlungsbeschlusses zu enthalten.

b) Umwandlungsbeschluss

Der Inhalt des Umwandlungsbeschlusses ergibt sich aus § 194 UmwG. Es ist festzulegen, dass gemäß § 194 Abs. 1 Nr. 1 und 2 UmwG die GmbH die Rechtsform einer Aktiengesellschaft erhält und welches die Firma der AG wird. Hierbei kann die bisherige Firma gemäß §§ 194 Abs. 1 Nr. 2, 200 Abs. 1 u. Abs. 2 UmwG beibehalten werden. Die Bezeichnung Aktiengesellschaft oder AG muss jedoch in der Firma enthalten sein. Gemäß § 194 Abs. 1 Nr. 3 und 4 UmwG muss festgelegt werden, in welchem Umfang den Gesellschaftern AG-Anteile statt der GmbH-Anteile gewährt werden. Hierbei kann gemäß § 243 Abs. 3 UmwG der Nennbetrag der Aktien abweichend vom Nennbetrag der GmbH-Anteile festgesetzt werden. Gemäß § 243 Abs. 1 i. V. m. § 218 Abs. 1 UmwG ist die Feststellung der Satzung im Umwandlungsbeschluss erforderlich. Diese muss den vollständigen Text der Satzung enthalten. Festsetzungen über Sondervorteile, Gründungsaufwand, Sacheinlagen und Sachübernahmen, die im Gesellschaftsvertrag der GmbH enthalten sind, müssen dabei gemäß § 243 Abs. 1 Satz 2 UmwG in die neue Satzung übernommen werden. Es muss eine Aussage gemäß § 194 Abs. 1 Nr. 5 UmwG über Fortgeltung, Änderung oder die Aufhebung von Sonderrechten getroffen werden, soweit solche vorhanden sind. Nach § 243 Abs. 2 UmwG i. V. m. den Vorschriften über das Stammkapital bei der GmbH und bei der AG muss eine Aussage getroffen werden, ob und wie das Stammkapital eine Änderung erfährt. Dies ist insbesondere dann notwendig, wenn das Stammkapital von 25.000 EUR auf zumindest 50.000 EUR angehoben werden muss. Weiterhin muss nach §§ 194 Abs. 1 Nr. 6, 207 UmwG ein Abfindungsangebot für die Gesellschafter, die der formwechselnden Umwandlung nicht zustimmen, enthalten sein. Sodann müssen die Folgen des Formwechsels für die Arbeitnehmer und ihre Vertretungen sowie die insoweit vorgesehenen Maßnahmen bestimmt werden.

Der Umwandlungsbeschluss ist gemäß § 194 Abs. 2 UmwG spätestens einen Monat vor dem Tag der Gesellschafterversammlung, die die Umwandlung beschließen soll, dem zuständigen Betriebsrat zuzuleiten. Das Umwandlungsgesetz legt nur die Information des Betriebsrates fest, gibt diesem jedoch keine Rechte. Diese Bestimmung führt zu einer umständlichen Prozedur. Zunächst muss die Gesellschafterversammlung beschließen, welche Form der Beschluss haben wird, diesen leitet sie dem Betriebsrat zu und einen Monat später kann die Gesellschafterversammlung nun den Beschluss tatsächlich fassen.

Der Umwandlungsbeschluss wird in der Gesellschafterversammlung der GmbH gefasst. Diese ist nach den satzungsförmlichen Bestimmungen der GmbH abzuhalten. Die Beschlussfassung über den Formwechsel ist in der Ladung anzukündigen und der Umwandlungsbericht einschließlich des Abfindungsangebotes sind gemäß § 238 i. V. m. §§ 230 Abs. 1, 231 UmwG zu übersenden. Der Übersendung des Abfindungsangebotes steht die Veröffentlichung gemäß § 231 Satz 2 UmwG im elektronischen Bundesanzeiger gleich. Weiterhin ist der Umwandlungsbericht in der Gesellschafterversammlung, die über den Formwechsel beschließen soll, gemäß § 239 Abs. 1 UmwG auszulegen.

In der eigentlichen Gesellschafterversammlung bedarf der Umwandlungsbeschluss gemäß § 240 UmwG einer Mehrheit von drei Vierteln der abgegebenen Stimmen, sofern die Satzung der GmbH kein größeres Mehrheitserfordernis vorschreibt. Stimmrechtslose Anteile werden daher nicht berücksichtigt. In gleichem Maße werden auch die Anteile nicht berücksichtigt, die nicht zur Gesellschafterversammlung erscheinen oder sich der Stimme enthalten.

Etwas anderes gilt, soweit die Abtretung der Anteile von der Zustimmung einzelner Anteilsinhaber anhängig ist. Nach § 193 Abs. 2 UmwG ist deren Zustimmung Wirksamkeitsvoraussetzung. Weiteres Erfordernis ergibt sich aus § 241 UmwG. Es müssen die Gesellschafter zustimmen, die sich infolge eines Mindestnennbetrages der Aktien von mehr als einem EURO nicht mit dem vollen Nennbetrag ihrer Stammeinlage beteiligen können oder wenn durch den Formwechsel besondere Mitgliedschaftsrechte berührt werden.

§ 193 Abs. 3 UmwG schreibt eine notarielle Beurkundung vor, wobei die Gesellschafter, die für den Formwechsel stimmen, in der Urkunde gemäß § 244 Abs. 1 UmwG namentlich aufzuführen sind. Sofern sich ein Gesellschafter vertreten lassen will, reicht die Textform gemäß § 47 Abs. 3 GmbHG. In der Vollmacht sollte die Befreiung von den Beschränkungen des § 181 BGB aufgenommen sein. Eine Genehmigung des Vormundschaftsgerichtes bei minderjährigen Gesellschaftern ist nicht notwendig, weil der bloße Formwechsel keine Gesellschaftsbegründung darstellt und nur diese zustimmungsbedürftig ist. Eine Zustimmung des Ehegatten des in Gütergemeinschaft lebenden Gesellschafters ist nicht erforderlich, es handelt sich nicht gemäß § 1365 BGB um eine Vermögensübertragung.

Die Barabfindung betrifft den Vorgang, dass Gesellschafter der Umwandlung nicht zustimmen, aber dennoch überstimmt werden. Gemäß § 207 UmwG hat die Gesellschaft dem Gesellschafter den Erwerb der umgewandelten Anteile gegen angemessenes Entgelt anzubieten. Diesen Anspruch haben ebenfalls die Gesellschafter, soweit diese zu Unrecht nicht zur Gesellschafterversammlung zugelassen wurden. Gleiches greift gemäß § 207 Abs. 2 i. V. m. § 29 Abs. 2 UmwG dann ein, wenn die Gesellschafterversammlung nicht ordnungsgemäß einberufen worden ist oder der Gegenstand nicht ordnungsgemäß bekannt gemacht worden ist. Die Barabfindung muss den vollen wirtschaftlichen Wert der Anteile der GmbH zum Zeitpunkt der Beschlussfassung über den Formwechsel gemäß § 208 i. V. m. § 30 Abs. 1 UmwG berücksichtigen. Anderweitige Satzungsregelungen finden keine Anwendung. Das Ertragswertverfahren ist für die Bewertung im Regelfall der Ansatzpunkt der Bewertung. Dabei darf der Wert jedoch nicht unter den Substanzwert fallen. Die Höhe der Abfindung wird von der Gesellschafterversammlung festgelegt. Hier ist regelmäßig mit einfacher Mehrheit zu entscheiden. Auch dieses Verfahren erscheint umständlich. Da das Abfindungsangebot bereits vor der Beschlussfassung mitgeteilt werden muss, ist dieser Gesellschafterversammlung eine weitere Gesellschafterversammlung, die über die Abfindungshöhe beschließt, vorzuschalten.

Die Angemessenheit der Abfindung ist gemäß § 208 i. V. m. § 30 Abs. 2 UmwG durch einen Prüfer zu prüfen. Darauf kann in einer notariellen Urkunde gemäß § 208 i. V. m. § 30 Abs. 2 Satz 3 UmwG verzichtet werden. Ein derartiger Verzicht wird preiswerter sein als die Prüfung eines Ergebnisses, welches die Parteien auf alle Fälle abschließen werden.

Das Angebot der Barabfindung kann gemäß § 209 Satz 1 UmwG nur innerhalb von zwei Monaten nach Bekanntmachung der Eintragung des Formwechsels in das Register angenommen werden. Der Abfindungsanspruch entsteht mit der Eintragung der Umwandlung ins Handelsregister und ist sofort fällig. Die Abfindung ist mit gemäß § 208 i. V. m. §§ 30 Abs. 1 Satz 2, 15 Abs. 2 Satz 1 UmwG mit jährlich 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz nach § 247 BGB zu verzinsen. Die neue AG ist Schuldnerin dieses Anspruchs. Sie erwirbt damit eigene Aktien. § 207 Abs. 1 UmwG schließt § 71 Abs. 4 Satz 2 AktG aus. Der Aktienerwerb ist daher selbst dann zulässig, wenn gegen § 71 Abs. 1 und /oder Abs. 2 AktG verstoßen wird.

Sofern von einem ausscheidenden Gesellschafter die Unangemessenheit des Abfindungsangebotes gerügt wird, steht diesem der Weg zum Landgericht gemäß § 212 UmwG i. V. m. den Vorschriften des Spruchverfahrensgesetzes (SpruchG) offen. Dieses entscheidet für alle bindend in einem Spruchverfahren über die Höhe der angemessenen Abfindung. Darüber hinaus hat der BGH35 unter Aufgabe seiner bisherigen Rechtsprechung entschieden, dass auch abfindungswertbezogene Informationsmängel bei Umwandlungen nicht im Wege der Anfechtungsklage, sondern ausschließlich im Spruchverfahren verfolgt werden können. Ein Antrag auf gerichtliche Entscheidung im Spruchverfahren kann nur binnen dreier Monate ab dem Tag, an dem die Umwandlung in das Handelsregister eingetragen wird, gestellt werden und ist innerhalb dieser Frist auch zu begründen, § 4 Abs. 1 Ziff. 4 und Abs. 2 SpruchG.

c) Gründungsbericht und Gründungsprüfung

Gemäß § 197 UmwG wird auf die Gründungsvorschriften der AG verwiesen. Daher muss gemäß § 32 AktG ein Gründungsbericht erstellt werden, aus dem sich gemäß § 245 Abs. 2 UmwG i. V. m. § 220 Abs. 2 UmwG der bisherige Geschäftsverlauf und die Lage der Gesellschaft ergeben. Weiterhin muss die Gründungsprüfung gemäß §§ 33 Abs. 2 AktG, 245 Abs. 2 UmwG i. V. m. § 220 Abs. 3 UmwG durch einen oder mehrere Prüfer stattfinden. Die Abfassung von Gründungsbericht und Gründungsprüfung steht nicht zur Disposition.

d) Handelsregisteranmeldung

Die Handelsregisteranmeldung ist von dem Geschäftsführer der GmbH gemäß § 246 Abs. 1 UmwG vorzunehmen. Die Anmeldung ist gemäß § 12 Abs. 1 HGB elektronisch in öffentlich beglaubigter Form vorzunehmen. Der Anmeldung sind gemäß § 199 UmwG in Ausfertigung oder öffentlich beglaubigter Abschrift (gem. § 39a BeurkG mittels eines mit einfachem elektronischem Zeugnis versehenen Dokuments) oder, (soweit sie nicht notariell zu beurkunden sind, genügt die Übermittlung einer elektronischen Aufzeichnung der Niederschrift des Umwandlungsbeschlusses), eventuell notwendige Zustimmungserklärungen einzelner Gesellschafter, der Umwandlungsbericht bzw. der notarielle Verzicht darauf und der Nachweis der rechtzeitigen Zuleitung des Umwandlungsbeschlusses an den Betriebsrat beizufügen. Bei der Anmeldung sind zusätzlich die Vorstandsmitglieder der AG gemäß § 246 Abs. 2 UmwG anzumelden. Der Geschäftsführer hat zu erklären, dass keine Klage gegen den Umwandlungsbeschluss anhängig ist. Gleichwertig ist gemäß § 198 Abs. 3 i. V. m. § 16 Abs. 3 UmwG ein rechtskräftiger Beschluss des angerufenen Landgerichts, dass die Anfechtung die Eintragung nicht hindert, oder gemäß § 198 Abs. 3 i. V. m. § 16 Abs. 2 Satz 2 UmwG die notarielle Verzichtserklärung der Gesellschafter.

e) Handelsregistereintrag

Das Registergericht prüft lediglich die formellen Voraussetzungen und hat gemäß § 201 UmwG die Eintragung der AG bekannt zu machen. Mit der Eintragung wird aus der GmbH die erwünschte AG, das Stammkapital wird zum Grundkapital. Die Gründerhaftung der AG trifft die Gesellschafter, die der Umwandlung zugestimmt haben.

f) Kosten

Die Kosten der Umwandlung einer GmbH in eine AG lassen sich nur sehr schwer abschätzen und nennen. Für die Anfertigung der Satzung und der Geschäftsordnungen ist im Regelfall der Rechtsanwalt der kompetente Berater. Die Kosten der Vertragsentwürfe hängen in sehr hohem Maß von dem zu betreibenden Aufwand ab. Hier sei darauf hingewiesen, dass nur der geduldige Berater, der bereit ist, sich in die Struktur des Betriebs des Mandanten und in die Konstellation der aktuellen Gesellschafter und der möglichen zukünftigen Gesellschafter einzuarbeiten, das richtige Ergebnis liefern kann. Diese Arbeit wird sich am besten in Stunden abgelten lassen. Die Stundensätze selbst schwanken jedoch stark, so dass hier keine konkrete Nennung erfolgen kann. Es sind auch Modelle bekannt, nach denen für diese Beratung ein Pauschalpreis vereinbart wird. Ein derartiger Pauschalpreis wird möglicherweise einen Prozentsatz vom Bilanzergebnis nennen.

Daneben sind die Kosten des Notars und die des Handelsregisters zu sehen.

Durch die Veröffentlichung der Handelsregistereintragung entstehen sodann weitere Kosten für die Publikationen der Eintragung.

g) Steuerliche Folgen

Die formwechselnde Umwandlung kann so gestaltet werden, dass diese steuerneutral abläuft. Allerdings können stille Reserven aufgedeckt werden, wenn dieses gewollt ist. Auch wenn bei der GmbH Grundbesitz vorhanden ist, fällt keine Grunderwerbsteuer an, da keine Vermögensübertragung stattfindet.

2. Spaltung

Gemäß § 124 UmwG kann eine GmbH in eine AG gespalten werden. Dieses kann in Form der Aufspaltung, der Abspaltung und der Ausgliederung geschehen. Bei der Aufspaltung teilt die GmbH ihr gesamtes Vermögen und überträgt dieses auf mindestens zwei bestehende oder neu zu gründende Gesellschaften. Die aufgespaltene GmbH geht unter und die Gesellschafter erhalten als Gegenleistung Beteiligungen an den übernehmenden Gesellschaften. Die Abspaltung bezeichnet den Vorgang, dass die GmbH einen Teil des Vermögens auf eine oder mehrere neue oder bereits bestehende Gesellschaften überträgt. Gegenleistung ist die Gewährung von Gesellschaftsrechten für die Gesellschafter der GmbH. Von Ausgliederung wird gesprochen, wenn ein Teil des Vermögens auf eine oder mehrere bereits bestehende oder neu zu gründende Gesellschaften übertragen wird. Hier entstehen die Gesellschaftsrechte als Gegenleistung bei der übertragenden GmbH.

3. Verschmelzung

Die GmbH kann gemäß §§ 2, 3 Abs. 1 Nr. 2 UmwG auf die AG in Form einer Verschmelzung übertragen werden. Eine Verschmelzung durch Aufnahme beinhaltet den Weg, dass das Vermögen der Gesellschaft als Ganzes auf eine andere, bereits bestehende Gesellschaft gegen Gewährung von Gesellschaftsanteile übertragen wird. Eine Verschmelzung durch Neugründung entsteht dadurch, dass zumindest zwei Gesellschaften ihr Vermögen gegen Gewährung von Gesellschaftsrechten auf eine neu zu gründende Gesellschaft übertragen.

Soweit die Umwandlung von der GmbH zu der AG durch Spaltung oder Verschmelzung angedacht werden soll, wird auf die weiterführende Literatur verwiesen.

4. Einbringung eines Einzelunternehmens/Personengesellschaft

Der Wechsel eines Einzelunternehmens oder einer Personengesellschaft in die AG kann als Sachgründung gemäß § 27 AktG gegen Gewährung von Gesellschaftsrechten gemäß §§ 20 ff. UmwStG36 durchgeführt werden. Die übernehmende Gesellschaft hat das eingebrachte Betriebsvermögen mit dem gemeinen Wert anzusetzen.

Das übernommene Betriebsvermögen kann auf Antrag einheitlich mit dem Buchwert oder einem höheren Wert (max. mit dem gemeinen Wert) angesetzt werden, soweit sichergestellt ist, dass es später bei der übernehmenden Körperschaft der Besteuerung mit Körperschaftsteuer unterliegt, die Passivposten des eingebrachten Betriebsvermögens die Aktivposten nicht übersteigen (wobei das Eigenkapital nicht zu berücksichtigen ist) und das Recht der Bundesrepublik Deutschland hinsichtlich der Besteuerung des Gewinns aus der Veräußerung des eingebrachten Betriebsvermögens bei der übernehmenden Gesellschaft nicht ausgeschlossen oder beschränkt wird. Der Wert, mit dem die übernehmende Gesellschaft das eingebrachte Betriebsvermögen ansetzt, gilt für den Einbringenden als Veräußerungspreis und als Anschaffungskosten der Gesellschaftsanteile. Ist das Recht der Bundesrepublik Deutschland hinsichtlich der Besteuerung des Gewinns aus der Veräußerung des eingebrachten Betriebsvermögens im Zeitpunkt der Einbringung ausgeschlossen und wird dieses auch nicht durch die Einbringung begründet, gilt für den Einbringenden insoweit der gemeine Wert des Betriebsvermögens im Zeitpunkt der Einbringung als Anschaffungskosten der Anteile.

 

Literatur

Hüffer, Uwe/ Aktiengesetz, 13. Aufl. München 2018

Koch Jens

 

Kölner Kommentar Acht Bände mit unterschiedlichen Auflagen

zum Aktiengesetz

 

Korts, Sebastian/ Die Große Aktiengesellschaft, 2. Aufl. Frankfurt 2008

Korts, Petra

 

Korts, Sebastian Die Europäische Aktiengesellschaft Societas Europaea (SE) im Gesellschafts- und Steuerrecht,
3. Aufl. Frankfurt 2008

 

Korts, Petra Der Aufsichtsrat – Satzung, Beschlüsse, Verträge, 3. Aufl. Frankfurt 2018

 

Münchener Handbuch Band 4, Aktiengesellschaft, 3. Aufl. München 2007

zum Gesellschaftsrecht

 

 

1 Hüffer/Koch, AktG, 13. Aufl. 2018, § 4 Rn. 16 m. w. N.

2 EuGH, Urt. v. 16.12.2008, Rs. C-210/06 – “Cartesio”.

3 Leitsatz 4 des Cartesio-Urteils lautet: „Die Art. 43 EG und 48 EG sind beim gegenwärtigen Stand des Gemeinschaftsrechts dahin auszulegen, dass sie Rechtsvorschriften eines Mitgliedstaats nicht entgegenstehen, die es einer nach dem nationalen Recht dieses Mitgliedstaats gegründeten Gesellschaft verwehren, ihren Sitz in einen anderen Mitgliedstaat zu verlegen und dabei ihre Eigenschaft als Gesellschaft des nationalen Rechts des Mitgliedstaats, nach dessen Recht sie gegründet wurde, zu behalten.“

4 BayObLG, Beschl. v. 27.3.2000 – 3 Z BR 331/99, BB 2000, 946; BGH, Urt. v. 25.2.1982 – II ZR 174/80 („Holzmüller“), BGHZ 83, 122 = NJW 1982, 1703 ff.

 

5 Vgl. hierzu Hüffer/Koch, a.a.O., § 119 Rn. 16 ff. m. w. N. für Rspr. und Lit.

6 also auch z.B. bei der (rechtsgeschäftlichen) Übertragung zur Erfüllung eines Vermächtnisses oder im Rahmen der Erbauseinandersetzung.

7 Vgl. Pressemitteilung des BMJ v. 18.6.2009 zum Entwurf eines Gesetzes zur Angemessenheit der Vorstandsvergütung (VorstAG), abrufbar auf der Homepage des BMJ.

8 BGH v. 27.10.2015, II ZR 296/14, WM 2016, 327.

9 BGH v. 27.10.2015, II ZR 296/14, WM 2016, 327.

10 BGH, Urt. v. 21.4.1997 – II ZR 175/95, BB 1997, 1169 (ARAG/Garmenbeck).

11 Singhof, AG 1998, 318, 326, mit Entgegnung von Wardenbach, AG 1999, 74.

12 BGH Beschl. v. 21.6.2010 – II ZR 166/09.

13 Ausführlich: Lange, ZIP 2001, 1524 ff.

14 Hüffer/Koch, AktG, 13. Aufl. 2018, § 113 Rz. 2a m.w.N.

15 BMF-Schreiben v. 24.1.2002 an die Spitzenverbände.

16 Die gesetzlichen Vorschriften zur Vorstandsvergütung sind durch das am 05.08.2009 in Kraft getretene Gesetz zur Angemessenheit von Vorstandsvergütungen (VorstAG) v. 31.07.2009, BGBl. I 2009, 2509 ff., konkretisiert worden.

17 BFH, Urteil vom 26.7.2007 – VI R 64/06, DStR 2007, 1572.

18 BGH, Urt. v. 16.2.2004 – II ZR 316/02, BB 2004, 621 f. = NJW 2004, 1109 f.

19 EuGH Urt. v. 13.6.2019, C-420/18, Rs. IO, ECLI:EU:C:2019:490. S. a. den Urteilskommentar von Leitsch, BB 2019, 2280, sowie von Streit/Salewski, DB 2019, 2770.

20 Zur Einordnung der Rechtsprechungsänderung und der geänderten Verwaltungsmeinung s. Geraats, steueranwaltsmagazin 6/2021, 186.

21 BFH Urt. V. 27.11.2019, V R 23/19 (altes Az: V R 62/17), BStBl II 2021, 542.

22 FG Niedersachen, Urt. Vom 19.11.219, 5 K 2822/16 U, DStRE 2020, 988 (rkr.).

23 FG Hamburg, Urt. Vom 08.09.2020, 6 K 131/18, MWStR 2021, 87.

24 FG Niedersachsen, Urt. Vom 08.10.2020, 5 K 162/19, BeckRS 2020, 34821, Rn. 46.

25 FG Köln Urt. V.26.11.2020, 8 K 2333/18, MwStR 2021, 475.

26 BMF vom 08.07.2021, III C 2 – S 7104/19/10001 :003, BSTBl I 2021, 919.

27 BGH, Urt. v. 25.2.1982 – II ZR 174/80 („Holzmüller“), BGHZ 83, 122 = NJW 1982, 1703 ff.

28 BGH, Urt. v. 26.4.2004 – II ZR 154/02 und 155/02 („Gelatine I und II“), BGHZ 122, 138 f.

29 LG Stuttgart, WM 1992, 58.

30 OLG München, Urteil vom 10.11.1994, AG 1995, 232.

31 Gesetz über Maßnahmen im Gesellschafts-, Genossenschafts-, Vereins-, Stiftungs- und Wohnungseigentumsrecht zur Bekämpfung der Auswirkungen der COVID-19-Pandemie (COVMG) vom 27. März 2020, BGBl. I S. BGBL Jahr 2020 I Seite 569, 570; zuletzt geändert durch Art. 15 AufbauhilfeG 2021 vom 10.9.2021, BGBl. I S. 4147.

32 Art. 15 des Gesetzes zur Errichtung eines Sondervermögens „Aufbauhilfe 2021″ und zur vorübergehenden Aussetzung der Insolvenzantragspflicht wegen Starkregenfällen und Hochwassern im Juli 2021 sowie zur Änderung weiterer Gesetze (Aufbauhilfegesetz 2021 – AufbauhilfeG 2021) vom 10.9.2021, BGBl. I S. 4147.

33 BGBl. I 2007, 542 ff.

34 EuGH, Urt. v. 13.12.2005 – Rs. 411/01, RIW 2006, 140 = ABl. EG Nr. C 36 v. 11.2.2006, 5 ff.

35 BGH, Urt. v. 18.12.2000 – II ZR 1/99, BB 2001, 382 ff. = NJW 2001, 1428.

36 Das Umwandlungssteuergesetz (UmwStG) 1995 wurde in den letzten Jahren mehrfach geändert. Wesentliche Änderungen ergaben sich durch das SEStEG (Gesetz über steuerliche Begleitmaßnahmen zur Einführung der Europäischen Gesellschaft und zur Änderung weiterer steuerrechtlicher Vorschriften vom 7.12.2006), durch welches das UmwStG völlig neu gefasst wurde. Die letzte Änderung erfolgte durch das Gesetz zur Beschleunigung des Wirtschaftswachstums (Wirtschaftswachstumsgesetz) vom 22.12.2009, (BGBl. I 2009, 3950 ff.).

Aufsätze und Anmerkungen

Aufsätze und Anmerkungen

Haftungsbeschränkung durch AGB
FreeLounge
02/2009
S. 101

Die Parallelgesellschaft
FreeLounge
01/2009
S. 77

Die Besteuerung von G-REITs nach der UnternehmensteuerreformStbg
03/2008
S. 9

Die GmbH-Reform –Die Unternehmergesellschaft (haftungsbeschränkt) als neue Form derGmbH
Freizeit & Spiel
04/2008
S. 66f.

Strafverteidigung –Neue Ziele der Steuerfahndung
Freizeit & Spiel
02/2008
S. 54ff

Die Europäische Aktiengesellschaft SE in Deutschland & Europa, Teil 1
Freizeit & Spiel
07+08/2007
S. 68f.

Das neue Spielfeld der Steuerfahndung: Die Steuerordnungswidrigkeit
gemeinsam mit Frau S. Busch
Freizeit & Spiel
05+06/2007, S. 58ff.

Inland oder Ausland? – Wann lohnt sich unternehmerischesEngagement im europäischen Ausland?
Die Wirtschaft
07+08/2006

Anmerkungen zur Neuregelung des § 50d Abs. 3 EStG unter Berücksichtigung des BMF Schreibens vom 03.04.2007Stbg
08/2007
S. 362

„Es ist nicht alles Gold, was glänzt“
Die Wirtschaft
03/2007

Neue Wege für Genossenschaften in Deutschland & Europa, Teil 2
Freizeit & Spiel
03+04/2007
S. 66 f.

Neue Wege für Genossenschaften in Deutschland & Europa, Teil 1
Freizeit & Spiel
01+02/2007
S. 66f.

Steueroasenmissbrauch: Die Beteiligten, die Instrumente und Geheimhaltung
DAJV Newsletter
01/2007
S. 34

Das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz –Neue Pflichten für Arbeitgeber
Freizeit & Spiel
11+12/2006
S. 64ff.

Der Weg eines ausländischen Unternehmens nach Deutschland, Teil 1
Freizeit & Spiel
02/2006
S. 60f.

Ermittlungsmöglichkeiten deutscher Finanzbehörden bei Auslandssachverhalten
gemeinsam mit Herrn Dr. S. Korts
IStR 2006
S. 869 ff.

EuGH: Vorsteuerabzug bei unwissentlicher Verwicklung in ein Umsatzsteuer-Karussell
gemeinsam mit Herrn Dr. S. Korts
Steueranwaltsmagazin 03/2006
S. 84

Tax Haven Abuses –aktueller Untersuchungsbericht des US-Senats
gemeinsam mit Herrn W. Barekzai
Steueranwaltsmagazin
05/2006

Kommentar zum Urteil des LG Kiel Persönliche Haftung des Alleingesellschafters und Directors einer englischen Private Limited Company aus Insolvenzverschleppung und wegen Eingehungsbetruges
Stbg 2006
S. 100

EuGH-Urteil führt zu Finanzierungskick: Zinsloses „Darlehen“ vom Finanzamt
gemeinsam mit Herrn Dr. S. Korts, Frau S.Busch und Herrn W.Barekzai
Freizeit & Spiel 01+02/2006
S. 60 f.

Erfolgreicher Einstieg in Auslandsmärkte (4)
gemeinsam mit Herrn Dr. S. Korts, Frau S. Busch, HerrnW. Barekzai
Freizeit & Spiel
11+12/2005
S. 62 ff.

Erfolgreicher Einstieg in Auslandsmärkte (3)
gemeinsam mit Herrn S. Korts, Frau S. Busch, Herrn W. Barekzai
Freizeit & Spiel
09+10/2005
S. 70 ff.

Erfolgreicher Einstieg in Auslandsmärkte (2)
gemeinsam mit Herrn Dr. S. Korts, Frau S. Busch, Herrn W. Barekzai
Freizeit & Spiel
07+08/2005
S. 70 ff.

Prüfung der Existenz und Vertretung von Auslandsgesellschaften durch Kreditinstitute im Rahmen der Kontoeröffnung am Beispiel der englischen Limited
gemeinsam mit Herrn Dr. S. Korts
BankPraktiker/BetriebsBerater
07/2005
S.32

Die steuerrechtliche Behandlung der in Deutschland tätigen englischen Limited
gemeinsam mit Herrn Dr. S. Korts
BetriebsBerater
07/2005
S. 1474 ff.

ErfolgreicherEinstieg in Auslandsmärkte (1
)gemeinsam mit Herrn Dr. S. Korts, Frau S. Busch, Herrn W. Barekzai
Freizeit & Spiel
05+06/2005
S. 62 ff.

Die EU-Zinsbesteuerung – Zinsrichtlinie
gemeinsam mit Herrn Dr. S. Korts
Steueranwaltsmagazin
04/2005
S.114

Kontoeröffnung von Auslandsgesellschaften am Beispiel der englischen Limited
gemeinsam mit Herrn Dr. S . Korts
BankPraktiker
01/2005
S. 32 ff.

Das StraBEG unter Berücksichtigung ausgewählter Punkte des „Merkblatts zur Anwendung des Gesetzes über die strafbefreiende Erklärung“
gemeinsam mit Herrn Dr. S. Korts
BetriebsBerater
09/2004
S. 457 ff.

Ihr guter Name sollte es Ihnen Wert sein!
Freizeit & Spiel
01+02/2004
S. 48

Grenzüberschreitende Geschäfte! – grenzüberschreitende Gerichtsverfahren?
Freizeit & Spiel
11+12/2003
S. 58 f.

Brücke zur „Steuerehrlichkeit“ – Was ist dran?
gemeinsam mit Herrn Dr. S. Korts
Freizeit & Spiel
05+06/2003
S. 50 f.

Neue Finanzierungsfreiheit von Niederlassungengemeinsam
mit Herrn Dr. S. Korts
Freizeit & Spiel
03+04/2003
S. 56

Cash Pooling – Verborgene Risiken für Geschäftsführer und Gesellschafter
Freizeit & Spiel
01+02/2003
S. 34 f.

Stühlerücken bei der Rechtsberatung
gemeinsam mit Herrn Dr. S. Korts
Freizeit & Spiel
11+12/2002
S. 32f.

Vertragsmanagement–Grundprinzip einer erfolgreichen Unternehmensführung
gemeinsam mit Herrn Dr. S. Korts
Freizeit & Spiel
09+10/2002
S. 28f.

Immobilien-Eigentum in Spanien: Jagd auf Steuersünder
gemeinsam mit Herrn Dr. S. Korts
Bellevue
09/2002

Organhaftung in der Kapitalgesellschaft
gemeinsam mit Herrn Dr. S. Korts
Freizeit & Spiel
05+06/2002
S. 22ff.

Die „EU-Geldwäsche-Richtlinie“ – Konsequenzen für Anwälte
gemeinsam mit Herrn Dr. S. Korts
Die Kanzlei/Management-Journal für Anwälte
05/2002

Die „EU-Geldwäsche-Richtlinie“-Konsequenzen für Anwälte
gemeinsam mit Herrn Dr. S. Korts
Mitteilungen Kölner Anwaltverein e.V.
02/2002

Der Kompromiss zur „EU-Geldwäsche-Richtlinie“ und die zukünftige Rolle der Rechtsanwälte
gemeinsam mit Herrn Dr. S. Korts
Steueranwaltsmagazin
04/2001
S. 75 ff.

Besteuerung von Aktien
gemeinsam mit Herrn Dr. S. Korts
Steueranwaltsmagazin
02/2000
S. 25 f

II. Unterschiede bei unbeschränkter und beschränkter Einkommensteuerpflicht

Die unbeschränkte und die beschränkte Steuerpflicht unterscheiden sich in ihrem Grundprinzip: Während die unbeschränkte Steuerpflicht nach dem Welteinkommensprinzip sämtliche Einkünfte einer natürlichen Person umfasst und die Besteuerung nach dem Leistungsfähigkeitsprinzip vornimmt, richtet sich die beschränkte Steuerpflicht nach dem Territorialprinzip und hat einen objektsteuerartigen Charakter. Vom Umfang her bezieht sich die unbeschränkte Steuerpflicht auf das Welteinkommen bzw. Weltvermögen einer Person. Die beschränkte Steuerpflicht hingegen bezieht sich auf die inländischen Einkünfte bzw. das inländische Vermögen einer Person. Die Steuererhebung erfolgt bei unbeschränkter Steuerpflicht grundsätzlich im Wege der Veranlagung, bei beschränkter Steuerpflicht werden die Steuern im Wege von Abgeltungs- bzw. Abzugssteuern erhoben (mit Ausnahmen).

Bei unbeschränkter Steuerpflicht ist der Betriebsausgaben-/Werbungskostenabzug grundsätzlich vollständig möglich, ggf. gelten Pauschalbeträge. Bei beschränkter Steuerpflicht ist dies nur insoweit möglich, als dass die Betriebsausgaben/Werbungskosten mit inländischen Einkünften im Zusammenhang stehen. Sonderausgaben oder außergewöhnliche Belastungen sind bei unbeschränkter Steuerpflicht zu berücksichtigen, bei beschränkter Steuerpflicht hingegen in der Regel nicht. Ein Verlustausgleich ist bei beschränkter Steuerpflicht grundsätzlich zu bejahen, der Verlustabzug im Rahmen des § 10d EStG möglich.

Hinsichtlich des Steuertarifes gilt bei der unbeschränkten Steuerpflicht der Grund- bzw. Splitting-Tarif. Bei der beschränkten Steuerpflicht besteht der Grundtarif ohne Grundfreibetrag.

Die Vermeidung der Doppelbesteuerung erfolgt bei unbeschränkter Steuerpflicht durch Anrechnung oder Freistellung, bei der beschränkten Steuerpflicht kommt eine Freistellung nur in Ausnahmefällen in Betracht. Für unbeschränkt Steuerpflichtige mit ausländischen Einkünften definiert und erläutert § 34d EStG für die Anrechnung der ausländischen Steuern,[1] was unter „ausländischen Einkünften“ in diesem Sinne zu verstehen ist. Das Anrechnungsverfahren richtet sich nach § 34c Abs. 1 EStG, wenn mit dem betreffenden ausländischen Staat kein Ertragsteuer-DBA besteht, § 34c Abs. 6 Satz 1 EStG. Die Anrechnung nach § 34c Abs. 1 EStG erfolgt von Amts wegen. Sondervorschriften zur Anrechnung bestehen für beschränkt steuerpflichtige natürliche Personen mit § 50d Abs. 3 EStG und für ausländische Einkünfte aus Kapitalvermögen in § 32d Abs. 5 EStG. Keine Anrechnung ist vorzunehmen, wenn die Voraussetzungen des § 2 AStG vorliegen, also erweitert unbeschränkte Einkommensteuerpflicht besteht.

Sind die Voraussetzung der Anrechnung nach § 34c Abs. 1 EStG nicht erfüllt, ist zu prüfen, ob ein Abzug der ausländischen Steuern nach § 34c Abs. 2 (Abzug auf Antrag) und Abs. 3 (Abzug von Amts wegen) EStG vorzunehmen ist.

Für beschränkt Steuerpflichtige mit inländischen Einkünften definiert und erläutert § 49 EStG, was unter „inländischen Einkünften“ in diesem Sinne zu verstehen ist.[2]

Dabei sind die jeweiligen in- und ausländischen Einkünftekataloge der §§ 34d und 49 EStG durchaus nicht spiegelbildlich.

[1] Einzelheiten der Anrechnung nach dem EStG und nach dem Auslandstätigkeitserlass bei im Ausland tätigen deutschen Arbeitnehmern sind in § 18 „Lohnsteuer/Einkommensteuer bei Mitarbeiterentsendung“, Kapitel II. „Ändert sich das Besteuerungsrecht aufgrund der Entsendung ins Ausland?“ Unterpunkt 2. „Nicht-DBA-Sachverhalte“ dargestellt.

[2] Näheres dazu in dem nachfolgenden Kapitel § 3 „Der beschränkt Steuerpflichtige“, Unterpunkt I. „Die beschränkt steuerpflichtigen Einkünfte“.